Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

und in der Frage des Schwarzen Meeres arbeitete er unermüdlich für die Verständigung im besten Einvernehmen mit Bismarck und dem König.

Der Kaiser von Rußland deutete schon am 29. August in Briefen, welche ein russischer Kurier an den König und an den Großherzog in Varennes übergab, an, daß er für die deutsche Sache zu guten Diensten bereit sei. Der Großherzog von Weimar bemerkt im Tagebuch die günstigen Dispositionen Rußlands für Deutschland. Am 30. August hatte der Großherzog Unterredungen mit dem König und mit Bismarck, aus denen hervorgeht, daß schon damals die wohlwollendste Neutralität Rußlands feststand. Doch hatte der Großherzog vom Kaiser den Auftrag die möglichste Schonung Frankreichs zu fordern. Nach Inhalt des Tagebuchs berief sich Kaiser Alexander besonders auf den Umstand, daß Frankreich im Jahre 1866 von dem Wunsche einer kleinen Entschädigung abgesehen (un petit triangle), sich Preußen sehr freundlich gezeigt habe.

1870, 18. September. Tagebuch: Depeschen aus Petersburg, die Bismarck heute früh dem König vorgelesen, bewiesen, daß in vier Tagen der Kaiser durch Gortschakow wieder herumgebracht worden sei, troß des Gesandten Prinz Reuß, der Großfürstin Helene, meiner Bemühungen. Ich erkläre weiter mich bemühen zu wollen und verlange Instruktion.

21. September berichtet das Tagebuch über die im Texte oben mitgeteilte Konversation mit Bismarck.

24. September. Der Großherzog macht den König auf die für Rußland so erwünschte Kündigung des Pariser Vertrags aufmerksam: „Der König sagte hierauf: darauf haben wir bereits angespielt. Rußland wolle aber einen Kongreß, um alles darauf zu erledigen und auch andere Fragen zu bringen. Wir meinen dagegen die Sachen erst unter uns abzumachen und fertig auf den Kongreß zu bringen. Ich unterstüße möglichst diese Ansicht.

27. September. Die durch Kurier eingetroffenen Briefe enthalten die Kongreßvorschläge Rußlands mit dem Wunsche billiger Friedensbedingungen für Frankreich.

28. September. In der dem Grafen Bismarck vorgelegten Antwort des Großherzogs an den Kaiser findet sich die Stelle, qu'il faut s'arranger non avec un ennemi réconciliable, mais avec un ennemi implacable, was Bismarck vortrefflich findet. Dagegen wünscht Bismarck den Kongreß nicht zu erwähnen, während er nur allgemein gehaltene Unterstüßung in der orientalischen Frage zu versprechen immerhin als zulässig findet.

29. September. „Bismarck wollte durchaus nicht von einem Kongreß gesprochen haben, ich wollte nicht von ihm abgehen, so vereinigten wir uns endlich in der Phrase: La paix devra dépendre de la résolution des souverains allemands belligérants et pourra dévenir alors la base solide de toutes transactions." Bei dem König findet der Großherzog großen Widerspruch in Betreff des Gedankens, daß die Frage des Schwarzen Meeres eine Kriegsaktion nach sich ziehen könnte, an welcher Preußen irgend beteiligt wäre.

19. November. „... Ich las beide Telegramme dem Könige vor, der bedauerte, daß Rußland indessen erklärt habe, jenen Vertrag als aufgehoben

zu betrachten. Auf diese Erklärung hin habe er erklärt, er bedauere die gewählte Form .... Mit dieser Rücäußerung habe sich der Kaiser und Gortschakow zufrieden gezeigt, England dagegen habe angezeigt, man müsse sich dafür oder dagegen erklären"....

21. November. „Odo Russell ist gestern gekommen und der Kronprinz weiß, daß Rußland auf Besprechungen eingeht und meint wohl mit Russell gegen das Verfahren Rußlands, einseitig den Vertrag von 1856 zu kündigen, muß man protestieren, damit es diese Chrfeige (ipsissima verba) bekomme. Ich sagte, das sehe ich ein und würde persönlich in diesem Sinne schreiben.“ Bismarck wünscht, der Großherzog möge an den Kaiser schreiben: Die Form der Auskündigung und der Zeitpunkt sei verfehlt; wenn Gortschakow noch sechs Wochen gewartet hätte, so würde die Sache ausgeglichen worden sein. Es mögen der Kaiser und Gortschakow Vertrauen in uns sehen, wie wir zu Rußland hätten . . . .

