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stößen mit dem Feinde bei Hühnerwasser, Böhmisch-Aicha, Sichrow und Podol.

Als am Morgen des 26. Juni, 9 Uhr früh, zu der 7. Division heftiger Kanonendonner von Kukau herüberschallte, erklang sofort das Alarmsignal, und der Abmarsch erfolgte sehr bald.

Schwierige Gebirgspässe wurden überschritten und endlich Nachmittags Turnau erreicht, welches vom Feinde unbesezt war. Die hier befindliche Jsar-Brücke fand die Division zerstört vor, jedoch stellte auf Befehl des Generals v. Fransecky der leichte Feldbrückentrain, nachdem zunächst eine Pontonbrücke geschlagen, auch die Chaussee= brücke notdürftig wieder her.

Sowohl die Reserve der Division, als auch die Musketiere des Regiments bezogen gegen Abend 6 Uhr Biwak bei Großz-Rohosit, das Gros stand rechts diesseits der Jsar, die Avantgarde besezte den wichtigen Punkt Turnau, und zwar kam die 9., 10. und 11. Kompagnie 67 in die Stadt selbst, die 12. Kompagnie nahm von dem vor der Stadt liegenden Bahnhof Besiß.

Von dem Aufenthalt in Turnau erzählt Liebeneiner, ein Augenzeuge, folgendes:

„Die Vermutung, die in Gablonz von preußenfreundlichen Einwohnern ausgesprochen worden, daß wir in Turnau jedenfalls mit den Österreichern zusammenstoßen würden, bestätigte sich also nicht, wenngleich man die Absicht derselben vielleicht dadurch bewahrheitet fand, daß sich vielfache Vorkehrungen zur Verstärkung der Verteidigungsfähigkeit von Gebäuden und den Übergängen der Jsar vorfanden. Dies war namentlich auf dem Bahnhofe der Fall. Hier wurde auch die 12. Kompagnie durch umhergestreutes Pulver aufmerksam gemacht und vermuthete, daß an diesem Orte ein Laboratorium gewesen sein müsse, während die Vorausseßung, daß die Keller mit bedeutenden Pulvervorräthen angefüllt seien, sich nur insofern als richtig erwies, daß man allerdings eine Menge Fässer in demselben fand, welche jedoch nicht mit Pulver, sondern mit dem edelsten Rebensaste angefüllt waren. Zum großen Schmerz unserer Füsiliere durfte Hauptmann Schramm ohne höhere Genehmigung nicht über diese Vorräte zu Gunsten der durstigen Kehlen disponieren. Hier auf dem Bahnhofe war es auch, wo man den unglücklichen Schornsteinfeger ergriff, der durch seine stattliche Figur, sein elastisches Wesen, seine feine Wäsche und seine scheue Beobachtung auffiel und die Soldaten glauben machte, er sei ein ungarischer Offizier und stecke als

Spion in dieser Kleidung. Er wurde zur Wache gebracht, vernommen und noch Tage lang von der Kompagnie als verdächtig mitgeschleppt.

Der Wache in Turnau statteten einige Kameraden einen Besuch ab, da sie unmittelbar bei dem Gasthof am Markte lag, in welchem der größte Teil des Offizierkorps sich an dem herrlichen böhmischen Biere labte. In der Wachtstube selbst sah es eigentümlich aus, und Lieutenant v. Troschke machte als Wachthabender die Besuche mit den verschiedenen Gruppen und Persönlichkeiten bekannt. Zuerst fiel der schon vorher erwähnte Schornsteinfeger auf und demnächst ein alter, ziemlich verbissen aussehender Mann mit einem zwei- bis dreijährigen Kinde auf dem Arme. Derselbe hatte sich zwischen den Vorposten umbergetrieben und sich ziemlich deutlich als Spion dokumentiert; sobald jedoch ein Posten oder Patrouilleur das Gewehr auf ihn anschlug, hatte er das Kind aufgehoben und emporgehalten, hinter demselben Schutz suchend und findend, bis es endlich gelang, ihn einzufangen. Ferner teilten die augenblickliche Gefangenschaft zwei Einwohner der Stadt, welche aus den Häusern auf unsere Soldaten geschossen haben sollten, und endlich eine Marketenderin von einem unserer Regimenter, welche die kriegerische Situation benut und beim Stehlen von Betten aus einem Hause ergriffen worden war. So saßen denn diese Gruppen bunt durcheinander und gaben ein eigentümliches Gemälde ab."

