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schub allein auf den Landtransport angewiesen, der sich indes bald als unzureichend erwies. Als die Armee über die Saar vorrückte, wurden die am Rhein aufgespeicherten Vorräte mittelst eines durch Requisition aufgebrachten Fuhrparks von 2000 Wagen nach Saarlouis und Trier geschafft. Ehe diese Maßregel jedoch zur Ausführung gelangt war, hatten die Truppen die eisernen Rationen und Portionen angreifen müssen.

Für den weiteren Vormarsch wurde der tägliche Bedarf, soweit er durch unmittelbare Requisition nicht zu decken war, der Armee durch die Kolonnen nachgeschafft.

Die Truppen wurden angewiesen, in erster Linie von den Quartierwirten zu leben und nur im Notfalle auf die eigenen Bestände zurückzugreifen. Die entleerten Wagen sollten gesammelt von neuem Broviant holen.

18. Gravelotte.

A. Allgemeines. Vormarsch und Anfang der Schlacht.

Das deutsche Heer hatte der so plöglich von Frankreich mit frevlem Übermute herbeigeführte Krieg nicht überrascht und verwirrt; es hatte den alten Spruch: „si vis pacem, para bellum" wohl beherzigt und so konnte es mit Ruhe in den Garnisonen die seit langen Jahren wohl vorbereitete Mobilmachung vollziehen, um sich sodann in drei großen Armeen an der Landesgrenze ordnungsmäßig zu sammeln. Die Franzosen dagegen hatten in übereilter Hast ihre Regimenter an die Grenze geworfen und versuchten sie erst von dort aus völlig zu ergänzen. Ihre Truppen waren in zwei Armeen geteilt, von denen die eine unter Mac Mahon im Elsaß stand, während die zweite, die Haupt-Armee, bei der sich bis zum 16. August früh auch der Kaiser Napoleon befand, zwischen Thionville und Bitsch versammelt war. Der Krieg war kaum erklärt, als schon die französische Heerführung einsah, daß die Truppen nicht fertig genug waren, ein angriffsweises Vorgehen einzuleiten, und als sie endlich nach langem Zaudern ein solches versuchte, endete es erfolglos und von aller Welt belächelt in dem bekannten Gefecht bei Saarbrücken am 2. August 1870.

Nunmehr jedoch war der Aufmarsch der deutschen Armeen beendet, und gleich darauf erzwangen diese sich durch die Siege bei Spicheren, Weißenburg und Wörth den Übertritt auf französisches

Gebiet, somit den deutschen Boden von den Schrecken eines Kriegsschauplatzes entlastend.

Überall wichen die franzöfifchen Truppen in der Absicht, sich bei Chalons zusammenzuziehen, jedoch die deutschen Armeen folgten schnell.

Das französische Hauptquartier hatte vorübergehend beschlossen, bei Met den nachdringenden Deutschen die Stirn zu bieten, aber der Marschall Bazaine hielt es im letzten Augenblick dennoch für nothwendig, nach Westen abzuziehen, und befahl für den 14. August den Abmarsch. Kaum hatten jedoch die ersten Bewegungen stattgefunden, als Teile der deutschen Ersten Armee zum Angriffe bei Courcelles übergingen und durch diese Schlacht den Abmarsch schon bedeutend verzögerten. Unterdessen hatte das deutsche Oberkommando, die Maßnahmen des Feindes erkennend, angeordnet, daß die Zweite Armee mit aller Kraft gegen die feindlichen Rückzugslinien wirken und die französische Armee möglichst nach Norden abdrängen, währenddem aber die Erste Armee den großen Platz Meß von Osten und Süden umfassen sollte.

Noch mehr als durch die Schlacht am 14. wurde der Abmarsch der französischen Armee durch Meß auf die beiden nach Norden hin führenden Straßen infolge mangelhafter Veranstaltungen und fehlender Leitung verzögert. Nur verhältnismäßig kleine Entfernungen hatten zurückgelegt werden können, als schon am 15. August die französische Spiße mit der vorgeschobenen deutschen Kavallerie in Berührung ge= treten war und am nächsten Tage früh das deutsche Geschützfeuer die sorglos lagernde französische Armee überraschte; kaum war sie aufgescheucht, so brachen gegen ihre linke Flanke schon die Spißen des III. Armeekorps hervor, und die herrliche Schlacht bei Vionville, in der zwei deutsche Armeekorps gegen fünf französische fochten, hatte begonnen. Aber trotz der deutschen Minderzahl wurden erstere Sieger, und der Feind scheiterte trotz seiner gewaltigen Uebermacht. Zwar bestand der Sieg nicht in der Niederwerfung des Gegners, denn taktisch war keine Entscheidung gefallen, aber er stellte sich dar als das Erreichen des Operationsziels. Die deutschen Truppen hatten auf der kürzesten Verbindungslinie des Feindes mit Paris und mit der Armee von Chalons festen Fuß gefaßt.

