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theuren Königlichen Gemahls, an dessen Seite die hohe Frau in fast neunundfünfzigjähriger glücklicher Ehe zum Heile des Volkes und zum Segen des Vaterlandes gewirkt hatte.

Am 9. März traf die hohe Frau, das Hohenzollernhaus, die Armee, das gesammte Vaterland, jedes deutsche Herz ein unsagbarer, tiefer Schmerz. Fast einundneunzigjährig, von seinem dankbaren Volke als Vater des Vaterlandes wie noch nie ein Herrscher geliebt, von der Mitwelt bewundert, ruhmgekrönt als Kriegsheld dreier glorreicher Feldzüge, ein Vorbild edelster ritterlicher und soldatischer Tugenden, trat Wilhelm der Große vom Schauplatz seiner unvergänglichen Thaten zurück, um vom Herrn der Heerscharen zu seinen Vorfahren geleitet zu werden, nachdem er noch bis zum letzten Pulsschlage treu seinem Grundsatz: „Ich habe keine Zeit, müde zu sein“ für des Heeres Tüchtigkeit, für des Vaterlandes Wohl gewirkt und gearbeitet hatte.

Am 11. März, 121⁄2 Uhr mittags, stand das Regiment mit umflorten Fahnen auf dem Markenbildchenplatz und leistete nach einigen auf die Größe des heimgegangenen Kaisers hinweisenden Worten des Obersten Frhrn. v. Hammerstein dem neuen Kriegsherrn, Seiner Majestät dem Kaiser und König Friedrich III., den Eid der Treue.

Nur zu bald sollte dem greisen glorreichen Gründer des neuen Deutschen Reiches sein bis vor Kurzem noch so lebensfrischer Heldensohn in die Gruft folgen. Vergeblich hatte der Königliche Dulder im Süden Heilung gesucht. Mit todmüder, kranker Hand ergriff er, der in so vielen siegreichen Schlachten mit markiger Faust den Feldherrnstab geführt hatte, das Scepter der Regierung.

Am 15. Juni erlag der Kaiserliche Held, der trot furchtbarer schmerzlicher Qualen es vermochte, „zu leiden ohne zu klagen" der unheilbaren Krankheit. Tags darauf stand das Regiment wiederum mit umflorten Fahnen auf dem Waffenplatz der Veste Alexander und brachte nach der Vereidigung unter präsentirtem Gewehr dem Kaiser und Könige Wilhelm II. ein dreimaliges Hurrah.

Am folgenden Tage wurde folgender erster Erlaß Seiner Majestät des Kaisers an die Armee verlesen:

Armeebefehl.

Während die Armee soeben erst die äußeren Trauerzeichen für ihren auf alle Zeiten in den Herzen fortlebenden Kaiser und König Wilhelm I., Meinen hochverehrten Großvater, ablegte, erleidet sie durch den heute Vormittag 11 Uhr 5 Minuten erfolgten Tod Meines theuren, innig geliebten Vaters, des Kaisers und Königs Friedrich III. Majestät, einen neuen schweren Schlag.

Es sind wahrlich ernste Trauertage, in denen Mich Gottes Fügung an die Spige der Armee stellt, und es ist in der That ein tiefbewegtes Herz, aus welchem Jch das erste Wort an Meine Armee richte.

Die Zuversicht aber, mit welcher Jch an die Stelle trete, in die Mich Gottes Wille beruft, ist unerschütterlich fest, denn Ich weiß, welchen Sinn für Ehre und Pflicht Meine glorreichen Vorfahren in die Armee gepflanzt haben, und Ich weiß, in wie hohem Maße sich dieser Sinn immer und zu allen Zeiten bewährt hat.

In der Armee ist die feste, unverbrüchliche Zugehörigkeit zum Kriegsherrn

das Erbe, welches vom Vater auf den Sohn, von Generationen zu Generationen geht und ebenso verweise Ich auf Meinen Euch Allen vor Augen stehenden Großvater, das Bild des glorreichen und ehrwürdigen Kriegsherrn, wie es schöner und zum Herzen sprechender nicht gedacht werden kann, auf Meinen theuren Vater, der sich schon als Kronprinz eine Ehrenstelle in den Annalen der Armee erwarb, und auf eine lange Reihe ruhmvoller Vorfahren, deren Namen hell in der Geschichte leuchten und deren Herzen warm für die Armee schlugen. So gehören wir zusammen, Ich und die Armee, so sind wir für einander geboren, und so wollen wir unauflöslich fest zusammenhalten, möge nach Gottes Willen Friede oder Sturm sein.

