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Mitglied des Ehrenraths zugegen, um die Standessitte bei der Vollziehung des Kampfes zu wahren.

Auf ehrengerichtlichem Wege soll wegen Zweikampfes nur dann gegen einen Offizier eingeschritten werden, wenn derselbe beim Anlaß oder Austrag der Streitigkeit gegen die Standesehre verstoßen hat: namentlich da, wo ein Offizier einem Kameraden ohne jeden Anlaß eine schwere Beleidigung zufügt. Denn wer die Ehre des Kame= raden freventlich antastet, kann im Heere ebenso wenig ge= duldet werden, wie der, welcher seine eigene Ehre nicht zu wahren weiß.

Der Offizier in der Gesellschaft.

Wolff v. Lüdinghausen. In der Gesellschaft gehört in Deutschland der Offizierstand zu den ersten und höchsten Ständen; er ist in sich im Allgemeinen gleichmäßig zusammengeseßt und zerfällt nicht, wie z. B. in Frankreich und Desterreich, in zwei streng geschiedene Klassen, Ge bildete und Ungebildete; er hat in allen besseren Kreisen Zutritt, darf aber seinen Umgang auch nur in diesen wählen; fast alle Mitglieder der in ganz Deutschland regierenden Häuser gehören ihm an und beginnen ihre Karriere in ihm von unten auf, als Sekondelieutenant. Für die große Selbstbeschränkung, welche dem Offizier sein in den unteren Chargen nur mäßiges Gehalt und die vielen Forderungen des Standes auferlegen, findet er freudig ein hinreichendes Gegengewicht in seinem Selbstbewußtsein und in den äußeren Ehren, welche er genießt. Fern sei es jedoch vom Offizierstande, sich deshalb zu überschäßen und andere Stände gering zu achten; diese haben ebenfalls ihre wohlberechtigte Ehre. Der Offizier darf Dies nie vergessen; er soll stets bedenken, daß Einseitigkeit des Urtheils und Selbstüberhebung immer Mangel an Bildung beweisen.

Für das sonstige Verhältniß der Öffiziere unter einander ist nur Ein Gesichtspunkt maßgebend, nämlich der der Kameradschaft; sie umschlingt die gesammten Offiziere unserer Armee mit einem gemeinsamen Bande und findet ihre engeren Grenzen in dem Offizierkorps Eines Regiments. Das Wesen der Kameradschaft besteht zunächst in der gegenseitigen Achtung aller Offiziere zu einander; die andere, fast noch edlere Aufgabe ist die liebevolle Ueberwachung des Andern und das gegenseitige Anhalten zur Pflichterfüllung. Die wahre Kameradschaft zeigt sich nicht in einer unbegrenzten Nachsicht gegen die Fehler der Kameraden oder in einer schwächlichen Schonung ihrer Mängel, sondern sie hat das wahre Wohl der Kameraden im Auge und scheut sich niemals

da zu sprechen, wo auch für den Augenblick Empfindlichkeit hervorgerufen werden würde. Die kameradschaftliche Liebe und Milde darf nie die Wahrheit beeinträchtigen. Im regen Zusammenhange mit ihr steht der Korpsgeist eines Offizierkorps, das Gefühl der unbedingten Zusammengehörigkeit aller seiner Mitglieder, das Eintreten Aller für Einen, Eines für Alle; Verschwiegenheit über alle inneren Angelegenheiten ist eine natürliche Folge hiervon.

Ist dem Offizier in seinen Kameraden ein ausgewählter Kreis des Umganges gegeben, so darf er deshalb nicht in falschem Dünkel jeden andern Stand mißachten; er muß nur in der Wahl seines sonstigen Umganges dieselben Grundsätze befolgen und nur mit solchen. Leuten verkehren, die nach ihrer gesellschaftlichen Stellung und ihrer Anschauungsweise ihm ebenbürtig sind. Das öffentliche Auftreten des Offiziers muß in ihm stets den Mann von Stande erkennen lassen; er hat nur an solchen Orten zu verkehren, die seiner Stellung angemessen sind und muß stets im Auge behalten, daß nicht ein prahlerisches, anspruchsvolles Auftreten, sondern ein ruhiges, bescheidenes, würdiges Benehmen Achtung und Ehrerbietung bei anderen Ständen hervorruft. In dem engeren Kreise der eigenen Gesellschaft muß der Offizier all die gesellschaftlichen Formen und Sitten mit dem Takt, der Gewandtheit und Sicherheit beherrschen, die dem gebildeten Mann beim Verkehr mit Anderen Bedürfniß sind.

(Wolff v. Lüdinghausen, „Organisation und Dienst der Kriegsmacht des deutschen Reichs.")

