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Menge angefüllt, welche in lautlosem, ehrfurchtsvollem Schweigen den Kaiser und das trauernde Regiment begrüßte.

Im Schloßhof angekommen, formirte das Bataillon Tiefkolonne, die Offiziere wurden vor die Front befohlen, und Seine Majestät richtete eine ergreifende Ansprache an das Regiment.

Nachdem Seine Majestät auf die traurige Veranlassung der Herbeorderung hingewiesen hatte, hob er unter Anderem hervor, wie die hohe Entschlafene ihre mütterliche Fürsorge nicht nur dem Regiment im Allgemeinen, sondern sogar jedem einzelnen Grenadier zugewendet habe. Diese hohe Gnade dürfe in Zukunft niemals vergessen werden, und jeder einzelne Angehörige des Regiments müsse unausgesetzt bestrebt sein, sich der treuen, stets bewiesenen Huld seiner Kaiserin würdig und dankbar zu zeigen. Nachdem das Regiment in der Dahingeschiedenen seine liebende, treue Mutter verloren habe, wolle, so fuhr der Monarch fort, er selbst, soweit es in seinen Kräften stände, sorgen, daß der schwere, unersetzliche Verlust möglichst wenig fühlbar sei. Das Regiment aber, das seinem Hause so besonders nahe stände, sollte, um das Andenken seiner verstorbenen Großmutter auch in der Armee dauernd zu ehren, fortan für alle Zeiten den Namen:

führen.

„Königin Augusta Garde-Grenadier-Regiment Nr. 4“

Nach dieser Begrüßung durch seinen Allerhöchsten Kriegsherrn marschirte das Bataillon auf den Platz vor dem Rathhause und wurde in der dortigen Umgebung untergebracht.

Vom Abend des 9. an bis zu der am 11. erfolgenden Beisetzung stellte das Regiment den Doppelposten am Portal III.

Um 71⁄2 Uhr abends hatte das Offizierkorps die Ehre, im Königlichen Palais von Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden empfangen zu werden. Tief bewegt gab die hohe Frau ihrem Schmerz über den Verlust ihrer erlauchten Mutter Ausdruck und führte das Offizierkorps an die Bahre des erhabenen Chefs.

In stiller Andacht verweilte das Offizierkorps einige Minuten an dem Sarge und legte zu Füßzen eine Blumenspende nieder.

Die sterblichen Ueberreste der Kaiserin ruhten in einem offenen eichenen Sarge, der, gleich denen Kaiser Wilhelms und Kaiser Friedrichs, dem Sarge des Großen Kurfürsten nachgebildet war. Purpursammet und breite goldene Tressen bildeten die Umhüllung, während den oberen und unteren Theil der Längsseiten, ebenso wie das Kopf- und Fußende erhabene goldene Verzierungen schmückten. Das Innere des Zinkeinsages, in dem die Kaiserin ruhte, war mit weißem goldbordirten Atlas ausgeschlagen. Das Haupt, von einem weißen Spizenschleier umgeben, ruhte, leicht nach links geneigt, auf einem weißzen, mit goldenen Fransen besetzten Atlaskissen, als ob es in tiefen erquickenden Schlaf versunken wäre. Das Haar war mit einem Myrthenzweig geschmückt, der dem von der Verewigten an ihrem goldenen Hochzeitstage getragenen Kranze entnommen war. Das Kleid und die mit Hermelin besetzte Schleppe bestanden aus Goldbrokat. Die Kaiserin selbst hatte gewünscht, in diesem Gewande bestattet zu werden.

Den oberen Theil des Körpers umhüllte ein mit weißen Spitzen besetztes

Atlasgewand. Die Schleppe des Kleides reichte über den Sarg herab auf die niedere Estrade und bis auf die Blumen, die in herrlicher Pracht, in zahlloser Menge und zu den mannigfachsten Formen vereint als Kränze, Kreuze und Palmenwedel das Parquet rings um den Sarg bedeckten. Die rechte Hand trug einen einfachen Strauß von Maiblumen, den die trauernde Tochter ihrer geliebten Mutter gewidmet hatte.

Der Einsatz des Sarges war von einer Guirlande weißer, mit Grün durchflochtener Blüthen umgeben, und über dem Kopfende hob sich ein großes Kreuz weißer Rosen wirkungsvoll gegen die grüne Laubwand ab, die sich an der nach den Linden gelegenen Fensterseite hinzog.

Nur zwei Schmuckgegenstände trug die hohe Entschlafene, die ihr immer besonders werth gewesen waren, eine Nadel mit dem Namenszug des 4. GardeGrenadier-Regiments Königin, die ihr von dessen Offizierkorps zur Feier der goldenen Hochzeit verehrt worden war, und jene goldene Dienstauszeichnung, welche Kaiser Wilhelm II zum Andenken an seinen hochseligen Großvater für dessen frühere Umgebung gestiftet hatte.

Gegen 8 Uhr fand ein Trauergottesdienst an der Bahre statt. Nach Beendigung des letteren hoben 16 Unteroffiziere des Regiments den Sarg ihres Regimentschefs auf die Schulter und trugen ihn hinaus auf die Rampe.

Wie die Dahingeschiedene einst dem Sarge ihres Gemahls bis an die Stufen der Eingangshalle gefolgt war, so folgte jcht Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin dem Sarge der Mutter dorthin, und mit ihr der Großherzog, der Kaiser und die Kaiserin.

