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nicht über den wünschenswerten Grad hinaus gesteigert wird. Ein weises Maßhalten ist die erste Vorbedingung für den Erfolg der Behandlung. Die Kohlensäure soll die übrigen Eigenschaften des Weines beleben, ohne daß sie selbst als solche bemerkbar wird. Wenn lezteres der Fall ist, hat man in den meisten Fällen schon viel zugesezt.

Wie viel Kohlensäure ein Wein enthalten soll, um sich am besten zu präsentieren, läßt sich nicht in allgemeine Regeln fassen. Darüber kann nur die sachverständige Kostprobe entscheiden. Dazu muß man einen Vorversuch im kleinen machen und zwar in einer Flasche, nicht im Glas, weil im lezteren Falle der geeignete Grad der Sättigung zu leicht überschritten wird.

Ganz unbestreitbar ist der Nutzen der Kohlensäurezufuhr zunächst bei Apfelweinen. Man kann dieselben schönen und filtrieren und daher jederzeit glanzhelle und, was noch wichtiger ist, haltbare und reinschmeckende Weine zum Versand bringen. Die bei der Kellerbehandlung verloren gegangene Frische kann man dem Wein durch Zufuhr von Kohlensäure leicht wiedergeben.

Sehr dankbar erweisen sich ferner fast alle gewöhnlichen Landweine, zumal wenn sie ein gewisses Alter erreicht haben. Vielen derselben haftet bekanntlich etwas Gewöhnliches an, was man hier und da als Bodengeschmack (grunsige Art) bezeichnet. Diese wird durch ein gewisses Maß von Kohlensäure fast ganz verdeckt. Am auffallendsten ist mir diese Wirkung bei Elsässer Landweinen entgegengetreten, in minder starkem Grade 3. B. bei kleinen rheinhessischen und Naheweinen, sowie an umgegorenen Moselweinen (Kalkweinen von der Obermosel.) Dieser Erfolg war in einzelnen Fällen so überraschend, daß Kenner, welche denselben Wein mit und ohne Kohlensäure probierten, nicht glauben wollten, daß sie identische Weine vor sich hätten.

Weine, die mehr Körper und Charakter haben, also Mittelweine im Verkaufswerte von M. 1.20 bis M. 2 die Flasche, werden lebendiger, fast könnte man sagen, sie lassen ihre guten Eigenschaften mehr hervortreten. Es mag ja absurd klingen, aber troßdem ist es unzweifelhaft zutreffend, daß manche Weine durch ein gewisses Maß von Kohlensäure fruchtig, fast süßlich werden, wie völlig unparteiische Sachverständige z. B. an besseren Rheinweinverschnitten und 1893er Haardtweinen unabhängig voneinander beobachteten.

Daß etwas firn gewordene, stumpfe Weine durch Kohlensäurezufuhr wesentlich gebessert werden können, ist wohl ohne weiteres verständlich. Zwar ist die firne Säure ihnen niemals ganz zu nehmen, aber sie tritt nicht mehr so einseitig und unharmonisch hervor, indem ein mäßiger Kohlensäuregehalt den Wein einheitlicher, runder macht. Besonders zu merken war diese Wirkung bei 1889er und 1890er Rheingauer Weinen. Kenner meinten zwar vielfach, daß die kohlensäurehaltigen Weine nicht mehr so viel Art hätten; das große Publikum indessen wird trotzdem in der Regel diese Weine vorziehen, da sie gefälliger sind. Das, was wir als Art schäßen, tadeln Nichtkenner ja vielfach schon als rauhe Säure. Der Umstand, daß die Behandlung der Weine mit Kohlensäure von der Mosel aus sich über die anderen Weinbaugebiete verbreitet hat, be

weist wohl zur Genüge, daß die dortigen Weine nach ihrem Charakter für das neue Verfahren besonders geeignet sein werden, wie denn auch bei den hier abgehaltenen Proben die Wirkung der Kohlensäure gerade bei den Moselweinen als besonders günstig allgemein anerkannt wurde. Freilich wurde auch bei den rheinhessischen und Markgräfler Weinen kaum eine abweichende Stimme laut.

Sehr deutlich trat bei allen hier veranstalteten Proben die eine Thatsache hervor, daß selbst bei Weinen, die ganz geringen Mengen gegenüber sich sehr dankbar erwiesen, eine zu starke Imprägnierung wesentlich die Qualität beeinträchtigte. Bei den verschiedensten Weingattungen wurden fast ausnahmslos die mittleren Proben als die weitaus besten bezeichnet, wenn derselbe Wein ohne, mit geringem und mit höherem Kohlensäuregehalt nebeneinander gestellt wurde. Die Weine mit zu viel Kohlensäure wurden vielfach geringwertiger gehalten als der ursprüngliche Wein.

