Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog von Baden sei an dieser Stelle der Dank ausgesprochen für die gnädige Erlaubnis zum Abdruck einiger an den Fürsten gerichteter Briefe, welche insbesondere die Kämpfe und Schwierigkeiten der Uebergangszeit von 1866 bis 1870 in lehrreichster Weise beleuchten und zugleich ein schönes Denkmal des rückhaltlosen Vertrauens sind, welches den Großherzog mit dem bayrischen Staatsmanne verband.

Für mannigfache Förderung der Arbeit durch Auskunft über bayrische Verhältnisse ist der Herausgeber seinem Freunde Freiherrn Julius von Freyberg in München zu warmem Danke verpflichtet. Ebenso Herrn Professor Friedrich in München, welcher die Redaktion der auf das Vatikanische Konzil bezüglichen Teile des Werks durch freundliche Mitteilungen und literarische Hinweise gefördert hat.

Straßburg, im Juli 1906.

Friedrich Curtius.

[blocks in formation]

Aus der Jugend CALIFORNIA

1819 bis 1847

F

́ürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst wurde am 31. März
1819 zu Rotenburg an der Fulda geboren.

Sein Vater, Franz Joseph, war am 26. November 1787 in Kupferzell geboren. Mit sieben Jahren wurde er mit seinem Bruder Albert einem Institut der Franziskaner in Parma zur Erziehung übergeben, von dem er keine freundlichen Erinnerungen mitnahm. Nach Vollendung seiner Erziehung in dem Theresianum zu Wien trat er in ein ungarisches Husarenregiment ein. 1804 vertauschte er den österreichischen Dienst mit dem preußischen und stand ein Jahr lang in einem Husarenregiment zu Ansbach, welches Prinz Solms, der Gemahl der Schwester der Königin Luise, späteren Königin Friederike von Hannover, kommandierte. Nach der Mediatisierung des Hohenloheschen Landes verließ er den Militärdienst. Sein älterer Bruder Karl, der Stifter der Linie Hohenlohe-Waldenburg, trat ihm im Jahre 1807 mit Zustimmung der Agnaten die Herrschaft Schillingsfürst ab. Er wurde erblicher Reichsrat und bayrischer Major. Sehr gegen seine Neigung und nur aus Liebe zu seiner Mutter hatte er der militärischen Tätigkeit entsagt. Die Verwaltung der wenig einträglichen und mit einer schweren Schuldenlast behafteten Herrschaft Schillingsfürst war eine undankbare Lebensaufgabe. Seit dem frühen Jünglingsalter liebte er die Prinzessin Konstanze zu Hohenlohe-Langenburg. Sieben Jahre lang hinderten die äußeren Verhältnisse die ersehnte Verbindung, bis die beiden Schwäger, der Landgraf Viktor Amadeus von HessenRotenburg, welcher in zweiter Ehe mit der Prinzessin Elise von Hohenlohe-Langenburg, der Schwester der Prinzessin Konstanze, vermählt war, und Graf Moriz Fries, der Gemahl der Schwester des Fürsten, Prinzessin Therese, durch die Ausseßung eines Jahresgehalts die pekuniären Schwierigkeiten beseitigten. Am 30. März 1815 wurde die Ehe geschlossen, welche den Fürsten durch ein reiches Familienglück für den Verzicht auf militärische Erfolge entschädigen sollte. Das junge Paar lebte zuerst auf dem Gute des Grafen Fries in Vöslau bei Wien, dann abwechselnd in Schillingsfürst und Rotenburg. Der Landgraf nämlich, welcher kinderlos war, hatte die Söhne seines Schwagers zu Erben seines Allodialbesizes ausersehen und wünschte an deren Erziehung teilzunehmen und sich ihrer hoffnungsvollen Entwicklung zu erfreuen. Die Hin- und Herreisen zwischen

Fürst Hohenlohe, Denkwürdigkeiten. I

1

Schillingsfürst und Rotenburg nahmen in den Jugenderinnerungen des Fürsten Chlodwig die erste Stelle ein.

