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Und seht ihr nicht das Leben ein,

Nie wird euch das Leben gewonnen sein!"

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Das Leben aber, welches wir gewinnen sollen, ist jenes, von dem die erhabenen Ideen Fichte's sprachen, das Leben wahrer Freiheit, ungestörter Entwickelung, welches die Individuen wie die Staaten führen sollen. Wo die letzteren daran gehindert werden und das ist, wie wir alle erfahren haben, nicht nur bei feindlicher Invasion, sondern auch bei Verkrüppelung der historischen Erscheinung einer Nation der Fall da muß, wenn kein anderes Mittel hilft, der Staat zum Schwerte greifen. Und so gilt denn gewiß das Wort des Dichters: „Wohl hat der Krieg auch eine heil'ge Sendung. Es wiegt kein Volk in ewig gleichen Gleisen Sich sanft empor zum Gipfel der Vollendung. Schon aus dem Mund der Alten hört' ich preisen

Den Krieg als einen Vater aller Dinge,

Und was kein Balsam heilt, das heilt das Eisen!“

(Aus M. Jähns Krieg und Frieden".)

Die reinigende Kraft des (lehten) Krieges.

v. Treitschke. Das Wesen des Krieges, der Werth unserer starken und volksthümlichen Heeresverfassung wird jetzt erst in weiten Kreisen recht verstanden. Nicht der Rausch der Gloire, den unser schlichtes Volk nicht kennt, hat den weiland allbeliebten Anklagen wider den preußischen Militarismus ihren Zauber genommen, sondern der Anblick der segensreichen sittlichen Kräfte, die der große Kampf erweckte. Die Erhebung dieser großen Tage offenbarte selbst den Einfältigen und Schwachen zu ihrer eigenen Ueberraschung, wie reich das Leben sein kann und welchen Schatz bürgerlicher Tugenden dies erwerbende Zeitalter sich noch bewahrt hat. Die Kampfgenossenschaft in Noth und Tod hat ein festes Band der Treue geschlungen um die Herzen unserer Krieger, mit einem Schlage tausend gehässige Vorurtheile zerstört, die den Süden von dem Norden trennten und der friedlichen Ueberredung nie gewichen wären.

Auch eine altväterische, von den starken Geistern oft verspottete Wahrheit kommt wieder zu Ehren: die Einsicht, daß nur fromme Völker frei und tapfer sind. Wie ein Naturlaut brach der Name Gottes aus hunderttausend Lippen, als die Blüthe unserer Jugend in dichten Haufen gleich gemähten Halmen hinsank. Katholiken und Protestanten, Schrift

gläubige und philosophische Köpfe - alle die zahllosen persönlichen Glaubensbekenntnisse, die das freie Geistesleben unseres Volkes mit edler Duldsamkeit umschließt, beugten sich andächtig vor der göttlichen Vernunft, die über den Schrecken und Nöthen dieser Tage sinnvoll waltet. Ohne den männlichen Glauben an das Ewige, das über die niederen Sorgen des Einzeldaseins hinausreicht, konnten unsere tapferen Heere nicht schlagen wie sie schlugen, nicht leiden wie sie litten.

Der Krieg macht den Menschen wahrhaftiger in Haß und Liebe; diese Soldaten, die sich schätzen lernten als ein Volk von Brüdern, werden, heimgekehrt, mit einiger Geringschätzung die übertreibenden Schlagwörter des Parteihasses anhören. In edlem Wetteifer erfüllten die Fürsten wie die Stämme ihre Pflicht; ihnen allen muß es am Herzen liegen, die Erinnerungen dieses Krieges rein und lebendig zu erhalten. Alle sittlichen Vorbedingungen für eine Zeit stetigen Fortschritts sind in dem neuen Deutschland vorhanden.

(Aus einem Aufsage des Prof. v. Treitschke.)

II.

Die Ausgaben für das Heer.

Verfassungsbestimmungen.

Die Friedenspräsenzstärke.

Die Friedenspräsenzstärke des Deutschen Heeres wird bis zum 31. Dezember 1871 auf Ein Prozent der Bevölkerung von 1867 normirt und wird pro rata derselben von den einzelnen Bundesstaaten gestellt. Für die spätere Zeit wird die Friedens - Präsenzstärke des Heeres im Wege der Reichsgesetzgebung festgestellt.

(Durch das Gesetz vom 6. Mai 1880 ist die Friedensstärke bis zum 31. März 1888 auf 427 274 Mann festgestellt.) Zur Bestreitung des Aufwandes für das gesammte Deutsche Heer und die zu demselben gehörigen Einrichtungen sind dem Kaiser jährlich sovielmal 225 Thaler, in Worten zweihundert fünf und zwanzig Thaler, als die Kopfzahl der Friedensstärke des Heeres beträgt, zur Verfügung zu stellen.

(Deutsche Reichsverfassung, Artikel 60. 62.)

Organisation des Reichsheeres.

(Nach den Militärgesehen vom 2. Mai 1874 und vom 6. Mai 1880.) Die Friedenspräsenzstärke des Heeres an Unteroffizieren und Mannschaften beträgt für die Zeit bis zum 31. März 1888 427 274 Mann. Die Einjährig Freiwilligen kommen auf die Friedenspräsenzstärke nicht in Anrechnung.

