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in Funktion, so daß jede Stockung in den Geschäften vermieden wurde.

General v. Beyer endlich war am 17. bis Kirchhain und Neustadt marschirt. Auch er konnte die Eisenbahn nicht benutzen, weil die Schienen stellenweis ausgehoben und das Material zum Transport der kurhessischen Truppen nach Cassel fortgeführt war.

Der General ließ seinerseits die Bahn nach Frankfurt gründlich zerstören, um sich im Rücken gegen die dortige Versammlung der Bundestruppen zu sichern; in nördlicher Richtung wurde durch abgeschickte Beamte das unterbrochene Geleise wieder hergestellt.

Man erfuhr, daß in der vergangenen Nacht die kurhessischen Truppen aus Cassel abgezogen seien und zugleich, daß bedeutendes Kriegs-Material zurückgeblieben wäre. Um dessen Abführung zu verhindern, mußte die nach Bebra führende Eisenbahn möglichst bald zerstört werden.

Es wurde zu dem Ende in Marburg aus vorgefundenem Material ein kleiner Zug zusammengestellt, welcher eine Kompagnie bis Gensungen beförderte. Von dort marschirte diese bis Melsungen an der Friedrich-Wilhelms - Nordbahn, wo sie ihren Auftrag ungehindert ausführte.

Durch einen glücklichen Zufall stand auf dem dortigen Bahnhof ein ziemlich bedeutender Konvoi lecrer Wagen, dessen man sich bemächtigte und damit nach Guntershausen fuhr. Ein daselbst stehendes Detachement furhessischer Truppen wurde gefangen genommen und das vorhandene Eisenbahn-Material mit Beschlag belegt. Mit zwei starken Zügen fuhr die Kompagnie am 18. früh der Division wieder entgegen, welche inzwischen bis in die Gegend von Gilserberg vorgerückt war.

Der General v. Beyer dirigirte nun sofort einen großen Theil seiner Truppen nach Zimmersrode, von wo die Eisenbahntransporte 19. u. 20. Juni. zunächst bis Guntershausen begannen.

Bis zum 19. Mittags waren 5 Bataillone, 1/2 Eskadron und 1 Batterie dort versammelt und an ihrer Spige rückte noch am

selben Abend General v. Beyer in Cassel ein. Am 20. folgte theils per Bahn, theils per Fußmarsch über Fritzlar der Rest der Division.

Wie in Hannover, wurde auch in Cassel eine preußische Regierung eingesetzt und nur die kurfürstlichen Minister wurden ihrer Aemter enthoben. Der Kurfürst selbst, welcher Wilhelmshöhe nicht verlassen hatte, blieb dort zunächst internirt, wurde dann aber, nachdem er den von Preußen erneuten Bündniß - Vorschlag nochmals abgelehnt hatte, nach Minden und später nach Stettin gefüi hrt.

Dem Korps des General v. Beyer, welches im Frieden keinen organischen Truppen-Verband gebildet hatte, sondern, wie bereits erwähnt, im leßten Augenblicke aus einzelnen Regimentern zusammengestellt worden war, fehlte Vieles am Ausrüstungs- Material, und es waren daher die in Cassel aufgefundenen Vorräthe besonders willkommen. Die Feld- Equipage der Regimenter wurde komplettirt, ein Lazareth, eine Proviant Kolonne, eine Feld-Intendantur - Abtheilung eingerichtet und ein Pferde-Depot durch Lieferungs-Ausschreibung gebildet.

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General v. Falckenstein hatte Befehl erhalten, vor allen Dingen die hannöversche Armee außer Wirksamkeit zu seyen und womöglich zu entwaffnen, um seine Truppen demnächst für andere Operationen disponibel zu haben.

Wenn es demnach wünschenswerth war, mit der Division Goeben so schnell wie möglich nach Göttingen vorzurücken, so konnte doch Hannover nicht ohne Besayung bleiben. Es mußten daher zunächst die Truppen des Generals v. Manteuffel, welcher unter Befehl des Generals v. Falckenstein gestellt war, herangezogen werden.