Ueber den Charakter des Fürsten Franz schreibt seine älteste Tochter, die verewigte Fürstin Therese von Hohenlohe-Waldenburg: „Das Verlassen der militärischen Karriere trübte sein ganzes Leben. Er hatte überhaupt einen melancholischen Zug, dabei war er aber sehr wißig und konnte sehr heiter sein. Er war unendlich gütig, leutselig und liebenswürdig, und jedermann hatte ihn gern. Für Geschichte und Politik interessierte er sich lebhaft und sagte stets, er habe einen prophetischen Geist: es ist wahr, er hat manches vorausgesehen. Nur ungern entschloß er sich, sein ihm liebes, stilles Daheim in Schillingsfürst zu verlassen und fast alljährlich mit der großen Familie nach Hessen zu ziehen, aber er brachte, den Brüdern zuliebe, dem guten Onkel Viktor dieses Opfer. Auch den Aufenthalt in Corvey 1) liebte er nicht sehr und sehnte sich stets nach Süddeutschland zurück." Zur Ergänzung dieser Charakteristik seien noch die Worte einer langjährigen Hausgenossin, der Erzieherin der Fürstin Therese, Frau Schneemann geb. Freiin von Ehdorff, angeführt. „Der Stern und die Leuchte seines Lebens," schreibt sie über den Fürsten Franz, „war die Liebe zu seiner Gattin. Deren hoher Geist, ihre Charakterstärke und ihre treue Liebe haben das höchste Verdienst.,Meine Frau trägt ihren Namen (Konstanze) mit Recht, sagte er einst, da er ihre liebevolle und geduldige Pflege in einer längeren Krankheit lobte. Er hatte nicht viel studiert, aber instinktiv hatte er über viele Dinge ein besseres Urteil als mancher Gelehrte. Geschichte war ihm ein liebes Studium und erhielt sein Urteil klar und unparteiisch. Er hatte keine Standesvorurteile, ehrte die Arbeit und die braven, rechtschaffenen Menschen in jedem Lebensverhältnis. Die Josephinische Luft, welche damals die höheren Schichten, auch in Oesterreich, für eine Zeit wenigstens gereinigt hatte, hatte wohltätig auf ihn gewirkt. In guten Stunden war sein geistreicher Witz entzückend. Und nun sein Leben in der Familie! Dem Vaterlande konnte er in jener Zeit nichts sein, so ließ er im Hauche seiner Vaterliebe seine Kinder um sich herum erblühen. Viele Abende verlebte er in ihrem Kreise, und alle umfaßten ihn mit dem gleichen schrankenlosen Vertrauen. Die Fürstin war Aristokratin, aber ihr unerbittlicher Verstand ersparte ihr die Verirrungen, die andre sich zuschulden kommen lassen. Dazu kam die schöne Humanität und beider so aufgeklärte religiöse Ansichten, die allen ihren Handlungen den Stempel ausdrückten. Im wahren Sinne des Wortes waren beide edle Fürsten und waren es, weil sie edle Menschen waren."

Während die Söhne katholisch erzogen wurden, folgten die Töchter

1) Siehe Seite 4.

der Konfession der protestantischen Mutter. Religiöse Duldung war also die Grundlage und die Voraussetzung eines glücklichen Familienlebens, und die Tendenz, welche das politische Wirken des Fürsten Chlodwig beherrscht hat, war ein natürliches Ergebnis seiner Kindesliebe und seines innigen Verhältnisses zu den protestantischen Schwestern.

Den ersten Unterricht empfing der Knabe zusammen mit seinem am 10. Februar 1818 geborenen Bruder Viktor, dem späteren Herzog von Ratibor. Den ersten Bericht über das Leben und Lernen der Kinder gibt der folgende Brief der Mutter an eine Freundin:

Rotenburg, 13. Februar 1826.

Chlodwig ist sehr wißig in seinen Lehrstunden und macht tausend Possen, die den Hofmeister ins Lachen bringen. Beide Buben lernen jetzt auch Klavier. Pater Jldephons gibt ihnen die Religionsstunden so außerordentlich gut und fängt es so gemütlich an, daß ich mich nicht genug darüber freuen kann... Nachmittags war große Kindergesellschaft, wo denn eifrig Sprichwörter gespielt wurden, was überhaupt alle Sonntage geschieht. Unter anderm führten sie neulich auf die Wurst nach der Speckseite werfen, da war Chlodwig die Speckseite und Philipp Ernst ') die Wurst, welche durch Otto Quessel mit solcher Gewalt gegen den Chlodwig geworfen wurde, daß die unglückliche Wurst auf dem Boden liegend in ein gräßliches Geschrei ausbrach. Chlodwig sollte neulich in der Geographie jagen, wie man diejenigen Personen nenne, welche die Aufsicht hätten, daß die Untertanen ihre Geseze hielten. Da sagte er: die Obertanen.' Gestern war hier Theater, nämlich eine Art Panorama, wo die Schlacht bei Leipzig vorgestellt wurde. Da deutete der Mann auf Figuren, welche die alliierten Mächte vorstellten, worauf Chlodwig sagte: ich sehe ja keine Mägde. Neulich sollte er sagen, wie viel die Hälfte von 10 sei, da sagte er 0, weil man einen Strich durch die 1/0 machen könne.

6

Von dem Winteraufenthalt in Rotenburg 1830 bis 1831 berichtet das Koblenzer Tagebuch: 2) zerrüttete Gesundheit des Körpers und Geistes. Schreckbilder."

Von 1832 bis 1833 besuchten die drei Prinzen Viktor, Chlodwig und Philipp Ernst das Gymnasium zu Ansbach. Im Sommer 1833 machte Chlodwig das Scharlach fieber durch, und auch für den Herbst 1833 ist in dem Tagebuch wieder Krankheit" notiert.

Im Oktober 1833 wurden Viktor und Chlodwig in die Tertia des Gymnasiums zu Erfurt aufgenommen. „Freudloses und freundloses Leben,“

1) Der dritte der Brüder, geboren am 24. Mai 1820.

2) Siehe die Vorrede.

« ZurückWeiter »