9. Von Münchengräß bis Königgräß.

An den Jsar-Übergängen bei Podol kam es in der folgenden Nacht zum blutigen und erfolgreichen Kampfe der 8. Division gegen die österreichischen Truppen, die sich zum Rückzuge auf Gitschin entschlossen. Infolge dieses nächtlichen Kampfes wurde am 27. früh die Avantgarde und das Gros der 7. Division gegen Podol vorgeschoben. Die Reserve besette währenddessen die Stadt Turnau, welche verbarrikadiert wurde, und die Jsar-Übergänge. Das 1./67 nahm in der Stadt selbst Stellung und schob die 1. und 2. Kompagnie noch etwas weiter vor, das II./67 blieb auf dem rechten JsarUfer. Die Avantgarde rückte bis Zerplin vor, traf jedoch auf keinen Feind, und kehrten deshalb alle Truppen Abends 5 Uhr in ihre alten Stellungen zurück. Auch die 8. Kompagnie, welche zur Deckung der

Proviantkolonnen schon am vorigen Tage zurückgeblieben war, traf beim Bataillon wieder ein.

Im übrigen wurde von der Ersten Armee der 27. Juni nur dazu benutzt, die noch rückwärtigen Truppen heranzuziehen und sich zu einem auf den 28. vorgesehenen umfassenden Angriff vorzubereiten, da man annahm, daß die Österreicher Münchengrät behaupten würden. Diese waren jedoch bereits im Abmarsche auf Gitschin begriffen, und nur die Brigade Leiningen, sowie Teile der Brigaden Piret und Abele und der Geschüßreserve des 1. Korps standen am 28. Juni früh, um die Preußen aufzuhalten, in und um Münchengräß. Preußischerseits war derart verfügt, daß die 7. Division von Mokry und Wschen, die 8. von Podol aus auf Münchengrätz vorgehen und die Elb-Armee von Hühnerwasser her die Stadt angreifen solle; die 3. und 4. Division hatten sich als Reserve bei Sichrow aufzustellen, die 6. Division und die Armee-Artilleriereserve sollten der 8. Division folgen.

Glühend heiß brach der 28. Juni an; der Tag begann, an dem zum erstenmal die Fahnen des 67. Regiments dem Feinde entgegen wehen, und an dem zum erstenmal brave Soldaten, die die Nummer 67 auf den Achselklappen trugen, mit Gott für König und Vaterland todesmutig ihre Brust den feindlichen Geschossen entgegen= tragen sollten.

Früh 6 Uhr brachen die Bataillone, nachdem abgekocht war und die Mannschaften gegessen und getrunken hatten, was gerade zur Hand war, auf und marschirten in zwei Kolonnen über Mokry und auf der Chaussee nach Wschen, welcher Ort am Tage zuvor noch von feindlichen Jägern besetzt gewesen war, vor und machten dort eine kurze Rast. Als jedoch kurz nach 8 Uhr Kanonendonner in Richtung auf Münchengräß hörbar wurde, sezte die Division den Marsch fort und zwar nach folgender Anordnung: Das FüsilierBataillon 67, gefolgt von 1./27, sollte über Zdiar gerade auf den Fuß des weithin sichtbaren Muskyfelsens vorrücken und dann sich mit der Avantgarden-Batterie auf Wolsyna wenden; das Gros und die Reserve sollten folgen. Die beiden anderen Bataillone 27 sollten als linke Seitendeckung östlich den Musky-Berg umgehen, wenn möglich von Prihrar aus das Plateau der Höhe zu ersteigen suchen.

Bei Zdiar wurde wenige Minuten geruht. Die Reserve, die Musketier-Bataillone 67, blieb hier zum Schuß der Division gegen Podkost stehen, während der Rest, nachdem die Mannschaften an dem

sogenannten Froschteiche ihren brennenden Durst etwas gelöscht hatten, die Füsiliere 67 und das I. Bataillon 27 voran, den Vormarsch in Richtung auf den hohen, sehr steilen Musky-Berg fortsette. Der Berg, ein zerklüfteter, an den Abhängen mit Wald bestandener, schroff abfallender Sandsteinfelsen, war seitens der Österreicher durch das 29. Jäger-Bataillon, das III. Bataillon Sigismund und mehrere Batterien aus der Geschüßreserve besetzt, um die von Brezina aus im Rückzug begriffene Brigade Abele gegen die anmarschierende 7. und 8. Division, deren Annäherung bereits fühlbar wurde, zu decken. Die Batterien beherrschten, völlig gedeckt am Thalrande des Berges stehend, das ganze Gelände nach allen Richtungen hin und richteten anfangs auf die aus Brezina debouchierende 8. Division ein heftiges Granatfeuer. Dagegen fuhren einige preußische Batterien zwischen genanntem Ort und Honsob auf, konnten aber, da die Feinde durch die sehr starke Stellung sehr im Vorteil waren, nur wenig ausrichten.