Noch im Laufe des 18. gelang es, einiges Eisenbahn- Material zu sammeln und nach Lüneburg zu senden; auch war es möglich gewesen, bei Lauenburg zwei Lokomotiven der Berlin-Hamburger Bahn auf der dortigen Dampffähre über die Elbe zu sehen und schon in der Nacht auf den 19. konnte der Transport des bei Lüneburg stehenden Detachements Korth nach Hannover beginnen.

Die Division Goeben trat demzufolge am 19. den Marsch auf Göttingen an und gelangte bis zur Linie Nordstemmen-Hildesheim am 20. bis in die Höhe von Alfeld.

Die nach Göttingen führenden Eisenbahnen waren so gründlich zerstört, daß ihre Wiederherstellung mehrere Tage in Anspruch nahm. Der Transport des Detachements Korth wurde am 19. fortgesetzt. Dasselbe hatte am 20. in Hannover Ruhe.

General v. Flies marschirte am 19. nach Bergen, am 20. bis Celle.

Auf hannöverscher Seite war es unter zum Theil sehr großen Anstrengungen gelungen, sämmtliche Truppen des Kontingents mit Ausnahme weniger kleiner Abtheilungen bis zum 18. um Göttingen zu versammeln. Dasselbe hatte so einen bedeutenden Vorsprung gewonnen und konnte auf einige Tage Ruhe rechnen. Die Mobilmachung der hannöverschen Armee war erst am 17. befohlen, und man suchte jet, soweit die Mittel dazu vorhanden, sich in einen operationsfähigen Zustand zu versetzen. Der Abmarsch nach dem Süden war überall in der größten Eile vor sich gegangen, und die Truppen hatten sich daher im Allgemeinen nur in ungenügender Weise mit Feld-Ausrüstung versehen. Judeß konnten noch vor der Ankunft der Preußen bedeutende Nachschübe an Bekleidungs- und Ausrüstungs- Material, an Waffen und Munition aus den Zeughäusern in Hannover per Eisenbahn nach Göttingen herangeschafft werden. Hierdurch wurde es möglich, die Truppen einigermaßen feldmäßig auszurüsten und besonders die in Folge des BundesBeschlusses vom 14. Juni zu den Fahnen einberufenen Beurlaubten, von welchen gegen 3000 Mann in Göttingen zur Armee stießen, einzukleiden und zu bewaffnen. Dem Mangel an Pferden suchte man durch Ankauf und Aushebung möglichst abzuhelfen, so daß wenigstens sämmtliche Feld-Batterien und die sonst noch vorhandenen ReserveGeschütze nach dem Friedens - Etat bespannt wurden. Die MunitionsKolonnen, der Ponton-Train, das Feld-Lazareth und sämmtliches Fuhrwesen bei den Truppen blieben jedoch auf Vorspann angewiesen.

Im Wesentlichen war die Armee bis zum 20. in leidlich operations- und schlagfähigen Zustand gebracht. Die Bataillone zählten im Durchschnitt 700 Mann, die Eskadron etwa 90 Pferde. Die Gesammtstärke der Armee betrug 15,000 Mann Infanterie (incl. 2000 noch nicht ganz ausgebildeter Rekruten), 2000 Pferde, 42 Geschütze (darunter 22 gezogene 6pfünder) und außerdem noch 10 ReserveGeschütze. Sie war in vier Infanterie-Brigaden, denen die nöthige Kavallerie und Artillerie beigegeben war, in die Reserve - Kavallerie und Reserve-Artillerie eingetheilt. Näheres geht aus der in Anlage 3b. befindlichen Ordre de bataille hervor.

So lange die Armee sich im Organisiren befand, mußte man sich auf die Defensive bei Göttingen beschränken. Man traf also zunächst Maßregeln, um sowohl dem Vorrücken des Feindes möglichst viel Schwierigkeiten zu bereiten, als auch einem etwaigen Angriff vortheilhaft zu begegnen.

