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Der Feldzug in Weft-Deutschland.

Wir haben die kriegerischen Begebenheiten nachzutragen, welche sich im Westen Deutschlands entwickelten, während und meist nachdem im Osten bereits die großen Entscheidungen gefallen waren.

Bekanntlich hatte man in Frankfurt den Beschluß zu Stande gebracht, vier Bundes- Korps, das VII., VIII., IX. und X. zur Exekution gegen Preußen mobil zu machen. Hiervon gelangten indeß nur die beiden ersten wirklich zur Aufstellung, welche demnächst als deutsche Bundes - Armee gegen den deutschen Bundesstaat Preußen in den Kampf geführt wurden.

Das VII. Korps bestand aus der bayerischen Armee, das VIII. aus den württembergischen, badischen und Hessen-darmstädtischen Kontingenten, zu welchen noch eine aus den Besatzungs- Truppen der Bundes-Festungen gebildete österreichische Brigade und das zum IX. Bundes-Korps gehörige nassauische Kontingent stießen.

Auch die kurhessischen Truppen sollten hinzutreten; da sie indeß ohne Kriegs - Ausrüstung und also nicht schlagfertig waren, so wurden sie zur Verstärkung der Besatzung von Mainz verwandt, und nur zwei Eskadrons als Divisions-Kavallerie dem VIII. Korps überwiesen.

Von den Kontingenten des X. Bundes- Korps und der ReserveDivision waren Weimar, Meiningen, Schaumburg-Lippe und Reuß als Ablösung der preußischen und österreichischen Truppen nach den Bundes-Festungen gerückt, Braunschweig blieb einstweilen neutral, alle Uebrigen schlossen sich Preußen an.

Anlage 28.

Die als Anlage beigefügten Ordres de bataille geben Stärke und Zusammensetzung der Bundes - Armee.

Den Oberbefehl über dieselbe erhielt Prinz Karl von Bayern, welcher zugleich kommandirender General der bayerischen Truppen war. Obwohl über siebzig Jahre alt, besaß dieser Fürst doch noch große geistige Regsamkeit. Seine Geburt, seine Kriegserfahrung und militairische Vergangenheit ließen ihn besonders geeignet erscheinen, die schwierige Aufgabe Einigung so vieler verschiedener Elemente zu lösen.

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Als Chef des Generalstabes fungirte General v. d. Tann. Dieser hatte in den Feldzügen 1848-1850 in Schleswig-Holstein den Ruf eines tapfern und unternehmenden Offiziers gewonnen. Er hatte eine schnelle und glänzende Laufbahn zurückgelegt.

Zum kommandirenden General des VIII. Korps wurde der Prinz Alexander von Hessen ernannt, welcher früher in russischen, sodann in österreichischen Diensten stand. Er hatte sich in der Kampagne 1859 einen guten Namen gemacht und war schnell zum Feldmarschall - Lieutenant und Divisions - Kommandeur avancirt. Als Chef des Generalstabes bei ihm fungirte der württembergische General v. Baur.

Die gesammte Bundes - Armee sollte über 90,000 Kombattanten zählen. Diese Stärke wurde indeß nicht erreicht, da beim Ausbruch des Krieges die Mobilmachung der einzelnen Kontingente nicht überall vollendet war.

Die meisten der süd- und mitteldeutschen Staaten hatten zwar schon im Frühjahr gerüstet, als der Krieg drohte, sie waren aber nicht fertig, als derselbe eintrat, theils weil man an den Ernst der Sache nicht recht geglaubt hatte, theils weil die Vorbereitungen im Frieden fehlten, welche für die Bereitschaft im Kriege unentbehrlich sind.

In Bayern waren Anfangs April Pferde - Ankäufe angeordnet und, bei den vorhandenen starken Vakanzen, Beurlaubte einberufen worden. Zugleich wurde für das im März schon entlassene 1% älterer Mannschaften das gewöhnliche Rekruten-Kontingent eingereiht. Als durch die Abrüstungs- Frage die Lage der Dinge sich friedlicher

zu gestalten schien, stellte man die Pferdekäufe ein, aber schon Anfangs Mai begannen sie von Neuem. Am 10. Mai erging der Befehl zur Mobilmachung der ganzen Armee und folgenden Tages wurde der gesammte Beurlaubtenstand einbeordert.