Ferner möchte ich betonen, daß diejenige Kohlensäuremenge, welche bei dem einen Wein als besonders günstig wirkend befunden wurde, bei anderen Weinen sich bereits als fehlerhaft erwies.

Bemerkt sei noch, daß die kohlensäurehaltigen Weine durchweg leichter erscheinen. Auch meint man viefach, daß sie kälter und frischer seien als die nicht behandelten; doch beruht dies nur auf einer geschmacklichen Täuschung, welche die Kohlensäure hervorbringt.

Der Haupteinwand, welcher gegen das neue Verfahren vorgebracht wird, ist unzweifelhaft der, daß die Kohlensäure sich nicht für immer im Wein erhält. Das ist in der That unter gewissen Umständen zutreffend. Indessen erhält sich die Kohlensäure in größeren Fässern, zumal in kühlen Kellern, im ruhig lagernden Wein etwa 1/2 Jahr, ohne daß sie sich in praktisch in Betracht kommender Weise verminderte. Sticht man aber den Wein in der bisher üblichen Weise ab oder legt ihn in kleine Fässer, so wird notwendig ein mehr oder weniger beträchtlicher Teil der Kohlensäure wieder verloren gehen. Daher ist es auch in den meisten Fällen zwecklos, die Kohlensäurezufuhr bei noch unfertigen, nicht völlig geklärten Weinen vorzunehmen.

Vor der Imprägnierung muß der Wein klar abgestochen sein, da er, selbst wenn er glanzhell ist, etwas abgesetzt haben könnte. Das Depot würde durch die Kohlensäure aufgewirbelt werden und den Wein trübe machen. Die Frage, ob ein Wein allein durch die Kohlensäurezufuhr wieder trübe werden könne, ist nach den bisherigen Erfahrungen dahin zu beantworten, daß bei wirklich ausgebauten Weinen ein Umschlagen lediglich durch die Kohlensäure, wenn es überhaupt vorkommt, jedenfalls äußerst selten ist. Die Abkühlung der Weine durch diejenigen Kohlensäuremengen, welche bei vernunftgemäßer Anwendung des Verfahrens den Wein durchstreichen, ist nach zahlreichen, bei unseren Versuchen durchgeführten Messungen so gering, daß eine Trübung aus dieser Ursache ganz ausgeschlossen ist.

Auf die praktische Durchführung des Verfahrens hier näher einzugehen, dürfte nicht erforderlich sein. Dagegen sollen die Apparate, welche sich bei den hier durchgeführten Versuchen am meisten bewährt haben, kurz beschrieben werden.

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Das Prinzip des Verfahrens ist kurz folgendes: Man leitet, ohne größeren Druck anzuwenden, die Kohlensäure an die tiefste Stelle des Fasses und verteilt sie dort möglichst sein. Beim Aufsteigen der Bläschen im Wein wird ein Teil des Gases von diesem aufgenommen. Das aus dem Faß entweichende Gas leitet man wenn möglich noch in ein zweites und drittes weiter, um eine bessere Ausnutzung der verbrauchten Menge zu erzielen.

Figur 9 stellt den Kopf der Kohlensäureflasche mit Reduzierventil dar. Die Anwendung des letteren ist unbedingt geboten, um den Druck regeln zu können. Unter dem Ausflußstußen b befindet sich ein Lämpchen, dessen Flamme das Ventil während der Arbeit warm erhält. Dadurch wird die Verstopfung der Oeffnungen durch feste Kohlensäure und Eis vermieden und gleichmäßiges, nicht stoßweises Ausströmen des Gases erreicht.

Figur 10 stellt den Verteiler dar. In einem dreifach gebohrten Gummistopfen sizen 3 gut verzinnte Metallrohre. Durch das eine wird die Kohlensäure eingeleitet und durch die am Ende befindliche Spirale mit zahlreichen kleinen Löchern im Weine

Fig. 10.

verteilt. Das zweite kurze Knierohr leitet das Gas in das nächste Faß weiter. Das dritte Rohr, welches ein Krähnchen trägt, dient zum Probe

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nehmen während der Einleitung. Diese Vorrichtung ist besonders wichtig, um während der Behandlung des Weines ohne Unterbrechung der Arbeit die fortschreitende Sättigung kontrollieren zu können.

In Figur 11 ist der ganze Apparat für 3 Fässer betriebsfertig zusammengestellt.

Die Apparate sind von der Firma L. Lieberich Söhne in Neustadt a. H. zu beziehen. Einschließlich einer Kohlensäurefläche zu 20 kg stellt sich deren Preis auf etwa 105 M.

Auch beim Abstechen und Filtrieren der Weine läßt sich die Kohlensäure mit Vorteil verwenden.

(,,Mitt. über Weinbau und Kellerwirtschaft", 1896, No. 2 und 3. Weinbau und Weinhandel", 1896, No. 22.)

