Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

5) die Transportschiffe, um beim Angriff feindlicher Küsten oder zum Schuße von Kolonien Landungstruppen überzuführen und den eigenen Kriegsschiffen, wo sie auch sein mögen, Munition, Proviant, Kohlen und andere Vorräthe zuzuführen.

(Flotten Gründungsplan, 1865.)

Die Leistungen der Flotte im lekten Kriege.

Bei der großen Ueberlegenheit der Französischen Flotte konnten sich die Norddeutschen Seestreitkräfte mit dem Feinde auf offener See nicht messen, ohne sich selbst mit größter Wahrscheinlichkeit der Vernichtung und demnächst die fast vertheidigungslosen Küsten der Invasion des Feindes preiszugeben; sie mußten sich vielmehr darauf beschränken, die Kriegshäfen, die bedeutenderen Handelshäfen und die Flußmündungen mit Aufbietung aller Kräfte und Mittel gegen das Eindringen des Gegners zu vertheidigen.

Der Entwurf des Vizeadmirals Jachmann über die Aufgabe der Marine in dem bevorstehenden Kampfe, welchem die Allerhöchste Genehmigung zu Theil wurde, stellte daher mit Recht diese defensive Thätigkeit in den Vordergrund, schloß jedoch die Möglichkeit nicht aus, daß unter besonders günstigen Verhältnissen, mit Aussicht auf partiellen Erfolg, ein Vorstoß durch die vereinigten drei Panzerfregatten auszuführen sei. Bei der Vertheilung der Seestreitkräfte waren demnach die voraussichtlichen Operationen des Feindes sowie ferner die Rücksicht auf solche Küstenpunkte maßgebend, welche einerseits den größten Werth besitzen, oder andererseits durch Schiffe aufs Wirksamste vertheidigt werden können. Das wichtigste Objekt der Vertheidigung war durch seine zukünftige Bedeutung und seine Lage zu der Weser- und Elbmündung das nahezu fertige aber noch gänzlich unbefestigte Marineetablissement Wilhelmshaven.

Die hier konzentrirten Seestreitkräfte liegen einer feindlichen Flotte, welche in die genannten Flußmündungen einzulaufen versucht, in der Flanke, stets bereit, eine günstige Chance zum Angriff zu benußen oder die Verbindung eines nach Osten zu operirenden Feindes rückwärts zu unterbrechen.

Die Vereinigung der drei Panzerfregatten war somit für die Vertheidigung von Wilhelmshaven, für die Möglichkeit eines Offensivstoßes oder einer erfolgreichen Aktion eine Bedingung, während die

Stationirung der Panzerfahrzeuge „Arminius“ und „Prinz Adalbert“ auf der Elbe die Möglichkeit einer rechtzeitigen Kooperation bot.

Für die Vertheidigung der Ostseehäfen genügten dagegen verhältnißmäßig geringere Seestreitkräfte, um zusammenwirkend mit den Hafenbefestigungen, deren Aufbau und Armirung namentlich in Kiel aufs Wirksamste gefördert wurde, und in Verbindung mit Sperrungen und Torpedos die Häfen und Flußmündungen gegen das feindliche Eindringen zu schützen.

Außer den für die Vertheidigung unserer Küsten durchaus erforderlichen Schiffen blieb für eine etwaige Verwendung als Kreuzer nur die Korvette Elisabeth", ein Schiff von den besten Eigenschaften, aber doch nur von geringer Bedeutung gegenüber den zahlreichen und überlegenen Schiffen des Feindes.

Der plötzliche Ausbruch eines Krieges war so wenig erwartet gewesen, daß die vier Panzerschiffe „König Wilhelm", „Friedrich Karl", „Kronprinz“ und „Prinz Adalbert" sich zu der Zeit, als die ersten diplomatischen Verwickelungen eintraten, unter dem Befehl Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Adalbert von Preußen zu einem Geschwader vereinigt, auf einer Uebungsfahrt nach dem Atlantischen Ozean befanden. Dieselben hatten am 10. Juli nach einigen nöthig gewordenen Reparaturen den Hafen von Plymouth verlassen, kehrten aber infolge der bedrohlichen Nachrichten, welche das nach Dartmouth entsendete Panzerfahrzeug Prinz Adalbert" am 13. überbrachte, nach Plymouth zurück, um die Rückreise nach Wilhelmshaven anzutreten, wo sie am 16. eintrafen und mit allen Vorbereitungen für eine energische Abwehr des Feindes begannen.

Das Panzerfahrzeug „Prinz Adalbert" wurde, dem Vertheilungsplane gemäß, gleich nach dem Eintreffen des Panzergeschwaders auf der Jade nach der Elbmündung dirigirt.