Die Kafinos.

v. Moltke. Man hat ein prinzipielles Bedenken dagegen ausgesprochen, daß die Offiziere sich von den übrigen Gesellschaftsklassen absondern, und daß so der Kastengeist genährt würde. Ja, meine Herren, für Kastengeist haben wir eine andere Bezeichnung: wir nennen das Kameradschaft. Es ist das feste Band, das die Offiziere eines Regiments mit einander verbindet in allen ihren Interessen zum gegenseitigen Beistand in Freud und Leid, im Frieden und im Kriege. Kameradschaft war es, wenn in unseren Feldzügen da, wo eine Abtheilung im Gefechte verwickelt wurde, von allen Seiten die übrigen hinzueilten, um Hilfe und Beistand zu leisten, und diesem Verhalten verdanken wir wesentlich mit die Erfolge, welche erzielt sind.

Wenn man die Debatte hier anhörte, könnte man glauben, daß in der Armee ein Gegensatz bestände zwischen adligen und bürgerlichen

Offizieren. Meine Herren, das ist nicht der Fall; ist ein Avantageur vom Offizierkorps gewählt und eingetreten, so schließt die Kameradschaft jede weitere Unterscheidung aus. Einen solchen Zwiespalt in die Armee hineinzutragen, wird Niemand gelingen.

Was die Kasinos betrifft, so mag man es vielleicht auch für ein Standesvorurtheil erklären; aber wir sind der Meinung, daß der Offizier nicht in jeder Speisewirthschaft sich sein Mittagsmahl holen kann. Geht er in eine feine Restauration, so muß er einen oder ein paar Thaler bezahlen, und darauf ist das Gehalt nicht zugeschnitten. In der Kaserne in einer Speiseanstalt findet er ein gutes Mahl für sehr viel weniger, und dort kann auch der unbemittelte Offizier 'mal ein Glas Wein trinken, der von dem Produzenten direkt verschrieben und ohne die Spesen des Zwischenhandels für den Einkauf geliefert wird.

Meine Herren, ich glaube, daß jezt wohl jedes Offizierkorps eine Bibliothek, eine Kartensammlung, ein Kriegsspiel und andere Bildungsmittel besigt - wo soll das untergebracht und benutzt werden? Wo zweckmäßiger als in einem Lokal in der Kaserne, wohin ja doch alle Offiziere täglich kommen müssen, und wo ein solches Lokal ebenso zu ihrer Fortbildung wie zu ihrem gesellschaftlichen Verkehr dient?

(Aus einer Rede im Reichstag am 9. Februar 1883.)

Was die Offizierkasinos anlangt, so sind sie aus einem dienstlichen Bedürfnisse und aus der Fürsorge für eine ökonomische Erleichterung der Offiziere hervorgegangen, und hierin liegt auch unseres Erachtens nach wie vor ihre Berechtigung. Eine soziale Trennung des Offizierstandes vom Zivil durch dieselben ist nie bezweckt worden. Wenn aber selbst in unserer gegenwärtigen Reichsverfassung das politische Wahlrecht für die Militärpersonen des aktiven Dienststandes suspendirt ist, so ist darin die allseitige Erkenntniß ausgesprochen, daß sich die Betheiligung an dem politischen Leben für das Militär nicht mit den Interessen des Dienstes und der Disziplin verträgt, weil dadurch leicht Konflikte heraufbeschworen werden, welche den Einzelnen mit seinen Dienstpflichten in Widerspruch setzen oder auf der anderen Seite zu ernsten Differenzen führen können. Wollte man nun die Offizier-Speiseanstalten beseitigen und dadurch die Offiziere zwingen, in den öffentlichen Restaurants zu speisen, so liegt auf der Hand, daß dieselben, besonders in Zeiten politischer Erregung, oft Zeugen einer Unterhaltung sein müßten, welche für sie mit Rücksicht auf ihre dienstliche Stellung zum mindesten in hohem Grade peinlich wäre; ja ernste Differenzen würden zweifellos an der Tagesordnung sein. Um sich gegen derartige Möglichkeiten zu schüßen,

