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wie durch Strafen zu wirken. Das materielle Wohl seiner Soldaten lag dem Kommandeur ebenso sehr am Herzen wie die Schaffung eines guten Bekleidungszustandes, ganz besonders aber wandte er sein Augenmerk auf die taktische Ausbildung seines Regiments.

Nach Mitteilung eines seiner ehemaligen Kompagniechefs führte Oberst v. Gersdorff eine Art Jägerausbildung ein, er verlangte eine Erziehung zur Selbständigkeit, zum Vertrauen zur Waffe und zur richtigen Benutzung des Geländes. Beim Schießen hielt er auf schnelles Zielnehmen, ließ den Anschlag auf sich bewegende Ziele viel üben und legte Wert auf kombinierte Schießübungen.

Oberst v. Gersdorff wird als leidenschaftlich im Abhalten von Gefechtsübungen hingestellt, welche er in kleinem Maße für Unteroffiziere anordnete, in größerem für die Lieutenants."

Bald war denn auch sein Eifer mit Erfolg gekrönt, so daß bereits nach Beendigung der Herbstmanöver das neue Regiment großes Lob erntete. Nachdem v. Gersdorff am 18. Oktober 1861 den Roten Adler-Orden 3. Klasse mit der Schleife und Schwertern am Ringe erhalten hatte, führte er bei den Detachementsübungen 1863 die 14. Brigade zur vollen Zufriedenheit seines Königs, der ihn dann im Juni 1864 zum Generalmajor und Kommandeur der 11. Jn= fanterie-Brigade ernannte.

Das Regiment 67 sah ihn ungern scheiden. Seine Offiziere hatten in ihm den tüchtigen Führer, den strengen, aber gerechten, den wohlwollenden und liebenswürdigen Vorgesezten mit ganzer Seele verehrt. Was er ihnen gewesen ist, beweist das Andenken, welches sie ihm beim Scheiden überreichten: einen einfachen Degen mit seinem Wappen und der Inschrift geziert: „Ich hatt' einen Kameraden, einen bessern find'st du nit." Dieser Degen ist später von der Familie dem Füsilier-Regiment von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 übergeben worden und wird im Offizierkasino zu Wiesbaden aufbewahrt.

In seiner neuen Stellung war es v. Gersdorff nicht vergönnt, am Feldzug 1864 teilzunehmen. Über seine Erlebnisse in Schleswig nach Ablauf der Kämpfe hat er ein Tagebuch geführt, aus welchem sich verlohnt, folgende Säge anzuführen: „17. Juli. Gestern 1 Uhr dekorierte der Prinz im Brigadekarree die für Düppel mit dem Ehrenzeichen begnadigten Mannschaften. Er hielt eine Ansprache, die auf mich Eindruck machte. Es war eine Ansprache an Brandenburger über das, was Preußen geschaffen, ein Dank für die Ausdauer im

Ertragen von Mühen aller Art, ja von Leiden, für die Tapferkeit, mit der die Leute gefochten.

»So war es in Preußen immer, so ist es hier auch in der Brigade Canstein gewesen, so wird es in der Brigade Gersdorff bleiben. <<

Dies ergriff mich, und ich hoffe, es soll so bleiben, wenn es Gelegenheit giebt."

Diese Gelegenheit fand sich zu v. Gersdorffs Genugthuung bald im Kampfe mit Österreich.

v. Gersdorff schrieb in einem Briefe, es wäre ihm am liebsten, er könne ein paarmal dreinschießen und marschiren, bis sich die Gegner das Kläffen abgewöhnt hätten". Wie fest er auf Preußen baute, ergiebt sich aus folgender Briefstelle: „Es zeigt sich, daß Preußen providentiell von Gott berufen ist, Deutschland etwas zu geben von höherer staatlicher Kraft, die ihm abhanden gekommen war. Bismarck wird eine eminente Figur in der Geschichte sein, der König in seiner Arbeit an der Armee ebenso, und der Kronprinz wird sich fühlen und Kaiser werden.“ Infolge seiner gewandten Führung und ganz besonders durch sein entscheidendes Eingreifen in die Kavalleriekämpfe bei der Verfolgung um Stresetit verlich ihm der König zum Roten Adler-Orden 2. Klasse mit Eichenlaub, den er schon vor Beginn des Feldzuges getragen hatte, die Schwerter; ferner wurde er zum Generallieutenant und Kommandeur der 22. Division ernannt.

