Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Zur Vorfeier des Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers und Königs fand am 21. abends in Senlis großer Zapfenstreich, am Morgen des 22. in allen belegten Ortschaften Reveille statt. An leyterem Tage wurde ferner in Senlis ein Festgottesdienst durch den Divisionspfarrer Jordan abgehalten, an dem von den beiden anderen in Chantilly und Mont l'Evêque untergebrachten Bataillonen Abordnungen theilnahmen und wobei der durch Ihre Majestät dem Regiment geschenkte Feldaltar wiederum zur Verwendung gelangte.

Außerdem feierten die Bataillone in ihren Quartieren den Tag durch eine Barade.*)

Abends waren die Kompagnien in festlich geschmückten Räumen kameradschaftlich vereinigt.

Da durch die in Paris inzwischen ausgebrochenen Unruhen die mit der Versailler Regierung geschlossenen Verträge leicht in Frage gestellt werden konnten, so wurden besondere Maßregeln nöthig, denen zufolge die 2. Garde-Infanterie-Division in die Linie Dammartin-Luzarches vorgezogen werden mußte.

Dies Vorrücken hatte am 23. in einem Marsche zu erfolgen. Das Regiment 23. März 1871. kam nach Louvres und Umgegend, nur das I. Bataillon verblieb zum Schuße des Generalkommandos in Senlis, entsandte aber zur Bewachung der Bahnhöfe, Magazine und Etappen, die 4. Kompagnie nach Chantilly, die 2. nach Creil.

Der Aufenthalt in den neuen Quartieren war nur ein kurzer, denn schon

am 31. März wurde von dem Oberkommando Folgendes befohlen:

„Da ein rascher Uebergang zu Feindseligkeiten von Seiten der augenblick= lichen Machthaber nicht zu erwarten steht, kann seitens des Gardekorps die Konzentrirung der Truppen gegen Paris aufgehoben werden."

Demgemäß kehrte das Regiment am 1. April in die alten Quartiere zurück und belegte mit der 2., 3. und 4. Kompagnie Senlis, mit der 1. Villers St. Frambourg und Ognon, mit dem II. Bataillon Chantilly, Gouvieux (5.), St. Maximin (1/27.) und Vineuil (128.), mit dem Füsilier-Bataillon la Chapelle, Mortefontaine, Orry la Ville, Pontarmé und Thiers.

Durch das Oberkommando der Dritten Armee wurde am 13. April der Belagerungszustand in den Departements der Seine, Seine et Dise, Seine et Marne et de l'Oise, soweit sie von deutschen Truppen besetzt waren, erklärt.

Mit dem 1. April waren die Verpflegungsgelder von 15 Francs pro Tag für jeden Offizier und Offizierdienstthuer auf 5 Francs ermäßigt worden.

Um Paris fanden während dieser Zeit fast täglich Kämpfe zwischen den Kommune- und Versailler Truppen statt. Lettere, angeblich in der Stärke von 40 000 Mann unter MacMahon, machten nur geringe Fortschritte. Sie waren durch die ausgelieferten Gefangenen verstärkt, schienen aber wenig zuverlässig zu sein. Die Versailler Regierung beschränkte sich deshalb vorzugsweise auf die Verwendung von Artillerie, welche am meisten Mannszucht aufwies und ihrem Gegner

*) Während der Ansprache des Majors v. Behr, der sein Bataillon in Chantilly auf der Pelouse aufgestellt hatte, hörte man auf der einen Seite das Getöse des Artilleriekampfes zwischen den Kommunarden und den französischen Regierungstruppen, auf der anderen den donnernden Salut deutscher Geschüße, den eine der Feldbatterien zu Ehren des Tages mit 101 Schuß abgab.

4. April 1871.

16. April 1871.

18. April 1871.

bei Weitem überlegen war. Endlich gelang es, die Truppen der Kommune zum Verlassen der Forts d’Jssy und Vanvres zu zwingen. Während sich diese Ereignisse beim Feinde abspielten, war der Aufenthalt um Chantilly für das Regiment ein äußerst angenehmer. Die Umgebung bot herrliches Gelände für Felddienstübungen, der nahe prachtvolle Wald besaß viele gutgepflegte Reitwege, und das reizende, an einem See gelegene kleine Château de la Reine Blanche bildete den Sammelpunkt kameradschaftlicher Vereinigung der Offiziere. Der in der Nähe des Bahnhofes zwischen Stadt und Wald befindliche Rennplatz, an dessen Ende sich die prächtigen Stallungen des Duc d'Aumale befanden, diente dem II. Bataillon häufig als Exerzir- und Uebungsplay.

