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Kasernement des Pionierdetachements. Außerdem befanden sich darin die Telegraphenstation und die Wohnung des Infanterieoffiziers.

Die Wache war 1 Unteroffizier, 11 Mann stark und besetzte die Posten am Pulvermagazin, Laboratorium und an der Heppenser Batterie sowie als Nachtposten einen Posten vor Gewehr. Der Dienst bestand in Arbeit, Exerzieren, Turnen und Instruktion.

Der Gesundheitszustand wurde im Winter wieder ein besserer, verschlimmerte sich aber zum nächsten Frühjahr wieder derartig, daß kein Mann des ganzen Kommandos von der Krankheit verschont blieb. In etwa 14tägigen Pausen kehrte das Fieber stets wieder, und waren dann die Mannschaften für einige Tage dienstunfähig.

Auch der Führer des Infanteriekommandos, Lieutenant Möller, wurde krank und mußte Anfang April 1865 vom Lieutenant Freiherrn v. Troschke abgelöst werden. Dieser verblieb bis zu 1. Juli 1865 am Jade-Busen. An diesem Tage kehrte das Kommando in seine Garnison Quedlinburg zurück und wurde laut friegsministerieller Verfügung vom 28. Mai 1865 durch ein Detachement des VII. Armeekorps ersetzt.

5. Die Jahre 1864 und 1865.

Während so das Füfilier - Bataillon aus dem Verbande des Regiments entfernt, einen anderen als den gewöhnlichen Dienst zu leisten hatte, waren die beiden Musketier-Bataillone in Wittenberg zurückgeblieben. Ihre Gemüter und Herzen waren naturgemäß eingenommen von den Nachrichten, welche von den fernen Kameraden und vom Kriegsschauplate eintrafen, und jeder hoffte, daß er auch noch dazu kommen werde, ernstlich dem Feinde entgegenzutreten. Und als nun gar, durch die politischen Verhältnisse bedingt, durch eine Kabinets Ordre vom 16. Januar die Ergänzung sämtlicher InfanterieRegimenter des IV. Armeekorps auf Kriegsstärke angeordnet wurde, als die Bataillone durch Einziehung der Beurlaubten und Reserven sich auf eine Kopfzahl von 802 Mann setzten, da wuchsen die Hoffnungen immer mehr. Doch vergeblich! Es war den Musketieren in diesem Jahre noch nicht vergönnt, in der Feldschlacht zu beweisen, daß sie brave Soldaten seien.

Beim Eintreffen der Reserven, am 25. Januar, waren die Kaserne

und die Stadt zu klein, beide Bataillone unterzubringen, und es mußte eine Verlegung eintreten. Das I. Bataillon belegte mit zwei Kompagnien und das II. Bataillon mit einer Kompagnie diejenigen Ortschaften, die nordwärts Wittenberg gelegen sind, wie KleinWittenberg, Piesteriß, Schloßvorstadt, Friedrichstadt und ElsterthorBorstadt.

Die Reserven durften am 15. Mai bis zum Ablauf des abgeschlossenen Waffenstillstandes nach ihrer Heimat beurlaubt werden und wurden dann, als der Friede wiederkehrte, endgültig entlassen. Am 10. Februar trafen in der Festung die ersten dänischen Kriegsgefangenen ein, welche in der Schloßkaserne und im Brückenkopfe untergebracht wurden. Mit ernster Würde traten denselben unsere Musketiere entgegen; sie waren sich wohl bewußt, daß diese dänischen Soldaten dem Rufe ihres Königs ebenfalls mit Freudigkeit gefolgt waren, und sie wiesen mit Entschiedenheit jede Verhöhnung zurück, die sich Unberufene etwa erlaubten. Die Kriegsgefangenen verblieben bis Mitte August in Wittenberg und wurden dann durch Major v. Hochstetter, dem Premierlieutenant Meyrick, Lieutenant Hüneke, 2 Unteroffiziere und 20 Mann beigegeben waren, bis nach Travemünde geleitet.

In Rücksicht auf die kriegerischen Ereignisse, deren Ausgang sich ja immerhin nicht bestimmt voraussehen ließ, wurden die Rekruten des Regiments bereits am 20. April eingestellt. Sie konnten bei der Überfüllung der Garnison jedoch nicht beim Regiment ausgebildet werden, sondern wurden in Bitterfeld untergebracht und dort durch ein abgesandtes Kommando der militärischen Ausbildung unterzogen. Hauptmann Kossack, die Premierlieutenants Güssow und Lindemann, die Sekondlieutenants Hüneke, v. Trotha, v. Jagow und v. Gersdorff, der Assistenzarzt Dr. Trautmann sowie von jeder Kompagnie 4 Unteroffiziere und 4 Gefreite begaben sich dorthin und wurden. während der Ausbildungszeit in Bitterfeld einquartiert.

