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beim Gegner. Es war zur Aufnahme des 2. Korps eine französiche Grenadier-Division vorgezogen worden.

Wenn es so unseren braven Reitern nicht gelang, durchgreifende Erfolge zu erzielen, so sand doch die preußische Artillerie in der durch die Reiterkämpfe eingetretenen Gefechtspause die erwünschte Gelegenheit, weiter vorwärts günstige Stellungen zu finden.

a. Die I. Fuß-Abtheilung.

(Skizze 35, S. 325 und Skizze 38, S. 337.)

Die fünf Batterien des rechten Flügels am Bois de Bionville waren, wie wir gesehen haben, mit einer erneuten Rechtsschwenkung so weit vorgegangen, daß sie den Nordrand des Waldes flantiren und somit neue Versuche des Feindes, den Wald wieder zu nehmen. wirksam verhindern konnten. In dieser Stellung verblieben die Batterien während des ganzen ferneren Verlaufs der Schlacht; mur geringe Frontveränderungen, hervorgerufen durch die Stellung der Ziele zu den Batterien, wurden vorgenommen. Im Allgemeinen beschoß die Abtheilung Artillerie auf Entfernungen von 2000 bis 3000 Schritt; bei den wiederholten Vorstößen der Infanterie lenkte sie ihr Feuer gegen diese. Es war besonders die der Stellung auf 1600 bis 1800 Schritt nordöstlich vorgelagerte Höhe, auf der sich immer wieder die feindlichen Schüßenlinien bemerkbar machten; des jedesmal gelang es der Abtheilung den Gegner, noch ehe er zum eigentlichen Angriff angesezt hatte, von dort zu vertreiben. Infolge des hierdurch verursachten starken Munitionsverbrauchs litten die Batterien dauernd Mangel an Geschossen. Zwar wurde mit allen Mitteln Ersatz angestrebt, es gelang auch energischen Führern, wie dem Bortepeefähnrich Gronau der 2. leichten Batterie, die 2. Staffel beranzubringen; doch aber entsprach die vorhandene Munitionsmenge nie dem Bedarf. Die Batterien hatten wieder sehr durch das feindliche Infanteriefeuer zu leiden. Die Leitung des Gefechts wurde immer schwieriger, da der größte Theil der Offiziere und Geschüt führer todt oder verwundet vom Kampsplay abgetreten war. Auch vieutenant Brehmer der 1. schweren Batterie wurde hier ver wundet, blieb aber in der Batterie. Einzelne Geschüße konnten zum Theil wegen Mangel an Mannschaften und Munition nicht mehr bedient werden; es schien, als ob die Behauptung der Stellung unmöglich werden könnte. Doch war es schließlich gelungen, eine größere

Zahl von Wagen der I. Staffel der Munitionskolonnen heranzubringen, und Major Gallus gab sich nun der Zuversicht hin, unbedingt das Gefecht an dieser Stelle halten zu können. Unter diesem freudigen, erbebenden Gedanken wurde Major Gallus schwer verDer jetzige Oberst a. D. Krulle, damals Adjutant des Majors Gallus, schreibt hierüber:

„Es war ihm noch vergönnt, die erste erfolgreiche Abwehr der Major Gallus, feindlichen Streitkräfte zu erleben; unter seinem Kommando vollzog sich das erste Avanciren der Abtheilung. Er saß auf seinem 3. Pferde, batte schon einen Prellschuß auf das neue Testament in seiner Brusttaiche, wie er mir vertraulich mittheilte, erhalten und strahlte vor Freude über das bisher Erreichte. Da kam ein neuer Angriff. Wieder schwirrten die Chassepotkugeln zu Tausenden um und über

Plöglich hörte ich neben mir einen unterdrückten und gleich darauf einen etwas lauteren Schmerzensruf. Ich wendete mich um und jah den Major mit schmerzverzogener Miene nach seinem linken Unterarm greifen, aber auch an der Schulter war die Uniform durchlöchert. Ich wollte ihn aus dem Gefecht geleiten, das lebnte er aber ab, sagte, ich solle dem Hauptmann Stöphasius Befehl zur Uebernahme des Kommandos bringen, setzte seinen Fuchs in rubigen Paradegalopp und ritt mit Zusammenfassung der letzten Kraft zum Verbandplay, wo er balb ohnmächtig vom Pferde geboben wurde. Die Wunde am Unterarm war nicht bedeutend, der Schulterschuß dagegen machte eine Resektion erforderlich. Dennoch würde nach dem übereinstimmenden Urtheil verschiedener Aerzte dieser ausgezeichnete Offizier dem stöniglichen Dienst erhalten worden sein, wenn er sich nicht halsstarrig der Ueberführung in ein rückwärts gelegenes Lazareth widerseyt hätte.

