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fanterie-Regiments und zweites Ostpreußisches Grenadier-Bataillon) zu Hülfe geeilt.*)

Obgleich am 19. Oktober noch viel Blut floß, da der Kampf in den Gärten, Vorstädten und Straßen mit großer Erbitterung geführt wurde, so war es doch nur ein Nachspiel des großen Kriegsdramas, dessen entscheidender Moment schon am 18. erfolgte. Flüchtigen Fußes eilten die Reste der franzöfifchen Schaaren dem Rheine zu, und nach langen Jahren der Schmach und Vergewaltigung waren Deutschlands Gauen endlich wieder von dem übermüthigen Unterdrücker befreit.

Dem neunten Schlesischen Landwehr-Regiment, welches wegen seines tapferen Verhaltens bei Probstheida der Allerhöchsten Gnade empfohlen worden war, wurde die Ehre zu Theil, am 19. Oktober von König Friedrich Wilhelm III. und Kaiser Alexander besichtigt und belobt zu werden. Das Regiment war am Morgen des 18. noch mit 950 Mann in die Schlacht gegangen und verlor in derselben 15 Offiziere und 515 Mann, so daß es am nächsten Tage nur noch 435 diensttüchtige Leute zählte.

Am 18. Oktober kämpften 270,000 Alliirte mit 1300 Geschützen gegen 150,000 Franzosen mit etwa 600 Geschüßen. Unter ersteren be= fanden sich (nach Abrechnung des Verlustes vom 16.) noch circa 51,000 Breußen mit höchstens 14,000-15,000 Mann Landwehr.

Der preußische Gesammtverlust bei Leipzig betrug nach Blotho 520 Offiziere und 14,950 Mann, nach von Hofmann 620 Offiziere und 13,550 Mann. Den Verlust der Landwehr können wir nur in so weit angeben, als er sich nach den Stärkeverhältnissen herausstellen würde;. hiernach würde sich der Verlust auf etwa 4000 Mann ergeben, welche

*) Obwohl das tapfere Verhalten des Königsberger Landwehr-Bataillons eigentlich eine speziellere Darstellung erfordert, können wir uns doch nicht entschließen, die in dem Fricciusschen Werk enthaltene hier aufzunehmen, weil es uns scheint, daß der Verfasser mit zu großer Vorliebe bei der Darstellung seiner eigenen Thaten verweilt und zu Gunsten des Landwehr-Bataillons die Haltung der Kompagnieen des Kolbergschen Regiments herabzusehen sucht. Dieses anerkannt brave Regiment hat aber während des Feldzuges so viel Beweise seiner Tapferteit gegeben, daß namentlich bei einem Augenzeugen derselben auch nicht der Schimmer eines Verdachtes hätte aufkommen dürfen, als hätte es den beiden Kompagnieen an Lust zum Sturm gefehlt.

Es wäre übrigens sehr erwünscht gewesen, wenn in der Geschichte des Kolbergschen Regiments dieser Vorgang spezieller dargestellt und der Befehl, der die Kompagnieen zurückgehalten hat, mitgetheilt worden wäre.

Zahl aber wahrscheinlich zu hoch sein dürfte, da die Landwehren durchschnittlich im zweiten Treffen standen und daher geringere Verluste ge= habt haben, als die Linientruppen.

Das Yorksche Korps war am 18. Oktober um 7 Uhr Abends gegen Halle und Merseburg abmarschirt und nach einem Nachtmarsch am 19. daselbst eingetroffen. Es übernahm jezt die Verfolgung des fliehenden Feindes, hatte noch mehrere Gefechte und langte am 14. November am Rhein an. Die Landwehr des Korps bestand zu dieser Zeit noch aus:

sieben Bataillons und zehn Eskadrons mit 2556 Mann.

Außerdem waren vier Bataillons bei Wartenburg, ein Bataillon in Görliß und ein Bataillon in Möckern (zum Gefangenentransport) zurückgeblieben, und zwei Eskadrons detachirt. Diese betrugen zusammen etwa 1900 Mann, so daß sich hiernach die Gesammtstärke von 13 Bataillons und 12 Eskadrons auf 4456 und in runder Summe 4500 Mann ergiebt. Die Landwehren des ersten Armeekorps hatten also während des Feldzuges 1813 einen Verlust von 11 Bataillons und vier Eskadrons mit mehr als 10,000 Mann erlitten. Das sechste LandwehrRegiment bestand nur aus einem Bataillon; das vierte, fünfte, dreizehnte und funfzehnte Regiment hatten aus den je drei beim Korps befindlichen Bataillons je eines formirt; die beiden nicht detachirten Bataillons des 14. Regiments waren kombinirt. Das fünfte und zehnte Kavallerie Regiment waren vereinigt worden.

