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Was dem Feste zum besonderen Schmucke diente, war die Schaffung eines Unterstützungsfonds für ehemalige, unverschuldet in Not geratene Schüler; außerdem hatten ehemalige Schüler die Mittel gesammelt, um zur Erinnerung an das Fest eine Widmungstafel aus schwarzem Granit in der Anstalt anbringen lassen zu können.

Gewissermaßen noch unter den Empfindungen des Jubiläums-Festes beging die Anstalt das Sedanfest am 2. September in Gestalt eines gemeinschaftlichen Ausfluges der Lehrer mit ihren Frauen und der sämtlichen Schüler nach dem Kammerforst, der in dem Abstieg nach Lorch seinen Abschluß fand. Die ungünstige Witterung vermochte nicht die fröhliche Stimmung zu stören.

Am 19. September beteiligten sich die dem evangelischen Bekenntnisse angehörenden Lehrer und Schüler an der Einweihung der neuen Kirche.

Am 2. Dezember inspizierte der Herr Geheimerat Dr. Müller die Anstalt. Das Weihnachtsfest wurde am 21. Dezember in üblicher Weise mit Gesangs-Vorträgen und Aufführungen, darunter eine solche vom Assistenten Dr. Meißner verfaßt, abgehalten und nahm einen sehr schönen Verlauf.

Am 27. Januar, dem Geburtstage Seiner Majestät des Kaisers, fand im neuen Saale der pflanzenphysiologischen Versuchsstation ein Aktus statt. Die Schüler Buttel und Dänhardt trugen patriotische Gedichte vor, worauf Dr. Kulisch die Festrede hielt.

Die schriftliche Prüfung legten die Eleven Schindler, Osbahr, Bünger, Leykum, Benda und Schneider in der Zeit vom 10. bis 12. Februar in den Fächern Obstbaumzucht, Chemie, Gehölzkunde und Gehölzzucht, Physik, Spalierzucht und Fruchttreiberei ab. Darauf folgte am 14. und 15. Februar die zweitägige mündliche Prüfung für sämtliche Schüler in den Fächern Rechnen, Mathematik, Landschaftsgärtnerei, Obstverwertung, Pflanzenkulturen, Gemüsebau, Pflanzengeographie, Kellerwirtschaft, Pflanzenanatomie, Weinchemie und Obstbaumpflege. Das Prüfungsresultat war durchschnittlich ein gutes und gab deutlichen Beweis dafür, daß die Schüler eifrig bemüht gewesen waren, sich tüchtige Kenntnisse anzueignen.

Am 19. Februar fand der Schluß des Schuljahres statt, wobei der Eleve Osbahr über Weinbergsdüngung, der Eleve Dänhardt über Vermehrung der Pflanzen und die Eleven, Gartenschüler und Obstund Weinbauschüler Schindler, Schneider, Bünger, Baum, Halbritter, Benda, Geyer und Wassermann über Schädlinge und Krankheiten der Obstbäume und Reben Vorträge und Demonstrationen abhielten. Auch diese Feierlichkeiten fanden in dem großen Saale der pflanzenphysiologischen Versuchsstation statt; den Fenstern entlang waren zahlreiche Pläne und Malereien der Schüler aufgestellt, die seitens der Gäste vielen Beifall fanden. Anfang und Schluß der Feier bildeten vorzügliche Chorgesänge der Schüler unter Leitung des langjährigen Dirigenten Lehrer Wollstädter.

An Exkursionen und Studienreisen haben 1897/98 nachstehende stattgefunden: 23. April, Eleven und Gartenschüler mit Obergärtner Glindemann nach Frankfurt a. M. zur Besichtigung des Palmengartens und hervorragender Gärtnereien. 22. Mai, Eleven und Gartenschüler

unter derselben Leitung zur Besichtigung der Gärtnerei von Weber u. Co. und zum Studium der Parkanlagen im Nerothale zu Wiesbaden. 26. September bis 2. Oktober Studienreise mit den Gartenschülern und Eleven unter derselben Leitung nach dem Odenwalde. Es wurden besucht Obernburg a. M. mit seiner Obstverwertungs-Genossenschaft und einer Bienenzucht-Ausstellung, die Fürstl. Hofgärtnerei zu Amorbach, Miltenberg a. M. und die dortige Samen- und Klenganstalt von Steingässer & Co., Schloß Waldleiningen und sein Park, der botanische Garten und der Schloßgarten in Heidelberg, der Park von Schwegingen, die städtischen Anlagen von Mannheim, der Donnersberg mit dem Königsstuhl, Münster am Stein mit dem Rheingrafenstein und der Ebernburg und die Kuranlage von Kreuznach.

