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Das Uebersetzungsrecht bleibt vorbehalten.

JAN 15 1972

Vorwort.

Das Königliche Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten zu Bukarest hat mir die Ehre erzeigt, mich um eine gutachtliche Meinungsäusserung über die in Angelegenheiten der Schiffahrt auf der unteren Donau entstandenen Streitigkeiten zu ersuchen. Je seltener es bisher geschah, dass im Verlaufe wichtiger Staatshändel der meistentheils in die Rubrik der Professorenweisheit geschobenen Rechtsansicht auswärtiger Gelehrter irgend welche Bedeutung beigemessen ward, desto ernstere Ueberlegung war mir geboten, ob ich im Stande sein würde, das in die Unbefangenheit und den guten Willen eines deutschen Völkerrechtslehrers gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen.

In aller gebührenden Bescheidenheit habe ich, ehe ich mich zu einer Annahme des mir gewordenen Auftrages bereit finden liess, darauf aufmerksam gemacht, dass ich mir, angesichts der obwaltenden Verhältnisse, keinen irgendwie erheblichen Erfolg in praktischer Richtung von meiner Arbeit, selbst im Falle ihres wissenschaftlichen Gelingens, zu versprechen vermöge. Ich hielt mich aber

verpflichtet, dieses Bedenken fallen zu lassen, als ich Widerspruch fand und zu meiner Ueberraschung erfuhr, dass von einer nichtdeutschen Regierung die Macht der öffentlichen Meinung in Europa und die Möglichkeit ihrer wissenschaftlichen Beeinflussung höher veranschlagt wurde, als von mir selber.

Nach meinem Dafürhalten handelt es sich bei den meiner Beurtheilung unterbreiteten Fragen nur um eine Sache des Rechts. Und selbst, wenn diese Fragen auf der oft schwer zu erkennenden Grenzscheide zwischen Völkerrecht und Politik gelegen wären, wird man bezweifeln dürfen, ob es der Diplomatie allein zustehe, über die richtige Begrenzungsweise zu urtheilen.

Jene Zuversicht, die eine reiflich erwogene Ansicht überhaupt in sich selbst zu bergen vermag, wird dadurch erhöht, dass ich für meine Person von der Lockung und ebenso auch von den Befürchtungen eines in der einen oder andern Richtung möglichen Erfolges absehen darf und eine praktische Verantwortlichkeit nicht zu tragen habe. Die Endentscheidungen der königlich Rumänischen Regierung werden von meinen Darlegungen sicherlich noch weniger beeinflusst werden, als die Gesinnungen ihrer Gegner.

Das Höchste, was ich im denkbar günstigsten Falle zu hoffen vermöchte, würde darin bestehen, ein Geringes beizutragen zur Aufhellung der Vorstellungen von Recht und Unrecht. Selbst das nahezu vollendete oder unabwendbare Unrecht festzustellen, ist nicht ohne Bedeutung für den Entwicklungsgang der Nationen. In

solchen Fällen wäre Schweigen, wo man von dem in seinem Rechte bedrohten Theile zum Sprechen aufgefordert wird, eine Mitschuld, von der die wissenschaftlichen Vertreter des Völkerrechts sich unter allen Umständen frei halten müssen; denn sie sollen sich dessen stets eingedenk halten, dass der Stifter ihrer Lehre deren sittliche Würde am wirksamsten dadurch wahrte, dass er selbst, im Widerspruch zu den Machtinteressen seiner eigenen Landsleute aus Ueberzeugung in der Vertheidigung der Gleichberechtigung der Nationen sich jenen Bestrebungen entgegenstellte, die sich in der Versperrung der Schelde als siegreich erwiesen, bis nachfolgende Geschlechter von der Wahrheit seiner Lehre überzeugt waren.

Es würde keine Völkerrechtswissenschaft geben, wenn nur dasjenige gelehrt werden sollte, was augenblicklichen Erfolg verspricht oder denjenigen behagt, deren mächtige Hand die Entscheidung des Moments beherrscht.

München, 15. Juli 1883.

Franz von Holtzendorff.

Inhaltsverzeichniss.

Vorwort

I. Der Entwicklungsgang des Europäischen Fluss

schiffahrtsrechts seit 1815.

Erste Periode. Vom Wiener Congress bis zum

Seite

V

Pariser Frieden (1815-1856)

3

Zweite Periode. Die Donauschiffahrt vom Pariser
Frieden bis zum Berliner Traktat (1856-1878). . 17
Dritte Periode. Vom Berliner Traktat bis zur

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