Das Regiments- und Brigade-Exerzieren fanden bei Magdeburg, die Detachementsübungen bei Genthin statt; dann vereinigte sich die 7. Division bei Möckern und nahm unter ihrem Kommandeur, Generallieutenant v. Voigts-Rhez, an den Übungen des Gardekorps vom 19. bis 22. September teil, welche vor Ihren Majestäten unserem erhabenen Könige und dem Kaiser von Rußland stattfanden.

Unter den Veränderungen, welche das Offizierkorps im Laufe dieses Jahres trafen, war die einschneidendste aller das Scheiden des

Obersten v. Gersdorff aus seiner Stellung als Kommandeur des Regiments. Wenn ja auch jeder wußte, daß derselbe jezt über kurz oder lang das Regiment verlassen mußte, so kam doch die Nachricht, daß derselbe durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 25. Juni zum Generalmajor und zum Kommandeur der 11. Infanterie-Brigade ernannt war, jedem überraschend und viel zu früh.

An seiner Statt wurde Oberstlieutenant v. Bothmer vom 4. Thüringischen Infanterie-Regiment Nr. 72 durch Allerhöchste KabinetsOrdre vom 25. Juni unter Beförderung zum Obersten zum Kominandeur des Regiments ernannt.

Walter v. Bothmer.

Geboren den 23. Mai 1811 zu Gesede in der Provinz Westfalen. 15. April 1830 zum Sekondlieutenant im 36. Infanterie-Regiment befördert. 1837 bis 1840 kommandirt zur Allgemeinen Kriegsschule. 20. Januar 1844 Premierlieutenant. 24. Oktober 1848 Hauptmann. 11. August 1857 Major und Kommandeur des II. Bataillons 32. Landwehr Regiments. 1860 als Bataillonskommandeur zum 72. Infanterie-Regiment versett. 18. Oktober 1861 Oberstlieutenant. Am 25. Juni 1864 zum Obersten und Kommandeur des 4. Magdeburgischen Infanterie Regiments Nr. 67 er

nannt.

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8. Februar 1868 à la suite des 67. Regiments gestellt. - 22. März 1868 Generalmajor und Kommandeur der 3. Infanterie-Brigade. 18. Juli 1870 unter Versetzung zu den Offizieren von der Armee zum Kommandanten von Danzig ernannt. 18. Oktober 1871 als GeneralLieutenant mit Pension 3. D. gestellt. Lebte zulet in Darmstadt.

Dem Brigadekommandeur, Generalmajor v. Borke, wurde am 3. Mai der Abschied bewilligt und der Oberst v. Gordon, Kommandeur des 2. Niederschlesischen Infanterie-Regiments Nr. 47, der zwei Jahre später Leid und Freud eines Feldzuges von Anfang bis zu Ende mit den Regimentern 27 und 67 teilen sollte, mit der Führung der 14. Brigade beauftragt.

Von weittragendem Interesse war im nächsten Jahre für das Regiment die Ernennung des Generallieutenants v. Fransecky zum Kommandeur der 7. Division an Stelle des Generallieutenants v. Voigts-Rhet, der Gouverneur von Frankfurt a. M. wurde. General v. Fransecky war es, der dereinst das Regiment zum Krieg und zum Sieg führen sollte.

Eduard Friedrich v. Franjecky, am 16. November 1807 in Geldern, Großherzogthum Hessen, geboren, wurde 1825 als Sekondlieutenant aus dem Kadettenkorps dem 16. Infanterie-Regiment zu

geteilt, 1844 als Hauptmann in den großen Generalstab berufen, machte 1848 im Generalstabe der Bundes-Armee den Feldzug gegen Dänemark mit und wurde 1849 Major, 1858 Oberst. Von 1860 bis 1864 war er Kommandeur der oldenburgisch-hanseatischen Brigade und hatte als solcher, wie bereits bemerkt, unser Füsilier-Bataillon auf dem Durchmarsche durch Oldenburg nach dem Jade-Busen begrüßt.

Die größeren Herbstübungen begannen 1865 mit dem Regimentsererzieren bei Halle a. S., ebendort waren auch das Brigadeererzieren, die Detachementsübungen und endlich Manöver des gesamten IV. Armeekorps unter dem kommandierenden General v. Schack vor Seiner Majestät. Am 18. September fand die große Parade statt, am 19. und 20. Feldmanöver. Vom 18. August bis zum 23. September war das Regiment von seinen Garnisonen entfernt.

