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gedroschen, weil die Bauern ihre Dreschmaschinen zerstört hatten. Noch ein anderer täglicher Gebrauchsgegenstand sing sehr bald an zu fehlen und fehlte während des ganzen Krieges, das waren Lichte und Petroleum. Erst um Mitte September kamen Kaufleute aus Yuremburg, brachten feinere Lebensgenüsse und auch Lichte. Sie nahmen aber gewaltige Preise. Das Pfund gewöhnlichster Stearinterzen, welches höchstens fünfzig Pfennige werth war, mußte mit einem Thaler bezahlt werden, das Pfund Zucker kostete zwei Thaler, Raffee und Thee hatten ähnliche Preise. Auch die Marketender wußten ihr Schäfchen ins Trockene zu bringen."

Im Großen und Ganzen war aber die Verpflegung der Truppen reichlich und wohl geregelt; ein eigentlicher Mangel war nirgends eingetreten, wenn auch die Mannschaften sich zum Theil nur schwer an tie viele ungewohnte Fleischkost und die Konserven gewöhnen konnten.

egen Ende der Belagerung war es der Fürsorge der Vorgesezten und Behörden gelungen, den Gesundheitszustand der Truppe ie weit zu heben, daß derselbe als ein guter bezeichnet werden konnte. Der Wunsch jedoch, die Zeit der Einschließung endlich beendet zu sehen, blieb in allen Herzen rege. Dieser sowohl, wie die ganzen Verbältnisse vor Meß sind in einem launigen Gedicht geschildert, das im Regiment große Verbreitung fand, dessen Verfasser aber unbekannt geblieben ist.

1. Et is 'ne scheene Jegend

Um diese Festung hier

Und wenn es mal nich regnet
Denn sicht man was von ihr.

2 Gewöhnlich regnet's jräßlich
Und jießt daneben her

Und ist das Wetter häßlich,
Tenn pladdert's noch viel mehr.

3 Man liegt auf Wiesenrändern
Um das Gehugel rings,
Bill man sich mal verändern,
Dann legt man sich nach links.

4. Und liekt von ene Stelle
Sechs Wochen lang ejal
Hinüber nach die Wälle,
Hinunter auf das Thal.

5. Und denkt, nanu wird's kommen,
Nu kommt das Nest zu Fall —
Dann krabbeln Ochsenherden
Da drüben auf dem Wall.

6. Und brüllen bei det Frasen,
Daß man es horen kann:
Bazaine wird Euch wat blasen,
Er denkt noch jarnicht d'ran.
7. Die Seife wird zur Mythe,

Zur Sage ward das Hemd,
Der Zilka, meine Jiete,
Is mich schon jänzlich fremd.
8. Durch ist der rechte Soden,

Den linken ich verlor,

Das Einzige was noch trocen
Sind Kehle und Humor.

9. Kurz, dieser Heroismus
Is nich ganz ohne Reiz,
Mich zicht der Rheumatismus
Fürs Vaterland durchs Kreuz.

Auf besondere Schwierigkeiten stieß die Verpflegung der Pferde. welche außerdem besonders im Anfang der Einschließung durch die Nässe und Kälte sehr litten. Die Haferration mußte zeitweise auf sechs Pfund herabgesetzt werden; es wurden Garben und Stret verfüttert, die Menge des gelieferten Heues war äußerst gering; es fehlte zum Theil auch ganz. Im ferneren Verlauf der Einschließung seit dem 9. Oktober wurde Preßheu gegeben. Infolge der vielen jungen, ungeübten Fahrer, der nassen Woylachs und Ausrüstungsstücke kamen zahlreiche Beschädigungen der Pferde durch Scheuern und Satteldruck vor.

Wenn es schon nicht leicht war, die vielen auf einen engen Raum zusammengedrängten Mannschaften unterzubringen, so war der Schutz der Pferde gegen die Witterung eine beständige Sorge der Batterien. Wie schon erwähnt, wurden nach Möglichkeit Schut dächer für Pferde, Sattelzeug und Futtervorräthe gebaut, es war aber nicht immer leicht, das dazu nöthige Material herbeizuschaffen.

Das von der Korpsartillerie belegte Habonville bestand aus etwa zwanzig Häusern. Darin mußten 39 Offiziere, 16 Beamte 800 Mann und 900 Pferde untergebracht werden. Da konnter natürlich nur sehr wenig Pferde in Ställe ziehen, die Mehrzahl war an Stangen angebunden, welche man an den Mauern der Häuser befestigt hatte; die Thiere standen aber so eng, daß ven einem Liegen derselben nicht die Rede sein konnte. Erst die Zet brachte in diesen Verhältnissen Besserung; die Pferde standen schlier lich in Schuppen, hatten auch eine gute Streu. Schlimmer ergin: es, besonders anfangs, den biwakirenden oder auf Vorposten befind lichen Batterien. Mit den Vorderbeinen stampften sich die Pferde tief und tiefer in den weichen Lehmbrei, so daß sie mit den hohen Hinterfüßzen wie Känguruhs aussahen, und wenn die Fahrer putten. so krämpten sie sich, ein höchst sonderbarer Anblick, die weiten „Blechhosen“ meist bis zum Spalt auf.