Zwischen Zdiar und dem Musky-Gebirge befand sich eine etwa 1/2 km breite Niederung, die von vielen Gräben, Teichen und nassen Wiesen gebildet ward und dem Anmarsche der Truppen vielfache Hindernisse bot. Diesen Weg mußte das Füsilier-Bataillon betreten. Doch kaum hatte es das Dorf Zdiar verlassen, als die Avantgarden= Batterie des Hauptmanns v. Raussendorf östlich genannten Ortes abproßte und das Feuer gegen die Höhe begann. Hierdurch wurde der Feind auf die herannahenden Truppen aufmerksam, und bald überschütteten die feindlichen Geschüße die Niederung mit einem Hagel von Granaten, die allerdings meistens in dem sumpfigen Boden stecken blieben. Es war ein eigentümlicher Augenblick: von dem MuskyBerge her hörte man das Donnern der Geschüße, von rückwärts, aus dem Dorfe, ertönte das Preußenlied von einer Regimentsmusik - wie man später vernahm, von der des 66. Regiments, welches mit der Nationalhymne und einem lauten Hurra die ersten feindlichen Granaten begrüßte.

Die 12. Kompagnie, unter Hauptmann Schramm voran, überschritt im Laufschritt die gefährliche Niederung und kam bald in den toten Winkel, so daß die Mannschaften durch das Granatfeuer nicht mehr zu leiden hatten. Die anderen Kompagnien folgten der 12. auf dem Fuße.

Hier erhielt der Hauptmann Schramm von dem Brigadekommandeur, General v. Gordon, den direkten Befehl, die steile Höhe zu er steigen, die feindlichen Batterieen, selbst mit Aufopferung der Kompagnie,

zu nehmen und die Verbindung mit den links marschierenden 27 ern aufzusuchen. Hauptmann Schramm ließ sofort den vorderen 7. Zug ausschwärmen und begann mit der Kompagnie den steilen Abhang emporzuklettern. Jest krönten sich die Bergabhänge mit zahlreichen feindlichen Jägern, welche ihre Geschosse in das Thal hinabsandten. Doch in dem dichten Gestrüpp fanden die Füsiliere Deckung genug, und unaufhaltsam, ohne sich durch das Pfeifen und Einschlagen der Kugeln stören zu lassen, schritten die Mannschaften vor. Allerdings war es nicht gerade gemütlich, die erste Feuerprobe bestehen zu müssen, ohne den Feind sehen zu können; aber gerade deshalb ging es um so schneller vorwärts, denn desto eher wurde man ja über das Ungewisse der Lage aufgeklärt. Aber der gute Wille und die rastloseste Begierde, an den Feind zu kommen, finden endlich ihr Ende an der Erschöpfung der Mannschaften. Die steile 25 bis 30 gradige Böschung und der glühende Sonnenbrand ermatteten die Truppen. Der Hauptmann Schramm ließ deshalb die Tornister ablegen, und vorwärts ging es dann wieder mit neuer Kraft. Endlich wurde der Waldrand erreicht, und man hatte vor sich ein freieres mit Kornfeldern bestelltes Gelände, das sich nicht mehr ganz so steil wie vorher erhob, dessen höchster Punkt aber mit feindlicher Infanterie und Artillerie beset war. Hier wurde jest „Halt" gemacht und eine Zeitlang mit den Feinden ein gegenseitiges Schüßenfeuer unterhalten. Aber immer war noch nichts von den links detachierten 27 ern, unseren braven Kameraden, zu sehen, und doch sollte, wie der strikte Befehl lautete, mit ihnen die Verbindung gesucht werden. Hauptmann Schramm entsandte deshalb im Waldrande den Lieutenant v. la Vière mit dem Schüßenzuge nach links, um nach dorthin, soweit es möglich sei, Ausschau zu halten, während in der Front das Feuer fortgesetzt wurde. Und nicht lange dauerte es mehr, da klang auch von links lebhaftes, sich immer näherndes Gewehrfeuer herüber, das der Kompagnie die Gewißheit gab, daß die gesuchten Kameraden nunmehr ebenfalls ins Gefecht gekommen.

Lieutenant v. la Vière war nach etwa 1000 Schritt auf die 9. und 10. Kompagnie des 27. Regiments gestoßen, die, geführt von Oberst v. Zychlinski, durch eine enge Felsschlucht, gefolgt von den anderen Kompagnien, das Plateau gerade erreichten, und denen er sich, nachdem er Meldung gesandt, anschloß.

Es mochte jetzt kurz vor 11 Uhr Vormittags sein. Durch das immer heftiger werdende Feuer in ihrer rechten Flanke, die die Feinde

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