Da nach Lage der Verhältnisse auf eine gemeinsame Aktion der Seestreitkräfte verzichtet werden mußte, wurde Se. Königliche Hoheit der Prinz Adalbert von Preußen von seinem Kommando abberufen, um an dem Feldzuge in Frankreich beim Oberkommando der I. Armee Theil zu nehmen. Der Oberbefehl über die Seestreitkräfte der Nordsee wurde dem Vizeadmiral Jachmann, derjenige in der Ostsee dem Stationschef in Kiel, Kontreadmiral Heldt, übertragen.

Mit dem successiven Eintreffen der Reserven und Seewehr- Mannschaften Schritt haltend, erfolgte die Indienststellung der gesammten

dienstbereiten Seeftreitkräfte noch vor Beendigung des Monats. Der geschehenen Fertigstellung der Schiffe folgte unmittelbar deren Dislozirung mit besonderer Rücksicht auf die Entsendung der für die Nordsee be= stimmten Schiffe. . . . .

....

Inzwischen hatten sich in Frankreich bei der Flotte die Uebelstände wiederholt, welche durch die übereilte Kriegserklärung der Landarmee erwachsen waren.

Der Minister Admiral Rigault sprach es im Konseil offen aus, daß die Marine für einen großen Krieg nicht vorbereitet sei. Die plößliche Indienststellung aller Schiffe mußte auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen; bei den ungenügenden Vorräthen der Arsenale fehlte es an dem Nöthigsten. Es erforderte daher eine verhältnißmäßig lange Zeit, einen Theil der Flotte seeklar zu machen.

Erst am 24. Juli Nachmittags gingen in Gegenwart der Kaiserin die Panzerfregatten „Surveillante“, „Gauloise“, „Guyenne“, „Flandre“, ,,Ocean", "Thetis", die Panzerkorvette Jeanne d'Arc" und der Aviso „Le Caffard“ von Cherbourg aus in See.

Zwei Tage früher war dem Vizeadmiral Grafen Bouët - Willaumez mitgetheilt worden, daß er den Befehl über diese Flotte zu übernehmen habe, welche demnächst bis zu 14 Panzerfregatten und durch eine größere Zahl von Avisos verstärkt werden solle. .

Die Instruktion des Admirals Bouët-Willaumez verwies ihn zunächst nach dem Sund. Die Fregatte „Thetis" hatte er nach Kopenhagen zu detachiren, wo, wie es scheint, bereits Verhandlungen wegen einer Koalition eingeleitet waren. Das Geschwader selbst sollte aber demnächst bei Nacht umkehren, um die Preußischen Schiffe im Jadebusen zu blockiren. Dort würden inzwischen die Verstärkungen der Flotte eingetroffen sein, und der Admiral hatte dann, nach Zurücklassung nur einer Division unter dem Kontreadmiral Dieudonné, sich wieder in die Ostsee zu begeben.

Gleichzeitig wurde Graf Bouët-Willaumez auf die Beobachtung Rußlands hingewiesen. In Rücksicht auf alle Eventualitäten, welche aus der Haltung dieses Staates hervorgehen konnten, erhielten auch die im Mittelländischen Meere befindlichen Schiffe Befehl, sich in ein Geschwader bei Brest zu versammeln; dort standen sie sowohl für Operationen in der Nordsee wie im Mittelländischen Meere bereit. ...

Auch zur See geriethen Ende Juli die Französischen Operationen, entgegen allen diesseitigen Erwartungen, ins Stocken.

(Werk des Gr. Generalstabes über den Deutsch-Französischen Krieg.)

Erweiterte Zwecke der Marine.

[ocr errors]

Weiterer Flotten Plan. Die großen Fortschritte, welche seit 1867*) die Technik gemacht hat, vor allen Dingen aber die großen Ereignisse, welche die Stellung Deutschlands so wesentlich geändert haben, haben neuerdings die Frage aufwerfen lassen: Sind die 1867 gestellten Aufgaben inzwischen größer geworden, bedarf es eines neuen FlottenGründungsplanes? Die drei oben gestellten Forderungen müssen den Maßstab bei Beantwortung dieser Frage abgeben.

