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vorwärts bringen“. Als die Batterie abgeprogt hatte, eilte er schnell wieder an sein Geschütz.

Außer diesen Leuten werden noch besonders der Feldwebel Ebeling und der Kapitändarmes der Batterie, Sergeant Genthe, wegen ihrer in allen Lagen bewährten soldatischen Pflichttreue und unerschrockener Tapferkeit besonders hervorgehoben.

Reitende Abtheilung.

In der Schlacht bei Vionville wurden beim 1. Geschüß der 1. reitenden Batterie drei Bedienungsmannschaften kurz hintereinander verwundet. Der Mittelreiter Friedrich August ehmann aus Alt-Viet (Ober-Barnim) sprang, ohne den Zuruf seines Geschügführers abzuwarten, vom Pferde und bediente das Geschüg, indem er zwei Bedienungsnummern erjeßte.

Die richtende Nummer beim 1. Geschüß der 1. reitenden Batterie wurde durch den Kopf geschossen. Ein anderer Kanonier übernahm die Nummer und hatte bald darauf auch einen Schuß durch den Kopf. Die Leute wurden dadurch etwas zach und zögerten. die richtende Nummer zu erseyen. Der Zugführer, Sergeant Alisch, rief ihnen zu: „Ihr seid alle ... ferls, ich werde

richten!" Er legte sich an, um dies zu thun. Auf einmal zuckte er mit dem Kopf, richtete aber fertig und ließ das Geschüß abfeuern. Eine Kugel hatte ihm die Kopfhaut geschrammt, er wurde verbunden und blieb in der Batterie.

Er sagte jegt zu seinen Yeuten: „Nu, Jungens, sperrt mat Eure Cogen uf, wir müssen den Kerl doch finden, der uf uns schießt, weit kann er nicht sind." Plöglich rief ein Kanonier: Da liegt der Kert", und richtig, hinter einem todten Pferde lag, etwa 400 Schritt vor der Batterie, ein Franzoje mit dem Gewehr im Anschlage. Die Kanoniere liefen hin; ein Schuß, den er noch ab= gab, fehlte sein Ziel, und bald hatten acht brandenburgische Fäuste den Franzosen beim Wickel. Er konnte nicht gehen, denn er war durch den Oberschenkel geschossen, deshalb wurde er in die Batterie getragen. Hier hieß es: Schlagt den Kerl vorn Kopf!" Da erhob sich aber eine Stimme unter den Kanonieren: „Ach, Herr Hauptmann, wollen wir ihn nicht lieber verbinden lassen, der Mann bat ja doch nur seine Schuldigkeit gethan". Er wurde verbunden. „Mich," so schreibt Oberst v. Dresty, „verichte die Antwort in ein freudiges Erstaunen. Einmal sprach sich darin der Widerwille

aus, einen wehrlojen Feind zu tödten, dann aber auch ein hochentwickeltes Pflichtbewußtsein, seine Schuldigkeit thun zu müssen, das selbst bei einem Feinde, der even erst zwei Kameraden getödtet und einen verwundet hatte, seine Anerkennung fand. Ich habe dieses Pflichtbewußtsein noch später bei verschiedenen Gelegenheiten sich außern hören."

Als am Abend der Batteriechef und sämmtliche Offiziere durch Chassepotkugeln außer Gefecht gejegt waren, übernahm Sergeant Wilhelm Heinrich Alisch aus Grunow (Kreis Sternberg) das Kommando der Batterie und führte dieselbe mit Kaltblütigkeit und Umiicht.

Der Unteroffizier Friedrich Wilhelm Gustav Matthäus ans Wittenberg führte am 16. August die 1. Staffel der 3. reitenden Batterie. Als derselbe aus seiner Stellung die vielen Verluste der Batterie jah, ritt er ungerufen vor, stellte das demontirte 3. Geschütz wieder her und übernahm das Kommando über dasselbe. Als die aufgeproste Batterie darauf eine Bewegung machte, proste sich das eschig von selbst bei einer Wendung ab, was erst nach etwa zweihundert Schritt bemerkt wurde. Unteroffizier Matthäus kehrte sofort mit der Proze um, proste das Geschüß, da er sämmtliche Bedienungsmannschaften durch feindliches Feuer verloren hatte, allein im heftigen feindlichen Fener auf und rückte mit demselben bei der Batterie ein.