Der schwierigen Aufgabe, aus den Kadres hessischer Regimenter, aus einzelnen von preußischen Regimentern abgegebenen Kompagnien Truppenteile zu bilden, dieselben zu einer neuen Division, zu einem Ganzen zusammen zu schweißen, unterzog er sich mit Lust und außerordentlichem Geschick. Wie er sich seine Aufgabe dachte, wie er sich sein militärisches Programm vorstellte, schrieb er 1868 mit folgenden flaren Worten: „Ich habe mir für dieses Jahr die Aufgabe gestellt, die Division in ihren Gliedern auseinander zu ziehen, aufmarschieren zu lassen in Tiefe und Front, mich einzuschulen, damit ich verständlich sei, und die Glieder, daß sie verstehen. Die Division ist eine Faust, die Finger breiten sich fächerartig aus und greifen den Feind und zermalmen ihn, soweit er ergriffen ist. Dies, die Faust in den fünf Fingern ausspreizen und auf den Feind hin zusammengreifen, ihn möglichst zu zermalmen, ihn dann mit Fühlhörnern zu verfolgen, oder aber, wenn wir defensiv gestellt sind, dem Feinde durch Auf

nahme auszuweichen, den Fächer im Kehrt auszubreiten u. s. w. das wollen wir üben.“

Daß ein baldiger Krieg mit Frankreich bevorstehe, davon war er fest überzeugt. In die Armee sette er festes Vertrauen und hoffte, daß sie, losgelassen, einerlei gegen welchen Feind, der europäischen Welt zum zweitenmal einen germanischen Stempel aufdrücke".

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Durch seine Aufzeichnungen klingt es hier und da wie Todesahnung, und in einem Briefe spricht er den Wunsch aus, einmal wie einst General Hiller v. Gaertringen, welcher 1866 fiel, zu sterben.

Dieser Wunsch sollte leider zu bald in Erfüllung gehen! Frankreich erklärte den Krieg. v. Gersdorff führte in der Dritten Armee seine Division bei Wörth am 6. August durch sein entscheidendes Eingreifen zum Siege. Nach der Schlacht wurde ihm, da der kommandierende General v. Boje beim Sturm auf Fröschweiler schwer verwundet worden war, die Führung des XI. Armeekorps übertragen. Die Armee des Kronprinzen wandte sich nun, ihre erste Marschrichtung auf Paris aufgebend, nach Norden, um die Vereinigung Mac Mahons mit Bazaine zu verhindern.

Mac Mahon wurde denn auch in und um Sedan festgehalten, wo er sich nach blutigem Ringen ergeben mußte. Die Schlacht bei Sedan war im Gange. Auf der Höhe von Floing hielt v. Gersdorff, der Führer des XI. Korps, um im richtigen Augenblick seine Jnfanterie auf den Feind zu werfen. Eben gab er dem 83. Regiment den Befehl zum Vorgehen, da traf ihn das tödliche Blei in die Heldenbrust. Er wurde sofort nach einer am Fuße der Höhe gelegenen Fabrik getragen, von wo aus er auf einer Feldpostkarte seiner Gattin die Verwundung mitteilte und sie bat, zu ihm zu kommen. Bald traf seine Gattin bei ihm ein. Anfänglich schien die, wie man glaubte, leichte Quetschung der Lunge nicht gefährlich zu sein. Einige Tage darauf verschlimmerte sich jedoch sein Zustand. Am 12. September abends sagte er plötzlich mit lauter Stimme: Morgen bin ich tot!"

In der Nacht verwirrten sich seine Gedanken, und am 13. September 830 abends schied der Held dahin. Auf dem Garnisonkirchhof in Kassel hat er seine letzte Ruhestätte gefunden. Kommandostab, Schwert und Helm, die er für seinen König so fleckenlos und herrlich getragen, schmücken seinen Grabstein und erzählen, welch ein Held unter ihm ruht; ein bronzenes Kreuz kündet sein bis zum lezten Atemzuge bewahrtes Gottvertrauen.

Der greise König schrieb der gebeugten Witwe tiefgefühlte Trostworte und gab seinem Schmerz über den unersetzlichen Verlust für die Armee Ausdruck. Kronprinz Friedrich Wilhelm versicherte ihr, daß v. Gersdorffs Andenken im Heere und insbesondere unter seinen Waffengefährten in der Dritten Armee treu und unauslöschlich bewahrt bleibe.

In der That hatte das graujame Geschoß einen der besten Führer dahingerafft. Eine große kräftige Erscheinung mit einem energischen Gesichtsausdruck, im Frieden thatkräftig. streng, aber doch wohlwollend, von einer Hingabe für den Dienst, wie man sie selten findet, im kameradschaftlichen Kreise heiter und anregend und im Kriege umsichtig, wagemütig, durchdrungen von einem unerschütterlichen Gottvertrauenso war General v. Gersdorff, kurz gesagt, ein echter preußischer Soldat, ein ganzer Mann vom Scheitel bis zur Sohle.

