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die Armee seines Lobes voll. Von Massena sprach man nur wenig. Jetzt bot sich die erwünschte Gelegenheit, einen Schatten auf das Bild zu werfen, welches den Ajax des französischen Heeres, den Freund und Liebling Napoleon's in seiner ganzen Auréole darstellte. Dazu aber war es nöthig, dass man die Wirkung der Umgehung über Steyer nicht abwartete, die Lannes zu machen beauftragt war. Denn dass der französische Kaiser eine solche Umgehung ausführen würde, daran durfte Massena nicht zweifeln, auch kannte er ja die Bestimmung seines Waffenbruders an die obere Enns. Diese Flankenbewegung erachtete Napoleon für so dringend, dass er dem GM. Nordmann mit seinen 3 Bataillons und 4 Escadrons eine ganze Infanterie- nebst 1 Cavalleriedivision nachgehen liess, wo doch vielleicht ein Regiment hingereicht haben möchte. Allein man beabsichtigte eine nachhaltige Umgehung. Dem Marschall Massena war es also lediglich um den Ruhm zu thun, den FML. Hiller allein von der Traun hinter die Enns geworfen zu haben, ohne irgend eine Beihilfe. Denn was Bessières mit seiner leichten Cavallerie bei Kleinmünchen ausrichtete, galt ihm wenig oder nichts. Es entsprach vollkommen dem Charakter dieses unternehmenden und ehrgeizigen Generals, sich nicht verdunkeln zu lassen, sondern stets und überall der Erste zu heissen und, ein verwöhnter Sohn des Glückes, sich den Beifall und das Vertrauen seines Kaisers zu erwerben und Ruhm und Ehre einer Kriegsthat keinem Andern zu gönnen. So hatte es der ehrgeizige Nizzarde gehalten, seit er vor mehr denn drei Decennien in die Armee trat, und ganz besonders, als die französische Revolution ihm die Aussicht zu den höchsten Würden öffnete, indem er schon 1793 zum Divisionsgeneral vorrückte und mit der Errichtung des französischen Kaiserthums die Würde eines Marschalls erhielt, die wohl kein Anderer mehr verdient hatte, als eben er.

Die Nachhutstellung vor Kleinmünchen erkennen wir als ein unabweisbares Bedürfniss, denn ohne selbe wäre weder FML. Schustekh noch auch die von Linz kommende Truppe, und Bagage hinter die Traun gelangt, und jedenfalls ein bedeutendes Material verloren gegangen. Für diesen Zweck konnte und musste man schon ungefähr 5000 bis 6000 Mann blossstellen, denn mehr betrugen die Kräfte unter Vincent und Radetzky nicht. Allerdings war diese Nachhutstellung wegen der örtlichen Beschaffenheit nicht eben allzu vortheilhaft, denn wenn auch Kleinmünchen einen natürlichen Brückenkopf abgab, so blieben doch die Mühlbäche und die lange Traunbrücke im Rücken, und letztere war der einzige Rückzugsweg. Die Position selbst aber hinter dem Fluss und auf beherrschenden Höhen war nur stark in ihrer Fronte und rechten Flanke. Wir sind übrigens vollkommen überzeugt, dass die aus lauter trefflich geschulten Truppen bestehende österreichische Nachhut ohne bedeutenden Verlust das lange Defilée hinter sich gebracht haben würde, wenn eine bessere Marschpolizei bestanden hätte. Denn nicht die ungestümen und concentrischen Angriffe der Franzosen, sondern lediglich die Rastlosigkeit und Verwirrung der höheren Organe verursachten die beklagenswerthen Verluste der Generale Vincent und Radetzky; überhaupt muss diesen Zweifeln, dieser Unentschiedenheit, diesem Schwanken Alles beigemessen werden, was der Tag Unheilvolles mit sich brachte und wobei man an die so wahrscheinliche Flankenbewegung des Feindes zu denken völlig vergass. Wie überaus nachtheilig nicht selten ein bindender Befehl auf die Verfügungen des Feldherrn einwirke, hat der 3. Mai bis zur Überzeugung gelehrt.