Die Verluste beim zweiten Armeekorps vermögen wir mit Bestimmtheit nicht anzugeben. Wenn man aber den Verlust des Kleistschen Korps, welches nach der Schlacht bei Leipzig nur noch circa 15,600 Mann stark war, gleichmäßig auf die Landwehr überträgt, so würde dies zwischen 5-6000 Mann ergeben. Diese Zahl ist jedoch unbedingt zu niedrig, wenn man erwägt, daß von den ursprünglichen 16 Bataillons und 16 Eskadrons nach der Schlacht bei Leipzig nur noch sieben schwache Ba taillons und acht Eskadrons vorhanden waren. Rechnet man die höchste wahrscheinliche Stärke, nämlich das Bataillon durchschnittlich zu 400 und die Eskadron zu 90 Mann, so erhält man für die Stärke der Landwehr um diese Zeit 3520 Mann. Selbst wenn daher die Stärke der Landwehr des zweiten Armeekorps anfänglich nur circa 11,000 Mann betragen hättte, würde sie während des Feldzuges einen Verlust von 7000 bis 8000 Mann erlitten haben.

Die Verluste des dritten Armeekorps lassen sich auch nur annähernd bestimmen. Nimmt man nach der Schlacht bei Leipzig das Bataillon durchschnittlich (sehr hoch) noch auf 500, das Kavallerie-Regiment auf 280 Mann an, so ergiebt sich der noch vorhandene Bestand in 12 Ba= taillons und vier Kavallerie-Regimentern auf 7120 Mann, mithin der Abgang auf circa 3000 Mann. Der Abgang beim Tauenßienschen Korps läßt sich auf 7-8000 Mann berechnen.

Hiernach wären zu Ende des Jahres 1813 von den in die vier Armeekorps der Feldarmee eingereiht gewesenen Landwehren noch circa 36,000 Mann vorhanden gewesen. Von dem 28,000—29,000 Mann betragenden Gesammtverlust kommt aber kaum ein Fünftel auf Getödtete und Verwundete; mindestens 22,000-23,000 Mann waren durch die Anstrengungen des Feldzuges aufgerieben worden: versprengt, gefangen oder in die Heimath zurückgekehrt.

Sechstes Kapitel.

Der Feldzug des Jahres 1814 *).

Der Feind war über den Rhein zurückgetrieben worden, und die Wiederherstellung der preußischen Monarchie, die Befreiung Deutschlands erreicht. Hiermit schließt die eigentliche und entscheidende Epoche des Befreiungskrieges. Der folgende Feldzug hatte im Wesentlichen nur noch den Zweck, durch völlige Niederwerfung des Gegners Garantieen für eine gesicherte friedliche Zukunft zu erlangen. Die Theilnahme der Landwehr konnte von jest an nur in geringerem Maße stattfinden. Dieselbe hatte die ihr bei der Errichtung zuertheilte Bestimmung erfüllt und das große Werk ausführen geholfen; ihre Beschaffenheit und ihr Charakter mußten sie aber immer mehr in den Hintergrund treten lassen, sobald sich die Operationen immer weiter von dem eigenen Lande, dessen Befreiung und Beschirmung die Aufgabe der Landwehr gewesen war, entfernten. Außerdem war in den bisherigen Kämpfen die Hälfte der zur Feldarmee gezogenen Landwehr zu Grunde gegangen, und da fich diese Verluste nicht hinreichend wieder erseßen ließen, mußte auch das Gewicht der Landwehr, das hauptsächlich in ihrer numerischen Stärke

*) Die nachfolgenden Darstellungen sind wesentlich dem Damißschen Werk

entnommen.

lag, bedeutend schwinden. Das Leştere gilt übrigens theilweise für die ganze preußische Armee. Die Siege des Jahres dreizehn waren wefentlich mit preußischem Blut erkauft; die Tausende preußischer Krieger, welche die Wahlstätten bedeckten, konnten aber bei den vorhergegange nen, bereits alle Kräfte erfordernden, unglaublichen Anstrengungen des Heinen Staates für den kommenden Feldzug nicht durch andere ersetzt werden. Je bedeutender sich die Zahl der Siege vermehrt hatte, um so geringer war die Stärke der preußischen Heere geworden, während bei den Alliirten die Gesammtverluste durch den zahlreichen Hinzutritt neuer Staaten zu der Koalition nicht nur ersetzt war, sondern die Gefammtzahl der aufgebotenen Streitkräfte für den Beginn des Feldzuges 1814 noch bedeutender wurde, als sie es bei Ablauf des Waffenstillstandes gewesen war. Auch im übrigen Deutschland schritt man zur Errichtung von Landwehren nach dem Muster der preußischen, und es sollten von den Mittel- und Klein-Staaten 145,060 Mann Linientruppen, nebst eben soviel Landwehr, im Ganzen also 290,120 Mann gestellt werden. Diese Landwehren sind jedoch ebenso wie die in den wiederbeseßten preußischen Provinzen für den Feldzug des Jahres 1814 ohne Bedeutung geblieben.

