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nisten des Bundes werden die ihnen gebührenden bez. bereits bewilligten Pensionen pro rata zugesichert«<.

Art. VII. desselben Friedensvertrages bestimmt: >> Behufs Auseinandersetzung über das bisherige Bundeseigenthum wird binnen längstens sechs Wochen nach der Ratifikation des gegenwärtigen Vertrags eine Kommission zu Frankfurt zusammentreten, bei welcher sämmtliche Forderungen und Ansprüche an den deutschen Bund anzumelden und binnen sechs Monaten zu liquidiren sind. Preussen und Oesterreich werden sich in dieser Kommission vertreten lassen und es steht allen übrigen Bundesregierungen zu, ein Gleiches zu thun «. Eine solche Kommission ist gegenwärtig in Frankfurt mit dieser Aufgabe beschäftigt.

Das Princip der Vertheilung ist zwischen Oesterreich und Preussen durch Art. VIII. des Prager Friedens festgestellt: >>Oesterreich bleibt berechtigt, aus den Bundesfestungen das kaiserliche Eigenthum und von dem beweglichen Bundeseigenthume den matrikularmässigen Antheil Oesterreichs fortzuführen oder sonst darüber zu verfügen; dasselbe gilt von dem gesammten beweglichen Vermögen des Bundes « 10.

Also wird die Quote des matrikularmässigen Beitrags für jeden Staat den Antheil bestimmen, den er am beweglichen Aktivvermögen des Bundes zu beanspruchen hat. Das Hauptvermögensobjekt des Bundes bildeten die Bundesfestungen. Glücklicher Weise bezieht sich diese verabredete Theilung nur auf das bewegliche Vermögen, sodass der Grund und Boden und die Gebäude der Festungen weder zur Natural- noch zur Civiltheilung gezogen, sondern hoffentlich in ihrer Integrität erhalten werden. Das Besatzungsrecht von Mainz bleibt, kraft eines Vertrags mit Hessen-Darmstadt, in den Händen Preussens, welches ganz in die Rechte des deutschen Bundes eintritt 11. In Betreff

10) In allen Friedensverträgen mit Bayern, Hessen - Darmstadt, Baden, Würtemberg, Sachsen heisst es: »Die Auseinandersetzung der durch den frühern deutschen Bund begründeten Eigenthumsverhältnisse bleibt besonderer Vereinbarung vorbehalten«. Doch scheint man das durchaus in der Natur der Sache begründete, zwischen Oesterreich und Preussen vereinbarte Princip als allgemein gültig angenommen zu haben.

11) In dem Nebenvertrage vom 3. September heisst es Nr. 8: >>In Beziehung auf das Preussen zustehende und ihm ausschliesslich verbleibende Besatzungsrecht in Mainz werden die, bisher zwischen dem Bunde und der Terri

Luxemburgs behauptete Preussen, dass sein auf europäischen Verträgen beruhendes Besatzungsrecht auch nach dem Untergange des deutschen Bundes fortbestehe; es hat jedoch, gegen eine europäische Garantie ewiger Neutralität des ganzen Grossherzogthums, im Interesse des Friedens, auf dieses Recht im Londoner Vertrage vom 11. Mai 1867 verzichtet 12. Wo indessen nicht besondere Verträge die Fortdauer eines derartigen Besatzungsrechtes sichern, ist zu behaupten, dass dies als völkerrechtliche Servitut zu betrachtende Recht des deutschen Bundes mit dem Untergange des herrschenden Subjektes hinweggefallen und somit die natürliche Freiheit der Territorialregierung wieder von selbst aufgelebt ist. Die Festung Landau, welche auch als Bundesfestung immer nur von Bayern besetzt war, bleibt demnach in den Händen dieses Staates. Gleiche Rechte können Baden und Würtemberg in Betreff Rastadts und Ulms beanspruchen. Da indessen die geldlichen und militärischen Kräfte dieser Partikularstaaten kaum ausreichen werden, diese ehemaligen Bundesfestungen zu erhalten und hinreichend zu besetzen, so wird die Ordnung der staatsrechtlichen und militärischen Verhältnisse dieser für Deutschlands Sicherheit so wichtigen Festungen hoffentlich einer der ersten Punkte sein, über welchen eine sachgemässe Vereinbarung zwischen dem norddeutschen Bunde und den süddeutschen Staaten erzielt werden wird.

torialregierung massgebend gewesenen Bestimmungen auf das Verhältniss zwischen Preussen und der Territorialregierung Anwendung finden.<<