Jhr werdet Mir jetzt den Eid der Treue und des Gehorsams schwören und Ich gelobe, stets dessen eingedenk zu sein, daß die Augen Meiner Vorfahren aus jener Welt auf Mich herniedersehen, und daß Ich Ihnen dermaleinst Rechenschaft über den Ruhm und die Ehre der Armee abzulegen haben werde. Schloß Friedrichskron, 15. Juni 1888.

gez. Wilhelm."

Zum ersten Male fand Anfang August das durch Seine Majestät Kaiser Friedrich laut A. K. O. vom 17.5. 1888 ins Leben gerufene Kaiserpreisschießen statt, nach welchem innerhalb jedes Armeekorps der beste Schüße unter den Infanterieoffizieren einen Degen, die beiden besten Schüßen unter den Infanterieunteroffizieren je eine goldene oder silberne Taschenuhr mit dem Namen des Schützen und ehrender Inschrift erhalten sollten.

Fernerhin wurden, um die Freudigkeit am Schießzdienst bei Unteroffizieren und Mannschaften zu erhöhen, Preisschießen um kleinere Preise angeordnet.

Zur Beurtheilung der Schießleistung der Kompagnie fand fortan nicht nur ein Einzelprüfungsschießen, sondern auch im Anschluß an die Gefechtsschießübungen ein Prüfungsschießen der Kompagnien im Gelände unter Zugrundelegung taktischer Situationen statt.

Am 15. August fuhr das Regiment zur Theilnahme an den Herbstübungen des Gardekorps nach Berlin ab und wurde am 24. August durch Seine Majestät den Kaiser besichtigt. Der Oberst Frhr. v. Hammerstein that am 22. August Ehrendienst bei Seiner Majestät dem König von Dänemark. Die Detachementsübungen fanden zwischen Köpenick, Straußberg und Buckow, die der Division zwischen Seelow, Frankfurt a. D. und Petershagen, die Manöver des Gardekorps gegen das III. Korps zwischen Arensdorf, Müncheberg, Buckow, Prözel und Straußberg statt. Das Regiment kehrte am 22. September früh nach Coblenz zurück. Die Vereidigung der Rekruten erfolgte am 20. November in Gegenwart des Allerhöchsten Chefs, ihre Vorstellung am 26. für das I. und Füsilier-Bataillon in der Trommel-Allee, am 27. für das II. Bataillon in der Rheinanschluß-Kaserne.

In demselben Monat ließ sich die hohe Frau in ihrem regen Interesse für militärische Angelegenheiten als Regimentschef die neue Ausrüstung und Bewaffnung im Vergleich zu der alten zeigen. Hierzu erschienen die Unteroffiziere Schuler und Siepmann der 1. Kompagnie, Ersterer mit alter Ausrüstung und altem Gewehr, Letterer mit neuer Ausrüstung und neuem Gewehr versehen, unter Führung ihres

1839.

Kompagniechefs, Hauptmanns Frhrn. v. Maercken zu Geerath, im Kurfürstensaale des Schlosses. Mit größter Aufmerksamkeit beobachtete die Kaiserin das An- und Ablegen beider Ausrüstungen und folgte mit äußerstem Interesse den erklärenden Worten des genannten Kompagniechefs. Nachdem Jhre Majestät auch noch die Ladegriffe an beiden Gewehren besichtigt hatte, beglückte sie beide Unteroffiziere durch anerkennende Worte und ein Geldgeschenk.

Infolge Ernennung des Generals v. Pape zum Oberkommandirenden in den Marken wurde am 19. September 1888 der General der Infanterie Frhr. v. Meerscheidt-Hüllessem zum kommandirenden General des Gardekorps ernannt. Während in dem schweren Trauerjahr 1888 es der Armee nicht vergönnt war, den Geburtstag ihres Kaisers und Königs zu feiern, konnte am 27. Januar 1889 zum ersten Male der Geburtstag Seiner Majestät des Kaisers und Königs Wilhelm II. festlich begangen werden.

Ende Februar wurde dem Regiment als theures Erinnerungszeichen ein von Seiner Majestät dem hochseligen Kaiser und König Wilhelm I. getragener Waffenrock des 4. Garde Grenadier Landwehr- Regiments durch nachstehende A. K. O. überwiesen:

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„Nachdem Mein in Gott ruhender Großvater, des Kaisers und Königs Wilhelm I. Majestät, leßtwillig zu bestimmen geruht haben, daß jedem Regiment, dessen Uniform Allerhöchstdieselben getragen, ein Uniformsrock zum Andenken übergeben werden solle, lasse Jch in Ausführung dieses Vermächtnisses Ihnen beifolgend einen für das Ihrem Befehl unterstellte Regiment bestimmten Rock nebst Epaulettes zur angemessenen Aufbewahrung zugehen. Sie haben dem Regiment von diesem lezten Gnadenbeweise seines verewigten Allerhöchsten Kriegsherrn Kenntniß zu geben.

