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daß der Flotten-Gründungsplan, der diesen Standpunkt nicht hat, sondern nur eine sogenannte Schlachtenflotte im Auge hat, außerdem zwanzig Korvetten, nach der andern Richtung hin einer Ausdehnung bedarf.

Ein Englisches Urtheil über die Deutsche Flotte.

Es giebt wenige so merkwürdige Erscheinungen, als die in den jüngsten Jahren erfolgte Entwickelung Deutschlands zu einer Seemacht..... Wir lesen mit neidischer Bewunderung davon, daß ein Plan zur Erbauung einer Deutschen Flotte 1873 entworfen und seitdem beharrlich ausgeführt worden..... Nichts könnte besser sein als die Methode, welche die Deutschen bei ihrem Plane befolgt zu haben scheinen. Ihr Zweck war vor Allem der, ihre eigenen Küsten zu schüßen, und zweitens Deutschen Handel und Deutsche Ansiedler im Auslande zu beschüßen. Der Punkt, in dem wir zu größtem Vortheile von diesen Deutschen Vorkehrungen lernen können, liegt nicht in der besonderen Klasse der von ihnen erbauten Schiffe, sondern in der Sorgfalt, die sie gebraucht haben, die Klasse herauszufinden, die für die mannigfaltigen Bedürfnisse ihres Küstendienstes erforderlich ist. Wir haben durchaus nicht das Vertrauen, daß ein ähnlicher kluger Plan bei uns selbst befolgt worden sei. Wir haben die Ueberzeugung, es sei unsere Sache, das Meer zu beherrschen; das ist eine gesunde Anschauung. Aber wir würden um so sicherer das Meer beherrschen und die dazu erforderliche Macht um so klarer ermessen können, wenn wir gleich den Deutschen zu allererst uns hinsichtlich unserer Küsten und Häfen beruhigten, indem wir dieselben mit einer entsprechenden Anzahl schwimmender Forts versorgten.

Dieselbe weitblickende Methode haben die Deutschen auf alle anderen Einzelheiten der Marineverwaltung übertragen..... Das erst 1870 eröffnete Wilhelmshaven ist jetzt einer der größten und vollständigsten Seehäfen der Welt geworden und die Deutschen haben bezeichnenderweise daran gedacht, es nicht nur mit vollständigen Fabrikeinrichtungen, sondern auch mit gutem Trinkwasser zu versehen. Kiel wird bald ebenso vollständig sein wie Wilhelmshaven und Danzig wird stark verbessert. In einem Seekriege jedoch muß alles von der hinreichenden Anzahl geschulter Seeleute abhängen, und die Deutschen haben demgemäß auf ihrer Flotte eine systematische Dienstzeit eingerichtet. Leute vom Inlande können statt auf dem Lande an Bord vier Jahre dienen. Auch haben sie einen dem unseren nicht unähnlichen Plan zur Erziehung für den Seedienst und erscheinen so auf dem besten Wege, ihre neue Flotte mit eigenen Lands

leuten zu bemannen. Sie haben Deutsche Industrie so angeregt, daß sie zwecks der Schiffsausrüstung nicht mehr nach England zu schicken haben, sondern sich daheim versorgen können. An Bord ihrer Kriegsschiffe wird ausschließlich Deutsche Kohle gebraucht und sie hoffen, mit uns auf fremden Märkten in diesem Artikel wetteifern zu können. Wir glauben zwar nicht, daß Deutschland baldigst die Stellung einer führenden Seemacht erlangen werde, aber es ist unmöglich, nicht die in all diesen Anordnungen erscheinende Thatkraft und Voraussicht zu bewundern; wir sollten uns dies nicht nur zur Lehre, sondern zur Warnung dienen lassen. Es ist jetzt ein festländischer Staat vorhanden, der im Hinblick auf Seekriege dieselbe Methode, Wissenschaft und Geduld verwendet, durch welche in jüngster Zeit die Kunst des Landkrieges einen Umschwung erlitten hat. Es wäre keineswegs undenkbar, daß betreffs eines Seefrieges ein ähnliches Ergebniß sich zeigte.

