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2. Brigade: Major von Hindenburg: 9., 10., 17., 18., 19. Bataillon und 5. Kavallerie-Abtheilung (3 Eskadrons).

6pfündige Landwehr-Batterie Nr. 23.

Schon am 29. April war durch Allerhöchste Kabinetsordre die Mobilmachung zweier 6pfdg. schweren Landwehr-Batterieen zu Graudenz befohlen worden. Sie waren fast ganz aus Krümpern und Rekruten zusammengesetzt und der Pferdebedarf vom Lande gestellt. Die Mobilmachung verzögerte sich jedoch, so daß die Batterie Nr. 23 erst am 20. Juni der Division, welche bereits am 27. Mai nach dem Lager von Danzig abgerückt war, folgen konnte. Die Mobilmachung der neun Bataillons und 6 Eskadrons hatte also innerhalb einer Woche stattgefunden, eine Leistung, die wahrhaft bewunderungswürdig dasteht und nur durch die umfassendste Thätigkeit und Hingebung aller betheiligten Behörden und Personen möglich werden konnte.

Die noch zurückbleibenden 11 Bataillons und 10 Eskadrons bildeten von jezt ab die Inspektion von Bardeleben und schritten in der Ausbildung so weit vor, daß das Militair-Gouvernement unter dem 17. Juni an Se. Majestät den König berichten konnte: sie seien mit allem Nöthigen versehen, und es fehle ihnen Nichts als die Kriegserfahrung und die Kenntniß der Feuerwaffe, jedoch wären zu leßterem Zweck noch zehn Patronen pro Kopf auf die volle Stärke der Bataillons zu Schießübungen geliefert worden. Zur Ausbildung der Landwehr hatten die Garnisonen bis im Mai 52 Unteroffiziere und 25 Gemeine gestellt.

Mittelst Allerhöchster Kabinetsordre vom 8. Juni wurde, an Stelle des in den Ruhestand versezten General-Lieutenants von Massenbach, der General-Lieutenant von Zastrow zum Militair-Gouverneur zugleich mit der speziellen Ordre ernannt, die nicht zur Einschließung von Danzig verwendeten Ostpreußischen Landwehren schleunigst nach der Oder in Marsch zu setzen. Unter dem 15. Juni berichtet derselbe über die von ihm inspizirte erste Division:

"In Hinsicht der Landwehr kann ich Ew. Königlichen Majestät mit wahrem Vergnügen die Versicherung geben, daß diese Truppen meine Erwartung weit übertroffen haben; die Kommandeurs der Bataillons, sowie der beiden Kavallerie-Regimenter sind, ohne Ausnahme, ausgezeichnete Offiziere, die ihrer Wahl Ehre machen.

Ein guter Geist, mit fester Einigkeit gepaart, charakterisirt das Ganze, und bei den Evolutionen, die ich die Truppen machen ließ,

fand ich Ordnung, Fertigkeit und gute Führung der Kommandeurs, so daß ich mit Zuversicht sagen kann: sie werden in Kurzem so sein, daß man zwischen ihnen und den Linien-Truppen wenig Unterschied finden wird; wozu besonders das gute Benehmen des Inspekteurs Grafen Dohna aufs thätigste einwirkt. Die Bekleidung ist im Ganzen gut; ihnen fehlen nur noch die tuchenen Hosen und Mäntel, welche gegen die schlechte Jahreszeit auch herbeigeschafft werden sollen." Ueber die zweite Division spricht sich ein Bericht vom 18. Juni dahin aus:

„Nach meiner Ankunft hierselbst habe ich es mir vorzüglich angelegen sein lassen, den Zustand der hiesigen Landwehr zu untersuchen, und kann Ew. Königlichen Majestät ich allerunterthänigst berichten, daß ich solche bis auf Kleinigkeiten sehr gut befunden habe. Alles, was noch mangelhaft ist, wird in ein Bataillon, welches im Rayon von Graudenz zu bleiben bestimmt worden, zusammengesetzt, um daselbst noch völlig equipirt zu werden, wodurch die übrigen Bataillons einen völlig brauchbaren Zustand erreichen. Das Einzige, was ihnen noch fehlt, sind die Mäntel, welche jetzt in Arbeit sind und in kurs zem den Truppen nachgeschickt werden sollen."

Beides gewiß sehr günstige Urtheile von einem kompetenten, erfahrenen Militair über eine Truppe, welche innerhalb von noch nicht drei Monaten so gut wie aus dem Nichts geschaffen war und von der die Hälfte bereits seit Wochen vor dem Feinde stand.