25. November. „Ich brachte heute früh dem König den brouillon meines Briefes an den Kaiser, in welchem ich die Säße angebracht hatte, welche Bismarck zu gebrauchen mich gebeten und hinzugefügt hatte, daß der König sie billige. Er tat es, wünschte jedoch, daß ich hinzufüge, er mißbillige hauptsächlich das von Rußland einseitige Aufgeben des Vertrages ohne sich deshalb mit den consignataires du traité verständigt zu haben. Der König hob im Gespräch hervor, daß Preußen nicht den Garantietraktat des Friedens von 1856 unterzeichnet habe, nur England, Frankreich und Österreich taten es. Preußen könne also bei einem ausbrechenden Konflikt neutral bleiben. Folglich Deutschland noch viel mehr, sage ich."

26. November. „Um 1 Uhr kam Bismarck. Ich las ihm meinen heute früh geänderten Brief an den Kaiser vor....“ Aus dem zum Teil unleserlichen Manuskript ist nur zu ersehen, Bismarck habe streng darüber zu wachen für nötig befunden, daß die Äußerungen des Großherzogs als rein private erkannt werden. „Das offizielle Deutschland darf davon nichts wissen, und nur durch Fürst Reuß dürfe es sich äußern.“ Bismarck sei entschlossen, sich nicht mit England zu brouillieren, und der Großherzog fürchtet, er würde ihn eventuell fallen lassen, sobald es ihm paßte.

In der Zwischenzeit hatten bekanntlich die Unterhandlungen durch Graf Russell zur vollsten Verständigung über einen Kongreß geführt, der mit Ausschluß aller anderweitigen Fragen ad hoc von Preußen beantragt werden sollte. Es war ein vollständiger Erfolg der deutschen Politik, durch welche die Unabhängigkeit Deutschlands in der Friedensfrage völlig gesichert war. Die in den nächsten Tagen von Bismarck dem deutschen Reichstag gegebenen Versicherungen wegen der gefährlichen auswärtigen Lage hatten in Rücksicht auf die bayrischen Verträge einen lediglich rückschauenden historischen Charakter, nicht etwa Bedeutung für das was erst noch kommen konnte, wenn die Verträge verworfen und Bayern in seine Schranken verwiesen worden wäre.

Zu Seite 536. 1871, 4. März, Berlin. Bericht von Freydorfs an den Großherzog von Baden. Aus den Verhandlungen des Verfassungsausschusses:

Lorenz, Wilhelm I.

40

„Schon bei der Überschrift des Art. I ... stellte Staatsminister von Röffing aus Oldenburg den Antrag, die Bezeichnung „Reich“ statt Bund in der Verfassung folgerichtiger, als geschehen, durchzuführen. Andererseits wurde die Beibehaltung der Bezeichnung Bund als dem bestehenden Verhältnisse besser oder ebensogut entsprechend verteidigt und bei der Abstimmung erklärte sich nur der gehorsamst Unterzeichnete für den Antrag von Rössing, welcher somit in der Minderheit blieb. Die Frage wird ..... wohl im Reichstage wiederkehren.“

„In Art. 3 werden die Begriffe Deutschland und Deutsche in die Verfassung eingeführt. Die etwas großdeutschen Ausführungen des Berichterstatters über den Unterschied des politischen und geographischen Begriffs von Deutschland werden gekürzt werden. Bei Art. 4 machte Bayern erstmals den auch bei anderen Bestimmungen wiederholten Versuch, alle nicht bloß interpretativen, sondern auch dispositiven Bestimmungen seines Vertrags und seines Schlußprotokolls vom 23. November v. J. in die Verfassung aufnehmen zu lassen.“

„Zu Art. 63 beantragte Bayern hinter das Wort „Kaiser“ einzuschalten „als Bundesfeldherr“. Sie beriefen sich auf den bisherigen Wortlaut des Art. 63 und ferner darauf, daß der Kaiser die fraglichen Rechte und Besugnisse nur in seiner Eigenschaft als Bundesfeldherr übe. Andererseits wurde ein solcher Zusaß als überflüssig und abschwächend erklärt: der eine Titel Kaiser enthalte die Befugnisse sowohl des Präsidiums als des Oberfeldherrn und habe eben den Zweck, einen für alle Fälle passenden Titel zu sehen für Volk und Soldaten verständlicher und greifbarer, „Kaiser als Bundesfeldherr" daher Tautologie."

„Die praktische Bedeutung des hartnäckig verteidigten Antrags: Eid der sächsischen und bayrischen Soldaten. Nach dem Antrag hätte es bei dem bisherigen Eid bleiben sollen — andernfalls wird Änderung der Eidesformel befürchtet."

Zu Seite 538. Bericht von Mohls, München, 13. April 1871. Graf Bray hat an seinem heutigen Empfangstage mitgeteilt, daß nach dem Ent= schluß Seiner Majestät des Königs der bayrische Anspruch auf einen Teil des Elsasses auf sich beruhen bleiben soll. Im Bundesrate würde dieser Anspruch zwar einstimmig gutgeheißen worden sein, allein, da sich im Reichstage eine Majorität dagegen ausgesprochen haben dürfte, wolle man sich einer Niederlage dieser Art nicht aussehen.

