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die Gewitter hatten anhaltenden Regen gebracht, der alle Mannschaften bis auf die Haut durchnäßte. Dazu kein Essen, kein Trinken, da die Kolonnen nicht herankamen. Erst nachdem die 3. Kompagnie, welche als Requisitionskommando abgesandt war, mit Fleisch, Brot und Branntwein zurückkehrte, konnte daran gedacht werden, auch dem Körper die notwendige Nahrung zu geben. Die Mannschaften, welche frierend umherstanden, und deren sonst so frisches Wesen schon anfing zu erlahmen, bekamen ihren alten Geist wieder; der Humor erwachte von neuem, und mancherlei Späße, oft nicht gerade fein, ließen das Ungemach der Witterung vergessen. Und als nun gar erst die Nachricht kam, daß unsere braven Waffengefährten, die 10. Husaren, schon einen kleinen Zusammenstoß mit feindlicher Kavallerie gehabt hätten, als die ersten Gefangenen, Radeski-Husaren, in das Lager gebracht wurden da war der Jubel groß.

8. Erkundung gegen Reichenberg am 23. Juni, Märsche über Reichenberg nach Turnau.

Unsere Füsiliere sollten jedoch noch keine Ruhe im freundlichen Krazau finden. Abends gegen 7 Uhr erhielt das Füsilier-Bataillon plötzlich den Befehl, mit einem Zuge der Husaren unter Lieutenant Graf Hohenthal eine Erkundung gegen Reichenberg zu unternehmen, um sich über die Stärke des vor der Front befindlichen Feindes, über den man diesseits sich noch sehr im unklaren befand, zu vergewissern.

Wie am Tage, so waren auch am Abend noch die Schleusen des Himmels geöffnet, der Regen stürzte nur so herab, und es war so dunkel, daß man die Hand vor Augen nicht sehen konnte. Unter solchen Verhältnissen ging der Marsch lautlos vor sich; als Avantgarde wurde die 9. Kompagnie unter Hauptmann Johannes vorgezogen, welche wiederum den Lieutenant v. Trotha II mit dem Schüßenzuge vorbeorderte. Die 12. Kompagnie ließ Oberstlieutenant v. Buttlar zurück, um, wenn nötig, eine Aufnahmestellung zu nehmen. Die an der Straße gelegenen Gehöfte und Mühlen wurden genau abgesucht. In Friedrichshain traten der Spite und den Seitenpatrouillen plöglich feindliche ungarische Husaren entgegen, die durch einzelne Schüsse vertrieben wurden; bald jedoch mehrten sich die feindlichen Reiter, und es entspann sich ein ziemlich lebhaftes Schüßenfeuer, das freilich

bei der tiefen Dunkelheit und der Unübersichtlichkeit des Geländes nicht viel Erfolg hatte. Der Feind zog sich sehr bald zurück. Wie man später erfuhr, soll er 3 Todte, 3 schwer und 2 leicht Verwundete bei diesem Zusammentreffen gehabt haben; diesseits war nur der Füsilier Nord der 9. Kompagnie leicht verwundet, der erste Verwundete des 67. Regiments.

Die 11. Kompagnie verblieb nach diesem kleinen Gefecht zur Besetzung der über die Neiße führenden und bereits überschrittenen Brücke zurück, die 9. und 10. Kompagnie sezten den Marsch bis vor Reichenberg fort. Bei diesem Orte wurden mehrere Wachtfeuer bemerkt, die auf größere Truppenmassen schließen ließen. Die vorgetriebenen Kavalleriepatrouillen meldeten bald, daß nur feindliche Kavallerie bei Reichenberg biwakiere.

Nun wurde kehrt gemacht und die ermüdeten und durchnäßten Mannschaften kamen 2 Uhr Nachts in ihr Quartier in Kraßau zurück.

Auf dem Rückmarsche fanden die Füsiliere einen schwer verwundeten feindlichen Husaren am Wege liegen. „Hierbei“, so sagt Liebeneiner in seiner „Teilnahme des 67. Regiments an dem Feldzuge gegen Österreich“, „sei ein Zug von Gutmütigkeit unserer Füsiliere erwähnt. Der aufgefundene Husar, durch drei Schüsse schwer verwundet, berechtigte sicher zu der Voraussetzung seines baldigen Todes; deshalb wurde er den Einwohnern eines nahe liegenden Gehöftes übergeben. Als aber die Spiße der Arrieregarde vorüberkam, bat er dieselbe so flehentlich, ihn mitzunehmen, damit er ärztliche Hülfe erhielte, daß ihn dieselbe auf einer schnell hergestellten Trage den weiten Weg bis Krazau mitschleppte. Erst dort wurde seine Anwesenheit und das Verhalten der Spize bemerkt, und wurde der Husar der Wache übergeben, erlag jedoch schon am anderen Morgen seinen Wunden.“

