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Das Jahr 1862 sollte wiederum dem Offizierkorps Veränderungen mancherlei Art bringen, Todesfälle, Versehungen, Kommandierungen und Beförderungen. Zugleich trat auch in den höheren Kommandobehörden ein Wechsel ein. Der Kommandeur der 7. Division, Generallieutenant v. Schmidt, wurde am 15. April in gleicher Eigenschaft zur 9. Division, und der Kommandeur des letteren Truppenteils, Generallieutenant v. Cisielski, zur 7. Division versezt. Aber auch Legterem sollte nicht lange vergönnt sein, der Division vorzustehen. Durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 24. Januar 1863 wurde der Generalmajor v. Voigts-Rheß, Kommandant der Bundesfestung Luxemburg und Führer der Besaßungs-Brigade dieser Festung, zum Kommandeur der 7. Division ernannt.

Der Geburtstag Seiner Majestät des Königs wurde wieder in althergebrachter Weise begangen und sollte nunmehr auch alljährlich in ähnlicher Weise gefeiert werden: Reveille, Kirchgang und Parade. Vor der Abnahme der Parade hielt der Kommandant eine herzliche Ansprache an die Soldaten, der ein dreimaliges Hoch auf unseren König folgte, in das die Mannschaften unter Kanonendonner wacker einstimmten. Dann folgte der übliche Vorbeimarsch. Das im Hotel London angesezte Festessen war von Seiten des Militärs und der Bürgerschaft zahlreich besucht.

Abends hatten die Kompagnien in verschiedenen Lokalen Tanzvergnügen. Die Füsiliere in Quedlinburg verlebten in gleicher froher Weise den festlichen Tag.

Die diesjährigen Rekruten wurden Anfang Februar in die Kompagnien eingestellt und diese vom Regimentskommandeur im April besichtigt. Dann traten aber Umstände ein, die es wahrscheinlich machten, daß das Regiment auf einige Zeit aus dem Friedensdienst herauskommen sollte. Es wurde in Marschbereitschaft gesezt, und die Bataillone verstärkten sich durch Einziehung von Reserven auf 800 Mann.

Bereits seit 1850 war im Kurfürstenthum Hessen beständiger Verfassungsstreit, den Preußen und Österreich durch einen Antrag auf Wiederherstellung der hessischen Verfassung zu schlichten suchten. Der Kurfürst, hierüber ungehalten, empfing einen Abgesandten Preußens, der ein Schreiben Seiner Majestät überbrachte, in unwürdiger und beleidigender Weise. Die Antwort hierauf war die Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 12. Mai, welche die Marschbereitschaft des IV. und VII. Armeekorps anordnete und dieselben unter

den Befehl des Generals der Infanterie v. Schack stellte. Ein preußisches Ultimatum vom 17. Mai wurde vom Kurfürsten abgelehnt, der Gesandte verließ den hessischen Hof, und der Antrag Preußens wurde wurde am 25. Mai vom Bundestage angenommen. Dennoch zogen sich die Verhandlungen in die Länge, und die Regimenter konnten weder marschieren, noch die Reserven entlassen. Endlich kam der Befehl zum Ausmarsch für den 22. Juni. Die Truppen sollten sich bei Heiligenstadt und Mühlhausen konzentrieren. Bom Regiment sollte der fünfte Stabsoffizier, 1 Zahlmeister, 3 Offiziere, die Capitaind'armes und 4 Mann jeder Kompagnie in den Garnisonen zurückbleiben.

Jeder freute sich des bevorstehenden Ausmarsches; schon waren die Wagen und die Tornister gepackt, schon Abschied genommen von den Angehörigen, da wurde plöglich durch Korpsbefehl der Abmarsch sistirt und die Entlassung der Reserven angeordnet.

Auf eine nochmalige energische Depesche Preußens hatte der Kurfürst nachgegeben. Der erwähnte Korpsbefehl aber lautete:

„Da der Kurfürst von Hessen den Forderungen Seiner Majestät des Königs in allen Punkten nachgegeben hat, so sollen auf Allerhöchsten Befehl die eingezogenen Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften des Beurlaubtenstandes wieder entlassen werden. Dieser Befehl ist sämtlichen Mannschaften, also auch den Reserven, vor ihrem Abgange bekannt zu machen und ihnen dabei zu eröffnen, wie Seine Majestät aus meinem Berichte gern ersehen hat, daß die Reserven pünktlich eingetroffen sind und daß die Disziplin überall eine durchaus lobenswerte gewesen ist."

So erfolgte denn am 27. Juni die Entlassung der Reserven, und der gewöhnliche Garnisondienst trat wieder in sein Recht.