Er war in vieler Beziehung eine außerordentliche Persönlichkeit. Ben bobem schlanken Wuchs, war er, mit dem Erden pour le mérite geschmückt, eine imposante Soldatenerscheinung, deren männlibe Schönheit nur durch eine etwas flache Brust beeinträchtigt wurde. Diese, sowie die ein wenig gebückte Haltung rührten von einem Yungenschuß her, den Gallus als junger Offizier der Holsteinischen Armee 1849 im stampfe gegen die Dänen erhalten hatte. Major Gallus war gut beritten, ein schneidiger Reiter, fest und bestimmt. in seinem Auftreten; daneben war seine Frömmigkeit ein an ihm ganz besonders hervortretender Charakterzug." Major Gallus bat noch nach seiner Verwundung den Gefechtsbericht der I. Fuß

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Abtheilung selbst aufgestellt; er schloß denselben mit folgender warmer Anerkennung für seine Untergebenen:

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Der Unterzeichnete kann sich nicht genug lobend über die treue Hingebung, Tapferkeit und Kaltblütigkeit sämmtlicher Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften aussprechen. Dieselben haben unter den Augen des Herrn Divisionskommandeurs gefochten, und müssen die schweren Verluste, namentlich an Offizieren, bezeugen, wie brar und aufopfernd hier an entscheidender Stelle gefochten worden ist. glaube hiernach keinem Offizier den Anspruch auf das Eiserne Kreuz absprechen zu können, muß aber namentlich das rühmliche Verbalten der Hauptleute Stöphasius, Knobbe, Nöldecke und Vollbrest hervorheben; von den übrigen Offizieren fielen mir speziell durd ihre Besonnenheit und Kaltblütigkeit auf: Premierlieutenant Worrijt. die Lieutenants v. Hagen, Schroeder, Brehmer und Krulle dessen Pferd schwer verwundet wurde und der durch sein energiste und besonnenes Benehmen bei Ausrichtung der ihm übertragener Befehle große Verdienste für die Leitung des Gefechtes sich er worben hat."

Major Gallus war bald nach 2 Uhr verwundet worden, kurze Zeit vorher der Hauptmann Vollbrecht, Chef der 2. leid Batterie, geblieben. Hauptmann Stöphasius von der 1. leichte Batterie übernahm infolgedessen das Kommando der Abtheilung. An seine Stelle trat, da die beiden älteren Offiziere der 1. leichter Batterie gleich zu Beginn der Schlacht verwundet worden warer. Lieutenant Haaje. „Er leitete troß seiner Jugend und trogdem er am Auge verwundet war, mit Energie und Ruhe das Feuer der 1. leichten Batterie, den Mannschaften ein gutes Vorbild gebend." An Stelle des Hauptmanns Vollbrecht trat der Premierlieutenant Woppisch von der 1. schweren Batterie in der Führung der 2. leichten, da bei dieser Batterie nach dem Tode des Lieutenants Borchert und der schweren Verwundung des Lieutenants Screeder keine Offiziere mehr vorhanden waren. Die zweite Hälfte der Batterie führte Portepeefähnrich Gronau, die 1. Vizefeldwebel Faber, welcher jedoch später auch verwundet wurde.

In den Aufstellungen der Batterien wurde nichts geändert, da dieselben sehr zweckentsprechend waren. Als gegen 5 Uhr der Feind starke Artilleriemassen bei Rezenville gegen Flavigny entwickelte, he Hauptmann Stöphasius die 1. leichte Batterie eine halbe Schwen fung gegen diese machen und einige hundert Schritt vorgeben und

führte auch die 1. schwere Batterie dorthin. Die 2. schwere Batterie batte ihre Stellung an der Waldkante des Bois de Vionville dauernd behauptet; hier erhielt Lieutenant Krüger einen Schuß in das Bein. Um 5 Uhr wurde Hauptmann Knobbe durch einen Schuß in die rechte Wade verwundet, blieb jedoch bei der Batterie. Da im Laufe des Gefechtes durch das anhaltende Feuer eine starke Verschmutzung der Rohre eingetreten war, welche sich zu einem vollständigen Klemmen der Verschlüsse steigerte, auch zu dieser Zeit frische Batterien der 8. Brigade in die Position rückten, so entschloß sich Hauptmann Knobbe, die Batterie, welche augenblicklich nur ein bis zwei Mann Bedienung und drei Pferde Bespannung am Geschüß hatte, hinter den Wald zurückzuführen. Sie retablirte sich hier innerhalb einer halben Stunde und rückte dann auf dem linken Flügel der 1. leichten Batterie wieder in die Feuerlinie ein. Der Gegner erwiderte das Feuer sehr heftig, die drei Batterien erlitten Verluste durch Granaten, doch wurde diesseits eine sehr gute Wirkung des eigenen Feuers wahrgenommen. Die 2. leichte Batterie, Premierlieutenant Woppisch, blieb auf dem rechten Flügel in ihrer ersten Stellung und beschoß in langsamen Feuerpausen die schon mehrfach erwähnte Anhöhe, sobald die dort liegenden feindlichen Schüßen und nachfolgenden Kolonnen den Versuch machten, vorzudringen. Die 1. leichte X. war, weil sie sich verschossen hatte, zurückgenommen worden.

