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28. Dezember 1870.

29. Dezember 1870.

Die Zahl der für die Inundation zu stellenden Arbeiter wurde infolge dieser Nothlage von 150 auf 100 für die Brigade herabgesetzt.

Die Kälte hatte inzwischen wieder zugenommen, und es sollen damals mehrere Franzosen auf Posten erfroren sein. Eine brave That aus jener Zeit sei hier nicht vergessen.

Unteroffizier Forsbach der 8. Kompagnie war am 28. Dezember früh von 5 Uhr ab mit mehreren Arbeitern bei der Auseisung der Inundation von Pont Jblon beschäftigt und fuhr zu diesem Zwecke auf der angewiesenen Strecke in einem Ponton auf und ab. Gegen 51⁄2 Uhr sahen die im Kahn befindlichen Mannschaften einen Soldaten auf sich zukommen, welcher jedoch in einer Entfernung von 30 Schritt plöglich, laut um Hülfe schreiend, verschwand. Ohne Zaudern sprang Forsbach aus dem Ponton und, obwohl er selbst verschiedentlich einbrach und sich nur mit Hülfe. eines mitgenommenen Ruders immer wieder emporarbeiten konnte, gelang es ihm, den Grenadier Steingässer seiner Kompagnie von dem Tode des Ertrinkens zu retten. Unteroffizier Forsbach, bereits im Besize der Rettungsmedaille, erhielt infolge dieser That am 17. April 1871 das Allgemeine Ehrenzeichen.

Durch A. K. O. vom 22. Dezember wurde der Premierlieutenant v. Müller des Garde-Füsilier-Regiments unter Beförderung zum Hauptmann dem Regiment aggregirt.

Auf Veranlassung Ihrer Majestät der Königin trat zu dieser Zeit an die Stelle des erkrankten Pfarrers Heinen der Pfarrer Eisenach.

Am 28. wurde die Beschießung des Mont Avron und der Forts Rosny und Nogent fortgesetzt. Die Batterien des ersteren schwiegen sehr bald, und schon am Nachmittage des 29. fanden sächsische Patrouillen die Hochfläche vom Feinde frei.

Eine bei Raincy stehende 12pfündige Batterie befeuerte mit Erfolg Bondy und den Bahnhof Noissy le Sec.

Troß dieser artilleristischen Erfolge wurde die Lage der Besayung von Le Bourget, da der Feind von Drancy und Courneuve her nunmehr sogar mit Laufgräben und Trancheen vorging, von Tag zu Tag gefährdeter. In die bei Drancy errichteten Batteriestellungen waren, wie Ueberläufer berichteten, nicht weniger wie 21 schwere Geschütze eingefahren worden.

Am 29. rückte das II. Bataillon von Pont Zblon wiederum nach Le Bourget zur zweitägigen Besetzung dieses Ortes ab, während das Barackenlager von der 3. Garde-Infanterie-Brigade bezogen wurde.*)

Die Arbeiten an den Laufgräben und Batteriestellungen wurden von den Franzosen eifrig unter Zuhülfenahme von Civilarbeitern fortgeseßt. Deutscherseits erbaute man zwischen Le Blanc Mesnil und Pont Jblon für 18 schwere Geschütze Batteriestellungen, die armirt werden sollten, sobald die augenblicklich gegen den Mont Avron thätigen Geschütze verfügbar würden.

*) Nach den Anstrengungen dieser Tage erregte das Eintreffen von zwei Liebesgabensendungen große Freude. Die eine, welche Weihnachtsgeschenke, wärmende Bekleidungsgegenstände und Nahrungsmittel enthielt, kam von Ihrer Majestät der Königin, die andere vom Vaterländischen Frauenverein zu Coblenz. Lehtere wurde vom Bruder Castor dem Regiment überbracht.

Die beim Regiment zur Dienstleistung kommandirten Offiziere des Regiments 30. Dezember Alexander traten am 30. wieder zu ihrem Truppentheil über.

1870.

1870.

Am Abend des 31. fehrte das II. Bataillon aus Le Bourget nach Villepinte 31. Dezember zurück, nachdem es acht Tage lang ununterbrochen auf Vorposten gewesen war.

Am 1. Januar wurde dem Regiment folgender Tagesbefehl bekannt gemacht: 1. Januar 1871. „Zum Beginn des neuen Jahres sage ich den Herren Korpskommandeuren, Generalen, Offizieren, Aerzten und Beamten, sowie allen Unteroffizieren und Mannschaften der mir unterstellten Truppen meinen herzlichsten Gruß und meinen aufrichtigen Dank.