Nunmehr erfolgte auch die Mobilmachung der zweiten Division *). Nur das 13. Bataillon, welches nach Graudenz bestimmt war, blieb zurück und gab seine beiden besten Kompagnieen zur Kompletirung an derer Bataillons ab. Ihm wurden alle diejenigen Mannschaften zugetheilt, welche noch nicht völlig equipirt oder nicht hinreichend ausgebildet waren. Die zweite Kavallerie-Abtheilung, vier Eskadrons, rückte ebenfalls in die Gegend von Graudenz und Marienwerder, zur Beobachtung der pol nischen Grenze und Säuberung der Tuchelschen Heide von Raubgesindel. Die Zusammensetzung der zweiten Division wurde dadurch folgende: II. Division von Bardeleben.

1. Brigade Major von Wolky: 1., 2., 3., 4. Bataillon und 1. Kavallerie-Abtheilung (3 Eskadrons).

*) Die zur Belagerung von Stettin und Küstrin verwendeten Truppen blieben jedoch nicht mobil und halfen mit ihren Mobilmachungsgegenständen den wirklich ins Feld rückenden aus.

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2. Brigade Major von Salzwedel: 5., 6., 8. Bataillon und 2. Kavallerie-Abtheilung (3 Eskadrons).

3. Brigade Graf von Klinkowström: 11., 12., 20. Bataillon, JägerKompagnie des 12. Bataillons und 3. Kavallerie-Abtheilung (3 Eskadrons).

6 pfündige Landwehr-Batterie No. 22.

Der Abmarsch dieser Truppen nach der Oder begann am 1. Juli. War die Gestellung, Ausrüstung und Ausbildung der Mannschaften schon mit den größten Schwierigkeiten und Mühen verbunden, so wurden dieselben hinsichtlich der Verpflegung noch weit umfassender. So lange die Landwehren innerhalb des Gouvernements von den Kreisen verpflegt wurden, erhielten die Mannschaften Naturalquartier und 3 gGr. pro Tag, die Offiziere das halbe Gehalt; die erforderlichen Geldmittel mußten durch extraordinaire Beiträge von den Kreisen aufgebracht werden. So lange die Einwohner etwas zu geben hatten, geschah dies freudig und willig; namentlich gingen für die Division bei Danzig so viel freiwillige Beiträge an Naturalien ein, daß von der Regierung zu Marienwerder eine ordentliche Spedition zu ihrem Empfange organisirt wurde. Allein bei der gänzlichen Verarmung vieler Distrikte war es von Mitte Juni an nicht mehr möglich, die Naturalverpflegung durchweg von den Wirthen zu beschaffen, und mußten daher durch Ankäufe und Lieferungen Magazine angelegt werden, um aus ihnen den unvermögenden Quartiergebern auszuhelfen.

Die Umformung der Brigaden in Regimenter konnte für die Infanterie bei der bereits eingetretenen Verwendung der Truppen nicht sofort in vollstäniger Weise stattfinden, und trat zunächst folgende Interims-Formation ein:

1. Ostpreuß. Landwehr-Regiment, Kommandeur Major von Wolky: 1., 2., 3., 4. bisheriges Bataillon *).

2. Ostpreuß. Landwehr-Regiment, Kommandeur von Salzwedel: 5. und 6. bisheriges Bataillon.

3. Ostpreuß. Landwehr-Regiment, Kommandeur Graf von Klinkowström: 8., 11., 12., 20. bisheriges Bataillon.

4. Ostpreuß. Landwehr-Regiment, Kommandeur Graf Eulenburg: 7., 13., 14., 15., 16. bisheriges Bataillon.

*) Das vierte Bataillon des ersten wurde später erstes Bataillon des zweiten Regiments, so daß jedes drei Bataillons stark war.

5. Ostpreuß. Landwehr-Regiment, Kommandeur Major von Hindenburg: 9., 10., 17. 18., 19. bisheriges Bataillon.

Nach der definitiven Formation, die jedoch niemals in Kraft trat, indem die Regimenter während des ganzen Feldzuges in der intermistischen blieben, bis sie, wie wir später sehen werden, auf drei Bataillons gefeßt wurden, sollte die Zusammenseßung nach der ursprünglichen Brigade-Eintheilung erfolgen. Die Kavallerie-Abtheilungen wurden sofort in gleich benannte Kavallerie-Regimenter umgewandelt.