Am 3. fand auf diesem Plaß ein Offizierwettrennen statt, zu welchem die Regimentsmusik auf Wagen von Senlis aus gesandt wurde. Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Sachsen erschienen unter den Zuschauern, und Major v. Rosenberg überreichte der hohen Frau einen prächtigen Blumenstrauß im Namen des Offizierkorps.

Am 4. April traten die bisher zur Garde-Landwehr kommandirten Offiziere wieder zum Regiment über. Major v. Elern übernahm die Führung des I. Bataillons, Premierlieutenant v. Göt die der 7. Kompagnie. Ebenso kehrten die Premierlieutenants Simon und Frhr. v. Eynatten II, sowie der Sekondlieutenant Baron v. Maercken II zu ihren Kompagnien zurück.

Laut A. K. D. vom 29. März wurde der Major v. Frankenberg vom Ostpreußischen Infanterie-Regiment Nr. 44 und Adjutant des Generalfommandos des I. Armeekorps in das Regiment versezt, und Oberst Dejanicz v. Gliszczynski, bisher zum Regiment gehörig und mit der Führung des Mecklenburgischen FüsilierRegiments Nr. 90 betraut, zum Kommandeur dieses Regiments ernannt.

Die Verpflegung, welche seit Mitte März zu häufigen Klagen Veranlassung gegeben hatte, war eine wesentlich bessere und reichlichere geworden.

In Chantilly hatte das Offizierkorps des II. Bataillons einen gemeinsamen Mittagstisch unter Selbstbewirthschaftung in dem Schloß der Gräfin Berteur gegründet. In Senlis aßen die Offiziere der drei dort garnisonirenden Kompagnien mit dem Regimentsstabe und den Offizieren der Korpsartillerie gemeinsam in einem Gasthause, während die der übrigen Kompagnien sich in ihren Ortschaften, gewöhnlich in dem Quartier des Kompagnieführers, vereinigten.

Am 16. traf der durch A. K. O. vom 8. April zum Sekondlieutenant beförderte und zum Regiment versette Portepeefähnrich v. Dewitz vom Garde-FüsilierRegiment ein.

Auch hier auf fremdem Boden wurde der Ehrentag von Düppel durch ein Waldfest bei Pontarmé von der 11. Kompagnie gefeiert.*)

Der zum Regiment versette Major v. Frankenberg übernahm am 29. April

* Hauptmann v. Didtman hatte zum Festplay in dem prächtigen Walde einen sogenannten Stern benut, denselben mit preußischen und deutschen Fahnen, Schildern und Guirlanden geschmückt und Pläße für die Leute hergerichtet, auf welchen ihnen Bier und Butterbrot verabfolgt wurde. An einem besonderen Tische saßen zwölf Düppelstürmer, genau in demselben Anzuge, wie am Sturmtage. In der Mitte war eine kleine Tafel für die Offiziere gedeckt, ein Theil

das Füsilier-Bataillon, Hauptmann v. Hindenburg wiederum seine 3. Kompagnie, während der bisherige Führer derselben, Premierlieutenant v. Arnim, von jetzt ab

die 10. Kompagnie führte.

Am 30. wurden die ältesten Jahrgänge laut Verfügung des Kriegsministeriums 30. April 1871. in die Heimath entlassen.

Der für die Dauer des mobilen Verhältnisses dem Regiment bisher attachirte Lieutenant Graf v. Reina trat am 10. Mai wieder in sein Inaktivitätsverhältniß zurück.

Da für den 17. eine nochmalige Vereinigung der Dritten Armee gegen Paris und Versailles befohlen war, so marschirte das Regiment am 16. bei großer Hige nach Süden ab und erhielt neue Quartiere. Dem I. Bataillon wurden die Orte Ecouen, le Plessis Gassot und Bouqueval, dem II. Villers le Bel und Sarcelles, dem Füsilier-Bataillon Gonesse, Arnouville und Garges zugewiesen. Dort verblieben die Truppen bis zum 4. Juni. Die Unterbringung war nicht die beste, da die genannten Orte während der Belagerung durch starke Belegung mit Einschließungstruppen sehr gelitten hatten.

Am Freitag den 19. fand bei Garges eine Besichtigung der Kompagnien des 19. Mai 1871. Füsilier-Bataillons durch den Generallieutenant v. Budrizki statt.