A.

Sachregister.

Die Zahlen bedeuten die Seiten.

Abkommen, geheimes, mit Bayern 362 ff.

Abreise der württembergischen Vertreter aus Versailles am 13. Nov. 358.

Abrüftungsanträge 216. Abstimmung Weimars zur Reichsfrage 385.

Adresse des Reichstags an den König vom 20. Juli 1870 287. Aktenflücke der Politik Bayerns 1867 132 ff.

Allianzgedanken Österreichs mit Frankreich 316 ff.

Allianzversuche 207 ff., 215 ff., 600. Antrag Lasker im Reichstag und Folgen desselben 189, 192 ff. Audienz Bismarcks beim Großherzog von Baden am 19. Nov. 1870 367. Audienzen Benedettis bei Kaiser Wilhelm in Ems 252 ff., 264. Aufnahme Badens und Hessens in

den Norddeutschen Bund und Beratung der Reichsverfassung 359 ff. Aussichten in Deutschland in militärischer Beziehung Ende Juli 281 ff.

B.

Baden, Aufnahme in den Norddeutschen Bund 359 ff., 608 ff.

Baden, Berichte v. Freydorfs aus Versailles 348 ff.

- Friedensverhandlungen mit PreuBen 1866 84 ff., 570 ff. -Gegnerschaft gegen füddeutsche Vergrößerungspläne 296 ff.

Gewünschter Anschluß an den Norddeutschen Bund 86 ff., 123, 138 ff., 184, 188 ff., 582.

offene Erklärung, Annahme und Eindruck davon in Bayern und Württemberg 342 ff.

Landtag, Annahme der Verträge mit dem Norddeutschen Bunde und der Militärkonvention 442. Mobilmachung 306.

Note an v. Türckheim nach Bismarcks Äußerung zum Antrag Lasker 194, 600.

Sonderstellung Ende der 60 er Jahre, Bedeutung für die nationalen Bestrebungen 180 ff., 600. Bayern, Absicht einer Hegemonie in Süddeutschland 58 ff.

[blocks in formation]
[ocr errors]

Bayern, Kampf um den Militärkredit

-

1870 223 ff.

Landtag, Feindschaft gegen die Regierungsverträge zur Reichsgründung 441 ff., 444 ff.

Ministerialerklärung über ge= meinsames Vorgehen mit Württem= berg 135 ff.

Ministerkrise 219, 601 ff. Mobilmachung 284, 288 ff. Punktation v. 4. Mai 1868 mit Württemberg 173 ff.

Sonderpolitik nach dem Friedensschlusse 537 ff.

Stellung zu dem Parlamentsprojekt Bismarcks 55 ff.

Stellung zu Preußen 1866 126 ff., 128 ff., 581, 596 ff. -Vergrößerungspläne u. eigennützige Bestrebungen 294 ff., 372 ff., 613. Vorrechte 365 ff.

[ocr errors]

Vorschläge teilweiser Einigung 130. wahre Absichten nach den Aktenstücken 132 ff. Begegnungen Kaiser Wilhelms mit dem

Kaiser von Österreich 541, 543 ff. Begrüßung des Kaisers durch den König von Bayern in Regensburg

541. Bericht Bismarcks an den König v. 12. Nov. über den Abschluß der Verhandlungen in Versailles 358 ff. Berichte v. Freydorfs an den Großherzog aus Versailles 348 ff. Beschießung von Paris, Meinungsverschiedenheit 474 ff., 507. Besuch des Kardinal Bonnechose im Hauptquartier 518.

[blocks in formation]

Brief des Prinzen von Preußen vom 14. Dez. 1852 555.

des Großherzogs von Baden an Jolly v. 24. Oft. 1870 409 ff.

an den König von Bayern 414. v. 27. Juli 1870 an einen Freund 304 ff.

Briefe des Großherzogs von Baden an Jolly, August und September 1870 328 ff., 334 ff., 338 ff., 341 ff. Briefwechsel zwischen Bismarck und Graf Bray im November 1870 352 ff.

zwischen König Wilhelm und Königin Augusta 263 ff. Bundeskanzleramt s. Kanzleramt. Bundesparlament 55. Bundespräsidium 108.

Bundesrat, Vorschläge zur Umgestal= tung des 355 ff.

-Beurteilung der bayerischen Sonderstellung und der Reichsfrage 381 ff. Bundesratsansschuß 377, 383, 388 ff. Bundesratssitzung v. 16. Juli 1870 285ff. Bundesratsverhandlungen seit dem 20. Februar 1871 536 ff., 625 ff. Bundesratsvorlage betr. den Kaisertitel 428 ff.

Bundesschießen in Wien 178. Bundesverfassungsentwurf s. Entwurf.

[blocks in formation]
[blocks in formation]
« ZurückWeiter »