Das fahrende Material der Batterien selbst hatte durch die Schlachten wenig gelitten; die nöthigen Instandsetzungen, z. B. das Entbleien der Geschütze, wurden bei allen Batterien vorgenommen. Durch die hungrigen Pferde waren in den Biwaks die Deichseln vieler Geschüße und Wagen venagt worden; sie wurden dagegen mit einem Beschlag von Eisenblech am vorderen Drittel geschüßt. „J dem zähen Lehm kam es," wie Oberst Weyer schreibt, „öfters vor. daß sich die Zwischenräume zwischen den Speichen voll Lehm sezten.

ie daß die Räder Scheiben glichen. Bei den Munitionswagen, beienders den Hinterwagen, setzte sich der Raum zwischen Kasten und Räder gerne voll, so daß die Räder sich nicht mehr bewegten, das Fabrzeug liegen blieb. Zur Abhülfe wurden Holzmesser auf die Trittbretter genagelt, deren Schneiden sich nabe dem Felgenkranz befanden und so den durch das Rad mit in die Höhe geführten gebm abschnitten." Diese Maßnahme bewährte sich, so daß sie auch ferneren Verlauf des Feldzuges wiederbolt angewendet wurde.

Nicht gut bielten sich die Freßzbeutel, welche bald aus den bemischen Artilleriedepots erjegt werden mußten. Von der Aus. Tutung ließen die ledernen Scheiden der Faschinenmesser und die Kettbojen viel zu wünschen übrig. Auch die Schiene am Vorder sirm des Helmes löste sich häufig.

Die Fuß-Batterien erhielten zwanzig Gewehre. Es war vorgetemmen, daß sich französische Vandleute in die Geschütparks geidlichen batten, um hier Beschädigungen an den Geschüßen vorzunehmen: auch war auf Posten geschoffen worden. Die nur mit dem Seitengewehr bewaffneten Fußmannschaften waren demgegenüber macht- und wehrlos. Es wurde mit den Gewehren eifrig exerzirt und auf 200 und 350 Schritt geschossen. Die Zufanterie batte dazu Unteroffiziere als vehrmeister gestellt. Die auf diesen Dienst verwendete Mühe machte sich auch später noch belobut.

An den Sonntagen fanden öfters Gottesdienste statt, zu denen die Truppen marschirten, die reitenden Batterien jogar ritten. Ganz besonders erbevend muß der Dantgottesdienst für den Sieg von Sedan am 4. September gewesen sein, an den sich die Sertheilung ter ersten Eisernen Kreuze schloßz. General v. Dresty schreibt: Der zur Feier auserwählte Plat lag in der Nähe von Berneville und war eine reizende, am Bergabbange gelegene Waldwieje, die rem schönsten Eichenwalde eingeschlossen war. Die 5. Division und tie Sorpsartillerie bildeten drei Seiten eines großzen Vierecks, dessen rierte Seite durch einen aus Trommeln gebauten Altar und den daneben stehenden Fahnen der Division eingenommen war. Ber dem Altar stand der Divisionsprediger und rechts neben ihm der fatbelische Kaplan des Armeekorps. Hinter dem Altar waren die Musikkorps und die Liturgiesanger aufgestellt. Die Feier begann mit einem Eboral, dann wurde die Viturgie verlesen, welcher der Eberal Ein feste Burg ist unser ett folgte. Der Brediger Kretschmar batte als Thema seiner Predigt den Traum Jakobs

Geis. d. Feldart. Regts. Gen. Feldzeugmeister (1. Brandenb. Nr. 3.