Ein Divisionsmanöver fand in diesem Jahre nicht statt, wohl aber Regiments- und Brigadeererzieren sowie Detachementsübungen. Für den erkrankten und beurlaubten General v. Borcke führte Oberst v. Gersdorff während dieser Zeit die 14. Brigade und hatte die hohe Ehre, dieselbe am 18. August Seiner Majestät dem Könige vorstellen und huldvolle sowie anerkennende Worte über die Leistungen der beiden Regimenter entgegennehmen zu dürfen.

Der Oberstlieutenant Elstermann v. Elster führte während dieser Übungen, welche bei Abtsdorf in der Gegend von Wittenberg stattfanden, das 67. Regiment.

So war denn nach Entlassung der Reserven wieder ein mili

tärisches Jahr verflossen, ein neues kam und mit ihm die neuen Rekruten. Sie wurden vom Regimentskommandeur, die Kompagnien durch den Brigadekommandeur, die Bataillone durch Seine Königliche Hoheit den Prinzen Albrecht und durch Seine Excellenz den kommandierenden General besichtigt. Das Regimentsexerzieren, welches am 21. August 1863 begann, sowie das Brigadeererzieren fanden bei Suderode am Harz statt, die Detachementsübungen und die Divifionsmanöver wurden bei Quedlinburg und Halberstadt abgehalten. Die Mannschaften des Füsilier-Bataillons brauchten während der ganzen Zeit der Herbstübungen ihre Garnison Quedlinburg nur zu den Übungen selbst zu verlassen; die beiden anderen Bataillone kehrten am 23. September nach Wittenberg zurück.

Das Jahr 1863 brachte der Armee und so auch unserem Regimente eine Reihe von Gedenktagen, die durch Kirchgang, Parade und andere militärische Festlichkeiten gebührend begangen wurden. Hierher gehören zunächst die gemeinsame Hundertjahrfeier des Hubertsburger Friedens und die fünfzigjährige Feier der Stiftung der freiwilligen Jäger am 3. Februar 1813. Sodann folgte am 17. März das fünfzigjährige Jubelfest zur Erinnerung an den Aufruf Seiner Majestät des Königs Friedrich Wilhelm III. „An mein Volk“, an die Errichtung der Landwehr und die Stiftung des Eisernen Kreuzes. Am 3. Oktober wurde bei Wartenburg in der Nähe Wittenbergs auf Befehl Seiner Majestät ein Denkmal enthüllt zum Andenken an das ruhmreiche Gefecht bei diesem Orte im Jahre 1813. Die beiden Musketier-Bataillone des Regiments marschierten dorthin, nahmen am Feste Anteil und wurden dann dortselbst gespeist. Auch Seine Excellenz der kommandierende General v. Schack war im besonderen Auftrage des Königs an diesem Tage erschienen. Dem Offizierkorps und den Spißen der Behörden gab der Graf Hohenthal-Püchau, als Besizer von Wartenburg, ein glänzendes Festessen.

Am 18. desselben Monats war der fünfzigjährige Erinnerungstag der Völkerschlacht bei Leipzig, und endlich reihte sich diesen Tagen, deren fünfzigjährige Gedächtnisfeier in erhebender Weise begangen wurde, der für Wittenberg denkwürdige 13. Januar 1814 an, an welchem preußische Truppen den siegreichen Sturm auf Wittenberg unternahmen und so die Befreiung des Ortes von französischer Herrschaft herbeiführten. An der Stelle, an welcher 1814 die Bresch-Batterie errichtet worden war, wurde ein in einer steinernen Platte bestehendes Denkmal gesezt.

4. Belekung des Jade-Gebiets durch das FüßlierBataillon.

Nach dem plözlichen Tode des Königs Friedrich VII. bestieg Christian IX. den dänischen Königsthron und zwar zu einer Zeit, als Dänemark mit dem deutschen Bunde bereits in Streitigkeiten über die geplante Vereinigung Schleswigs und Holsteins mit dem Königreiche lag. Diese Zwistigkeiten hatten im Oktober 1863 zu einem Bundesbeschluß geführt, welcher Sachsen und Hannover beauftragte, gegen Holstein und Lauenburg, welche dem deutschen Bunde angehörten, gewaltsam vorzugehen. Dies geschah.