Dem Kanonier Theodor Thomas Cualijchefski aus Valerianowo (Kreis Krotoschin) wurden beim wiederholten Vorgeben der 3. reitenden Batterie drei Pferde unter dem Leive erschossen. Er erfette sie sofort durch Einfangen herrenloser Pferde und kam stets ur rechten Zeit auf seinem Posten an. Oberst v. Dresfy theilt über Cualischefski in seinen Erinnerungen noch mit:

In einer Feuerpause ritt ich mit meinem Adjutanten durch die Batterien. Es war ein fürchterlich heißer Tag, und die Zunge klebte einem an dem Gaumen. Beim Durchreiten durch die 3. reitende Batterie äußerte ich zu meinem Adjutanten: »Ein Königreich für einen Trunk!« Da ertönte eine Stimme: »Herr Overst, det soll'n Se billiger haben!« Aus Flavigny war eine Stubbeerde entlaufen, welche zwischen den beiden Artillerielinien rubig weidete. Zu dieser lief der Kanonier, fing eine Kuh ein, nahm seinen Helm ab und melk ganz kunstgerecht den Helm voll Milch. Dann kam er im fangiamen Schritt zur Batterie zurück und überreichte mir den Helm

mit den Worten: »Da, Herr Oberst, det wird Sie wohl schmecken«. Wenn auch der Helm recht durchgeschwigt war, so war doch der Durst so groß, daß ich das fettige Gefäß halb leerte und dann dem Manne mit der noch darin befindlichen Milch zum Selbstgebrauc zurückgab. Er wollte aber die Milch nicht trinken und gab sie meinem Adjutanten. Der Kanonier hieß Qualischefsti."

2. reitende Batterie. Der Obergefreite August Dommasc! zeichnete sich dadurch aus, daß er als Vorderreiter, nachdem die Be dienung seines Geschüßes bis auf zwei Mann gefallen war, ebne Befehl das Geschütz während der ganzen Schlacht mit Umsicht führte. Der Obergefreite Karl Friedrich Kramer bediente längere Zeit sein Geschüß, nachdem der Geschützführer gefallen war, mit nur einem Manne.

Die Stimmung aber, welche nach dieser Schlacht in unserem Regimente herrschte, mögen die Worte wiedergeben, welche Hauptmann Fromme in edler Begeisterung im Biwak zu Vionville am 17. August in sein Tagebuch schrieb:

.. und dieser Tag gehört uns, ja uns, dem Brandenburgischen Feldartillerie - Regiment. Der König und Prin; Friedrich Karl, die auf dem Schlachtfelde waren, haben unserem Kommandeur, dem Oberst v. Dresku, ibren Dank ausgesprochen für die brillante Haltung der Artillerie. Der König hat ihm speziell gesagt: »Grüßen Sie mir meine braven brandenburgischen Artilleristen«, und Prinz Friedrich Karl hat geäußert: »Dic brandenburgische Artillerie hat das Gefecht im Gleichgewicht ge halten, iby gebührt das Verdienst des Tages!« Und alle Kameraden, Infanterie und Kavallerie, wetteiferten in Worten der Anerkennung über unsere Haltung, glorreicher, entzückender Tag!"

Dauernder Zenge des Heldenmuthes, mit dem das Brandenburgische Feldartillerie-Regiment am 16. August für König und Vaterland zu kämpfen und zu sterven verstand, ist das Denkmal in Form einer abgebrochenen Säule, welches auf dem blutgetränkten Schlachtfelde den gefallenen Kameraden des Regiments in cbrender Erinnerung errichtet ist.

6. Der 17. Auguft.

Alte seitens des großen Hauptquartiers für den 17. August erlassenen Befehle geben dabin, möglichst viele Truppen für diesen Tag auf dem linken Meiel-Ufer bereit zu stellen. Denn das schwere,

blutige Ringen am 16. hatte den Gegner vei Metz nur festgehalten, in een Bienville auf Rezonville zurückgedrängt. Noch stand er dem ermatteten III. und X. Korps überlegen gegenüber, und es war nicht ausgeschlossen, daß der Gegner am folgenden Tage wieder mit frischen Kräften zum Angriff vorging. Einem solchen Vorgehen. batten die beiden Korps weichen müssen; es fehlte an Munition.

Die erste Aufgabe dieser Korps war daher, möglichst schnell wieder schlagfähig zu werden. Dabin wurde mit allen Mitteln gestrebt. Bei dem Regiment geschah dies folgendermaßen:

Der Verlust an Mannschaften und Pferden war unerwartet greß. an Material unbedeutend gewesen. Nahezu die Hälfte der • Cifiziere, zwei Drittel der Unteroffiziere und ein Drittel der Mann idaiten war tampfunfähig; au Pferden batten die 1. und 3. reitende Batterie allein 109 verloren. Die bei den Batterien in der Staffel rorbandenen Reserven reichten bei Weitem nicht aus, es mußten alie die Munitionstolonnen zu Hülfe genommen werden. Treßdem blich Mangel an Bedienungsmannschaften. Der Erjag der Pferde geicbab zum Theil aus den Zugpferden der Kelonnen und aus ein. gefangenen Kavalleriepferden, zum Theil aus Beutepferden. Doch aber fennten viele Munitionswagen, ja auch Geschüße, nur mit vier Pierden bespannt werden; die Reiter der reitenden Batterien mußten tbeilweise auf den Progen fortgeschafft werden.