würde den Offizieren dann nur übrig bleiben - abgesehen von anderen Gründen, welche in der Folge noch besprochen werden sollen --, sich besondere Räume zu reserviren, und damit wäre schon der erstrebte Zweck einer Annäherung der Offiziere an das Zivil verfehlt. Solche Unzuträglichkeiten, wie sie im Vorstehenden berührt wurden, sind aber gerade vorzugsweise für die jüngeren Offiziere zu befürchten, welchen noch der höhere Grad ruhiger Erwägung und gereiften Verständnisses fehlt, und die sich daher leichter zu einem hißigen Auftreten hinreißen lassen würden, wie auf sie auch andererseits in Anbetracht ihrer Jugend weniger Rücksicht genommen werden würde. Die Offizierkasinos haben aber gerade den Zweck, eine Heranbildung und Erziehung der jüngeren Offiziere durch ihre älteren Kameraden zu ermöglichen und zu fördern. Es herrscht an der Offiziertafel troß aller kameradschaftlichen Freiheit eine gewisse durch die älteren Offiziere, ja schon durch deren bloße Gegenwart hervorgerufene Disziplin, welche die jüngeren Offiziere in gewissen Schranken hält und sie daran gewöhnt, auf sich selbst zu achten. Dadurch lernt der junge Offizier, sein ganzes Benehmen nach festen Normen zu regeln, lernt Selbstbeherrschung üben und legt von selbst gewisse einseitige Anschauungen und Vorurtheile ab, zu welchen ihn die glänzenden Außenseiten seiner Stellung anfangs nur zu leicht verführen. Eine derartige Disziplin würde sich aber schwerlich an einer öffentlichen Tafel üben lassen, wie Jeder zugeben wird. Andererseits ist auch nicht zu übersehen, daß durch eine Erziehung der jungen Offiziere im obigen Sinne eine Homogenität in Denkweise und Urtheil im ganzen Offizierkorps geschaffen und aufrecht erhalten wird, welche nothwendig ist, um den richtigen Geist in der Armee zu erhalten. Eine Armee, welche ihren Zweck erfüllen soll, d. h. welche ein schneidiges Instrument für den Krieg sein soll, muß aus Einem Gusse sein, ihre Textur darf durch keine Unregel= mäßigkeiten unterbrochen sein, und dazu muß Ein Geist dieselbe durchwehen. Dieser Geist aber kann nur vom Offizierkorps ausgehen, dasselbe muß sein Träger sein, und man braucht nur diese und jene fremde Armee, wo diese Hauptforderung nicht erfüllt ist, zu betrachten, um in dieser Ueberzeugung bestärkt zu werden. Diese gleichmäßige Denkweise des Offizierkorps in die rechte Bahn zu leiten, ist nun die Sache einer höheren Autorität, sie liegt nicht bei den Offizieren selbst oder in den gleichen Bildungsschichten der Zivilbevölkerung.

Von gleicher Bedeutung, wie die oben besprochenen militärischen und disziplinellen Rücksichten, ist ferner der wirthschaftliche Gesichtspunkt. Die Offizierkasinos haben den Zweck, den Offizieren während ihrer freien Zeit einen Aufenthaltsort zur Lektüre und Unterhaltung zu ge

währen, ihnen die Räume zu bieten, in welchen gemeinsame Versammlungen und Festlichkeiten abgehalten werden können, in erster Linie aber ihnen einen Mittagstisch zu ermöglichen, welcher mit ihren pekuniären Mitteln im Einklange steht. Auch dies gilt speziell für die jüngeren Offiziere, deren Besoldung ja bekanntlich eine äußerst dürftige ist. Es muß ja leider zugestanden werden, daß die Gehälter der jüngeren Offiziere nur unter den größten Entbehrungen die Aufrechthaltung ihrer gesellschaftlichen Stellung ermöglichen.

Die gesellschaftliche Stellung des Offizierkorps, wie sie jetzt besteht und wie sie aufrecht erhalten werden muß, wenn das Offizierkorps seine innere Tüchtigkeit und seinen moralischen Werth behalten soll, würde nun, falls keine Offizier-Speiseanstalten vorhanden wären, die Offiziere nöthigen, ihre Mahlzeiten in den Hotels oder Restaurants einzunehmen, in welchen die ihnen an Rang und Bildung gleichen, pekuniär aber relativ wie absolut meistens doch weit besser gestellten Zivilisten speisen. Die Preise eines Mittagstisches in solchen Restaurants übersteigen aber, ganz abgesehen von dem fast überall üblichen Weinzwange, die der Offizier-Speiseanstalten sehr erheblich, im Durchschnitt werden sie mindestens das Doppelte betragen. Die Folge würde dann natürlich sein, daß die Offiziere sich bemühen müßten, mit dem Wirthe ein Arrangement zu treffen über eine Mahlzeit zu billigerem Preise, und daraus würde ebenso naturgemäß wieder eine Absonderung folgen. In den Offizier-Speiseanstalten wird dagegen infolge einer nach ganz anderen Prinzipien geleiteten Verwaltung ein Mittagstisch zu einem mäßigen Preise gewährt, es herrscht kein Weinzwang, und außerdem sind auch infolge der in diesen Anstalten herrschenden Wirthschaftsmaximen die Weine weit billiger, als in den Restaurants.

Schließlich bleibt noch zu berücksichtigen, daß in den Kasinos der Zeitpunkt für die Mahlzeiten nach den Anforderungen des Dienstes festgesezt ist. Im anderen Falle würde der Dienst mit Rücksicht auf die Essenszeit der Offiziere geregelt werden müssen, was an sich schon zu Unzuträglichkeiten führt. Ferner sind in den Kasinos die zu anderen Zeiten genossenen Speisen und Getränke nicht unerheblich billiger, als in den Restaurants, und darin liegt doch schon eine beträchtliche Erleichterung des Offiziers, welcher sich hier und da eine bessere Extramahlzeit erlauben kann, welche ihm in einem Gasthause zu theuer wäre. Daß trotzdem auch die Restaurants von Offizieren besucht werden und Mancher hier wohl mehr Geld verzehrt, als ihm seine Mittel eigentlich gestatten, ändert nichts an den nüßlichen Einrichtungen selbst. Schließlich sollen die Offizierkasinos, wie erwähnt, ihren Mitgliedern die Räume

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