Unterdessen hatte zwar widerwillig und zögernd, aber dem Drängen der Eider-Dänen folgend der dänische König einem Gesezze, durch welches das deutsche Herzogthum Schleswig dem Königreiche Dänemark völlig einverleibt wurde, am 15. November 1863 seine Bestätigung erteilt. Österreich und Preußen forderten nunmehr die Zurücknahme des Gesezes, durch welches das Londoner Protokoll von 1852 verlegt sei, und verliehen dieser Forderung durch die Mobilmachung größerer Truppenmassen gehörigen Nachdruck. Die dänische Regierung antwortete ausweichend, sammelte aber ihre Streitkräfte am Danewerk, um hier dem Einrücken der Verbündeten dies war der obigen Forderung als Drohung hinzugefügt entgegenzutreten.

Auch die letzte Aufforderung von Seiten Österreichs und Preußens blieb ohne genügende Erwiderung, und so wurde denn der Befehl zum Einmarsch erteilt. Den Oberbefehl führte der Feldmarschall v. Wrangel, die preußischen Truppen kommandierte Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Karl, die Österreicher der Feldmarschalllieutenant Freiherr v. Gablenz.

Am 1. Februar 1864 früh überschritten die österreichisch-preußischen Truppen die Eider. Der Krieg hatte begonnen.

Nach fast fünfzigjährigem Frieden — die kleinen Feldzüge 1848/49 in Schleswig und Baden hatten nur kurze Zeit die Ruhe gestört betrat Preußen wieder die kriegerische Bahn. Es sollte jezt zeigen, ob es noch imstande war zu thun, was die Väter zu thun vermochten, ob die Soldaten noch fähig waren, einen Krieg ruhmreich zu Ende zu führen, ob die Generale und Offiziere, die ja keine Kriegserfahrung hatten, die Truppen zum Siege führen konnten. Die Zeit hat diese Frage beantwortet. Es wäre unnütz, hinzuweisen auf die Männer, welche jest mit Lorbeeren bekränzt im hellsten Sieges- und Ruhmes

glanze strahlen, unnüz, an die Tage zu erinnern, an denen die preußischen Soldaten treu ihrem Eide „Mit Gott für König und Vaterland“ sich auf den Feind stürzten und Thaten vollbrachten, die ganz Europa – die ganze Welt mit Staunen jah.

Aus dem Streite 1864 entstand der Krieg 1866; es folgte 1870, und der ohnmächtige verachtete Deutsche Bund einte sich unter Führung Preußens zum kraftvollen Deutschen Reiche, dessen Stimme von keiner anderen Macht mehr gering geschätzt wird!

"In Gottes Namen drauf!" rief Feldmarschall Wrangel den Truppen zu, als sie die Eider überschritten, und „in Gottes Namen drauf" ging es vorwärts — für jezt bis zum Frieden zu Wien am 30. Oktober 1864.

Auch das 4. Magdeburgische Infanterie-Regiment Nr. 67 war bestimmt, wenigstens einigen Anteil an den Mühen dieses Jahres zu nehmen. Konnte es zwar nicht dem Feinde im Gefechte entgegentreten, so hatte es doch um so mehr anderweitige Beschwerden zu ertragen. Ruhm freilich brachten dieselben eben nicht ein, darum dienten sie aber nicht minder einem wichtigen Zwecke im Kriegsplane.

Während des kurzen Krieges 1848 hatten wenige dänische Schiffe vermocht, die Blockade der Häfen der preußischen Ostseeküste aufrecht zu erhalten, und hatten so dem Seehandel ungemein geschadet. Auch jezt lag eine solche Befürchtung vor. Zwar war eine kleine preußische Flotte entstanden, aber lange nicht stark genug, den Seehandel zu schüßen. 21 dänischen Kriegsschiffen mit 323 Geschüßen konnte Breußen nur mit 2 Korvetten, 1 Avisoschiffe und 19 Kanonenbooten, im ganzen mit 89 Geschüßen, in der Ostsee entgegentreten. Die Küsten freilich waren durch dort garnisonierende Truppen gesichert. Anders war es in der Nordsee. Die österreichische Flotte wurde erwartet, war aber noch nicht zur Stelle, und so war das an der Nordsee-Küste liegende preußische Gebiet, welches sich auf den kleinen Landstrich am Jade-Busen erstreckte, der zu einem Kriegshafen bestimmt war, den dänischen Schiffen ausgesetzt.

Ein kleiner, kaum 22 km langer aber schiffbarer Küstenfluß des Großherzogtums Oldenburg mündet in den zur Nordsee gehörigen etwa 190 qkm großen Jade-Busen, der infolge der im 14. und 15. Jahrhundert die Küsten Norddeutschlands zerstörenden großen Sturmfluten entstanden ist, welche Hunderttausende von Menschenleben vernichteten und ganze Ortschaften vom Erdboden in das unersättliche Meer hinabrissen.

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