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dem zwei feindliche Heere im Lande standen und das Schicksal desselben unentschieden war; indem er in diesem Verhältniß zur Vertheidigung des entfernten Monarchen und seiner Krone aufrief, sette er ebenso seine Person als das Erbe seiner Ahnen auf's Spiel; er entwickelte hier die Größe eines Helden, und sein Beispiel verdient vou den Vätern aller kommenden Geschlechter fortdauernd ihren Söhnen gezeigt zu werden, damit solche hohe, durch kein persönliches Interesse erzeugte Tugend immer ein Gegenstand allgemeiner Nacheiferung bleibe."

So bleibt denn das erhabne Verdienst des Grafen Dohna ungeschmälert und hat auch in seiner speziellen Beziehung für Ostpreußen neben dem allgemeinen Scharnhorsts für die ganze Monarchie vollen Raum. Letzteres aber zeigt sich vor allem in der vollkommenen Weise, wie aus dem Quell der historischen Ueberlieferungen geschöpft und die früher vorhandenen Anfänge des Landwehrsystems in einem Umfange und einer Vollendung zur Einführung gebracht wurden, welche die militairische Kraft der Nation zur höchsten Entfaltung führten; dazu in einer Zeit, in der wahrlich ein außergewöhnlich kühner Muth erforderlich war, dem erschöpften Lande eine solche großartige Organisation der Wehrkraft zuzumuthen.

Ehe wir diesen Gegenstand verlassen, müssen wir noch eine Erklärung des Herrn Hauptmanns von Courbière in seiner Geschichte der Heeresverfassung erwähnen. Wenn es daselbst Seite 178 heißt:

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Daß General von Scharnhorst niemals die Idee gehabt zu haben. scheine, eine Miliztruppe zu bilden, welche einen integrirenden Theil der Feldarmee abgeben und mit dieser zu völlig gleichen Leistungen herangezogen werden solle, sich also auf ihn als den Begründer der Landwehr" in keiner Weise schließen lasse;"

so geben wir zu erwägen, daß die erste Landwehr-Errichtung 1813 auch nichts Anderes bezweckte, als die Einführung einer ausgedehnten allgemeinen Landesbewaffnung selbstständig neben dem stehenden Heer, um mit diesem vereint den Feind im Lande zu bekämpfen. Hierin dürfte aber Nichts liegen, was mit den Plänen und Anschauungen Scharnhorsts (cf. den vorläufigen Entwurf) im Widerspruch gestanden hätte. Wie dagegen die Stellung Scharnhorsts zu der späteren, von der ursprünglichen völlig abweichenden Organisation der Landwehr nach dem Kriege geworden wäre, ist etwas ganz Anderes. In dieser Beziehung stimmen wir daher völlig bei: daß Scharnhorst niemals als der Begrün

der unserer heutigen Landwehr betrachtet werden darf, und werden hierauf an geeigneter Stelle noch näher eingehen.

Nach der Verordnung vom 17. März erschienen nun im Lauf der Zeit noch mehrere Verfügungen, welche auf die Organisation der Landwehr von Einfluß waren. Wir wollen dieselben in der Kürze betrach ten und dann zur speziellen Darstellung der Landwehr- Errichtung in den einzelnen Provinzen übergehen.

Zunächst wurde unter dem 31. März befohlen, daß die Befreiung vom Dienst in der Landwehr noch auszudehnen sei:

1) auf alle nach dem Urtheil der Landesbehörden und notorisch unabkömmlichen Beamten;

2) auf die Besizer, oder an deren Stelle Bewirthschafter von Gittern in der vierfachen Größe eines gewöhnlichen Bauernhofes; 3) auf die Inhaber resp. Disponenten von Fabriken und bedeutenden Handlungen.