12) Preuss. Staatsanz. 1867 Nr. 133. Das preussische Besatzungsrecht war nicht lediglich eine Institution des Bundesrechts, es beruhte nicht auf der Bundesakte oder auf spätern Bundesbeschlüssen, sondern auf selbstständigen völkerrechtlichen Verträgen, so auf dem Vertrage vom 8. Nov. 1816 zwischen Preussen und den Niederlanden, den 1816 und 1817 von den Niederlanden mit Preussen, Oesterreich, England und Russland abgeschlossenen Separatverträgen, dem Frankfurter Territorialrecesse vom 20. Juli 1820. In dem Vertrage vom 8. Nov. 1816 war ausdrücklich »die vereinigte Vertheidigung der respektiven Staaten« als Zweck der Uebereinkunft hingestellt. Ueberhaupt sollte das Besatzungsrecht Preussens nur ein Glied im grossen europäischen Defensivsysteme gegen Frankreich bilden. Preussen war daher berechtigt und verpflichtet, auf dieses ihm anvertraute Recht hur in Uebereinstimmung mit den europäischen Mächten und unter deren ausdrücklicher Garantie Verzicht zu leisten. Sämmtliche einschlagende Stellen der internationalen Verträge finden sich bei F. von Seidewitz, Preussens Rechte bezüglich des Landes und der Festung Luxemburg. Berlin 1867. Vergl. auch S. Brie, Luxemburg und seine Verbindung mit Deutschland in den preuss. Jahrb. Bd. XIX, S. 584-601.

Zweites Kapitel.

Die Gründung des norddeutschen Bundes.

Erster Abschnitt.

Vorbereitende Schritte bis zur Eröffnung des
Reichstages.
§. 7.

Die deutsche Politik des Grafen Bismarck 1862-1866.

Als der schöpferische Geist des norddeutschen Bundes ist Otto Eduard Leopold Graf von Bismarck Schönhausen (geb. am 1. April 1815) zu betrachten1. Noch auf dem Parlamente zu Erfurt ein Anhänger der österreichischen Alliance und entschiedener Gegner der bundesstaatlichen Politik2, hatte Graf Bismarck später, als preussischer Bundestagsgesandter 1851–59, aus eigner Anschauung die Unnatur der Bundesinstitution kennen gelernt und die Ueberzeugung gewonnen, dass der Bund seiner ganzen Anlage nach auf unhaltbaren Fundamenten beruhe und der realen Machtbedeutung des preussischen Staates die Anerkennung versage, dass er, insbesondere seit seiner Wiederherstellung im J. 1851, von Oesterreich und den mit diesem gehenden Mittelstaaten nur dazu benutzt werde, um Preussen in seiner freien Bewegung und in der Verfolgung seiner deutschen Aufgabe zu hemmen. Bei seinem Abgange von Frankfurt stand in ihm die Ansicht fest, dass dieser Zustand für Preussen auf die Dauer unerträglich sei und dass die erste beste Gelegenheit zu einer Wandelung der Dinge, zu einer Lösung der deutschen Frage im preussischen Sinne, benutzt werden müsse 3.

1) Graf Bismarck, ein Lebensbild. Altenb. 1867. Das Beste über Bismarck's deutsche Politik findet sich in der neuesten Auflage von Adolf Schmidt's verdienstvollem Werke über Preussens deutsche Politik. S. 214 ff.

2) Vergl. sein eigenes Bekenntniss im Reichstage. Stenogr. Ber. S. 178. 3) So schrieb er am 12. Mai 1859 von Petersburg: »Ich sehe in unserem Bundesverhältnisse ein Gebrechen Preussens, welches wir früher oder später ferro et igni werden heilen müssen, wenn wir nicht bei Zeiten eine Kur in günstiger Jahreszeit dagegen vornehmen. Wenn heute lediglich der Bund aufgehoben würde, ohne dass man etwas Anderes an seine Stelle setzte, so glaube ich, dass schon auf Grund dieser negativen Errungenschaft sich bald bessere und natürlichere Beziehungen Preussens zu seinen deutschen Nachbarn ausbilden würden, als die bisherigen«<.

