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als die Fehden der englischen und französischen Kaufleute, entsprang daraus, und drohte mehrmals dem jungen Reiche den Untergang; bis endlich die Gewandtheit und Kraft seiner Beherrscher alle Feinde zu Boden warf, und gegenwärtig diktirt dort, wo die brittischen Waffen nicht hinreichen, der brittische Name allein Gehorsam und Gefeße.

Die Kämpfe der Europäer mit den indischen Des spoten, von Dupleirs erstem Versuche bis auf die Eroberung von Bengalen durch Clive, gleichen denen der Spanier in Amerika zu den Zeiten eines Cortez und Pizarro. Die damalige Furchtbarkeit der Spanier grün. dete sich auf die völlige Unbekanntschaft der Amerikaner mit der Feuerwaffe, der Schrecken, den die Franzosen und Engländer unter den Heeren der ostindischen Mohammedaner verbreiteten, auf die vollkommnere Feuerwaffe der Europäer. Der durch gänzliche Demoralisirung gesunkene Muth der Ostindier trug auch das Seinige hei; aber durch Jahrhunderte an die blutigsten Kriege gewöhnt, kann natürliche Feigheit allein nicht die Urfache ihrer Niederlage gewesen seyn, und wo die Übermacht ein gewisses Verhältniß überschreitet, kann auch die Taktik allein nicht mehr der Minderzahl den Sieg verleihen. Mittel der Zerstörung, die durch das Übers raschende ihrer Wirkung in Erstaunen seßen, können da nur den Sieg über unendlich zahlreichere, kriegsges wohnte Haufen einem Häuflein sichern; welches dann freilich, nach einigen abgelegten Proben, durch den hinterlassenen Eindruck eine solche Furchtbarkeit erhält, daß vor seinem bloßen Anblicke schon Alles flieht. Dieses war der Fall in Ostindien. Eine elende Luntenflin te, und die unbehilflichsten Kanonen, die kaum zu be

wegen waren, und in einer Viertelstunde nicht mehr als einmal, ohne Wirkung, feuerten, waren die Feuerwaffen der indischen Heere, die sich nur an ihrem Knalle ergeßten und betäubten, den Kampf selbst aber im mer im Handgemenge ausmachten. Mit gewohnter Hiße rannen sie in den ersten Kämpfen auf die Europäer los; aber bevor ihr Säbel dieselben erreichen konnte, lagen ganze Reihen schon zu Boden gestreckt. Dieses unges wohnte Schauspiel überraschte sie wie ein Wunder, und einige Male so gewißigt, durften die Europäer sich nur zeigen, um zu siegen. Das erste indische Heer von 10,000 Mann, welches einige hundert Franzosen vor Madras in die Flucht schlugen, hatte Tags vorher den verwegensten Sturm auf die Festungswerke von Madras angelegt, und die noch unverlegten Mauern zu erklettern gesucht. Die Leichen dieser Indier aber füllten die Graben, bevor noch einer von ihnen einen Franzosen verwunden konnte. Uls Tags darauf die Franzosen aus fielen, griff die indische Reiterei sie muthig an; 6 Kanonen aber lichteten ihre Reihen, bevor sie kaum die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten. Kein Wunder, daß diese Krieger gegen solche Feinde sich als wehrlos betrachteten. Uns Europäern würde es eben so ergehen, wenn plößlich ein Feind mit Geschüßen sich zeigte, des ren eines so wirksam als hundert der unsrigen wäre.

Dieses Verhältniß jedoch erlitt eine Änderung, nachdem die Franzosen nicht mehr mit den Engländern um die Herrschaft in Ostindien unter eigner Fahne zu ringen vermochten. Sie wurden nun die Lehrmeister der indischen Heere in europäischer Disziplin und Kriegskunst, und fanden die gelehrigsten Schüler. Ihr langer Aufenthalt in Indien, und das Ansehen, welches sie

unter Dupleirs Verwaltung und Bussys Führung dort genossen hatten, schuf ihnen einen so dauernden Einfluß bei den einheimischen Mächten, daß sie dem brittis schen Reiche größere Gefahren nach ihrer Vertreibung bereiteten, als zu der Zeit, als sie noch unter eigner Fahne dagegen kämpften. Der Sultan von Mysore und die Mahratten wurden nacheinander durch französischen Unterricht furchtbare Gegner des brittischen Reiches.