Berlin, den 26. Februar 1889.

An den Obersten Frhrn. v. Hammerstein-Lorten,

gez. Wilhelm. R.

Kommandeur des 4. Garde-Grenadier-Regiments Königin.“

Sonntag den 10. März nahm das Regiment an der auf Allerhöchsten Befehl in allen Garnisonkirchen abzuhaltenden Gedächtnißfeier für Seine Majestät Kaiser Wilhelm I. theil. Am 22. März, an dem der Dienst nachmittags, um den Geburtstag Kaiser Wilhelms I. zu begehen, aussiel, hatte Ihre Majestät die Kaiserin Augusta die Gnade, dem Regiment ein Kruzifix zur Aufstellung in einer der Krankenbaracken zu senden. Das Geschenk wurde dem I. Bataillon übergeben und in Baracke I auf dem Waffenplay des Forts Alexander angebracht. Einige Tage vorher hatte die Fürsorge des hohen Chefs die Unteroffizierbibliothek um zwei Bände der Geschichte der Preußischen Fahnen und Standarten bereichert.

Da die Baracke der 1. Kompagnie wegen Baufälligkeit abgerissen werden mußte, so bezog diese Kompagnie Ortsunterkunft in Moselweiß und Güls und sodann am 1. Mai die Horchheimer Thorkaserne.

In dem, dem Regiment am 20. Mai zugegangenen, Bericht des Königlichen Kriegsministeriums über den Ausfall des Einzelprüfungsschießens 1888 wurde das

Regiment an erster Stelle lobend genannt und besonders hervorgehoben, daß alle 12 Kompagnien den Armeedurchschnitt erreicht und zum Theil erheblich überschritten batten. Gleiche Resultate mit dem Regiment hatte nur noch ein Truppentheil aufzuweisen. Der kommandirende General sprach dem Regiment für diese hervorragende Schießleistung seine besondere Anerkennung aus.

Am 27. Juli fand in Gegenwart des Allerhöchsten Chefs auf dem Waffenplaß der Veste Alexander das Regimentsfest, jedoch diesmal ohne Spiele, statt.

Der Brigadekommandeur, Seine Hoheit der Erbprinz von Meiningen, hielt am 6. August das Prüfungsschießen im Gelände zwischen Höhr-Berg und Horchheimer Höhe ab, besichtigte tags darauf die Kompagnien im Turnen und Unterricht, wohnte am 8. August einer größeren Felddienstübung in der Gegend von Simmern. bei und sprach nach letterem Dienst durch Parolebefehl seine besondere Anerkennung für die Leistung der Truppe aus. Am Nachmittage unternahm Seine Hoheit mit einem Theil des Offizierkorps einen Ausflug nach der Ruine Drachenfels im Siebengebirge.

Während des Manövers war das Regiment der 31. Brigade zugetheilt und ererzirte auf der Darscheider Heide bei Daun. Hieran schlossen sich die Detachementsübungen zwischen Kelberg, Daun, Gillenfeld, Uelmen, die Divisionsmanöver zwischen Uelmen, Luzerath, Cochem, Polch, Monreal und die Korpsmanöver zwischen Weißenthurm, Mayen, Coblenz, Kobern.

Folgende A. K. O. wurde im Laufe des Manövers bekannt gemacht:

Ich bestimme hierdurch,

1. Offiziere und Mannschaften der Garde-Grenadier-Regimenter tragen fortan den Adler mit Gardestern nach der bei den Garde-Infanterie-Regimentern gültigen Probe. Die hiernach erforderlichen Beschaffungen haben nach Maßgabe verfügbarer Mittel stattzufinden.

2. Die Garde-Grenadier-Landwehr-Regimenter tragen auf ihrem bisherigen Helmadler den für die Garde-Landwehr-Regimenter vorgeschriebenen Stern mit Landwehrkreuz.

Das Kriegsministerium hat hiernach das Weitere zu veranlassen.

Cüstrin, den 28. August 1889.

An das Kriegsministerium."

gez. Wilhelm.

v. Verdy.