In der Zeit vom 27. September bis 3. Oktober 1897 führte Fachlehrer Zweifler die Obst- und Weinbauschüler und einen Teil der Eleven an die Mosel und an die Saar. Die bei dieser Gelegenheit berührten Orte sind Koblenz, Marienburg, Enkirch, Traben und Trarbach, Bernkastel, Josephshof, Trier und die dortige Weinbauschule nebst mehreren Kellereien, der Maximiner Grünhäuser Herrenberg, Langjur und Grevenmacher im Luxemburgischen, Wiltingen an der Saar, der Scharzhof und Offen mit seiner großartigen Neuanlage der Königl. Domäne. Außerdem sind noch unter Leitung des Fachlehrers Zweifler folgende weinbauliche Exkursionen unternommen worden: am 16. Oktober nach Aßmannshausen in die Domanial-Weinberge zur Lese; am 10. November ebenfalls in die Domanial-Weinberge zu gleichem Zwecke nach dem Steinberge und Eberbach; am 9. Dezember in die Kellereien von Wilhelm j in Hattenheim und am 18. Dezember nach Schloß Johannisberg in die Fürstl. Metternich'schen Weinberge und Kellereien.

Angesichts so vieler Exkursionen, Ausflüge und Reisen darf wohl gesagt werden, daß die Anstalt auch in dem verflossenen Zeitabschnitte alles that, was zur besseren Ausbildung der Schüler auf diesem Wege geschehen konnte. Der Vorteil solcher Unternehmungen für die Schüler liegt ohne weiteres auf der Hand und zu wiederholtem Male haben die beteiligten Lehrer ausgesprochen, wie derartige Belehrungen inmitten der Praxis den Unterricht auf das Wertvollste unterstüßten und den Schülern Vorteile bringen, die durch den Unterricht allein nicht hätten erreicht werden können.

Solche Ausflüge sind aber nur mit Unterstützung seitens der Besizer und der Leiter von Verwaltungen möglich. Lehrer und Schüler haben bei allen diesen Gelegenheiten ein so bereitwilliges Entgegenkommen und so freundliche Aufnahme gefunden, daß es der Anstalt eine angenehme Pflicht ist, auch an dieser Stelle noch einmal für die so reichlich gewährte Unterstützung zu danken.

3. Periodische Kurse.

a) Nachkursus zum Obstbau- und Baumwärterkursus in der Zeit vom 16. bis 21. August.

Derselbe wurde von 17 Lehrern, 9 Privaten und 9 Baumwärtern, insgesamt von 35 Personen besucht, davon haben 3 am Obstbaukursus

im Frühjahr nicht teilgenommen. Die Unterweisung in der Obstverwertung litt infolge baulicher Veränderungen einigermaßen not, doch konnten die wichtigsten Arbeiten in einem für diesen Zweck aufgeschlagenen Schuppen vorgenommen werden.

b) Obstverwertungskurse für Frauen und für Männer.

Diese Kurse mußten, wie vorher schon angedeutet, infolge baulicher Veränderungen leider ausfallen.

c) Winzerkursus.

Derselbe fand in der Zeit vom 19. Januar bis 9. Februar statt; er wurde von 21 Personen besucht, von denen 5 Beihilfen des Rheingauer Vereins für Obst-, Wein- und Gartenbau und 6 Beihilfen des Rheingaukreises erhielten. Wie im Vorjahre schloß sich an diesen Kursus eine öffentliche Belehrung über das Veredeln der Reben mit vorjährigem Holze, welcher dann auch am 16. Juni eine Unterweisung in der Grünveredelung der Reben folgte. Dieser Kursus findet je länger je mehr in der Bevölkerung Anklang und wirkt auf die Weinbau treibenden Kreise offenbar günstig ein; speziell im Rheingau ist dies deutlich ersichtlich.

d) Kursus über Herstellung und Behandlung der Obstweine.

Er wurde in der Zeit vom 16. Februar bis 5. März abgehalten und von 15 Personen besucht; ausführlichere Mitteilungen befinden sich in dem Berichte über die Thätigkeit der önochemischen Versuchsstation.

e) Reblauskurse.

Vom 16. bis 18. Februar fand ein 3 tägiger Kursus für die hierbei interessierten Schüler statt, an welchem deren 32 teilnahmen.

Der andere Kursus wurde in der Zeit vom 23. bis 26. Februar abgehalten und von 34 Personen besucht.

f) Obstbaukursus.

Dieser Kursus wurde in der Zeit vom 1. bis 23. März abgehalten und von 46 Personen besucht, von denen 23 Lehrer waren. Der komniunalständische Verband schickte diesmal wieder 3 Wegemeister, welche Anordnung im Interesse des Obstbaues an Straßen mit Freude zu begrüßen ist.

g) Baumwärterkursus.

Gleichzeitig mit dem Obstbaukursus fand der Baumwärterkursus statt, der von 25 Personen besucht wurde. Unter denselben waren 8 auf Kreiskosten, 5 auf Gemeindekosten und 1 auf Kosten eines Ortsvereines für Obst- und Gartenbau entsendet worden, woraus zu ersehen ist, daß das Interesse der Kreise und Gemeinden für den Obstbau ein gleichmäßig reges ist; 4 Wegewärter entsendete der kommunalständische Verband zur Förderung des Obstbaues an den Straßen.

h) Kursus über Weingärung, Hefereinzucht u. s. w. vom 7.—19. März. Zahl der Teilnehmer 45 Personen; ausführlichere Mitteilungen befinden sich im Berichte über die Thätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation.

i) Kursus über Weinuntersuchung und Weinbehandlung vom 21. März bis 6. April.