Für den nächsten Tag, den 24. Juni, war der Befehl ausgegeben, daß die Division ihren Vormarsch auf Reichenberg fortseyen solle; die Avantgarde solle auf der Reichenberger Straße so abmarschieren, daß sie um 9 Uhr den Abschnitt der schwarzen Neiße erreicht habe; das Gros jolle derartig aufbrechen, daß es um 8 Uhr am westlichen Ausgange der Stadt Krayau stehe, und die Reserve solle um 8 Uhr auf der Straße nach genanntem Orte bereit sein. Gros und Reserve sollten der Avantgarde auf derselben Straße folgen. Es sei zu vermuten, daß es bei Reichenberg zum Gefecht

komme und seien alle Anordnungen hiernach zu treffen. So geschah es denn auch, der Feind wurde aber nicht mehr angetroffen.

Die Füsiliere 67, die im Gros der Avantgarde marschierten, brachen um 71⁄2 Uhr von Kragau auf und gelangten nach Gablonz, die beiden Musketier-Bataillone nach Dörfel. Während des Durchmarsches durch Reichenberg ließ Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Karl die Truppen bei sich vorbeimarschieren.

Als die Reserve Dorf Röchlig durchschritten hatte, machte die an der Tete marschierende Batterie kehrt, da jenseits Eichicht bei Langenbrück ein Kavalleriegefecht zwischen Radeski-Husaren und 6. Ulanen stattfand, dessen Ausgang nach Aussage versprengter Ulanen zweifelhaft erschien. Das II. Bataillon besetzte sofort das Dorf, das 1. bildete Kompagniekolonnen und wurde so erkundend auf die jenseits Dörsel gegen Langenbrück gelegenen Höhen vorgesandt.

Da jedoch bereits ein Bataillon 31. Regiments sich vor ihm befand, auch die feindlichen Husaren bald dem Gesichtskreise entschwanden, wurde es wieder zurückgenommen und Nachmittags 5 Uhr in Dörfel einquartiert. Es gab dieser kleine Vorfall Anlaß zu nachstehendem Divisionsbefehl, der gewiß manchem zu denken gab und sicher für die Zukunft sehr lehrreich wurde:

„Die gestrige Alarmirung eines großen Theils der diesseitigen Division infolge eines Zusammentreffens von Ulanen der 8. Division mit feindlichen Husaren bei Röchlig hat bewiesen, daß einem derartigen Ereignisse gegenüber, das im Kriege jeden Tag vorkommen kann, bei uns noch nicht überall diejenige Ruhe und Unbefangenheit herrscht, welche gegen Uebertreibung und Ueberstürzung bei den in einem solchen Momente zu treffenden Maßregeln sichert. Dieser Mangel an Ruhe und Unbefangenheit hat sich namentlich in den über jenes Ereigniß erstatteten Meldungen und Mittheilungen kundgegeben, auch haben einzelne Personen sich dazu hinreißen lassen, auf ihren Wegen maßlose Gerüchte über unsererseits erlittene Verluste u. s. w. zu ver

So meldete eine Ordonnanz unter Anderem den Verlust eines Geschützes und 80 todter und verwundeter Ulanen, während ein Geschützverlust gar nicht stattgefunden hat und der Verlust der Ulanen kaum ein Viertel jener Zahl beträgt. Andere Leute sind durch den Ruf der Feind ist da" in eine Aufregung gerathen, in welcher sie übersahen, daß der Feind, wenn er wirklich erschienen wäre, sich in Gefahr befunden hätte.

Da die 7. Division den Vorzug hat, in der Avantgarde zu

Geschichte d. 4. Magdeburg. Inf. Regts. Nr. 67.

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stehen und in diesem Verhältnisse ihr die Sorge für die Ruhe und Sicherheit der Armee obliegt, so muß sie um so mehr sich angelegen sein lassen, durch eigene, ruhige und zuversichtliche Haltung den hinter ihr befindlichen Truppen das vollste Gefühl der Sicherheit und zugleich den Glauben einzuflößen, daß es sich hinter dieser Division gut ruhen lasse. Ich erwarte, daß die junge und noch unerfahrene Mannschaft in diesem Sinne belehrt werde, und daß Aehnliches, wie gestern, sich nicht wiederholen werde."