Als die Kaiserin zum Sommeraufenthalt in Coblenz eintraf, wußte man zwar, daß die hohe Frau leidend war, ahnte jedoch nicht, daß dieser Besuch der Stadt und des Regiments der letzte sein sollte. Troß ihrer angegriffenen Gesundheit ließ Ihre Majestät die Rekrutenvereidigung und Vorstellung in gewohnter Weise stattfinden, besuchte nach mehrjähriger Pause kurz vor ihrer Abreise - am 7. Dezember 1889 noch einmal das Regimentshaus und schrieb in die ihr vorgelegte Chronik des Regiments mit zitternder Hand ihren letzten Segenswunsch mit den Worten ein:

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Nachdem die hohe Gönnerin im Rollstuhl durch sämmtliche Räume gefahren war, mit gnädigem Interesse die inzwischen entstandenen Neuerungen besichtigt, viele Offiziere mit gnädiger Ansprache beehrt und fast eine Stunde verweilt hatte, wünschte sie dem Offizierkorps ein glückliches Weihnachtsfest und frohes Wiedersehen im nächsten Jahre, trank auf das Wohl ihres Regiments und schenkte beim Abschied diesem ein Delbild von des jezt regierenden Kaisers Majestät, das zum Weihnachtsfest eintraf. Kaiserin Augusta, die unvergeßliche Wohlthäterin des Regiments, verließ darauf das Haus, in dem sie so oft und gern geweilt hatte, um es nie wieder zu betreten.

Zu Weihnachten und zu Neujahr gingen dann noch einmal dem Regiment herzliche Grüße und Glückwünsche des theuren Chefs zu, in denen Ihre Majestät, wie von trauriger Ahnung erfüllt, hervorhob, daß ihr dieses Mal der Abschied vom Regiment besonders schwer gefallen sei. Kaum hatte die Kaiserin, wie alljährlich, die Neujahrswünsche des Regimentskommandeurs entgegen genommen, als sie aufs Krankenlager sant, von dem sie nicht mehr erstehen sollte.

Ein Mitglied des Offizierkorps ging der hohen Frau kurz vor Ablauf des alten Jahres im Tode voran. Am 19. Dezember verstarb nach kaum zweitägigem Krankenlager der Sekondlieutenant v. Minckwiz. Eine Lungenentzündung hatte dem erst 26jährigen hoffnungsvollen Leber dieses allgemein beliebten Offiziers ein schnelles Ende bereitet.

Bald nach Beginn des neuen Jahres, am 6. Januar, 4 Uhr 20 Minuten abends, legte Ihre Majestät ihr edles Haupt zum ewigen Schlummer nieder. Das Regiment hatte seinen erhabenen Chef, seine treue sorgende Mutter verloren.

Die traurige Kunde von dem schweren Schlag, den das Hohenzollernhaus und das ganze Vaterland erlitten hatte, theilte Seine Majestät der Kaiser dem Regiment durch nachstehende Depesche mit:

"

In tiefer Trauer theile Jch dem Regiment mit, daß soeben dessen vielgeliebter Chef, die Kaiserin Augusta, sanft entschlafen ist.

gez. Wilhelm."

Infolge Allerhöchsten Befehls wurde in wenigen Stunden aus den älteren Jahrgängen des Regiments ein kombinirtes, 600 Mann starkes Bataillon gebildet und das Kommando dem Major v. Braunschweig, die Führung der Kompagnien den Hauptleuten Frhr. v. Maercken zu Geerath, v. Massow, v. Gerstein-Hohenstein und Grafen u. Edlen Herrn zu Boineburg u. Lengsfeld übertragen. Am Mittwoch den 8. Januar, 7 Uhr abends, fuhren das Offizierkorps und das kombinirte Bataillon nach Berlin ab und langten daselbst Donnerstag, den 9, 3 Uhr 48 Minuten abends auf dem Bahnhof Friedrichstraße an. Während die Truppe in der Georgenstraße zum Abmarsch nach dem Königlichen Schlosse bereit stand, erschien, zur freudigen Ueberraschung Aller, unerwartet Seine Majestät der Kaiser und König in Begleitung zweier Flügeladjutanten, begrüßte die Truppe mit einem wohlwollenden Guten Tag, Grenadiere", segte sich an die Spitze des Bataillons und führte dieses, ohne daß das Spiel gerührt wurde, an dem nun zur Trauerstätte gewordenen Hohenzollernpalais vorbei nach dem Königsschlosse. Auf dem Wege dorthin waren die Straßen mit einer dicht gedrängten, sichtlich ergriffenen

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