Noch unter dem Schuße der nächsten Nacht führte Bazaine seine Truppen zurück und nahm jene durch die zwei Tage später erfolgte Schlacht bei Gravelotte geschichtlich gewordene Stellung ein, welche

von der Mosel sich über Amanvillers, St. Privat bis Roncourt erstreckte, und in welcher drohenden Stellung er sich der deutschen Armee gewachsen fühlte; denn einen jetzt angeordneten Marsch nach Westen hin hielt er, da derselbe unmittelbar an der deutschen Front vorüberführte, zur Zeit mit seinen sehr erschöpften Truppen für unmöglich.

Die Stellung der französischen Truppen wurde, wie folgt, angeordnet.

Der rechte Flügel, vom 6. Korps (Canrobert) gebildet, befand sich bei Roncourt, links schloß sich bis Montigny la Grange das 4. Armeekorps (Ladmirault) und sodann bis südlich Moscou das 3. Korps (Leboeuf) an. Von diesem Korps standen in der Reihenfolge vom rechten Flügel die 1. Division (Montaudon), 2. Division (Nayral), 3. Division (Metman) und die 4. Division (Aymard). La Folie, Leipzig, Moscou und St. Hubert wurden durch vorgeschobene Truppen dieses Korps besezt und zwar letzteres Gehöft von dem zur Division Aymard gehörenden 60. Linien-Regiment. Im Walde bei La Folie befanden sich 4 Bataillone der Division Montaudon, im Bois des Genivaur 5 Bataillone der Divisionen Nayral und Metman. Auf dem linken Flügel stand das 2. Korps (Frossard) bis nach St. Ruffine, und zwar befand sich Gravelotte gegenüber die 1. Division (Vergé) welche auch Point du Jour besezt hatte; links schloß sich dem Bois de Vaux gegenüber die 2. Division (Fauvart-Bastoul) an und die Brigade Lapasset bildete gegen Rozérieulles zu den äußersten linken Flügel. Zwischen den Forts St. Quentin und Plappeville befanden sich am Col de Lessy als Reserve die Garde und die allgemeine Artilleriereserve.

Die Deutschen, welche sich ihrer Minderzahl völlig bewußt, für den 17. erneute französische Angriffe erwarteten, thaten alles, um sämtliche in der Nähe befindlichen Heeresteile heranzuziehen, auf daß sie dem Feinde stark genug gegenüberständen.

Wider Erwarten hielt sich jedoch der Feind zurück, und so konnte sich am 17. August die Versammlung der deutschen Heere auf dem Schlachtfelde des 16. ungestört vollziehen, so daß bereits am Nachmittage dieses Tages 7 Armeekorps und 3 Kavallerie-Divisionen dem deutschen Oberkommando zur Verfügung standen. So konnte denn der Entschluß gefaßt werden, ferner angriffsweise gegen den Feind, von welchem man allerdings noch keine weitere Nachricht hatte, vorzugehen, und gegen 2 Uhr Nachmittags diftirte der General v. Moltke

Geschichte d. 4. Magdeburg. Jni. Regts. Nr. 67.

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im Namen des Königs auf der Höhe von Flavigny den Befehl für den voraussichtlich wichtigen 18. August, für welchen ebenfalls das lange beschlossene Ziel, die feindliche Haupt- Armee nach Norden abzudrängen, maßgebend blieb. Nach den Bewegungen der deutschen Korps war die Aufstellung der Ersten und Zweiten Armee am 17. August Abends die folgende:

Von der Ersten Armee stand das I. Korps am Bahnhof Courcelles, das VII. Korps im Thal zwischen Ars sur Mos. und Gravelotte, das VIII. Korps bei Gorze, die 1. Kavallerie-Division bei Corny, die 2. bei Augny zwischen Mosel und Seille. Die Zweite Armee stand mit dem IX. Korps westlich des Bois de Vionville, südlich der Straße Gorze-Vionville, mit der Garde zwischen Mars la Tour und Hannonville, mit dem XII. Korps zwischen Mars la Tour und Purieux. Dahinter in zweiter Linie befand sich das III. Korps rechts, das X. Korps links auf dem Schlachtfelde des 16. August. Die 5. Kavallerie-Division stand bei Tronville, die 6. südlich Flavigny.