Die Infanterie wird formirt in 503 Bataillonen, die Kavallerie in 465 Eskadrons, die Feldartillerie in 340 Batterien, von welchen je 2 bis 4 eine Abtheilung bilden, die Fußartillerie in 31, die Pioniertruppe in 19, der Train in 18 Bataillonen. Die Bataillone haben in der Regel 4, die des Trains 2 bis 3 Kompagnien.

L. Hahn.

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In der Regel wird bei der Infanterie aus 3 Bataillonen, bei der Kavallerie aus 5 Eskadrons, bei der Artillerie aus 2 bis 3 Abtheilungen beziehungsweise Bataillonen ein Regiment formirt.

2 oder 3 Regimenter werden zu einer Brigade, 2 oder 3 Brigaden der Infanterie und Kavallerie zu einer Division vereinigt.

Aus 2 bis 3 Divisionen mit den entsprechenden Artillerie-, Pionierund Train-Formationen wird ein Armee-Korps gebildet, derart, daß die gesammte Heeresmacht des Deutschen Reichs im Frieden aus 18 Armee-Korps besteht.

2 Armee-Korps werden von Bayern, je eins von Sachsen und Württemberg aufgestellt, während Preußen gemeinschaftlich mit den übrigen Staaten 14 Armee-Korps formirt.

Für je 3 bis 4 Armee-Korps besteht eine Armee - Inspektion.

In der Regel wird jede Kompagnie, Eskadron und Batterie durch einen Hauptmann oder Rittmeister mit Hülfe eines Premier- Lieutenants, 2 oder 3 Sekonde-Lieutenants und der entsprechenden Anzahl von Unteroffizieren militärisch ausgebildet und befehligt.

An der Spitze eines jeden Bataillons und einer jeden ArtillerieAbtheilung steht ein Stabsoffizier; an der Spiße eines jeden Regiments ein älterer Stabsoffizier (Oberst, Oberstlieutenant, Major).

Eine Brigade wird in der Regel durch einen Generalmajor, eine Division durch einen Generallieutenant befehligt. An der Spize eines jeden Armee - Korps steht ein kommandirender General (General der Infanterie 2c. oder Generallieutenant). Den höheren Truppenkommandos sind die zur Befehlsführung erforderlichen Stäbe beigegeben.

Außerdem gehören zum Heere eine Anzahl von Offizieren außer Reih und Glied, als: General-, Flügel- und andere persönliche Adjutanten, Offiziere der Kriegs - Ministerien, des Generalstabes, des Ingenieur-Korps, des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens 2c., sowie das gesammte Heeres-Verwaltungspersonal.

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Die hiernach im Friedensstande des Heeres nothwendigen Offizier-, Arzt und Beamtenstellen, sowie die hieran erforderlich werdenden Aenderungen unterliegen der Feststellung durch den Reichshaushalts-Etat.

Das Gebiet des Deutschen Reichs wird in militärischer Hinsicht in 17 Armee-Korps - Bezirke eingetheilt.

Unbeschadet der Souveränetätsrechte der einzelnen Bundesstaaten sind die kommandirenden Generale die Militärbefehlshaber in den ArmeeKorps - Bezirken.

Die Kriegsformation des Heeres, sowie die Organisation des Landsturmes bestimmt der Kaiser. Alle bereits im Frieden zur schleunigen. Ueberführung des Heeres auf den Kriegsfuß erforderlichen Vorbereitungen sind nach den Bestimmungen des Kaisers zu treffen.

Die Dienstverhältnisse der Landsturmpflichtigen werden durch ein Gesetz geregelt.

Die Bestimmungen über die Zulassung zu den Stellen und Aemtern des Heeres, sowie über das Aufrücken in die höheren Stellen, erläßt der Kaiser.

Die Vorschriften über die Handhabung der Disziplin im Heere werden vom Kaiser erlassen.

Die erste Klasse der Ersagreserve dient zur Ergänzung des Heeres bei Mobilmachungen und zur Bildung von Ersatz Truppentheilen. Derselben sind alljährlich so viele Mannschaften zu überweisen, daß mit fünf Jahrgängen der Bedarf für die Mobilmachung des Heeres gedeckt wird. Die Ersatzreservisten erster Klasse dürfen zu Uebungen einberufen werden.

Die Mannschaften der zweiten Klasse der Ersaßreserve sind in Friedenszeiten von allen militärischen Verpflichtungen befreit. Bei ausbrechendem Kriege können sie im Falle außerordentlichen Bedarfes zur Ergänzung des Heeres verwandt werden. Die Einberufung erfolgt auf Grund Kaiserlicher Verordnung.

Auf Grund dieser Verordnung ist in ortsüblicher Weise bekannt zu machen, welche Altersklassen zunächst zur Einziehung gelangen.

Für die zum aktiven Heere gehörigen Militärpersonen, mit Ausnahme der Militärbeamten, ruht die Berechtigung zum Wählen sowohl in Betreff der Reichsvertretung, als in Betreff der einzelnen Landesvertretungen.

Die Theilnahme an politischen Vereinen und Versammlungen ist den zum aktiven Heere gehörigen Militärpersonen untersagt.

Der Reichshaushalts-Etat pro 1883/84 sett für die Preußische Armee und die in Preußischer Verwaltung stehenden Kontingente (also exkl. Bayern, Sachsen, Württemberg)

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