Wenn daher der Feldzug des Jahres 1814 sowohl von dem allgemeineren Standpunkt des preußischen Patrioten aus, als auch von unferem spezielleren, in Rücksicht der Landwehr betrachtet, schon wenig Veranlassung zu einer detaillirten Darstellung bietet, so tritt noch der besondere Umstand hinzu, daß er völlig des Glanzes der vorhergegangenen Epoche entbehrt und leider gerade dasjenige Gepräge trägt, welches Kriegsoperationen unter keinen Umständen haben sollten. Es treten in greller Weise der Mangel an Energie und Kraft in der Gesammtleitung, das Fehlen eines klaren, einheitlichen Planes und die dadurch herbeigeführte Unsicherheit aller Bewegungen hervor. Die durch die leidige Einwirkung der Diplomatie hervorgerufenen Hemmnisse waren zu einer solchen Stärke gelangt, daß selbst die Entschloffenheit und Thatkraft eines Feldherrn, wie Blücher es war, sie erst nach langen Kämpfen und vielfach erlittenem Unglück zu überwinden vermochte. Wir halten uns daher für berechtigt, die folgende Darstellung möglichst kurz zu fassen und auf das Thatsächliche zu beschränken. Nach unserer ehrlichen Ueberzeu gung giebt es in dieser Epoche nur zwei Lichtmomente; der eine ist der Heroismus Blüchers und der preußischen Truppen in den unglücklichen Februartagen, der andere der Augenblick, in welchem der stolze preu

ßische Königsaar auf die zitternde Hauptstadt des bisher so übermüthigen Frankreich hinabschauen konnte!

Am 1. Januar 1814 überschritt das erste Armeekorps, welches bei der theilweise neu zusammengefeßten Schlesischen Armee unter dem Kommando des Feldmarschalls Blücher verblieben war, den Rhein. Es waren dies, außer den Garden, die einzigen preußischen Truppen, welche zunächst in Frankreich einrückten. Nachdem die vergangenen Wochen der Ruhe zur Ergänzung und Retablirung des Korps benugt worden waren, bestand es jetzt wieder aus 371⁄2 Bataillons, 42 Eskadrons und 82 Geschüßen, mit in Summa 21,447 Mann (exkl. Offiziere). Die Landwehren hatten ebenfalls einige Ersatzmannschaften erhalten; auch waren Rekonvaleszenten-Transporte eingetroffen, so daß bei den InfanterieRegimentern die neubefohlene Formation zu drei Bataillons erfolgen konnte. Es befanden sich demnach jetzt wieder 18 Bataillons mit 5599 Mann und 14 Eskadrons mit 1032 Mann, im Ganzen 6631 Mann Landwehren beim Yorkschen Korps in Reih und Glied. Außerdem waren noch zwei Eskadrons vom dritten Schlesischen Landwehr-Kavallerie-Regiment unter dem Major von Falkenhausen als Streifkorps detachirt.

Das erste Armeekorps wurde im Monat Januar zur Berennung der Mosel- und Ardennen-Festungen verwendet. Obwohl es hierbei kein größeres Gefecht zu bestehen hatte, so verlor es doch in Folge der Anstrengungen und Beschwerden, welche mit den ausgeführten Operationen verbunden waren gegen 6000 Mann. Am 31. Januar zählte die Landwehr-Infanterie nur noch 12 schwache Bataillons, indem bei jedem Regiment eins zur Komplettirung der beiden anderen verwendet worden war. Hiernach läßt sich die Stärke der Landwehr um diese Zeie nur noch auf höchstens 4500 Mann (das Bataillon zu 300 Mann) be= rechnen.

Das zweite Armeekorps hatte nach der Schlacht bei Leipzig die Belagerung von Erfurt unternommen und sich durch Rekrutenaushebungen in den Elblanden zu ergänzen gesucht. Anfang Januar marschirte General von Kleist mit fast sämmtlichen Linientruppen seines Korps, sowie dem siebenten und achten Schlesischen Landwehr-Kavallerie-Regiment nach Frankreich ab und stieß zur Schlesischen Armee. Es befanden fich also bei diesem Korps, als es in Frankreich eintraf, nur etwa 400 Mann Landwehr-Kavallerie. Die übrigen Landwehren waren zu schwach und in zu mangelhafter Verfassung, um fernerhin im offenen Felde und zu entscheidenden Operationen verwendet werden zu können; sie blieben

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