Zu derselben Zeit, als das neue brittische Reich am Ganges gegründet wurde, ereigneten sich in ganz Indien bedeutende politische Umwälzungen. Im Norden stritten Mahratten und Mohammedaner um die Oberherrschaft; die Schlacht von Paniput (1761) that zwar auf kurze Zeit den ehrgeizigen Entwürfen der Ersteren Einhalt; allein der Thron von Delhi ward nicht minder ein Raub der Usurpazion unter den Mohammedanern felbst. Schach Aulum, den 1760 die Rebellen, nachdem sie seinen Vater umgebracht, zum Großmogul ausriefen, wagte nicht, sich nach Delhi zu begeben, und fah sich schon 1762 gezwungen, als Flüchtling bei den Engländern Schuß zu suchen; welche ihm ein kleines unabhängiges Gebiet unter ihrem Schuße, und Alhadabad zur Hauptstadt anwiesen, und ihm nebstdem die erwähnte jährliche Rente von einigen Millionen Rupien bezahlten. Seine Eitelkeit aber, die nach dem Glanze des delhischen Thrones lüstern war, verleitete ihn, den Einflüsterungen eines ehrgeizigen und herrschfüchtigen Mahrattenhäuptlings, Namens Madhaji-Scin= diah, Gehör zu geben, und sich 1771 von ihm nach Delhi zurückführen zu lassen; wider den Rath der Engländer, die ihm nun die Pension entzogen. Er bereute aber bald den gethanenen Schritt; denn der Mahratte

stürzte den bethörten Kaiser in einen Schlund des Aufruhrs, der ihm die bittersten Leiden bereitete, und ufur pirte zuleßt seine ganze Gewalt.

Im äußersten Süden Indiens entthronte 1763 ein Mohammedaner, Namens Hyder-Aly, den Rajah von Mysore, einen Hindufürsten, in dessen Diensten er Kriegsbefehlshaber war. Er erweiterte seinen Staat vom Flusse Kistnah bis zum Vorgebirge Comorin, an der Südspite der ostindischen Halbinsel, und beherrschte ihn unter dem Titel eines Sultans von Mysore.

In dem mittlern Theile Indiens bedrängten der neue Sultan von Mysore und die Mahratten den Staat des Nizams, oder des Subahs von Deckan, der 1766 sich unter brittischen Schuß begab. Die Mahratten "for="\ derten überdieß den Chout, oder die Raubsteuer von allen Theilen Indiens, wo ihre Waffen gefürchtet waren.

Hyder Uly und Madhaji - Scindiah waren Mäns ner von außerordentlichen Talenten und feltenem Unternehmungsgeiste, und beide gaben dem indischen Kriegswesen eine ganz neue Gestalt. Der Erstere war während des Kampfes der Engländer und Franzosen auf der Küste von Koromandel, von 1757 bis 1761, mehrmals Bundesgenosse der Franzosen gewesen, die er gegen die Engländer unterstüßte; deren wachsende Macht sein scharfer Blick voraussah. Hierdurch schon lange mit den Franzosen in Verbindung, nahm er nach Vollendung seiner Usurpazion eine Menge französischer Abenteurer in seine Dienste, und gab allen indischen Mächten das erste Beis spiel von Einführung europäischer Disziplin und Kriegs, kunst, und mit dem glücklichsten Erfolge. Der Schuß, den die Engländer 1766 dem Nizam verliehen, brachte Sie schon 1767 mit Hyder Ali aneinander, und das

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ganze übrige Leben dieses unternehmenden Sultans war, bis an seinen Tod 1782, ein beständiger Kampf mit den Engländern. Auch sein Sohn und Nachfolger TippoSaib kannte durch seine ganze Regierung hindurch (von 1782 bis 1799) keinen andern Ehrgeiz, als die Bertilgung des brittischen Namens in Ostindien.

Die Mahratten, deren Sinn nach Vertilgung aller fremden Herrschaft über Indien niemals erlosch, waren während des Kampfes der Europäer bald die Bundesgenossen der Engländer, bald der Franzosen gewesen, und ihre Häupter verkauften beiden ihre Dienste wechfelweise um Geld, wie die ehemaligen Condottieri in Europa. Nachdem aber die Engländer über die Franzosen triumphirt hatten, waren auch die Mahratten beständig ihre natürlichen Feinde; und um so mehr, als die brittische Herrschaft auf jedem Schritte dem abenteuerlichen, unruhigen Raubgeiste dieses Volkes hinderlich war. Während die Engländer mit Hyder-Uly im Kampfe waren, erstanden ihnen neue Feinde in den PunahMahratten, die 1774 einen Bund mit dem Sultan von Mysore schlossen. Es gehörte die ganze Kraft der Admi nistrazion des Lord Hastings dazu, das neue brittische Reich gegen diese vereinigten Feinde zu behaupten. Der Krieg mit den rebellischen Provinzen in Nordamerika war damals am Vorabende seines völligen Ausbruches, und nahm die ganze Aufmerksamkeit Englands in Anspruch. Nur wenige königliche Truppen befanden sich in Ostindien, und der Krieg mußte mit den eingebornen indischen Sepoys geführt werden. Diese waren aber feit 1762 neu organisirt, und eine große Anzahl brittischer Offiziere ihnen zu Führern gegeben worden. Ihre Treue und Anhänglichkeit an die brittische Regierung, die sich

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