Zweimal bot sich die schönste Gelegenheit, um namhafte Erfolge zu erringen oder wenigstens Vortheile zu erfechten, welche auf den Kampf wesentlichen Einfluss üben konnten, und zweimal musste FML. Hiller selbe von der Hand weisen; einmal nämlich als um Mittag die geworfene Division Claparède sich mit der anrückenden Division Legrand auf der Traunbrücke kreuzte, und zum andernmal als die letztgenannte Division mitten im brennenden Markt weder vor- noch rückwärts konnte. Allein Hiller hatte den bestimmten Befehl seines Kaisers nichts zu wagen, dadurch mangelte ihm der moralische Muth, auf eigene Faust zu handeln, und vielleicht entschlüpfte ihm desshalb der Sieg unter den Händen. Wenigstens wird es nur dadurch erklärlich, dass die in Ebelsberg fechtenden Bataillone keine rechtzeitige Unterstützung fanden und das ganze zweite Treffen mit Gewehr im Arm dem Kampfe unthätig zusah. Wollte man blos ein hinhaltendes Gefecht liefern, handelte es sich nur um eine einfache Brückenvertheidigung, so hätten ein Paar Tausend Mann mit etlichen Batterien um so mehr genügen können, als man die Vortheile des Terrains entschieden für sich hatte. Beabsichtigte man aber eine entschiedene Behauptung der Position, was bei Hiller der Fall war, so kann nicht geleugnet werden, dass dafür viel zu wenig geschah, d. h. nicht rechtzeitig auf Alles vorgedacht wurde, was einen längeren Widerstand begünstigen konnte. Das Schloss war nicht haltbar genug gemacht, der Brückenthurm eben so wenig, ja letzterer nicht einmal besetzt, keine Abschnitte im Innern des Marktes eingerichtet, überhaupt gar nichts für eine nachhaltige Vertheidigung vorgekehrt worden. Allerdings war dazu nur wenig Zeit. Wenn man aber schon am 2. ganz bestimmt wusste, dass man die Position beziehen und vertheidigen werde, so erübrigte noch immer eine gewisse Zeit für jene unerlässlichen Vertheidigungsvorkehrungen, die wir gänzlich vermissen.

Am 3. Mai befand sich Lannes in Marsch auf Stadt Steyer. Da er schon während seines Marsches in der Gegend von Kremsmünster den Kanonendonner von Ebelsberg vernahm, so darf man es als ein Glück für Hiller ansehen, dass er nicht augenblicklich über Neuhofen und St. Florian stark entsendete, denn dies würde die Österreicher bei Ebelsberg in eine bedenkliche Lage versetzt haben. Er liess aber nur seinen Flügeladjutanten Saint Mars mit einer Reiterabtheilung dorthin vorgehen. Dieser stiess bei St. Florian auf Truppen Massena's, erfuhr, was er wissen wollte und kehrte wieder um. Da Lannes sein Geschütz auf den schlechten Gebirgswegen nur mühsam fortbrachte und erst um 11 Uhr Vormittags am 4. bei Steyer die Enns überschritt, so konnte Hiller noch vor ihm das Ipsthal bei Amstetten erreichen, und Napoleon's wahre Absicht wurde somit vereitelt. Hiller ging nämlich mit dem V. und VI. Armee corps noch vor Mitternacht hinter die Enns, und ihm folgte dahin um 2 Uhr Morgens am 4. auch das 2. Reserve corps, nachdem die Brücke in Brand gesteckt worden war.

Der französische Kaiser hatte am Spätabend des 3. Ebelsberg erreicht und war in einem schlichten Bauernhause nur 1 Stunde weiter vorwärts gegen Asten abgestiegen, weil der Brand und Lerchengestank im Markte selbst dies nicht gestatteten. Er wusste in jenem Augenblick noch nicht, dass für den österreichischen linken Flügel keine Vereinigung mit dem Generalissimus über Mauthhausen ausführbar blieb; denn erst um 2 Uhr Nachmittags waren zwei die Donau herabkommende Frachtschiffe mit solcher Gewalt an die dortige Schiffbrücke gestossen, dass selbe

zertrümmert wurde; ungefähr dreissig Brückenschiffe waren ganz unbrauchbar oder trieben abwärts, War hier neben offenbarer Saumseligkeit auch Bosheit im Spiel? Wer vermag dies zu sagen.