Zugleich wurde hierbei noch angeordnet, „daß der Erfaß des Abganges der Armee aus der Gesammtheit des dazu geeigneten Theiles der Nation, es mag sich derselbe in oder außer der Landwehr befinden, nach der bestehenden Verfassung geschehen soll“. Eine fernere Ordre von demselben Tage sette fest, daß die Stellung der Mannschaften, Abtheilung in Kompagnieen und Bestimmung der Offiziere am 15. April, die Bekleidung, Remontirung und Armirung am 30. April geendigt sein müsse; für die drei großen Städte fiel dieser Termin schon auf den 20. April, und sollte ihre Landwehrmannschaft am 1. Mai bereit sein, ins Feld zu rücken. Die übrige Landwehr sollte vom 1. bis 30. Mai zusammengezogen werden. Zur Ausbildung sollten in jeden Kreis von den Garnison-Bataillons ein Offizier und zwei Unteroffiziere kommandirt, auch von den Invaliden-Kompagnieen die Hälfte der Offiziere und Unteroffiziere für diesen Zweck herangezogen werden.

Unter dem 6. April wurden auch die Geistlichen und Schullehrer von der Landwehrverpflichtung ausgenommen.

Am 27. April erging die Bestimmung, daß die Verpflegung der Landwehr auf Kosten des Staats nur dann zu leisten sei, wenn die Landwehrtruppen von einem Gouvernement in ein anderes marschirten, oder bis sie förmlich gegen den Feind aufbrächen, um entweder bei den

Einschließungstorps der Festungen Dienste zu leisten, oder sich an die im Solde stehenden Truppen anzuschließen. Hiernach wurde eine Friedens-Verpflegung der Landwehr, sobald sich dieselbe in einem fremden Gouvernement, aber nicht vor dem Feinde befand, und eine Kriegsverpflegung, wenn das Leştere durch eine Mobilmachung eingetreten war, möglich.

Eine Kabinetsordre vom 11. Mai wies die von Privatpersonen eingegangenen Anträge, der Landwehr Fahnen zu geben, zurück und behielt dieses Recht Sr. Majestät dem Könige vor. Es wurden zugleich für die Folge denjenigen Abtheilungen, welche sich besonders auszeichnen würden, Fahnen zugesichert.

Die Kabinetsordre vom 31. März hatte zur Folge gehabt, daß vielfach von Behörden und Beamten Weigerungen bezüglich des Eintritts in die Landwehr erfolgten, und so die erforderliche Zahl von Offizieren in vielen Kreisen nicht aufgebracht werden konnte. Deshalb wurden unter dem 14. Mai alle Verwaltungschefs angewiesen, daß sie der Bildung der Landwehr nicht nur nicht hinderlich sein, sondern dieselbe mit aller Kraft der ihnen verliehenen Gewalt unterstüßen, insbe sondere aber die Offizianten nicht abhalten sollten, der Landwehr beizutreten.

Unter dem 12. Juni erging folgende wichtige Verfügung über die Verwendung der Landwehren bei Wiederausbruch des Kampfes:

„Ich habe verfügt, daß die Landwehr von Pommern und Preußen, mit Ausschluß des Theiles derselben, welcher zur Einschließzung von Danzig und Stettin benutzt wird, und derjenigen Neumärkischen Bataillone, die der Disposition des Generallieutenants von Bülow überwiesen worden sind, so schleunig als möglich an der Oder versammelt werden sollen, und trage Ihnen also auf, zu besorgen, daß sowohl diese an der Oder zusammenkommenden Landwehren, als auch der Theil der schlesischen Landwehr, welcher bestimmt ist, mit der Armee zu operiren, mit den nothwendigsten Mobilmachungsbedürfnissen baldmöglichst versehen werde. Ein Gleiches ist auch in Rücksicht auf die Kurmärkische Landwehr erforderlich, welche die Bestimmung hat, im Felde Dienste zu leisten.

An den (Kriegsminister) Generalmajor von Hake."

Am 23. Juli wurde die Bewaffnung auch des ersten Gliedes mit Gewehren befohlen.