Da die in Reichenberg und Umgegend gestandenen österreichischen Kavallerie-Regimenter Radetzki, Lichtenstein und König von PreußenHusaren nebst einer Batterie in der Richtung auf Turnau zurückgegangen, anderweitige Nachrichten über den Feind bisher nicht eingegangen waren, auch der Elb-Armee die nötige Zeit zum Herankommen gewährt werden mußte, verblieb die Armee und somit auch die 7. Division am 25. im großen und ganzen in ihrer Stellung. Nur für einzelne Truppenteile traf Abends 72 Uhr der plötzliche Befehl zum Abmarsch in andere Kantonnements ein. So rückte das I. Bataillon nach Lautschnei und Reinowig, das II. nach Lurdorf und Grenzdorf. Der Marsch durch das Gebirge war ziemlich beschwerlich, und erst um Mitternacht kamen die Truppen an ihr Ziel. Jede Kompagnie entsandte einen Zug als Feldwache. Das FüsilierBataillon löste Vormittags gegen 11 Uhr das II. Bataillon 27 er von Vorposten bei Kukau ab. Die 10. Kompagnie schob auf dem rechten Flügel zwei Feldwachen und drei selbständige Unteroffizierposten vor; den linken Flügel sicherte die 11. Kompagnie durch zwei Feldwachen. Als Rückhalt lagen die 9. und 12. Kompagnie im Biwak bei Kukau.

Einen gefährlichen Auftrag hatte hierbei die 10. Kompagnie, welche gegen Abend eine im Dorfe Reichenau vorzunehmende Fouragierung zu decken hatte und dann dies Dorf bejezt halten sollte.

Es war keine angenehme Lage, eine Stunde vor der Vorpostenkette vorgeschoben, ein Dorf, dessen Bewohner durch die Beitreibungen aufgeregt und teilweise mit Waffen versehen waren, zu besetzen, ohne vom Feinde zu wissen, wo er stände, noch wie stark er wäre.

Der beigegebene Zug 10. Husaren hatte die Verbindung mit der eine halbe Meile westlich stehenden 8. Division aufgesucht und gefunden.

In der Nacht wurden sieben bewaffnete Civilisten in der Postenfette festgenommen, welche aussprachen, das ganze Dorf hätte Waffen, und in der nächsten Nacht würde es den verwünschten Preußen schon

schlecht gehen. Der Hauptmann Liebeneiner ließ die ganze Gesellschaft in einen Stall sperren und, nachdem ihr daselbst die Waffen abgenommen waren, gefangen halten.

Feindliche Husarenabteilungen, häufig ganze Züge stark, beunruhigten fortwährend Tag und Nacht die Vorposten, und das Schießen zwischen den beiderseitigen Patrouillen hörte fast gar nicht auf. Verluste hatte das Bataillon jedoch dadurch nicht; dennoch sollte es, freilich nicht durch eine feindliche Kugel, sondern durch ein trauriges Mißverständnis den ersten Toten des Regiments im Feldzuge haben. In der Nacht wurde nämlich der Füsilier Pählicke der 10. Kompagnie von einer Patrouille gleicher Kompagnie, als er auf das „Halt“ derselben nicht stand, für einen Feind gehalten und durch einen Schuß, der ihn leider durch den Kopf traf, sofort getötet.

Den nächsten Tag behielt die 10. Kompagnie ihre Stellung inne, ohne daß ihr ein Befehl zukam; ein Bataillon 66 er marschierte durch das Dorf und von diesem sowohl, als von einigen Husarenordonnanzen erfuhr Hauptmann Liebeneiner, daß die ganze 7. Division schon lange vorwärts marschiert sei, das Leyte, die Bagage würde gleich eintreffen. Die Lage wurde dadurch noch unerquicklicher. Was jollte die Kompagnie anfangen, stehen bleiben oder folgen, aber wohin? Endlich wurde der Abmarsch gewählt, ein Führer aus dem Dorfe geholt und der Ort Turnau als Marschziel genommen. Auf Fußwegen ging es quer über das Gebirge, und als sich endlich eine freie Aussicht bot, erblickte man lagernde Truppen, aber ob Freund oder Feind war noch nicht zu entscheiden. Abgesandte Patrouillen brachten jedoch bald die Meldung, daß es preußische Garde-Ulanen seien. Ein Stoßseufzer erleichterte alle Herzen; vorwärts ging es. Bon Truppe zu Truppe frug sich die Kompagnie weiter, bis sie endlich die 14. Brigade kurz vor Turnau erreichte und mit offenen Armen aufgenommen wurde, da man nicht wußte, wo die Kompagnie geblieben.

Die Schuld, daß die Kompagnie nicht rechtzeitig benachrichtigt worden, lag in der falschen Meldung eines Husaren,

ein Wink, wie gut es ist, womöglich immer schriftliche Meldungen und Befehle zu senden denn wie leicht hätte die 10. Kompagnie dadurch in eine höchst mißliche Lage kommen können!

Am 25. Juni hatte die Erste Armee sich in der Gegend um Reichenberg versammelt, die Elb-Armee Gabel erreicht. Der weitere Vormarsch beider Armeen führte am nächsten Tage zu Zusammen

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