Das 67. Regiment wird stets stolz darauf sein, einen solchen Kommandeur gehabt zu haben.

3. Die Jahre 1860 bis 1863.

Das Regiment bezog am 25. Mai mit zwei Bataillonen die sogenannte Fridericianum-Kaserne in Wittenberg, jenes alte berühmte Universitätsgebäude, in dem einst Luther und Melanchthon gelehrt. Das Füsilier-Bataillon kam nach Quedlinburg und wurde dort in Bürgerquartieren untergebracht.

Nachdem sich die Kompagnien eingerichtet hatten, ging es mit hingebendem Eifer und mit der altpreußischen militärischen Rührigkeit in den Dienst. Anfang August fand das erste Prüfungsschießen des Regiments auf den Schießständen bei Biesterit statt, und am 9. August rückten die Bataillone aus ihren Garnisonen aus, um sich bei Magdeburg zum Regiments- und Brigadeererzieren zu vereinen. Das Regiment bezog Unterkunft in den Ortschaften um Magdeburg, namentlich in Buckau und Sudenburg. Das Exerzieren in den größeren Verbänden fand auf dem Magdeburger großen Ererzierplay, dem sogenannten Krakauer Anger, statt und dauerte vom 14. bis zum 28. August. Am leztgenannten Tage wurde abmarschiert zum Manöver der 7. Division, welches bei Gardelegen in der Altmark, der Wiege des preußischen Staates, stattfand. Gern zogen die Soldaten aus zum Manöver, dem Spiegelbilde des Krieges; schon.

das Wort elektrisierte jeden, und mit Freude wurde der Tag des Ausmarsches begrüßt. Und noch freudiger wurden alle gestimmt, als die Nachricht kam, daß am 8. September Seine Königliche Hoheit der Prinz-Regent die Division besichtigen würde. Da klopften die Herzen, die Augen funkelten, und es wurde das Möglichste gethan, so sauber und propre wie möglich vor den Augen des Königlichen Kriegsherrn zu erscheinen und seine Zufriedenheit zu gewinnen. Und dies geschah in vollem Maße. Seine Königliche Hoheit gab in warmen Worten kund, daß die Division und also auch die neuen Regimenter alles das geleistet hätten, was Er erwartet habe, und daß Er nur Seiner Freude Ausdruck geben könne, wie sehr Ihn die Regimenter befriedigt hätten.

Dann ging es wieder heim; die Reserve wurde entlassen, Rekruten wurden eingezogen, und ein neues Dienstjahr begann.

Am 26. September wurde durch Allerhöchste Kabinets-Ordre angeordnet, daß die neuen Regimenter Hornmusiken bilden sollten und zwar sollten dieselben aus 10 etatsmäßigen Hoboisten bestehen, zu deren Verstärkung Hülfsmusiker bis zu 12 Mann aus der Front herangezogen werden konnten. Auch bei den Bataillonen durften aus den Hornisten, ohne sie jedoch ihrem Zwecke, dem Signalblasen, zu entziehen, Musikkorps gebildet werden.

Zur ersten Anschaffung der Instrumente und Musikalien wurde die Summe von 600 Thalern jedem Regimente überwiesen und ein jährlicher Beitrag zur Unterhaltung von 300 Thalern bewilligt.

Ende Dezember war auch bei unserem Regimente die Einrichtung einer Regimentsmusik durchgeführt, und leistete das Musikkorps bald unter der sich bewährenden Kraft des Stabshoboisten Germendorf, der auf Empfehlung des General-Musikdirektors Wieprecht angestellt war, nicht nur das, was das Regiment verlangen konnte, sondern ging in künstlerischer Beziehung weit über diese Grenzen hinaus. Später wurde die Hornmusik des Regiments in eine Janitscharenmusik umgewandelt.

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Beim Füsilier-Bataillon war aus den Beiträgen der Offiziere schon im Mai 1859 mit Bewilligung des Brigadekommandeurs eine Bataillonsmusik gegründet worden. Diese wurde, da das Bataillon, in Quedlinburg detachiert, wenig Nuzen von der Regimentsmusik hatte, auch ferner beibehalten.

Der Geburtstag Seiner Majestät des Königs, der 15. Oktober, durfte leider wegen der schweren Krankheit Seiner Majestät nicht so Geichichte d. 4. Magdeburg. Juf. Regts. Nr. 67.

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