4. Ueber die sogenannten Maltonweine, ihre Beurteilung vom önotechnischen, gesetzlichen und hygienischen Standpunkt.

Die aus Malzwürze nach vorheriger Säuerung durch Milchsäurebakterien mit Hilfe von reingezüchteten Weinhefen hergestellten, sogenannten Maltonweine werden mit Aufgebot einer außerordentlichen Reklame in den Handel gebracht, indem dabei nicht nur hinsichtlich der Qualität dieses Weinsurrogates ganz übertriebene Behauptungen aufgestellt werden, sondern auch alle Weingattungen mehr oder weniger als gefälscht oder gar bis zu einem gewissen Grade gesundheitsschädlich hingestellt sind. Da außerdem für die Malzweine in naheliegender Absicht ein Name gewählt ist, der diese Kunstweine von wirklichem Wein nicht so unterscheidet, wie es § 4 des Weingesetes verlangt, so hat es die Versuchsstation im Interesse des reellen Verkehrs für geboten erachtet, durch sachliche Aufklärung über

den Wert und das Wesen der Maltonweine und ihre Beurteilung nach dem Weingesetz für eine scharfe Trennung dieser Produkte vom Wein einzutreten. Ueber die Richtung dieser Bemühungen giebt in Kürze die nachfolgende Meinungsäußerung Aufschluß, über die 8, am Südweinhändel ganz unbeteiligte Weinsachverständige nach einer sorgfältigen Vergleichung der Maltonweine mit echten und imitierten Süßweinen sich geeinigt haben. „Die aufgestellten Proben von Malton-Tokayer und Malton-Sherrys zeigten, im Geruch und Geschmack verglichen mit Trauben, Süd- und Süßweinen, eine jedem Weinkenner auffallende Eigenart, die sie als vom wirklichen Wein streng zu scheidende Imitationsprodukte deutlich kennzeichnet. Auch die im Handel am meisten vorkommenden billigen Sorten der Süd- und Süßweine annähernd gleicher Preislage sind hinsichtlich des Weincharakters und der Reinheit des Geschmacks den Maltonweinen erheblich überlegen.

Dem Malton-Tokayer und Malton-Sherry fehlt der wirkliche Weingeruch, noch viel weniger besißen sie eigentliches Weinbouquet. Im Geschmack haben sie eine fremdartige säuerliche Schärfe, die in dem MaltonTokayer selbst durch die starke Süße nicht ganz verdeckt wird, um só stärker aber in dem Malton-Sherry hervortritt. Troß des erheblichen Zuckergehaltes fehlt beiden Sorten der eigentliche Körper und die reife Süße der Traubensüßweine, vor allen Dingen aber die auf künstlichem Wege eben nicht zu erreichende Harmonie eines wirklichen Weines.

Der Malton-Tokayer hat einen ausgeprägten Geruch und Geschmack nach gedarrtem Malz, wodurch er allein schon den Anspruch auf den Namen Wein verliert. Sehr stark erinnern seine Eigenschaften an Malzextrakt. Das eigenartige Bouquet der echten Tokayerweine fehlt ihm ganz.

In dem Malton-Sherry ist der Malzgeruch geringer, dafür besitzt derselbe eine unangenehme, in keinem Traubenwein vorhandene Gär. Der Alkohol tritt in ihm unharmonisch und brandig hervor. Beim Abgehen der Probe von der Zunge macht sich außerdem ein eigentümlich fuseliger Geschmack bemerkbar, der etwas an ganz jungen Kornbranntwein erinnert.

Nach vorstehendem Ergebnis der Probe kann nicht anerkannt werden, daß durch die besondere Vergärung der Maltonweine die Eigenart des Malzauszuges beseitigt worden ist, noch viel weniger ist denselben durch die verwendeten Heferassen der Charakter der wirklichen Traubenweine verliehen.

Die geschmacklichen Eigenschaften des Malton-Sherrys find so wenig ansprechend, daß an einen ernstlichen Vergleich mit Traubenweinen nicht gedacht werden kann. Von dem Malton-Tokayer, welcher den Nichtkenner durch seine Süße besticht, kann, wenn man sehr weit gehen will, allenfalls zugegeben werden, daß er für diejenigen Volksklassen, die Traubenweine nicht zu kaufen vermögen, als billiges, süßweinähnliches Surrogat Beachtung verdiente, wenn er wesentlich billiger wäre, als er thatsächlich in den Handel gebracht wird. Der gegenwärtige Preis der Maltonweine ist aber ein so hoher, daß man dafür in reellen Handlungen erheblich bessere Traubenweine erhalten kann. Als ein Ersatz für Weine können die von der Maltongesellschaft hergestellten Getränke keinesfalls gelten und das Problem, ohne Trauben Wein zu machen, ist durch diese Produkte nicht gelöst.

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