Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Regimentern schon verliehenen Auszeichnungen noch weitere Beweise der Allerhöchsten Zufriedenheit folgen werden.

gez. v. Goeben,

Generallieutenant und Korpskommandeur.“

2. Divisionsbefehl vom 10. September 1870:

„Wenn ich das 7. Brandenburgische Infanterie-Regiment Nr. 60 und das 4. Magdeburgische Infanterie-Regiment Nr. 67 bei ihrer zu Anfang des Krieges erfolgten Zutheilung zur 15. Jnfanterie-Division herzlich willkommen geheißen habe, so sage ich denselben jetzt, wo sie aus dem Verbande der Division wieder ausscheiden, ein aufrichtiges Lebewohl! Beide Regimenter haben durch ihren rühmlichen Antheil an der Schlacht bei Gravelotte mit Aufopferung vieler theurer Kameraden, sowie durch eine vorzügliche Mannszucht bei hingebender Ueberwindung der unvermeidlichen Kriegsstrapazen und Fatiguen die Ehre der 15. Infanterie-Division nicht allein gewahrt, sondern wesentlich vermehrt.

Namens der Division sage ich den Regimentern dafür den wärmsten und herzlichsten Dank.

gez.: v. Welgien,

Generallieutenant und Divisionskommandeur.“

3. Brigadebefehl vom 10. September 1870:

„Das 4. Magdeburgische Infanterie-Regiment scheidet, höherer Anordnung zufolge, heute aus dem Verbande der 30. Jnfanterie-Brigade, dem es seit dem Ausmarsche aus seinen Friedensgarnisonen zugetheilt war. Ich sehe das brave und tüchtige Magdeburgische Regiment mit aufrichtigem Bedauern von mir gehen und sage ihm hiermit ein herzliches Lebewohl. Wir haben gemeinsam die großen und schönen Ereignisse der leßten Wochen durchlebt, haben nach mühevollen Märschen und Biwaks auf dem vaterländischen Boden die Grenzen des Feindes überschritten und -unter schmerzlichen Verlusten einen ehrenvollen Antheil an der Schlacht von Gravelotte genommen. Die darauf folgenden Mühseligkeiten der Cernirung von Meß hat das Regiment mit soldatischer Hingebung ertragen und überall seines wohlerworbenen guten Namens sich würdig gezeigt. Ich spreche dem Regiment hierfür meinen Dank und meine Anerkennung aus, ich wünsche

[ocr errors]

ihm, daß seine fernere Zukunft, unter Führung seines braven Kommandeurs und seines ehrenhaften Offizierkorps stets eine gute und glückliche sei.

Und so sage ich dem Regiment, an das mich die Erinnerung der gemeinsam bestandenen ernsten Zeit sympathisch bindet, mein Lebewohl mit dem uns Allen theuren Rufe: „Es lebe der König!“

gez. v. Strubberg, Generalmajor und Kommandeur der 30. Infanterie-Brigade."

Offizieren und Soldaten standen die Thränen in den Augen, als am 12. der brave Brigadekommandeur, der so Vieles mit den Untergebenen durchgefochten hatte, persönlich dem Regimente Lebewohl jagte.

20. Das Regiment in Mainz und Straßburg.

Die Bataillone brachen am 11. September aus Ars sur Moselle auf und zwar das I. und Füsilier-Bataillon des Vormittags. Das II. Bataillon, nachdem es die Wachen an ein Regiment der Hessischen Division übergeben hatte, folgte am Nachmittage.

Der Marsch ging über Coin sur Seille und Chérisey nach Remilly, woselbst am 13. September das Regiment in Eisenbahnzüge eingeschifft wurde und über Faulquemont, Forbach, Saarbrücken, Kreuznach und Bingerbrück nach Mainz fuhr.

Das I. Bataillon fuhr um 91⁄2 Uhr Morgens von Remilly ab. Abends 10 Uhr stieß jedoch der Zug durch falsche Weichenstellung auf andere Wagen, wodurch sechs Wagen zertrümmert, drei Mann und einige Pferde leicht verlegt und die Weiterfahrt unterbrochen wurde. Die Kompagnien quartierten die Nacht über in Fischbach ein, fuhren aber am nächsten Morgen 73⁄4 Uhr weiter, wurden in Büngerbrück mit Reissuppe und Fleisch gespeist und trafen Mittags 11/2 Uhr in Mainz ein.

