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11. Juni.

12. Juni.

Die Abgeordneten verließen in Folge dessen am 11. Itehoe, ohne daß die geringste Störung der öffentlichen Ruhe vorkam. Die Bevölkerung verhielt sich völlig passiv.

General v. Manteuffel setzte seinen Marsch auf Altona fort, erreichte Borstell und Thimen und besetzte Pinneberg.

Die Desterreicher, welche Kantonnements um Altona inne hatten, zogen sich bei Annäherung der Preußen ganz nach der Stadt hinein. Inzwischen waren von den als Ersatz nach dem Herzogthum Schleswig bestimmten preußischen Truppen das 16. und 17. Landwehr-Regiment vorläufig nach dem Lauenburgischen instradirt und, vereint mit den dort stehenden beiden Eskadrons des Magdeburgischen Dragoner-Regiments Nr. 6, 5000 Mann stark, dergestalt auf Altona in Bewegung gesetzt worden, daß sie bereits die Gegend von NeuBalsdorf, einen Marsch von Altona, erreicht hatten.

Die Lage des F.-M.-L. v. Gablenz war die schwierigste geworden. Die Verhältnisse drohten stündlich zu einem Waffen-Konflikt zu führen. Auf der Elbe bei Altona lagen das preußische Panzerschiff Arminius und mehrere Kanonenboote. Wurde die KriegsErklärung ausgesprochen, so stand die Brigade Kalik ohne Rückzug dreifachen Kräften gegenüber.

Unter diesen Umständen faßte F.-M.-L. v. Gablenz einen schnellen Entschluß, und ging in der Nacht vom 11. zum 12. mit seinen Truppen nach Harburg, von wo sie in den nächsten Tagen per Eisenbahn weiter nach Süddeutschland transportirt wurden.

General v. Manteuffel rückte am 12. in Altona ein; das von Lauenburg kommende Detachement besetzte Wandsbeck.

Die Operationen des General v. Manteuffel waren so angelegt und mit solchen Kräften ausgeführt, daß sie bei der Unmöglichkeit des Entsages, die schwache österreichische Brigade von der Nothwendigkeit entband, ein Gefecht für die Ehre ihrer Waffen liefern zu müssen, und es war eine glückliche Fügung, daß es zwischen Preußen und Desterreichern nicht auf demselben Boden zum Blutvergießen kam, den sie als Freunde und Kampfgenossen betreten hatten.

Mußte auf diese Weise Oesterreich die Herzogthümer ohne Schwertstreich verlassen, so konnte man um so mehr darauf gefaßt sein, daß es seine Ansprüche auf einem anderen Felde geltend machen werde. In der That erfolgte jegt ein entscheidender Schritt. Das österreichische Kabinet erklärte, daß Preußen durch sein Einrücken in Holstein den Bundesfrieden gebrochen habe, und beantragte auf Grund dessen am 11. beim Bunde die binnen 14 Tagen zu bewirkende Mobilmachung sämmtlicher nicht zur preußischen Armee gehörigen Korps des Bundes-Heeres nebst Aufstellung der Ersatz - Kontingente. Es war die faktische Auflösung des Bundes, da ein Theil desselben den Krieg gegen den anderen beschloß.

Dieser bundesrechtlich gar nicht zu begründende Antrag, gegen dessen geschäftliche Behandlung überhaupt der preußische Gesandte sofort Protest einlegte, wurde nichtsdestoweniger in der denkwürdigen. Sigung vom 14. Juni zur Abstimmung gebracht. Preußen enthielt sich einer solchen ganz, außerdem fiel die Stimme für HolsteinLauenburg aus.

Es stimmten mit Oesterreich: Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, beide Hessen, die 13. und die 16. Kurie.

In Betreff der leztern erklärte der stimmführende Gesandte · (Schaumburg - Lippe), nicht genügend instruirt zu sein, gab aber nichtsdestoweniger seine Stimme gegen Preußen ab. Er wurde zwar unverzüglich von seiner Regierung desavouirt, aber das BundesPräsidium hatte entschieden, daß der Antrag mit 9 gegen 6 Stimmen angenommen sei.

Der preußische Gesandte verließ die Versammlung unter Abgabe der Erklärung, daß seine Regierung den deutschen Bund als aufgelöst betrachte, dagegen an der Einheit der deutschen Nation festhalte und bereit sei, auf der Basis des Reform - Entwurfs vom 10. Juni einen neuen Bund mit denjenigen Regierungen abzuschließen, welche darauf einzugehen geneigt wären.

Die Majorität der Mittel- und Kleinstaaten hatte sich ihr eigenes Urtheil gesprochen. Länder, wenigstens solche, welche zwischen den beiden Hälften des preußischen Staates eingeschoben lagen, konnten

14. Juni.

15. Juni.

sich über die Folgen einer gegen diesen Staat angenommenen feindseligen Haltung unmöglich täuschen.

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In Folge des Einmarsches der preußischen Truppen in Holstein war am 12. Juni der kaiserliche Gesandte am Berliner Hofe abberufen worden; der preußische verließ einige Tage später Wien und der diplomatische Verkehr zwischen beiden Mächten war abgebrochen. Am 15. Juni bereits am Tage nach der Abstimmung am Bunde überreichten Preußens Gesandten zu Dresden, Hannover und Cassel gleichlautende Noten, in welchen den beiden Königen und dem Kurfürsten die Neutralität ihrer Länder unter Zusicherung der Souverainetäts-Rechte der Fürsten, wenn auch mit den im ReformEntwurf vom 10. Juni enthaltenen Beschränkungen nochmals ange= boten wurde. Zur Beantwortung dieser Sommationen war eine Frist bis zum Abend desselben Tages gestellt.