(Aus einem Leitartikel der „Times” 1877.)

X.

Die Pflege der Kranken im Kriege

und die Nebenverwaltungen.

Der Sanitätsdienft der Armee.

(Nach amtlichen Berichten.)

Der amtliche Sanitätsdienst war im letzten Kriege in den Händen des Chefs des Feldsanitätswesens im Hauptquartier konzentrirt. Unter ihm fungirte bei jedem Armeekommando ein Armee - Generalarzt, bei dem Kommando eines Armeekorps der Korps-Generalarzt mit den ihm zugetheilten konsultirenden Chirurgen, bei der Division ein Divisionsarzt und bei der Etappeninspektion, welche sich über ein mehr oder minder großes Gebiet im Rücken des operirenden Heeres ausdehnte, ein Etappen-Generalarzt. Jedem einzelnen Lazareth stand der Chefarzt vor, und innerhalb der Etappeninspektion wurde die Sorge für mehrere Lazarethe eines und desselben Armeekorps dem Feldlazarethdirektor übertragen.

Den im Getümmel des Gefechts verwundeten Soldaten wurde die erste Hülfe durch die Truppenärzte und die im Frieden ausgebildeten Lazarethgehilfen auf dem möglichst nahe hinter der Gefechtslinie angelegten Truppenverbandplage zu Theil, wohin dieselben durch die der Truppe entnommenen Krankenträger gebracht wurden.

Jedes Armeekorps besaß mehrere sogenannte Sanitätsdetachements, von denen jedes unter der Führung eines Offiziers und einer Zahl bespannter Krankentransportwagen und Sanitätswagen mit dem nöthigen Personal an Aerzten, Krankenträgern, Feldapothekern, Lazarethgehilfen, Militärkrankenwärtern u. s. w. bestand. Mit dem Beginne des Gefechts trat auch das Sanitätsdetachement, welches der Truppe unmittelbar gefolgt war, in Thätigkeit, suchte die auf dem Gefechtsfelde zerstreut liegenden Verwundeten auf und transportirte sie durch seine Mann

schaften nach dem weiter rückwärts eingerichteten Hauptverbandplate. Hier wurden die Verwundeten gelagert, erquickt, untersucht, verbunden, in dringenden Fällen selbst operirt und nach Lage des einzelnen Falles durch Anheftung von weißen oder rothen Wundtäfelchen in Schwerverwundete und Leichtverwundete geschieden. Die letteren, welche ohne Nachtheil einen weiteren Transport ertragen konnten, wurden den sogenannten Sammelstellen zugeführt und von dort aus weiter nach dem nächsten Etappenorte befördert. Die Schwerverwundeten dagegen wurden sobald als möglich in das Feldlazareth geschafft, wo die regelmäßige ärztliche Behandlung begann und in welchem, da auch die Kranken der Truppentheile hier Aufnahme fanden, der Schwerpunkt der amtlichen Sanitätspflege bei der kämpfenden Armee erblickt werden mußte. Die Feldlazarethe, von denen jedes Armeekorps mehrere zu je zweihundert Betten besaß, wurden dem Gefechtsfelde so nahe als möglich in vorhandenen Gebäuden oder in Zelten oder Baracken untergebracht.

Die Schwerkranken und Schwerverwundeten fanden Aufnahme in den stehenden Kriegslazarethen, aus denen jedoch, um diese Lazarethe für neue Ankömmlinge von der Feldarmee freihalten und eine Anhäufung Kranker und Verwundeter an einzelnen Stellen vermeiden zu können, gleichfalls auf fortwährende Entleerung das Augenmerk gerichtet wurde. Diese erfolgte in den sogenannten Lazarethzügen, welche eine geschlossene Formation mit einem ständigen Personal bildeten und deren rollendes Material im Inlande aus besonders vorbereiteten Wagen vierter Klasse und anderen geeigneten Fahrzeugen zusammengesetzt wurde. Reichte die Zahl der Lazarethzüge nicht aus, so wurden an Ort und Stelle mit vorhandenen Mitteln nach besten Kräften Hülfslazarethzüge hergestellt.