Am 31. Oktober d. Js. beehrte Seine Majestät die Stadt Wittenberg mit seiner Anwesenheit. Das Denkmal des Magisters Philipp Melanchthon, zu dem ebenfalls in Anwesenheit des damaligen Prinz-Regenten am 19. April 1860 auf dem Markte der Grundstein gelegt war, wurde mit entsprechender Weihe enthüllt. Auch der kommandirende General und der Erbprinz von Anhalt waren zugegen. Das gesamte Offizierkorps und Abordnungen der Truppen nahmen. an diesem Feste Anteil.

Lieutenant Bollard hatte die hohe Ehre, an diesem Tage zu Seiner Majestät als Ordonnanzoffizier kommandiert zu werden.

Das Jahr 1866, das so große Umwälzungen in Deutschland brachte, Preußen auf die ihm gebührende Stelle im europäischen Staatenkonzert erhob, brach herein. Noch war alles ruhig. Wenn auch die diplomatischen Verhandlungen hin- und hergingen und die Erregtheit der Politiker größer wurde, so dachte doch die Gesamtheit des Volkes und des Heeres noch nicht an eine Entscheidung durch Waffengewalt.

So begann denn auch das Jahr bei unserem Regimente mit dem gewöhnlichen Dienstgange. Im Januar wurden die Rekruten, im April die Kompagnien besichtigt.

Dann aber flammte die Kriegsfackel hoch auf, und auch unser Regiment sollte Gelegenheit haben, immergrünenden Vorbeer zu pflücken.

6. Politische Lage, Mobilmachung und Ausmarsch.

Der Wiener Friede vom 30. Oktober 1864 hatte den Krieg Preußens und Österreichs gegen Dänemark beendet und SchleswigHolstein in den gemeinsamen Besiß der verbündeten Staaten gebracht, wurde aber bald eine neue Quelle von Streitigkeiten zwischen den beiden Mächten, die längst miteinander um die Machtstellung im Deutschen Bunde wetteiferten. Eine ernsthafte Auseinandersetzung beider Länder war schon geraume Zeit hindurch durchaus notwendig geworden, der Wiener Friede gab die äußere Veranlassung dazu. Der Gasteiner Vertrag vom 14. August 1865, welcher bestimmte, daß Österreich die Verwaltung in Holstein, Preußen dieselbe in Schleswig übernahm, war nicht imstande, den Zwiespalt zu schlichten, ondern schob den Konflikt nur hinaus.

Anfang 1866 spitzte sich der Zwiespalt immer mehr zu, und Österreich begann mit militärischen Rüstungen, die preußischerseits zunächst nur defensive Vorsichtsmaßregeln zur Folge hatten. Einige Feldartillerie-Regimenter sollten sich kriegsgemäß ergänzen, die Festungen Neiße, Glaz, Kosel, Torgau und Wittenberg sich armieren und die in den unmittelbar bedrohten Landesteilen garnisonierenden InfanterieRegimenter sich durch Einziehung der Reserven der jüngsten Jahrgänge auf die Kopfstärke von 686 Mann bei jedem Bataillon erhöhen. Mit den verstärkten Maßnahmen Österreichs wurde auch in Preußen mehr gerüstet, und am 3. Mai wurde die Kriegsbereitschaft der gesamten Kavallerie und Artillerie sowie die Ergänzung der Infanterie der Garde, des VI, V., III. und IV. Korpsbezirks auf volle Kriegsstärke angeordnet.

Bald folgten neue Befehle, aus denen die Aufbietung der gesamten Feld-Armee sich ergab.

Obwohl Österreich am 1. Juni die Entscheidung über die Verhältnisse in Holstein in die Hände des Deutschen Bundes gelegt hatte und somit thatsächlich vom Gasteiner Vertrag zurückgetreten war, berief es doch am 5. Juni die holsteinischen Stände zum 11. Juni zu einem Landtage nach Izehoe zusammen. Daraufhin rückten preußische Truppen aus Schleswig in Holstein ein, vor denen sich die öfterreichische Brigade unter Protest zurückzog, bald das Land ganz verließ und mit der Bahn über Harburg nach der Heimat zurückbefördert wurde. Österreich nannte am 11. Juni bei dem Bundestage das Einrücken preußischer Truppen in Holstein einen Vertragsbruch

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