Die sächsische Regierung wies den Vorschlag sogleich bestimmt zurück, und da bis Abends 12 Uhr von den anderen Seiten keine befriedigenden Antworten erlangt waren, so erklärten die drei Gesandten an Sachsen, Hannover und Kurhessen den Krieg.

II. Konzentration und Aufstellung der Armeen.

Der preußische Generalstab hatte die muthmaßliche Stärke der österreichischen Nord-Armee auf 240,000 Mann veranschlagt, eine Berechnung, welche sich nachmals als fast genau zutreffend erwies, wenn die Etatszahlen zu Grunde gelegt werden.

Es ließ sich voraussehen, daß Oesterreich bei dem bevorstehenden Kriege die größte Anstrengung machen werde, um möglichst stark in Deutschland aufzutreten.

In Italien war, gestützt auf das starke Festungs-Viereck, eine mit kurzen Offensiv-Stößen verbundene Defensive durch verhältniß

mäßig geringe Kräfte, dauernd zu führen. Auf schwierige und zeitraubende Belagerungen konnten die Italiener sich kaum einlassen. Sie durften weniger darauf rechnen, Venetien mit seinen mächtigen Waffenplähen direkt zu erobern, als vielmehr diesen Besitz zu gewinnen, wenn die allgemeine Kriegslage Desterreich zur Abtretung zwang.

Die großen Entscheidungen aber, welche allein eine solche Lage herbeiführen konnten, mußten, aller Wahrscheinlichkeit nach, nicht südlich der Alpen, sondern nördlich der Donau fallen.

Es war bekannt, daß die österreichische Heeresmacht in 10 ArmeeKorps formirt sei, von denen das V., VII. und IX. sich gegen Stalien konzentrirten.

Nach den bis Mitte Mai eingegangenen sehr mangelhaften Nachrichten standen ferner:

das österreichische 1. Korps im nördlichen Böhmen längs der sächsisch-schlesischen Grenze von Komothau bis Wildenschwerdt,

das 2. Korps in Mähren und österreichisch Schlesien, von Wildenschwerdt bis Oswieçim,

das 4. Korps im westlichen Galizien.

Die Mobilmachung aller übrigen Heerestheile in ihren Standquartieren, durfte nach so langer Vorbereitung als beendet angesehen werden. Die Formation der Stäbe für die Armee-Korps, sowie für das Ober-Kommando war erfolgt, der Feldzeugmeister Benedek am 12. in Wien eingetroffen, nachdem er den Befehl über die Süd-Armee dem Erzherzog Albrecht übergeben hatte. Alle Vorbereitungen für die Beförderungen derjenigen Truppen-Massen, welche sich bei Pesth, Wien und Laibach gesammelt hatten, waren auf den EisenbahnLinien getroffen und der planmäßige Transport hatte mit dem 11. seinen Anfang genommen. Bei Aufbietung der äußersten Leistung konnten bedeutende Kräfte an Infanterie, Artillerie und Fuhrwesen bis Ablauf des Monats sowohl nach der sächsischen wie nach der schlesischen Grenze versammelt werden. Die Kavallerie befand sich seit geraumer Zeit schon auf dem Fußmarsch in dieser Richtung.

Auf preußischer Seite waren um dieselbe Zeit, Mitte Mai, die Befehle zur Mobilmachung unlängst erst ergangen. Die Truppen standen in den Friedens - Garnisonen und erwarteten das Eintreffen ihrer Augmentations - Mannschaften und Pferde. Der Transport eines Armee - Korps mit allem Zubehör (gleichviel übrigens, ob auf weite oder kurze Entfernung) nimmt je nach Beschaffenheit der Bahn 9 bis 12 Tage in Anspruch, dafern der Verkehr nicht ganz unterbrochen und der Intendantur einige Züge überlassen bleiben sollen. Es ließ sich daher mit Bestimmtheit übersehen, daß der Aufmarsch sämmtlicher, von den verschiedensten Theilen der Monarchie her an der Grenze eintreffenden Armee - Korps nicht früher als in der ersten Woche des Juni bewirkt sein könnte.

Auch dies Resultat ließ sich nur erreichen, wenn alle durchgehende Eisenbahn-Linien benutzt wurden, und keine derselben wesentlich mehr als ein Korps transportirte, da jedes nachfolgende den Gesammt-Aufmarsch um neue 9 bis 12 Tage verschob.

Für diejenigen Korps, deren Mobilmachung zuerst befohlen, war schon unter dem 8. Mai angeordnet worden, daß:

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- III. und IV. zwischen Torgau und Cottbus

sich zu versammeln hätten. Von letterem Korps verblieb jedoch die 8. Division bei Erfurt, bis die Armirung dieses Plazes bewirkt war, und bei Wetzlar wurde die 32. Infanterie-Brigade konzentrirt.

Das Garde-Korps sollte sich bei Berlin versammeln und das VII. Korps die 13. Division bei Minden und Bielefeld, die 14. bei Münster und Hamm aufstellen.

Im Allgemeinen sind solche Konzentrationen großer Heereskörper vor ihrem definitiven Transport nicht anzurathen. Sie können denselben wesentlich schwerer machen, als wenn die Truppen aus ihren Standquartieren direkt an die geeigneten Einschiffungspunkte dirigirt werden. Allein unter den obwaltenden Umständen ließ sich der strategische Aufmarsch der Armee überhaupt noch nicht feststellen. Man

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