Die Vorposten gingen von Magny sur Seille über Vaux durch das Bois de Vaux an dem Nordrande des Bois des Ognons entlang und erstreckten sich von hier über Rezonville und die Büsche von Tronville bis zum Hron-Bache.

Die Nacht verlief ruhig, doch schon sehr früh wurde es in den Lagern lebendig. Es war ein fühler aber klarer Morgen, der einen heißen Tag, heiß durch die Strahlen der Freund und Feind bes leuchtenden Sonne, heiß durch die blutige große Schlacht, in der Hunderttausende von Kriegern sich gegenüber standen, erwarten ließ.

Der 18. August 1870, der Ehrentag des Regiments, der Tag, welcher mit großen chernen Buchstaben in dem Buch der Weltgeschichte vermerkt wurde, war angebrochen.

Ein stark welliges, vielfach durchschluchtetes und waldbedecktes Gelände war es, welches das Schlachtfeld von Gravelotte bildete.

Oberhalb Metz streichen vom Mosel-Thale ab zwei fast gleichlaufende Höhenzüge in nordwestlicher Richtung. Der östliche Rücken, welcher von der französischen Armee besetzt war, erhebt sich bei Ars sur Moselle sehr steil, wird in seinem oberen Abhange etwas flacher und ist zunächst mit dem Bois de Vaux, welches nur Infanterie in aufgelöster Ordnung ein Durchdringen gestattet, bedeckt. Über St. Privat und Roncourt bis an die Carrieres de Jaumont erstreckt sich dieser Höhenzug, nach Westen zu das Vorgelände weithin beherrschend.

Der Westabhang dieses Rückens ist bis Moscou ziemlich steil und vom Kamme aus rasant zu bestreichen; in seinem unteren Teile wird er noch steiler und ist bis zum Mance-Grunde hin mit dichtem Walde bedeckt. Ähnlich ist der Ostrand des Mance-Grundes. Dieser selbst ist etwa 80 Schritt breit, war trocken, jedoch überall wegen des Waldes und der steilen Abhänge nur für Infanterie überschreitbar. Bis nach Chantrenne hin bleibt der Mance-Grund in diesem Charakter.

Das Bois des Genivaux, welches sich auf Seiten des ManceGrundes erstreckt, war mit dichtem Unterholz versehen und nur schwer zu durchschreiten, auch an dem Rande durch Steinaufwürfe und Schüßengräben 2c. zur Verteidigung eingerichtet.

Die erste Entwickelungslinie der Deutschen ging vom Mosel-Thale an dem Nordrande des Bois de Vaux entlang, überschritt südlich Gravelotte den Mance-Grund und verfolgte sodann den westlichen Höhenrücken, welcher von ähnlicher Beschaffenheit, doch bedeutend niedriger als der östliche ist; dennoch bietet er günstige Stellungen und nur die Waldteile des Bois des Genivaux verhinderten die Aussicht auf die auf dem östlichen Rücken befindliche französische Stellung, welche sich von St. Ruffine bis nach Roncourt erstreckte und im nördlichen Teil des Bois des Genivaux vorgeschobene Posten hatte.

Die Dörfer und Fermen sind, da sie fast sämtlich massiv gebaut, für die Verteidigung sehr günstig und waren, soweit sie benutt werden sollten, von den Franzosen auch noch durch Barrikaden an den Eingängen, durch Schießscharten in den Mauern 2c. künstlich verstärkt. Die Gehöfte Point du Jour, Moscou und Leipzig waren mit steinernen Mauern umgeben und bildeten die Hauptstützpunkte des französischen linken Flügels; sie gestatteten ebenso wie das Gehöft St. Hubert eine rasante Bestreichung der vorliegenden Abhänge. Das lettgenannte Gehöft, mit welchem gerade unser Regiment hauptsächlich sich beschäftigen sollte, war eine vorzügliche Verteidigungsstellung. Nach Westen, der Frontseite hin, war es durch Stallungen gänzlich zugebaut, nach Norden war der Hof durch eine hohe Mauer geschlossen, nach Osten zu liegt der von einer kniehohen Mauer umgebene Garten.

Die ganze französische Stellung war noch durch vielfache Schüßengräben teilweise in mehreren Stockwerken übereinander —, Geschüßdeckungen und andere flüchtige Feldbefestigungen verstärkt; auch die großen südlich Point du Jour und die westlich St. Hubert

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