Während hier die Kunde von dem am 10. Mai zu Frankfurt a. M. abgeschlossenen Friedensvertrage eintraf, spielte sich in Paris ein blutiges Drama ab, in dem die wildesten Leidenschaften des unberechenbaren, so leicht überschäumenden französischen Volksgeistes in trauriger Weise zu Tage traten.

Von jenen Höhen, welche vor wenigen Wochen deutsche Batterien gekrönt hatten, sandten jezt französische Geschütze ihre todbringenden, verwüstenden Geschosse hinüber in die eigene, sonst so vergötterte Stadt.

Die Höhe bei Ecouen, von wo aus man vortrefflich die Fortschritte der Regierungstruppen beobachten konnte, ebenso wie andere Aussichtspunkte, bildeten während dieser Zeit den Sammelpunkt vieler Offiziere und Grenadiere des Regiments. Man beobachtete mit größtem Interesse wie in einem Theater die Wirkung der sich beschießenden Batterien und wog in friedlicher Unterhaltung die Chance der kämpfenden Parteien ab. Der Donner der Kanonen, das Knattern des Kleingewehrfeuers und das Rollen der Mitrailleusen hallten in den deutschen Quartieren wieder. Am Tage gewahrte man mächtige Rauchsäulen, und bei Nacht sah man den Himmel sich purpurroth färben von dem Brande so mancher Prachtbauten der Hauptstadt. Diesen Vorgängen gegenüber nahmen die deutschen Truppen nur eine beobachtende Stellung ein, doch wurde zur Vorsicht die Kehle der in deutschen Händen befindlichen Forts nach der Stadtseite zu armirt und die Wachsamkeit auf den Durchlaßstraßen verschärft.

der Musik spielte, es wurde nach der Scheibe geschossen, und Preise für die besten Schüßen kamen zur Vertheilung. Der Regimentsführer Major v. Rosenberg brachte das Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König, sowie auf dessen hohe Gemahlin, den Regimentschef, aus und ließ dann nach einigen Worten über die Bedeutung des Tages die sämmtlichen Düppelstürmer hochleben.

26. Mai 1871.

Vom 21. bis zum Pfingstsonntag, den 28., wüthete der Kampf in Paris. Am Nachmittage dieses Tages erstickten die Versailler Truppen die letzten Reste des Widerstandes in der Gegend der Buttes Chaumont und des Kirchhofes Père la Chaise.

8. Kapitel.

Der Rückmarsch und die Demobilmachung.

Der am 26. eintreffende Befehl zur Rückkehr des Gardekorps in die Heimath wurde mit allseitigem Jubel begrüßt.

Dem scheidenden Gardekorps sandte Seine Königliche Hoheit der Kronprinz von Sachsen am 31. Mai durch folgenden Tagesbefehl seinen Abschiedsgruß: Seine Majestät der Kaiser und König ruft Euch nach vollbrachter Arbeit in die Heimath zurück!

[ocr errors]

Mit stolzer Befriedigung könnt Ihr auf Euren Antheil an dem glücklich beendeten Werke zurückblicken. Ihr habt den alten wohlbegründeten Ruhm des Gardekorps vermehrt, seiner denkwürdigen Geschichte glänzende Blätter hinzugefügt und Euch unter allen Verhältnissen, Euren ehrwürdigen Traditionen entsprechend, als Muster aller militärischen Tugenden bewährt. Die fröhliche Heimkehr zu den Eurigen ist Euer wohlverdienter Lohn.

Indem ich Euch mit Betrübniß von mir scheiden sehe, drängt es mich, Seiner Königlichen Hoheit dem kommandirenden General, den Herren Generalen und Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten des Korps meinen tiefgefühlten kameradschaftlichen Dank auszusprechen.

Lebt wohl, Kameraden! Meine aufrichtigsten Segenswünsche begleiten Euch in die Heimath. Die gemeinsam durchlebten großen Ereignisse vereinigen uns für alle Zeiten.

H.. Margency, den 31. Mai 1871.

gez. Albert,

Kronprinz von Sachsen, General der Infanterie.“

Hieran schloß sich folgender Korpsbefehl:

„H. Q. Montmorency, den 1. Juni 1871. Es erfüllt mich mit hoher Genugthuung, den Tagesbefehl Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen von Sachsen vom 31. Mai 1871 zur Kenntniß des Korps bringen zu dürfen.