Wenige Minuten nach 10 Uhr öffneten sich die Flügelthüren des Palais und es stiegen dem Sarge voran der Ober-Hof- und Hausmarschall Graf Perponcher, der Oberhofmeister Graf Nesselrode, der Kabinetsrath v. dem Knesebeck die Marmortreppen hinab.

Vor der Rampe stand die Leib-Kompagnie des 1. Garde-Regiments 3. F unter präsentirtem Gewehr. Langsam unter dem Geläut aller Kirchenglocken sezte sich der Trauerzug in folgender Ordnung in Bewegung: An der Spite marschirten zwei Züge des 1. Garde-Regiments 3. F. und eine Halbeskadron des Regiments der Gardes du Corps unter Kommando des Prinzen Heinrich XIX. von Reuß. Dann folgte der unter Führung des Hauptmanns v. Strubberg von 32 Unteroffizieren getragene Sarg. Hinter ihm schritt Seine Majestät zwischen den Großherzögen von Baden und Sachsen-Weimar. Dem Kaiser reihten sich die Fürstlichkeiten, das militärische Gefolge des hochseligen Kaisers, die Mitglieder des Hauptquartiers Kaiser Wilhelms II., die hohen Hofchargen und höheren Offiziere, darunter der Kommandeur des Augusta-Regiments Oberst Frhr. v. Hammerstein und der des Kürassier-Regiments Königin, Oberstlieutenant v. Rabe, an. Den Beschluß machte die Dienerschaft der Verewigten und die Halbeskadron des Regiments der Gardes du Corps. Von der Schloßbrücke an bis zum Mittelportal des Schlosses war die Straße zu beiden Seiten mit Mannschaften des Regiments Königin Augusta besetzt. Die florumhüllte Fahne neigte sich beim Herannahen des Sarges zur Erde, der Zug bewegte sich durch das Portal, die hell erleuchtete Treppe zum Weißen

Saale hinan und geleitete die sterblichen Ueberreste der Kaiserin in die Schloßkapelle.

Am Eingange der letteren erwartete Oberhofprediger D. Kögel mit der Hofund Domgeistlichkeit den Trauerzug, setzte sich an dessen Spize und schritt ihm bis zum Altar voran. Dort war ein Unterbau für die Aufstellung des Sarges errichtet und mit einer violetten, hermelinverbrämten Sammetdecke, auf der schon der Sarg Kaiser Wilhelms im Dom gestanden hatte, bedeckt. An dieser Stelle wurde der Sarg mit dem Kopfende zunächst dem Altar niedergesetzt. Bereits vor der Ankunft des Trauerzuges waren Ihre Majestät die Kaiserin, Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin von Baden, sowie die Prinzessinnen in der Kapelle erschienen und hatten an der Seite des Altars Aufstellung genommen. Seine Majestät der Kaiser mit den beiden Großherzögen und den Prinzen aus den deutschen souveränen Häusern traten an das Fußende des Sarges. Die Laterne der Kuppel warf ihr magisches elektrisches Licht auf die Bahre und die Trauerversammlung, die Kuppel selbst umgab ein Kranz einzelner Flammen, während den Sarg helles Kerzenlicht von den mit schwarzem Flor behängten Kandelabern umleuchtete. Keine Orgel, kein Sangeslaut tönte in den weiten erhabenen Räumen, Grabesstille herrschte unter der Versammlung und erhöhte den ergreifenden Ernst der Trauerstunde. Nachdem Hofprediger D. Kögel ein Gebet gesprochen hatte, knieten Seine Majestät der Kaiser und der Großherzog von Baden an der Seite Ihrer Gemahlinnen in stiller Andacht am Sarge nieder und verließen sodann mit den übrigen hohen Leidtragenden die Kapelle.

Das Regiment ließ am Treppenaufgang zur Kapelle einen Doppelposten zurück, die Truppen rückten still in ihre Quartiere ab, und ebenso still zerstreute sich die zahllose Menge, welche entblößten Hauptes dem Trauerzuge zugeschaut hatte.

Die Aufbahrung in der Schloßkapelle erfolgte noch während der Nacht. Von Freitag früh 10 Uhr bis 4 Uhr nachmittags war der Zutritt denen freigegeben, die noch einmal das Antlitz der vielgeliebten Kaiserin zu schauen begehrten.

Leider war des Raummangels wegen der Besuch des Publikums nur in beschränktem Maße möglich.

Der Kommandeur des Regiments Königin, sowie Hofdamen und Kammerherren versahen den Ehrendienst am Sarge, während am Kopfende zunächst dem Altar auf jeder Seite ein Grenadier des Regiments mit Gewehr bei Fuß vor seinem hohen Chef die letzte Wache hielt.

Das feierliche Leichenbegängniß fand am Sonnabend den 11. Januar 1890 statt. Zwischen 9 und 10 Uhr rückten die Truppen und Gewerkschaften zur Spalierbildung heran. Im Lustgarten vor der Schloßapotheke nahm, Front nach den Linden, das Gardes du Corps-Regiment in schwarzem Küraßz Aufstellung. Diesem schloß sich, mit der Front nach dem Königlichen Schlosse gewendet, das kombinirte Bataillon Königin Augusta-Regiments an; weiter folgten die Garde-Kürassiere, die Garde-Dragoner und das Kürassier-Regiment Königin. Den Bürgersteig vor dem Schlosse hatte das Offizierkorps der Residenz mit seinen Damen inne. Die Schloßzfreiheit blieb unbesetzt. Vor dem Zeughause standen die Kriegervereine und Abordnungen der Schüler höherer Lehranstalten. An diese reihten sich bis zum

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