Um die Mittagszeit war das Regiment notbdürftig mit dem Eriag fertig.

Gegen 9 Uhr Vormittags traf Seine Majestät der König auf dem Schlachtfelde ein und bielt längere Zeit in der Nähe des Burats der Korpsartillerie. Cverst v. Dresto ritt zum Allerbedsten Herrn, um zu melden. Der König sprach sich sehr anertennend über das Regiment aus. Als Overst v. Dresty die Berluste angeben mußte, traten Seiner Majestät die Thränen in die Augen. Hier batte auch der Wachtmeister Bading der 1. reitenden Batterie das hobe Glück, seinem obersten Kriegsherrn versönlich Meldung machen zu dürfen. Diese Batterie hatte alle Offiziere verloren; sie waren theils schwer, theils leichter verwundet, teiner im Stande Dienst zu thun. So kam es, daß Wachtmeister Bading allein die Herstellung der Batterie leiten musste. Er fam mit der ergänzten Batterie an dem Fuße der Höhe vorrei, auf welcher Seine Majestät bielt und meldete. Der König fragte ikn, warum denn kein Offizier die Arveiten veiergt bätte. Auf

Badings Antwort, sie seien alle verwundet, hielt sich der König die Hand vor die Augen und fragte dann: „Und Sie allein haben das Retablissement bewirkt?“ - „Zu Befehlen, Eure Majestät.“ – Wie heißen Sie?" - Bading nannte seinen Namen, worauf der König ihn dankend entließ. Bei einer späteren Gelegenheit im Jahre 1871, als Oberst v. Dreskv sich bei Seiner Majestät meldete, tam der König auf dieses Gespräch zurück und erkundigte sich, ov Bading auch dekorirt worden wäre. Oberst v. Dresky konnte dies vejaben und zugleich hinzufügen, daß Bading auch zum Eisernen Kreuz 1.Яlasse eingegeben sei, worauf der König erwiderte: „Das freut mich, er scheint ein ordentlicher Mensch zu sein“. Im Jahre 1879 beschtigte Seine Majestät die Truppen in den Reichslanden. Nach einer Parade über die 16. Division beritt der Kaiser das Schlachtfeld ven Vionville, und am Denkmal der 5. Division sollte ein Vertrag über die Schlacht gehalten werden. Ehe dieser begann, nahm Seine Majestät das Denkmal der 5. Division in Augenschein, an desen Gittern die Namen der Truppen, welche damals zur Division gehört hatten, mit ihren Verlusten standen. Der Gouverneur von Mes. General v. Schwerin, 1870 Kommandeur der 10. InfanterieBrigade, jagte, als der Kaiser an das Schild der Divisionsartillerie herankam Hier, Eure Majestät, kommen wir an einen Truppentheil, der verhältnißmäßig am meisten geblutet hat. Es ist die I. Abtheilung des Brandenburgischen Feld Artillerie-Regiments." — „Ja“, sagte der Kaiser, das Regiment hat nicht nur tapiere, es hat auch tüchtige Soldaten", und sich zu dem General v. Tresty, der, als Schiedsrichter zu den Kaisermanövern fommandirt, anwesend war, wendend, fragte er: „Was macht Bading?" veider mußte General v. Dreskv berichten, daß Bading am Typhus gesterben sei.

Am 17. war es vor der Front der Zweiten Armee, alie and bei dem III. Armeekorps, nicht zu Zusammenstößen mit dem Feinde gekommen. Die übrigen Armeekorps erreichten an diesem Tage thre Marichziele, jo daß am Abend des 17. standen: Das IX. Armee forps in seinen Biwats bei Gorze, das III. Armeekorps mit der 5. Division bei Burières, mit der 6. Division und der Korpsartillerie bei Flavigny und Vionville, das XII. Armeekorps bei Mars la Tour und Purieng, das X. Armeekorps bei Tronville. Das Gardeforps stand zwischen Vateur en Weëvre und Hannenville an Passage, westlich von Mars la Tour. Das II. Armeekorps er: reichte Pont à Moussen, das IV. Armeekorps traf in Beuca, nordwest

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