Bereichert durch die zu Frankfurt gewonnenen Anschauungen und die grossen diplomatischen Erfahrungen von Petersburg und Paris, trat Bismarck am 24. September 1862 als Ministerpräsident in Preussen an die Spitze der Geschäfte. Sein Streben war darauf gerichtet, entweder eine klare Auseinandersetzung mit Oesterreich über das gegenseitig zu achtende Machtgebiet friedlich herbeizuführen oder die lästige Fessel gewaltsam zu sprengen, welche die traditionell von Oesterreich geleitete Bundespolitik sowohl der aufstrebenden staatlichen Kraft Preussens, wie der damit so eng zusammenhängenden nationalen Entwickelung des deutschen Volkes anlegte. Eine offene Verständigung mit Oesterreich versuchte er, bald nach dem Antritte seines Ministeriums in den bekannten » vertraulichen Unterredungen« mit dem österreichischen Gesandten, Grafen Karolyi, welche er im December 1862 pflog und worüber die Cirkulardepesche vom 24. Januar 1863 nähere Auskunft giebt*. Da ein derartiger Verständigungsversuch, wie vorauszusehen war, ohne Erfolg blieb, so trat Bismarck von nun an der österreichisch - mittelstaatlichen Politik am Bundestage mit folgerichtiger Entschlossenheit entgegen. So wies er zunächst den wesentlich gegen Preussen gerichteten Antrag auf Bildung einer ständischen Delegirtenversammlung, besonders zur Berathung allgemeiner Gesetzentwürfe über Civilprocess und Obligationenrecht ab. Das über diese Angelegenheit in der Bundestagssitzung vom 18. December abgegebene Minoritätsgutachten, wie das Votum des preussischen Bundestagsgesandten in der Sitzung vom 22. Januar 1863, legen bereits das Programm von Bismarck's deutscher Politik klar vor Augen. Nachdem Bismarck diesen wohlberechneten Schlag der mittelstaatlichen Koalition glücklich parirt hatte, suchte Oesterreich diese momentane Niederlage durch die grossartige Ueberraschung seines Reformprojekts und die Zusammenberufung des Fürstentages nach Frankfurt wieder gut zu machen *. Die Ablehnung dieses auf Preussens staatliche Nullificirung berechneten Projekts gab dem preussischen Ministerpräsidenten abermals Gelegenheit, in mehreren denkwürdigen Aktenstücken seine leitenden Grundgedanken über die

4) Staatsarchiv Bd. VIII. Nr. 1751. S. 55.

*) S. Schulze, Einleit. in das deutsche Staatsrecht. Neue Ausgabe S. 337--341.

deutsche Frage darzulegen; es ist dies der Bericht* des preussischen Staatsministeriums an den König, »die deutsche Reformfrage betreffend« vom 15. September 1863 und die Antwort des Königs von Preussen an die Theilnehmer des Fürstentages, vom 22. September 1863, nebst einem Schreiben des Ministeriums des Auswärtigen an die königlichen Gesandtschaften bei den Theilnehmern am Fürstentage von demselben Tage 5. Schon damals legte Bismarck den grössten Werth auf eine Nationalvertretung: »das Element, welches berufen ist, die Sonderinteressen der einzelnen Staaten im Interesse der Gesammtheit Deutschlands zur Einheit zu vermitteln, wird wesentlich nur in der Vertretung der deutschen Nation gefunden werden können. . . . Bürgschaft kann Ew. Majestät Staatsministerium nur in einer wahren, aus direkter Betheiligung der ganzen Nation hervorgehenden Nationalvertretung finden. Kein noch so künstlich ausgedachter Organismus von Bundesbehörden kann das Spiel und Widerspiel dynastischer und partikularistischer Interessen ausschliessen, welches sein Gegengewicht und sein Korrectiv in der Nationalvertretung finden muss. In einer Versammlung, die aus dem ganzen Deutschland nach dem Massstabe der Bevölkerung durch direkte Wahlen hervorgeht, wird der Schwerpunkt, so wenig wie ausser Deutschland, so auch nie in einzelne von dem Ganzen sich innerlich lösenden Theile fallen, darum kann Preussen mit Vertrauen in sie eintreten. Die Interessen und Bedürfnisse des preussischen Volkes sind wesentlich und unzertrennlich identisch mit denen des deutschen Volkes; wo dieses Element zu seiner wahren Bedeutung kommt, wird Preussen niemals befürchten, in eine seinen eigenen Interessen widerstrebende Politik hineingezogen zu werden«<.

Die entschiedene Ablehnung des Reformprojekts in der von Oesterreich gebotenen, völlig unannehmbaren Gestalt hätte schon damals wahrscheinlich zum offenen Bruche geführt, wenn nicht durch den plötzlichen Tod des Dänenkönigs am 15. November 1863 die schleswig-holsteinsche Episode dazwischen getreten und so der drohende Konflikt vertagt worden wäre. Erst nachdem im März 1866 die verschiedenen Ansichten über die endliche Losung der schleswig - holsteinschen Frage abermals den Bruch

5) Staatsarchiv Bd. VIII. S. 206-211.

*) S. Schulze, Einleit. in das deutsche Staatsrecht. Neue Ausgabe S. 341.

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