Auch in Betreff des Ersages fanden bei der Ostpreußischen Landwehr Abweichungen gegen den der übrigen Provinzen statt. Schon unter dem 28. Juni hatte das Gouvernement die Formation der Ersatz-Depots in der Stärke von 100 Mann pro Bataillon und einer vierten Eskadron für jede Kavallerie-Abtheilung (zum größten Theil aus den Ueberzähligen) angeordnet; es war jedoch nur in ersterer Beziehung eine theilweise Ausführung erfolgt. Am 20. September wurde sodann festgesetzt, daß schleunigst durch Aushebung die Depots auf die Stärke von einem Offizier, vier Unteroffizieren, einem Tambour und 100 Gemeinen per Bataillon und einem Offizier, zwei Unteroffizieren, einem Trompeter und 50 Pferden per Kavallerie-Regiment zu bringen seien, und dies auch ausgeführt. Als eine Allerhöchste Kabinetsordre vom 21. Oktober die Brigade-Garnisonbataillons zur Ausbildung der Landwehr-Rekruten zur Disposition stellte, wurden Anfang November die Infanterie-Depots sämmtlich nach Königsberg gezogen, regimenterweise kombinirt und auf 800 Mann ge= bracht. Die Kavallerie-Depots, auf 60, das des zweiten Regiments auf 85 Pferde augmentirt, blieben in den Bezirken. Im Ganzen betrugen hiernach die Ersatz- Truppen: 4000 Mann Infanterie und 325 Mann Kavallerie, wobei jedoch berücksichtigt werden muß, daß nicht die Gesammtzahl neu ausgehoben zu werden brauchte, weil ein Theil der Ueberzähligen (sie betrugen im Ganzen 1760 Mann Infanterie und 224 Mann Kavallerie) von den Truppen abgegeben wurde. Rechnet man aber dagegen, daß auch Nachschube für die im Felde stehenden Abtheilungen erfolgten, so dürfte die Annahme, daß während des Feldzuges 1813 und 14 von den Provinzen rechts der Weichsel in runder Summe 25,000 Mann gestellt worden sind, nicht zu hoch erscheinen. Bis Ende Dezember 1813 betrug nach amtlichen Angaben die Zahl 23,996 Mann.

Um nun eine vollständige und gerechte Würdigung der Leistungen der Provinzen Ostpreußen, Westpreußen rechts der Weichsel und Lit

thanen möglich zu machen, sollen jene noch einmal summarisch zusammengestellt werden. Es wurden gestellt:

1) Rekruten für das Bülowsche Korps

2) Rekruten für das Yorksche Korps
3) Krümper für beide Korps

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2400 Mann,

3600

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6000

=

4) zu Exerzir-Depots und Garnis.-Bataillons 2412 5) zum Train, Artillerie, Pioniren

6) zu dem National-Kavallerie-Regiment

=

769

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750

=

7) zu den freiwilligen Jäger-Detachements circa 2000
8) zur Landwehr im Ganzen

.

.

25000

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Summa: 42,931 Mann;

welche Annahme eher hinter der Wirklichkeit zurückbleibt, da die späteren Aushebungen zum Ersatz des stehenden Heeres nach der Errichtung der Landwehr nicht mit angegeben sind, weil sie nicht zu ermitteln waren, sich aber annähernd beurtheilen lassen, wenn man erwägt, daß bestimmungsmäßig für jedes Bataillon 20, für jede Eskadron drei Mann allmonatlich den im Felde stehenden Truppen nachgesendet und durch neue Aushebung ersetzt werden mußten.

Erwägt man ferner, in welchem Zustand sich das Land im Frühjahr 1813 befand, welche Opfer dasselbe bereits gebracht hatte und noch weiter bringen mußte, und sieht dann trotzdem innerhalb von nicht vollen drei Monaten wiederum 20 Bataillons und 16 Schwadronen, hinreichend ausgerüstete, gut ausgebildete und sehr kriegstüchtige Truppen auf Koften des Landes, dem hierdurch ein baares Opfer von weit über eine Million Thaler erwuchs, entstehen, so muß man von gerechter Bewunderung für jene Provinzen erfüllt werden; eine Bewunderung, die noch höher steigen wird, wenn man im Lauf der Ereignisse erkennt, welche bedeutende kriegerische Leistungsfähigkeit diese neugeschaffenen Truppen entwickelten. Zu solchen Leistungen gehörte freilich eine Begeisterung und Opferwilligkeit, eine Hingebung und Entschlossenheit, wie sie nur entstehen konnte, wenn der Gedanke an das Vaterland alle Herzen durchdrang und jede Rücksicht oder Befürchtung überwog. Dazu wurden leine Klagen über Unerschwinglichkeit und Unmöglichkeit der geforderten Opfer laut; Niemand verzweifelte an der Durchführbarkeit der eingeleis teten Maßregeln. Es war aber auch eine eiserne Zeit und ein eisernes Geschlecht, das für Opfer und Thaten einen ganz anderen Maßstab hatte, als das spätere, dem dieses glänzende Bild einer ruhmvollen Ver

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