Die vorhandenen Friedens - Kadres waren sehr schwach und lückenhaft. Bei der Infanterie hielt man immer eine große Zahl von Offizier- und Unteroffizier - Stellen vakant; die Kompagnien hatten außer den Anfangs April eingestellten Rekruten nur 25 Leute im Dienst, während der Kriegs-Etat incl. Unter-Chargen 127 Mann erforderte. Aehnlich stellte sich das Verhältniß bei den anderen Waffen.

Neben Komplettirung der vorhandenen Kadres auf die Kriegsstärke waren aber auch noch sehr bedeutende Neu- Formationen in Aussicht genommen. Es sollten per Infanterie - Regiment noch andere zwei Bataillone, per Kavallerie-Regiment eine Reserve - Eskadron, sodann eine entsprechende Anzahl neuer Batterien, Sanitäts- Kompagnien und Fuhrwesen - Eskadrons errichtet werden. Außerdem waren sämmtliche Depot - Abtheilungen, die Feldspitäler, Verpflegungs-Abtheilungen und Lebensmittel - Kolonnen noch erst zu formiren.

Zur Aufstellung der mobilen Armee mußten sonach die größten Anstrengungen gemacht werden. Die Ausfüllung der Friedens - Vakanzen sowie die nothwendigen Neu - Formationen konnten nur auf Kosten der vorhandenen Stämme bewirkt werden, und zur Beschaffung von Mannschaften mußte man auf Leute zurückgreifen, die seit vier bis sechs Jahren außer jedem militairischen Verbande gewesen waren.

Besondere Schwierigkeit bot sodann die Beschaffung der Pferde. Da eine Zwangsaushebung gesetzlich nicht zulässig war, das Land auch nicht die genügende Anzahl zu stellen vermochte, so blieb man auf den Ankauf im Auslande angewiesen.

Unter solchen Umständen waren die beabsichtigten Formationen bei Ausbruch des Krieges noch bei Weitem nicht vollendet Die Bataillone waren nicht vollzählig, die Feldspitäler und Kolonnen fehlten fast gänzlich.

Die Vertheilung dieser Truppen Mitte Juni ist in einem früheren Abschnitte angegeben worden.

Noch weiter als Bayern blieben Württemberg und Baden in ihren Rüstungen zurück.

In Württemberg war zwar auch schon am 5. Mai der Befehl zur Mobilmachung der Truppen erlassen, doch kam diese nur sehr allmählig zur Ausführung.

Mitte Mai wurde eine zwangsweise Pferde-Aushebung ausgeschrieben, auch eine Anzahl Mannschaften eingezogen; die eigentliche Einberufung der Urlauber verzögerte sich aber bis Anfang Juni, und erst Mitte des Monats trafen dieselben bei den Fahnen ein.

In Baden hatte die Regierung, um sich einigermaßen in Uebereinstimmung mit den Rüstungen der anderen füddeutschen Staaten zu setzen, Anfangs Mai bei den Kammern eine Geldbewilligung behufs Anschaffung von Pferden und Einberufung von Mannschaften beantragt. Da indeß weder Regierung noch Stände besondere Eile an den Tag legten, so kam die Anleihe erst Anfangs Juni zu Stande. Mitte des Monats folgten dann auf Grund der Bundesbeschlüsse weitere Kredit-Bewilligungen und die zur Mobilmachung nöthige Ermächtigung Seitens der Kammern. Am 17. Juni endlich wurden. die Urlauber einberufen.

Nur in Hessen- Darmstadt und Nassau war man schneller zu Werk gegangen. In beiden Ländern begannen schon Mitte Mai Pferde-Aushebung und Einstellung von Mannschaften; Mitte Juni wurden die Truppen marschfähig.

Dennoch überraschte der Ausbruch des Krieges alle süddeutschen Staaten, bevor sie schlagfertig waren.

Während des ersten Abschnitts der nun sich entwickelnden Operationen berechnen sich die gegenseitigen Stärke-Verhältnisse in runden Zahlen folgendermaßen:

Preußische Main-Armee: 45,000 Mann, 97 Geschütze.

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