Das II. Bataillon war Mittags 2 Uhr, das Füsilier-Bataillon 32 Uhr Nachmittags von Remilly abgefahren und hatten kurz nach einander, nachdem den Mannschaften in Büngerbrück Kaffee gereicht war, am anderen Morgen etwa 8 Uhr Mainz erreicht.

Sofort nach Ankunft waren die Kompagnien nach ihren für sie bestimmten Quartieren marschiert, das II. Bataillon quartierte zu

nächst in die Forts, wurde aber am nächsten Tage in Bürgerquartiere in Mainz gelegt; das I. und Füsilier-Bataillon marschierten nach Castel. Die 1. Kompagnie wurde in der Kavalleriekaserne und in Baracken, die 2. im Fort Großherzog von Hessen, die 4. in den Lünetten Wiesbaden, Ermenheim, Hochheim und Frankfurt, die 9. und 10. in dem Pontonschuppen und die 11. und 12. Kompagnie in der Reduitkaserne untergebracht. Die 3. Kompagnie quartierte nach Kostheim.

Der kriegerischen Thätigkeit vor Mez folgte plötzlich die friedliche Garnisonbeschäftigung, hauptsächlich aus Ererzieren und Wachtdienst

bestehend.

Am 22. September bereiteten die Bürger der Stadt Mainz dem Regiment in den Neuen Anlagen ein glänzendes Fest. Offiziere und Mannschaften wurden reichlich bewirtet.

Ein anderer Ehrentag während dieser Zeit war der 27. September. Das Regiment, völlig kriegsgemäß gestaltet, machte einen Übungsmarsch über Biebrich und Wiesbaden nach dem Nero-Berge und hatte auf dem Rückmarsche die Ehre, vor Ihrer Königlichen Hoheit der Kronprinzessin, welche zum Besuch der Lazarette gerade in Wiesbaden verweilte, vorbeimarschieren zu dürfen.

Jest trafen auch mehrere Belohnungen für tapferes Verhalten in der Schlacht bei Gravelotte ein. Der Oberst v. Aglinicki, die Majors Schramm, v. Wittich und v. Kutschenbach, Hauptmann Günther, die Lieutenants v. Roeder und Schmidt, Sergeant Hoffmann der 9. Kompagnie und der Unteroffizier Kettmann der 8. Kompagnie wurden mit dem Eisernen Kreuze 2. Klasse geschmückt.

Unter den Offizieren traten in diesen Tagen auch mehrfache Veränderungen ein. Der Major v. Kutschenbach, der geheilt zurückkehrte, übernahm wieder das I. Bataillon, der Hauptmann v. Nauendorf die 3. Kompagnie und der Premierlieutenant Steinbeck trat zur 5. Kompagnie zurück. Auch Premierlieutenant v. Trotha kehrte aus dem Lazarett zu Pont à Mousson zurück und erhielt die 11. Kompagnie zur Führung, Lieutenant Sachße trat demnächst zur 4. Kompagnie. Die Lieutenants Schmidt II. und Schulz trafen ebenfalls von ihren Wunden geheilt beim Regiment wieder ein, und wurde ersterer der 11., letterer der 1. Kompagnie zugewiesen.

Laut Allerhöchster Kabinets-Ordre vom 9. September, die jedoch erst am 21. beim Regiment eintraf, wurden die Premierlieutenants v. Schrader und Koßenberg zu Hauptleuten, die Sekondelieutenants

Borberg der leider bereits am 23. September im Lazarett zu Gorze an seiner Wunde verstarb - und Sachße zu Premierlieutenants, die Portepeefähnriche Dommerich und Lampe zu Sekondelieutenants, die Vizefeldwebel Pfannkuch, Kaempf, Schlegel, Linke, Münscher, Brandtner und Littmann zu Reserveoffizieren befördert.

So schön nun der Aufenthalt in Mainz während der freundlichen Tage des Spätsommers auch war, so konnte es doch auf die Dauer niemandem behagen, zum Garnisondienst verurteilt zu sein, während die Kameraden noch im Felde standen. Daher war es wenigstens eine fleine Freude, als am 29. September vom General v. Moltke der Befehl anlangte, daß das Regiment nach dem eben eroberten Straßburg zu verlegen sei. Die Möglichkeit einer abermaligen Verwendung vor dem Feinde war dadurch jedenfalls eine größere geworden.