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von der Himmelsleiter sehr passend gewählt und führte den Ge danken geschickt durch. Die Rede machte auf Alle einen sichtlicher Eindruck, sie schloß mit einem schönen Gebet auf die Todten und die auf dem Schmerzenslager liegenden Kameraden. Mit dem Choral »Nun danket alle Gott« schloß die wirklich erhebende Feier. Jezt trat der Prinz Friedrich Karl in die Mitte des Vierecks und redete uns folgendermaßen an:

»Freunde und Kameraden! Wir stehen heute, wenn auch nch nicht am Ende des gewaltigen Krieges, so doch an einem Abschnitt. der für unsere Waffen ein glückliches Ende voraussehen läßt. T beiden Kronprinzen haben bei Sedan Mac Mahons Armee gefanger genommen, zwischen uns und Paris befindet sich eine feindlide Armee nicht mehr. Brandenburger! Euch dankt der König den schwersten Theil der errungenen Erfolge. Ihr habt bei Spicheren die eisenverschlossenen Thore Frankreichs geöffnet, Ihr habt ke Vionville den übermächtigen Feind im zehnstündigen, todesmuthigen Ringen festgehalten und so den Weg nach Paris fast frei gemadi Die Nachwelt wird mit Stolz von den braven Brandenburgerr sprechen. Der König und das Vaterland dankt Euch! Ich habe den Auftrag von Seiner Majestät, an Euch einen geringen The seines Dankes vorläufig abzutragen, indem er mir eine Anzab. Eiserner Krenze zur Vertheilung an Euch übersandt hat; es ist nur der Anfang«.

Nun wurden die Einzelnen vorgerufen. Der Prinz heftete Jedem das Kreuz eigenhändig an. Mir drückte er freundlich die Hand und bedankte sich nochmals für das tapfere Verhalten der Korpsartillerie am 16. August. Diese wurde aber auch äußer vortheilhaft bedacht. Es kamen überhaupt auf das ganze III. Kerrs -35 35 000 Mann diesmal erst 40 Krenze, also auf 1000 Mann etwa ein Kreuz zur Vertheilung, die Korps artillerie zählte aber im Ganzen nur 1000 Kämpfer und erhielt zehn Kreuze, sieben für Offiziere und drei für Mannschaften. Unter den Letteren befand sich auch ein bergefreiter Sattelkow der 3. leichten Batterie. der sich sowohl bei Spicheren als auch bei Vionville hervorgetban hatte. Er stand neben mir und als der Prinz ihm das Kreuz angeheftet hatte, fing er an zu beulen, als wenn ihn der Bock stieße. Ich sagte ihm: »Heulen Sie doch nicht so, es ist doch gar kein Grund vorhanden«. Er erwiderte: »Ach, Herr Oberst, ich freue mir doch gar zu sehr, weniger wegen mir, als wegen meine ollen

Eltern. Mein Alter ist och Soldat gewesen, wie wird der sich freuen, wenn er hört, daß sein nichtsnußiger Bengel, denn so hat er mir immer genannt, das Eiserne Kreuz gekriegt und daß der Brinz Friedrich Karl es ihm selbst angestochen hat«.

Nachdem die Vertheilung der Kreuze zu Ende war, ließ der tommandirende General, den neuen Rittern zu Ehren selbst kommandirend, präsentiren und unter Hurrahrufen, Musik und TrommelHang traten wir ein.

Ich will zum Schlußz hier noch ein Gedicht anführen, das bald nich der ersten Vertheilung der Kreuze entstand und nach meiner Ansicht den richtigen Standpunkt angiebt, nach welchem das Eiserne reuz getragen werden soll. Der Verfasser ist mir nicht bekannt geworden.

Son Eisen ist's, ein schlichtes Kreuz
it einem Silberrand,

Und wer es trägt, that nur die Pflicht
Fur König, Vaterland.

Und wer es trägt, denkt an das Kreuz
Am Grabe, auf freiem Feld;
Dort schlummert, der es tragen sollt',
Der todte Preußenheld.

Und wer es trägt, gedenkt der Schlacht Und wer es trägt, denkt alter Zeit

lad hebt die Hand empor,

ur meinen König, das nächste Mal

yab ich noch Bess'res vor.

So weit Oberst v. Drestv.

Und faltet die Hände fest,

Daß Gott ihm gab so große Ehr'
Der's Kreuz ihn tragen läßt.“

Bei diesem feierlichen Atte erhielten das Eijerne sreuz 2. Klasse: Von der Korpsartillerie: Oberst v. Dreskv; Majore Lenz and v. Lyncker; Hauptleute Scheringer, Stumpf; Pr. Lts. Hildebrandt, v. Pressentin; Serg. Alisch (1. r.); Unteroffiz. Lucius 3. r.); bergefr. Sattelkow (3. I.).

Von der 1. Fuß Abtheilung: Hptm. Steepbasins und Kan. Albrecht (2. 1.).

Im Laufe der Einschließung trafen noch zahlreiche Kreuze ein. Tie Namen der Dekorirten werden in einer besonderen Anlage mit tem Tage der Verleibung gegeben werden.

9. Veränderungen im Regiment.

Infolge der starken Verluste am 16. und 18. August waren Versegungen und Kommandirungen innerhalb des Offizierkorps nöthig gewesen. Verschiedene Krankmeldungen während der Einschließung, Beförderungen sowie das Eintreffen von Ersag veranlaßzten noch

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