Je eine Brigade wurde auf den Straßen nach Hannover, nach Münden und nach Witzenhausen vorgeschoben, der Rest der Truppen um Göttingen in Kantonnements untergebracht.

Auf die Nachricht von der Besetzung Cassels wurden die Bahn dorthin unfahrbar gemacht, der Werra-Uebergang bei Münden zur Vertheidigung eingerichtet, weiter zurück im Schede- Thal TerrainVerstärkungen angebracht und eine vortheilhafte Position südlich Dransfeld verschanzt. Auch auf der Straße nach Witzenhausen gingen Truppen bis an die Leine vor und besetzten deren Uebergänge. Gegen den von Hannover anmarschirenden Feind wurde eine Stellung bei Nörten ausgesucht und mit deren Verschanzung begonnen.

Ueber die demnächstigen Operationen waren die Meinungen von Anfang an getheilt gewesen. In dem Maße aber, wie die Truppen schlagfähiger wurden, gelangten im Rathe des Königs die Stimmen zur Geltung, welche den Marsch nach dem Süden zum Anschluß an die Bayern vertraten, und am 20. wurde der Befehl zum Aufbruch

für den nächsten Tag gegeben.

Man wollte anfangs den geradesten Weg über Wigenhausen, Allendorf und Eschwege nehmen. Da man aber erwarten konnte,

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21. Juni.

dort auf Truppen der Division Beyer zu stoßen und dann in den schwierigen Defileen der Werra und des Meißner durch ungünstige Gefechtsverhältnisse aufgehalten zu werden, so wurde noch im letzten Augenblick die Richtung auf Heiligenstadt vorgezogen.

Am 21. Juni trat sonach die Armee ihren Marsch an und erreichte unangefochten die Gegend von Heiligenstadt. Die Avantgarde wurde gegen Mühlhausen bis Helmsdorf vorgeschoben. Die Arrieregarde, welche den Tag über Nordheim noch besetzt hielt, ge= langte am Abend bis Geismar, 12 Meile südlich Göttingen.

Daß die Hannoveraner versuchen würden, durch das Eichsfeld zu entkommen, hatte man in Berlin vermuthet und die Maßregeln dagegen vorgesehen.

Schon am 20. Juni erhielt General v. Schack in Magdeburg darauf bezügliche Anweisung. Derselbe sandte am 21. 2 Bataillone des 3. Brandenburgischen Landwehr- Regiments Nr. 20 und die ErsatzEskadron des Magdeburgischen Husaren-Regiments Nr. 10 unter General v. Seckendorf per Eisenbahn nach Nordhausen ab, von wo sie noch an demselben Abend bis gegen Bleicherode vorrückten. Die Bataillone waren 400 Mann, die Eskadron circa 100 Pferde start.

Auch die Kommandantur von Erfurt erhielt Befehl, von der Festungsbesatzung 3 Landwehr-Bataillone, eine Besagungs - Eskadron und eine Ausfall - Batterie nach Eisenach zu dirigiren.

Nachdem Seine Hoheit der Herzog von Coburg-Gotha sich bereits früher für Preußen erklärt hatte, wurde auch dessen in Gotha zusammengezogenes Füsilier-Regiment nach Eisenach dirigirt.

Somit standen am 21. 5 Bataillone, 1 Eskadron, 1 Batterie, zusammen 2250 Mann Infanterie, 75 Pferde, 4 Geschütze bei Eisenach, über welche der Oberst v. Fabeck, Kommandeur des gothaischen Regiments, den Befehl übernahm. Die preußischen Landwehr - Bataillone zählten durchschnittlich nur 350 Mann und auch die gothaischen Bataillone kaum 650 Mann, da das Regiment seine Mobilmachung noch nicht vollendet und namentlich die Reserven erst theilweis eingekleidet hatte.

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