Während der Vorfälle zwischen dem 24. April und 4. Mai am rechten Donauufer hatte der bei Cham lagernde österreichische rechte Flügel einige Verstärkungen erhalten und sich neu organisirt, wobei man vorzüglich darauf bedacht blieb, jene Corps, so am meisten gelitten, wieder möglichst vollzählig zu machen. Die Gesammtstärke bei Cham mit Einschluss der Truppen unter Klen au und Stutterheim betrug:

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Die Spitze des Corps Davoust war am 27. April nur bis Nittenau, Waldenbach und Roting vorgegangen. Der Generalissimus, welcher von Cham bis Wien 15, höchstens 16 gewöhnliche Märsche hatte, beschloss vorerst nur bis zu dem auf halbem Weg liegenden Budweis zu gehen und von dort das Weitere nach der Lage der Dinge anzuordnen. Das IV. Armeecorps sollte durch den südlichsten Theil des Böhmerwaldes marschiren und rückte am 27. von Cham auf der Klattauer Strasse nach Eschelkam ab; die übrigen Corps brachen am 28. aus dem Lager hinter dem Regen auf und gingen: das I. Armeecorps bis Klentsch, das II. bis Eschelkam, das III. bis Furt, das I. Reservecorps bis Neumark. Das IV. Armeecorps rückte auf Janowitz und Bistritz. Die Nachhut deckte bei Cham den Abmarsch. Die Truppen fanden gleich an diesem ersten Tag grundlose Wege, schlechte Unterkünfte und eine sehr mangelhafte Verpflegung, denn die Colonnenmagazine blieben zurück 2).

1) Selbe befehligte FML. Marquis Sommariva.

2) Diese Colonnenmagazine hatten ihrem Zwecke nicht vollständig entsprochen. Auf anhaltenden und grösseren Märschen waren selbe, als mit gedungenen Pferden oder durch selten gewechselte Landesvorspann bespannt, die Ursache vielfacher Verspätungen und Verlegenheiten. Auf dem ganzen Marsch durch das Böhmerwaldgebirge, das ist vom 28. April bis 5. Mai, musste man sich an das Requisitionssystem halten, und auch dieses leistete nicht nach Bedarf, weil die Gegend arm und dünn bevölkert ist. Man kann wohl sagen, dass die Truppen des Generalissimus diese ganzen acht Tage nur von der Hand in den Mund lebten, denn die kleinen Vorräthe auf jenen Strassen hatten schon Bellegarde's Truppen so ziemlich aufgezehrt, und die anbefohlenen Magazinslieferungen kamen zu spät oder flossen doch nicht reichlich genug.

Am 29. April marschirten: das 1. Armeecorps auf Bischofteinitz, das II. bis zwischen Glassau und Lautschin, das III. auf Melhuth, das I. Reservecorps auf Klattau und das IV. Armeecorps nach Welhartitz. Am 30. ging der Marsch des I. auf Przestitz, des III. auf Swihau, das II. und IV. nebst dem I. Reservecorps hielten Rasttag. FML. Sommariva bestand bei Neumarkt ein leichtes Nachhutgefecht gegen Davoust's leichte Cavallerie. Der Marschall war an diesem Tage mit einer Infanteriedivision auf Straubing, mit den beiden andern auf Plattling und Pfatter gegangen und hatte der Division Rouyer die Bewachung von Regensburg übertragen, welche sich demgemäss am Dreifaltigkeitsberg und bei Stadtamhof aufstellte.