Ich habe unserem bisherigen Oberbefehlshaber für die darin mit so warmen Worten gezollte Anerkennung unserer Leistungen in unserer Aller Namen meinen herzlichen Dank bereits ausgesprochen.

So dürfen wir also nach glorreicher Campagne mit frohbewegtem Herzen zur Heimath zurückkehren, in dem Bewußtsein, auf Frankreichs Boden bis zum letzten Augenblick für unser pflichtgetreues Streben die allseitige Zufriedenheit uns errungen zu haben.

Soldaten des Gardekorps! Vergesset es nie, daß vorzugsweise Eure tadel

lose Mannszucht, die langjährige, sorgfältige und ernste Uebung im Dienste der Waffen, die unverbrüchliche Treue gegen Kaiser und König Euch zu den Erfolgen vor dem Feinde befähigten!

Bewahret Euch diese Schäße in fortgeseztem Streben und laßt uns, erfüllt von solcher Gesinnung, unter den Augen unseres allergnädigsten Kriegherrn uns wieder zusammenfinden.

In diesem Lande aber seien unsere legten Gedanken den theuren Kameraden geweiht, welche ihre leuchtende Tapferkeit, ihre hingebende Pflichttreue mit dem Tode besiegelt haben. Müssen wir auch viele von ihnen in fremder Erde gebettet zurücklassen, in unseren Herzen wird dankbar die Erinnerung

an sie nimmer verlöschen!

gez. August,
Prinz von Württemberg."

Nachdem die Bahnstation Mitry erreicht war, fuhr von dort aus am 6. Juni 1. Juni 1871. das I., am 7. das II. und am 8. das Füsilier-Bataillon früh 5 Uhr ab. Am Abfahrtstage noch wurde Diedenhofen erreicht und am nächsten die preußische Grenze unter lautem Jubel bei Saarbrücken passirt. Auf deutschem Boden war der Empfang überall glänzend und herzlich, namentlich in Coblenz, wo sich viele Angehörige des Offizierkorps und der Mannschaft eingefunden hatten. Meilenweit waren Schulen unter Führung ihrer Lehrer an die Bahn geeilt, um die heimkehrenden Krieger zu begrüßen, und auf jede Weise suchte die Bevölkerung ihrem Danke Ausdruck zu geben. Reichlich wurden die Mannschaften mit Speise und Trank bewirthet und zarte Damenhände boten den Offizieren den langentbehrten herrlich goldigen Trank des Vater Rhein als Minnedank für die treue Wacht, die Deutschlands Söhne gehalten hatten, dar. Der Zug hatte hier 10 Uhr abends einen halbstündigen Aufenthalt, dann ging die Reise über Cöln, Minden, Magdeburg nach Zehlendorf weiter. In letterem Ort wurde nach einer 85 stündigen Eisenbahnfahrt ausgestiegen, in das benachbarte Teltow marschirt und tags darauf die Umgegend von Berlin erreicht. Hier erhielten die Hauptleute v. Falckenstein und v. Gerhardt, wie der Sergeant Strey der 9. Kompagnie das Eiserne Kreuz 1. Klasse; außerdem kamen noch 66 Kreuze 2. Klasse zur Vertheilung.

Am 15. Juni fand das Regiment in Mariendorf und Lankwit Unterkunft. 15. Juni 1871.
Die von Seiner Majestät dem Kaiser und König zur Erinnerung an den

soeben beendeten glorreichen Feldzug gestiftete Kriegsdenkmünze wurde hier an alle
Offiziere und Mannschaften ausgetheilt und sofort angelegt.

Die Bataillone rückten am nächsten Tage zu der auf dem Kreuzberge statt 16. Juni 1871. findenden Parade und dem darauf folgenden Einzug in Berlin um 811⁄2 Uhr morgens aus ihren Quartieren ab. Die Parade war in drei Treffen aufgestellt. Im ersten stand die 1. Garde-Infanterie-Division, deren linken Flügel ein aus der gesammten deutschen Armee zusammengesetztes Bataillon bildete; im zweiten Treffen die 2. Garde-Infanterie-Division, auf deren linkem Flügel sich 1 Bataillon des KönigsGrenadier-Regiments Nr. 7 befand, im dritten Treffen die Kavallerie und Korpsartillerie. Auch bei den letztgenannten Waffengattungen hielt auf dem linken Flügel eine aus der ganzen Armee zusammengesette Eskadron bezw. Batterie.

« ZurückWeiter »