Nicht nur der Kampfplatz für unsere heldenmüthigen Heere, sondern auch das weiteste Feld zur Bethätigung aufopferungsvoller Menschenliebe war den Vereinen, wie jedem einzelnen Gliede der Nation gegeben. Die Aufgaben erschienen unermeßliche. Begeisterte Nächstenliebe, energischer Wille, opferfreudiger Patriotismus haben nirgends gefehlt, und wirklich Großartiges wurde erreicht. Fehlte manchmal dem Wollen das Vollbringen, mochte Größeres und Besseres erzielt werden können, so wird man wohlthun, sich auch hier zu erinnern, daß alles Menschenwerk stets unvollkommen bleibt.

Bei dem plötzlichen und ganz unerwarteten Ausbruche des letzten Krieges war die Erfüllung der der freiwilligen Krankenpflege nach der Sanitäts - Instruktion zugewiesenen Aufgaben von vornherein mit sehr erheblichen Schwierigkeiten verknüpft. Wenn auf der einen Seite die Vereine sich vorbereiteten, ihre Friedensthätigkeit neu zu regeln und zu

beleben, insbesondere für die Vermehrung und Bereitstellung eines tüchtigen und wohl ausgerüsteten Pflegepersonals Sorge zu tragen, so erschien das hier angestrebte Ziel keineswegs auch nur annähernd für die Bedürfnisse eines großen Krieges erreicht. In gleicher Weise konnten die sofort verfügbaren Geldmittel nur für kurze Zeit genügen, während unverzüglich eine energische und umfangreiche Thätigkeit in Beschaffung von Depotgegenständen u. s. w. entwickelt werden mußte. Andererseits war das Amt eines Königlichen Kommissars und Militär-Inspektors ein nur für den Kriegsfall bestehendes. Es galt daher bei dem im tiefsten Frieden und gewissermaßen über Nacht ausgebrochenen Kriege, in wenigen Tagen zahlreiche Organe der freiwilligen Krankenpflege zu schaffen und zu instruiren, von denen der eine Theil sich nehartig über das ganze Inland verbreiten, der andere aber im engsten Anschlusse an die Armee auf dem Kriegsschauplate selbst thätig sein sollte. Die Schwierigkeiten dieser Aufgabe sprechen für sich selbst, zumal wenn erwogen wird, daß die Organisation auf dem Kriegsschauplaße zunächst von den militärischen Einrichtungen und Dispositionen abhängig war und letztere zur Voraussetzung hatte.

Ohne die aufopferungsvolle Thätigkeit, die dauernde Initiative und Anregung Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin, die Begeisterung der ganzen Nation, die opferfreudige Hingebung eines jeden einzelnen Gliedes derselben, wäre in der That die Erfüllung der plöglich hervor tretenden Riesenaufgabe nicht möglich gewesen.

Die freiwillige Krankenpflege im Kriege.
Das Rothe Kreuz.

Fürst Pleß. Das Elend und die Schrecken, welche die Schlachten und Kämpfe der Krim und Italiens zur Folge hatten, gaben einen mächtigen Anstoß zu der seitdem in immer großartigerem Umfange zur Ausführung gelangten Idee, die Leiden der Opfer des Krieges durch die Thätigkeit der Privatbeihülfe zu mildern. Aus dem Bewußtsein, daß es den Regierungen selbst bei der größten Vorsorge niemals vollständig gelingen werde, durch offizielle Einrichtungen dasjenige zu erreichen, wozu der opferfreudige Patriotismus einer ganzen Nation und die von sittlichen Motiven getragene Großherzigkeit und Nächstenliebe befähigt sind, gingen in dem Nordamerikanischen Bürgerkriege bewunderungswürdige Leistungen der Privathilfe hervor. Ungefähr um dieselbe Zeit (1863) versammelte sich in Europa die Konferenz zu Genf, welcher im August 1864 der

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