Am 1. Mai marschirte der Generalissimus mit dem I. Armeecorps bis Schinkow, mit dem II. bis Silberberg, das III. kam nach Wezomb, das I. Reservecorps nach Horaždiowitz und das IV. Armeecorps auf Berg-Reichenstein. Am 2. hielt das I. Armeecorps einen Rasttag, das II. marschirte bis Strakonitz, das III. bis Sedlitz, das I. Reservecorps auf Mladowitz, das IV. Armeecorps auf Winterberg. FML. Sommariva mit der Nachhut erreichte Klattau. Der Marschall Davoust rückte an diesem Tage in Passau ein und blieb dort auch am 3. Die Besorgniss wegen eines Einfalls der Sachsen nach Böhmen von Hof über Wunsiedl, wo sich kleine Streifschaaren derselben sehen liessen, sowie die Nothwendigkeit, beim weitern Marsch in's Moldauthal sich den Rücken zu sichern, bewogen den Generalissimus zu einer Massregel, die jedenfalls nur ungerne von ihm ergriffen wurde. Er beschloss nämlich unter dem FZM. Kollowrat ein Armeecorps an Böhmens Westgrenze stehen zu lassen, das noch durch 17 böhmische Landwehrbataillone verstärkt werden sollte. Der betreffende Befehl erfloss am 2. Mai aus Sedlitz. Dieses Armeecorps. erhielt die Nummer III, wogegen FML. Prinz Hohenzollern den Befehl über das II. Armeecorps erhielt. Die Truppen unter Kollo wrat waren:

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Zu diesem Corps wurde auch die bisherige Nachhut, jedoch vorläufig als selbstständiger Theil, gestossen und hatte nachstehende Zusammensetzung:

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Dieses Corps zählte somit 23 Bataillons, 15 Escadrons, jedoch mit einem so schwachen Stand e, dass selbe kaum 13.000 Streiter ausmachten. Die in die Centralstellung nach Pilsen beorderten 17 böhmischen Landwehrbataillone waren kaum erst aufgestellt, es fehlten denselben viele Officiere, und man konnte sie noch lange nicht. für kriegstauglich erkennen. Zum III. Armeecorps gehörten endlich auch jene 6 Landwehrbataillone, welche unter Oberst Rosenheim schon früher im Böhmerwalde zwischen Eisenstein und Unterwuldau standen. FZM. Kollowrat rückte am 4. auf Nepomuk, am 5. auf Lukawitz und sollte Pilsen möglichst rasch erreichen. Am Erzgebirge hatte FML. Baron Am-Ende im damaligen Augenblicke nur 2 Bataillons, 1 Compagnie Jäger und 1 Uhlanenescadron. Zu Prag und in den übrigen böhmischen Festungen waren aber noch 24 Landwehrbataillone in der Errichtung begriffen.

Am 3. Mai marschirte das I. Armeecorps auf Blattna, das II. auf Pisek, das III. hielt Rasttag in Sedlitz, das 1. Reservecorps kam nach Nettolitz und das IV. Armeecorps auf Prachatitz. Am 4. rückte das I. auf Pisek, das II. auf Hossein (unweit Budweis), das 1. Reserve corps auf Budweis, das IV. Armeecorps bis Ochsbrunn. Am 5. bezogen die Truppen enge Quartiere, u. z. das I. Armee corps in und bei Frauenberg, das II. Armeecorps und I. Reserve corps in und bei Budweis, das IV. Corps in Kalsching. Nimmt man somit den 5. Mai als jenen Tag an, wo der Generalissimus im Moldauthal bei Budweis stand, so hatte er die 30 Meilen von Cham bis dorthin innerhalb neun Tagen hinterlegt, trotz Unwetter, schlechter Wege, schlechter Unterkunft und Verpflegung, und nota bene Ende April und Anfangs Mai, wo es im Böhmerwald noch sehr traurig aussieht. Berücksichtigt man nebenbei die treffliche Haltung und Mannszucht, welche jeder Truppentheil an den Tag legte, u. z. nach so blutigen und unglücklichen Sch'achten, so aufreibenden Märschen und vielfachem.

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