Zahl der Teilnehmer 33 Personen; ausführlichere Mitteilungen befinden sich im Berichte über die Thätigkeit der önochemischen Versuchsstation.

k) Kursus über die San José Schildlaus.

Am 5. März wurde ein Kursus zur Unterweisung über die San José-Schildlaus (Aspidiotus perniciosus) abgehalten, an welchem sich 26 Personen beteiligten.

Die Gesamtzahl aller Schüler und Kursisten, welche die Anstalt seit ihrer Eröffnung besuchten, beträgt nun, bis zum 31. März 1898 gerechnet, 5090, wovon 931 eigentliche Schüler und 4159 Kursisten sind.

4. Bauliche Veränderungen.

In dem verflossenen Etatsjahre wurde der Anbau an die pflanzenphysiologische Versuchsstation fertig gestellt und mit der Erweiterung der önochemischen Versuchsstation begonnen, insofern die Räumlichkeiten der seitherigen Obstverwertungsstation in ein Laboratorium umgewandelt und mit der Versuchsstation in Verbindung gebracht werden sollen. Diese Abänderung war nur möglich, indem man einen besonderen Neubau für die Obstverwertungsstation errichtete. Eine Beschreibung dieses Baues und seiner jetzigen Einrichtung findet sich in dem Abschnitte II C über die Obstverwertungsstation.

5. Besuche.

Auch im vergangenen Etatsjahre ist die Anstalt von einer großen Zahl von Vereinen, Schülern, Fachleuten und Interessenten des In- und Auslandes besucht worden.

6. Bibliothek und Sammlungen; Geschenke.

I. Sammlungen.

A. Gekauft: Maulwurfsbau, Sammlung von Schlupfwespen, Vogelgruppen, Gipsmodelle von Obstfrüchten, Stereoskop mit Bildern, Torpille.

B. Geschenkt: Durch den Weidenbohrer zerstörter Apfelstamm; ineinander gesette Obstversandfässer; Schwämme vom Kreisbaumeister Kämpfer in Wetlar; Apfelhort als Festgabe des Prof. Stöger in Bützow-Mecklenburg; Präparate, Photographien und Zeichnungen von

Dr. Bastelberger - Eichberg; 30 Grassamenproben auf schönem Postamente von Steingässer & Co. in Miltenberg a. M.; Kollektion Düngemittel von C. Scheibler & Co. in Köln; Schlingrosen von Hofgärtner Poths in Königstein; Bienenwaben von C. Brosius zu Sayn bei Koblenz; 100jähr. Orleans-Weinstock von Frhr. v. ZwierleinGeisenheim; Zedernscheibe von der landw. Schule Hof Geisberg b. Wiesbaden; Wespennest von Lehrer vom Dahl aus Wahlbach; Orchideen von Hofgärtner Gräbener - Karlsruhe; Kollektion australischer Samen vom ehemaligen Schüler G. J. Wendel; von Run d s p a d e n - Langsur Knollen auf Birnenwurzeln.

II. Bibliothek.

A. Gekauft: Kirchner-Boltshauser, Atlas der Krankheiten
und Beschädigungen unserer landw. Kulturpflanzen.
Wollny, Die Zerseßung der organischen Stoffe und die Humus-
bildungen.

Chellazzi, Six Panel Studies of luscious fruit.
Hesdörffer, Handbuch der praktischen Zimmergärtnerei.
Hampel, Gärtnerische Schmuckplätze in Städten.
Nietner, Die königl. Gärten in Potsdam.

B. Geschenkt: Vom Ministerium: Engler - Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien (Fortsetzung); Denkschrift über die Bekämpfung der Reblaus-Krankheit. Von der Königl. geologischen Landesanstalt in Berlin: Agronomische Aufnahmen. Von dem Verfasser: H. W. Dahlen, Johannisberger Albumblätter. Durch Ankauf und Schenkung kamen zur Bibliothek hinzu etwa 50 Bände. Daselbst liegen 36 Zeitschriften zur Benutzung für Lehrer und Schüler auf.

II. Thätigkeit der Auftalt nach Junen.

A. Obfbau.

Der April war kalt und windig, die Vegetation aber für die Zeit doch ziemlich weit vorgeschritten. Mitte April begann die Pfirsichblüte und diejenige der Birnen im Spaliergarten; auch die Kirschen fingen zeitig an zu blühen und hatten dann ebenso wie die Birnen einen sehr reichen Ansah, obwohl das Blütenwetter falt war. Wie aber danach zu erwarten stand, fielen anfangs Juni zahlreiche junge Früchte ab, deren Samen offenbar nicht vollständig befruchtet waren. Troßdem gaben Birnen und Kirschen aber doch noch eine sehr reichliche Ernte.

Feinde und Krankheiten der Obstbäume wie Fusicladium, Sphaerella, Anthonomus und Blutlaus traten sehr stark auf; man könnte im Rückblick auf die lezten Jahre meinen, daß diese Schädlinge immer mächtiger werden.

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