Den Schluß endlich bildet eine Kabinetsordre vom 29. Juli, nach welcher die Landwehrbrigaden, so wie es bereits bei der Kavallerie geschah, tünftig Landwehr-Regimenter, ihre Anführer also nicht mehr Brigadiers, sondern Regiments-Kommandeure heißen, auch die LandwehrRegimenter mit Rücksicht auf die geographische Lage der Kreise numerirt werden sollten, damit sie nicht mehr nach den wechselnden Namen der Kommandeurs genannt werden dürften. Bezüglich des Ersatzes der Landwehr wurde bestimmt, daß für jedes Infanterie-Regiment zwei Bataillons und für jedes Kavallerie-Regiment eine Depot-Eskadron errichtet werden sollte. Von der Infanterie brauchte jedoch nur die Hälfte unter den Waffen gehalten zu werden, und war zur Formation dieses Ba= taillons von den Regimentern ein Stamm von 10 Offizieren, 20 Unteroffizieren und 80 Gemeinen abzugeben. Jeder Nachschub sollte sofort durch neue Aushebung ergänzt werden.

Drittes Kapitel. *)

Die Errichtung der Landwehr in Ost- und Best-Preußen
sowie in Litthauen.

Nachdem der Major Ludwig Graf zu Dohna mit den Königsberger Festsetzungen nach Breslau abgereist war, erfolgte unter dem 16. Februar von Seiten des Generals von York nach den Vorschlägen der Stände die Ernennung der General-Kommission, und zwar: zum Präsidenten: Se. Exzellenz der Königliche Staatsminister Graf zu Dohna;

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b) von den köllmischen Gutsbesitzern: „Amtmann Schmidt,

*) Der Inhalt der nächsten Kapitel ist als Auszug den Beiheften zum Milit.-Wochenblatt Jahrg. 1845, 1846, 1857 und 1858 entlehnt, besonders wichtige Stellen aber von dort her in ihrem Wortlaut aufgenommen.

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Die General-Kommission begann sofort ihre Thätigkeit zur Einleitung der ersten Schritte für die Errichtung der Landwehr. Am 18. Februar erging an sie eine Verfügung des Generals von York, durch welche die Mennoniten von dem Eintritt in die Landwehr befreit wurden, dafür aber innerhalb vier Wochen 500 diensttaugliche Kavalleriepferde, oder für jedes fehlende ein Aversum von 70 Thalern und 15,000 Thaler als Beitrag zu den Kosten für die Errichtung der Landwehr aufzubringen hatten. Nachdem auf Veranlassung des Generals von York durch die Regierungen den Unterbehörden die strengste Weisung ertheilt worden war, den Anordnungen und Maßregeln der General-Kommission jede mögliche Unterstützung zu gewähren, wurde von derselben zunächst die Wahl der fünf Spezialkommissionen veranlaßt. Es waren:

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Als General von York am 18. Februar Königsberg verließ, um das Kommando seines Armeekorps wieder persönlich zu übernehmen, bestimmte er den Generallieutenant von Massenbach an seiner Stelle zur vorläufigen Uebernahme der Funktionen des General-Gouverneurs.

Wir haben bereits gesehen, daß in Breslau die patriotische That der preußischen Stände ihre gerechte Würdigung dadurch erfuhr, daß ihren Festsetzungen die ursprüngliche, selbstständige Form nach Möglichkeit verblieb und sie dem allgemeinen Plan nur insoweit, als es unbedingt erforderlich war, angepaßt wurden. In diesem Sinn erging daher auch, ebenfalls unter dem 17. März, folgende Allerhöchste Kabinetsordre:

„Ich erkenne die Treue Meiner Stände in Preußen und Litthauen darin, daß sie freiwillig sich zur Vertheidigung der Provinz erboten haben und keine Aufopferung zur Erreichung dieses Zweckes scheuen. Ich will aus diesen Gründen, daß ihre getroffenen Anord

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