Bereits am 30. September, Abends 1112 Uhr, fuhren das FüsilierBataillon und der Regimentsstab aus Mainz ab. Das I. Bataillon folgte am 1. Oktober, früh 63/4 Uhr, und das II. Bataillon an demselben Tage, Mittags 122 Uhr. Auf der rechten RheinuferBahn über Heidelberg, Karlsruhe und Rastatt ging die Fahrt bis Kehl.

In Karlsruhe wurden den Mannschaften Kaffee, Brot, Branntwein und Cigarren gereicht.

Der zerstörten Rhein-Brücken wegen, welche bei der Belagerung von Straßburg abgebrochen waren, mußten die Bataillone in Kehl den Zug verlassen und wurden mittelst Fähre und auf Kähnen über den Rhein gesezt, was sehr lange aufhielt. Infolgedessen konnte das Füsilier-Bataillon erst gegen Abend 6 Uhr, das I. Bataillon Abends 10 Uhr in Straßburg einmarschieren. Das II. Bataillon mußte sogar die Nacht über in Kehl in den Eisenbahnabteils bleiben und wurde erst am anderen Morgen über den Rhein befördert. Um 10 Uhr Vormittags zog es in Straßburg ein.

Straßburg sah gar nicht wie eine „wunderschöne Stadt“ aus. Daß die Zerstörungen gewaltig sein sollten, hatten schon die Zeitungen berichtet, aber wohl niemand hatte geglaubt, daß sie so radikal sein würden, wie sie es in Wirklichkeit waren. Einzelne Stadtteile, besonders am Stein- und Zaberner Thore, waren nichts weiter als große Trümmerhaufen; von ganzen Straßen waren nur noch einzelne Mauern stehen geblieben; selten fand sich in der großen Stadt ein Haus, das ganz unbeschädigt war.

Die Citadelle war ebenfalls in Schutt gelegt, die Werke, Wälle,

Brücken hier sowohl, als auf den Angriffsfronten

[ocr errors]

waren zerrissen und zertrümmert; unbrauchbare Geschüße, zerschlagene Gewehre und alles mögliche Gerät lag in den Verschanzungen und in der ganzen Stadt in Menge umber.

Das Aufräumen dieser Überreste und Trümmerhausen, welche vielfach noch brannten, war die nächste Beschäftigung der Besayung; ferner kam dazu das Einebenen der Parallelen und anderer großartiger Belagerungsarbeiten, das Ausbessern der Wälle, die Herstellung von Brücken und Wegen.

Sehr stark war der Wacht- und Patrouillendienst; täglich zog ziemlich ein ganzes kriegsstarkes Bataillon auf.

Aber die Räume, in denen man 24 Stunden auf Wache zubringen mußte, befanden sich leider in meist äußerst mangelhaftem Zustande; auf der Steinthor- und der Judenthor-Wache fand man nicht einmal gegen eindringenden Regen Schuß. Die Offizierwachtstube der Bahnhofswache war in einem Eisenbahnwagen eingerichtet; da derselbe nicht einmal festgelegt, fuhr er gelegentlich, in einer stürmischen Nacht, auf dem Geleise spazieren.

Ein zweites Bataillon gab des Nachts größere Offizierpatrouillen, welche in den Straßen die Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten hatten, da es häufiger vorkam, daß auf die Posten geschossen wurde oder der französische Teil der Bevölkerung auf diese und jene Weise seinem Hasse Luft zu machen suchte. Feldwebel Weber der 5. Kompagnie erhielt z. B. in der Dunkelheit einen Stein auf die Brust, der ihn nicht unerheblich verlegte. Der Thäter konnte nicht ermittelt werden. Dagegen gelang es dem Gefreiten Gröger der 11. Kompagnie, welcher Posten stand, am 10. Oktober den Schlossergesellen Rohill, der sich thätlich an ihm vergangen hatte, zu erschießen. Gröger erhielt dafür wegen seiner Entschlossenheit und Umsicht vom Gouverneur eine Belobigung.

Die sonst noch übrig bleibende Zeit verging mit Exerzieren, Appells und Unterricht; auch wurden die Kompagnien an verschiedenen Tagen durch den Regimentskommandeur, und am 7. Oktober das Regiment durch den Kommandeur der 1. Reserve-Division, Generalmajor v. Treskow, besichtigt.

Besonders gab man auf Erhaltung aller Sachen in völlig kriegsbrauchbarem Zustande, auf Ergänzung der Bestände und auf Umtausch untauglicher Pferde gegen französische Beutepferde acht; Sonntags gingen Abordnungen in die Kirche, und am 30. Oktober wurde den

« ZurückWeiter »