Die Thätigkeit unserer Batterien auf diesem Flügel kennzeichnet sich als ein vertheidigungsweises Festhalten des gewonnenen Geländes. Dies ist schon daraus ersichtlich, daß keine weiteren Stellungen vorwärts gewonnen wurden. Die I. Fuß-Abtheilung gab bier in den Nachmittagsstunden, noch verstärkt durch Batterien des VIII. und X. Korps, den festen Rahmen, an den sich die Zufanterie angliederte; sie bildete den Rückhalt für die wiederholten Offensivstößze, welche die eintreffenden Infanteriereserven in ihrem ungestümen Kampfeseifer auf den hartnäckigen und mit Ueberlegenheit an Zahl auftretenden Gegner unternahmen.

3. Die Korpsartillerie und die III. Fuß-Abtheilung.

(Skizze 38, S. 337 und Skizze 39, S. 345.)

Die Beseyung Flavignys durch preußische Infanterie und das Vorgehen der Navallerie gaben den Batterien der Mitte und des linken Flügels erwünschte Gelegenheit zum Vorgeben. Nachdem auf

Befehl des Oberst Freiherrn v. der Becke die 2. reitende X. in eine Stellung südöstlich von Flavigny vorgegangen war, führte in der Mitte der Schlachtlinie Oberst v. Dresky zunächst seine drei reitenden Batterien bis über die Straßze Gorze-Flavigny vor: ihnen folgten die 6. leichte und 3. schwere, welche bisher an der Steinbruchsmulde gestanden hatten. Gleichzeitig wurde von der Kirchhofshöhe die 4. leichte und 4. schwere über die Mulde nördlich Flavigny vorgehelt Mit ihnen zugleich ging die 3. reitende Batterie X. Armeekorps ver. General v. Dresky schreibt:

„Nachdem Vionville und Flavigny vom Feinde geräumt waren, rückte ich mit der ganzen Korpsartillerie staffelweise vor und stellte mich so auf, daß die beiden 4. Batterien unter Hauptmann Stumpi nordöstlich Flavigny, die 6. leichte und 3. schwere südlich Flavigny auf der Wiese und die drei reitenden Batterien auf und an dem Nordabhang der Höhe 998 (Gst. W.) standen. Da ich einen se großen Raum zu decken hatte, konnten die Batterien nicht Schulter an Schulter stehen, sondern sie standen mit großen Zwischenräumen, die durch die später eintreffenden Batterien des VIII. und X. Armeekorps ausgefüllt wurden. Die Stellung bot zwar gar keine Deckung dar, dafür aber ein vortreffliches Schußfeld bis Rezonville hin. Ich nahm die Stellung gegen 1 Uhr Nachmittags ein und verblieb darin bis 72 Uhr Abends. Die Ziele wurden gewählt je nach dem Auftreten feindlicher und augenblicklich bedrohender Truppenförper; hauptsächlich aber beschossen wir die feindliche Artillerie bei Rezonville. Die französischen Geschüße waren fast gar nicht zu sehen, nur an dem Blitz konnte man ihre Stellung errathen. Auch wechselten die Franzosen häufig ihre Stellungen, vielleicht um uns das Einschießen zu erschweren. Unsere Wirkung war schwer zu beobachten, weil die französischen Geschüße, wie schon gesagt, sehr gedeckt standen. Nur zwei Mal habe ich Explosionen beobachten können, eine größere und eine kleinere. Vermutlich hatten wir einen Munitionswagen und eine Proze getroffen, welche in die Yuft flogen. Unsere Wirkung muß aber nicht schlecht gewesen sein, denn die Franzosen erkannten sie später unumwunden an.“

Während dieser Zeit erfolgten vom Feinde zwei Hauptangriffe gegen die Stellung der Korpsartillerie südlich Flavigny: der erste, gegen 134 Uhr unternommen, endete um 3 Uhr mit dem Rückzuge sämmtlicher französischer Streitkräfte hinter Rezonville. Der zweite, der bei Weitem beftigste, begann um 4 Uhr und wurde

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