Zunächst den Schuß und die Vertretung unseres Seehandels betreffend, so ergeben drei Momente eine Vergrößerung der daraus erwachsenden Ansprüche an unsere Kriegsmarine: 1) Unser Seehandel hat faktisch an Bedeutung gewonnen; 2) die Machtentwickelung des Deutschen Reichs hat die im Auslande lebenden Deutschen wieder zu Deutschen gemacht, sowohl diejenigen Deutschen, welche den heimathlichen Verband auf auswärtigen Handelsniederlassungen erhalten haben, sowie die ganz ausgewanderten Deutschen suchen eine Anlehnung an das Deutsche Reich in einer Ausdehnung, wie sie im Jahre 1867 nicht vorherzusehen war; 3) die maritime Entwickelung Deutschlands findet immer größere Aufmerksamkeit bei den anderen maritimen Staaten Europas, welche bisher allein die Meere beherrschten. Wie die Ansprüche an die Marine sich vermehren, davon geben vornehmlich die Wünsche von Hamburg Zeugniß. Keine Deutsche Stadt hat so viele einzelne kaufmännische Etablissements in die Welt gesendet, wie Hamburg, und so ist z. B. in der leßten Zeit von Hamburg der offizielle Wunsch ausgesprochen worden, die Fidschi-Inseln, Liberia und die Küften Afrikas am Meerbusen von Guinea anzulaufen und dort Deutsche Kriegsmacht zu zeigen. In den Westindischen und Ostasiatischen Gewässern, wo fort und fort Deutsche Kriegsschiffe stationirt sind, reiht sich Requisition an Requisition, und wenn an den Westküsten Südamerikas eine Revolution zerstörend in das tägliche Leben eingreift, wundern sich die in jedem Ort dort lebenden zahlreichen Deutschen, daß das mächtige Vaterland ihnen nicht schüßend zur Seite steht. Wenn die Deutsche Kriegsmarine also ihre friedlichen maritimen Aufgaben ebenso kräftig heute lösen will, wie sie dies im Jahre 1867 thun sollte, so muß sie nicht nur die Zahl ihrer laufend beschäftigten Schiffe vergrößern, sondern sie muß auch ihr Personal vermehren, auch die Beschaffenheit des letzteren von den Bedürfnissen der Handelsmarine immer unabhängiger machen und endlich die Kenntniß der Meere er

[ocr errors]

*) In welchem Jahre der Plan von 1865 genehmigt wurde.

"

[ocr errors]

weitern. Nur die Kriegsmarine kann den wissenschaftlichen Stamm bilden, an dem allein sich die große Schifffahrt kräftig emporranken kann. Was nun die zweite Forderung, die Vertheidigung der vaterländischen Küsten", betrifft, so steht wohl außer Frage, daß die wirksamste Vertheidigung im Kriege in einem festen Angriff des Gegners liegt, und wenn man also der zweiten Forderung näher tritt, muß die dritte Forderung, Entwickelung des eigenen Offensivvermögens", in dieser Beziehung alsbald mit berührt werden. Die Größe unseres maritimen Handels richtet sich nach den Bedürfnissen unseres Volkes und nach deffen Seelenzahl; die Größe der zu entwickelnden defensiven Kräfte nach der Länge unserer Küste, die Stärke unserer maritimen Offensive nach der Stärke unserer eventuellen Feinde und endlich nach der Größe und Ausdehnung dessen, was zu vertheidigen ist, d. h. also nach der Größe der Handelsmarine und nach der Ausdehnung der Küste. Bei der Frage, welche Offensivkräfte wir zur See eintretendenfalls nothwendig hätten, stoßen wir also auf sehr entgegengeseßte Größen: eine große über die ganze Welt verstreute Handelsmarine und eine im Verhältniß nur kurze Küste, sehr starke fremde Kriegsflotten und eine für die feindlichen Landungszwecke wenig geeignete Küste.

[ocr errors]

Die Länge unserer gesammten Küsten beträgt etwa 170 Meilen, die der Russen allein an der Ostsee nahe das Doppelte, wozu dann noch die nordischen Küsten und die des Schwarzen Meeres treten. Die Franzosen haben mehr als das Doppelte Europäischer Küste, und England hat nur maritime Grenzen.

Die Angriffskraft in einem großen Kriege kann und muß Deutschland seiner Landarmee überlassen. Den einen Punkt darf man nicht beim Vergleich des Land- und Seekrieges vergessen, jedes friedliche Dorf, welches in Besitz genommen wird, ist ein thatsächlicher Erfolg, ein erobertes Schiff kommt erst in Anschlag, wenn das Endergebniß des Krieges gezogen wird. Eine eroberte Festung sichert die Eroberung einer Provinz. Die Wegnahme einer ganzen feindlichen Kriegsflotte gewährt höchstens das Mittel, eine Eroberung zu gewinnen.

Was nun die Beschaffenheit unserer Küsten anbetrifft, so unterstützt dieselbe so wenig feindliche Landungen, sowohl in Bezug auf Tiefenverhältnisse und Strömungen, als auch in Bezug auf die Etablirung von Landungstruppen, daß man die Vertheidigung auf diejenigen Oertlichkeiten beschränken kann, welche den Gegner besonders locken, wie z. B. die großen Handelsstädte. Für diese Aufgabe gewähren die Torpedos das geeignetste Mittel, und wie Nordamerika in seinen Kriegseventualitäten gegen das meerbeherrschende Albion in dieser neuen Waffe seine

2. Hahn.

14

« ZurückWeiter »