Soldaten der Maas-Armee!

Laßt uns gemeinsam vorwärts schreiten auf den Bahnen der Pflicht und Ehre, die Ihr zu Anfang des Feldzuges im unaufhaltsamen Siegeszuge durcheilt, seit drei Monaten hier vor Paris in einer Walstatt gleicher ausgezeichnetster Soldatentugenden gewandelt. Das höchste Ziel des Sieges ist uns nahe. Gott der Herr helfe dieses Ziel erreichen.

gez. Albert, Kronprinz von Sachsen.“

Sämmtliche Vorgesetzte schlossen sich vorstehenden Glückwünschen für ihre Untergebenen in entsprechenden Befehlen an.

In der Nacht vom 3. zum 4. Januar wurden die Geschüße der Batterien 4. Januar 1871. bei Aulnay (Nr. 18), Le Blanc Mesnil (Nr. 19) und Pont Jblon (Nr. 20) in Stellung gebracht. Jede Batterie war mit sechs langen 24 Pfündern und zwölf 12 Pfündern ausgestattet.

Die Beschießung von Groslay-Ferme und Drancy, sowie die der feindlichen. Schanzarbeiten sollte am nächsten Morgen beginnen; da indeß am 4. früh ein dichter Nebel herrschte, so wurde das Feuer erst am 5. eröffnet.

Von der Division war der Batterie 18 und 19 als Ziel Groslay-Ferme und Drancy, der Batterie Nr. 20 Courneuve angegeben. Zur Beobachtung der Schüsse befand sich in Le Bourget ein Offizier-Artillerieposten. Diesem waren Ulanen-Ordonnanzen beigegeben, damit Meldungen über Fehlschüsse sofort den Batterien zugehen konnten.

Um bei dem Feinde die Vorstellung zu erregen, daß mit der Beschießung der Nordfront zugleich eine größere Offensive an dieser Stelle beabsichtigt sei (während thatsächlich der planmäßige artilleristische Angriff auf der Südfront erfolgen sollte), hatten am 5. Januar Truppen der 1. Garde-Infanterie-, der Garde-KavallerieDivision und der Korpsartillerie von Gonesse über Aulnay nach Sevran mehrfach Demonstrationsmärsche auszuführen.

Die Besatzung von Le Bourget fonnte fortan etwas freier athmen, da sie jezt, durch die schweren Geschütze gedeckt, die tägliche Beunruhigung durch das Feuer der Forts nicht mehr unerwidert über sich ergehen zu lassen brauchte. Gleichzeitig trat für kurze Zeit ein deutliches Erlahmen der bisherigen Regsamkeit des Feindes ein; Ausfälle der Infanterie fanden fast gar nicht mehr statt, auch das Feuer der Festungsgeschüße und der Feld-Batterien nahm an Häufigkeit und Stärke ab.

6. Januar 1871

9. bis 10. Januar

1871.

13. bis 14. Januar

1871.

Am 6. Januar dehnte das XI!. Korps, entsprechend der früheren Beseßung, seinen rechten Flügel wiederum bis Aulnay aus.

Das Füsilier-Bataillon des Regiments kam von Le Mesnil Amelot wiederum nach Le Blanc Mesnil und bezog Vorposten, rechts an die 3. Garde - InfanterieBrigade bei Le Bourget, links an die Sachsen bei Aulnay angelehnt. Das I. und II. Bataillon blieben in Villepinte, um von hier aus im Verein mit anderen Truppentheilen abwechselnd die Stellungen von Le Bourget und Pont Jblon zu verstärken. Diese Orte wurden jedesmal zehn Tage lang von der 3., acht Tage lang von der 4 Garde-Infanterie-Brigade besetzt. Die Befestigungsarbeiten nahmen ihren Fortgang, und die Batterien 19 und 20 begannen ihr Feuer. Feindlicherseits wurden am Nachmittag etwa 50 Granaten aus Aubervilliers und einer bei Courneuve stehenden Batterie nach Le Bourget hineingeworfen.

Gegen Tagesanbruch trat eine neue feindliche Batterie bei Drancy auf, die das Feuer der Batterien Nr. 19 und 20 erwiderte.

Troß der unausgesetzten Thätigkeit der deutschen schweren Geschütze hielt der Feind Drancy und Groslay-Ferme unverändert besetzt und arbeitete an der Einrichtung weiterer Stellungen bei Courneuve, an der Route de Lille und bei Drancy fort. Seine bei Courneuve und Fort de l'Est angelegten Batterien beschossen Batterie 20.

Da die Vertheidigungsfähigkeit von Le Bourget immer noch Vieles zu wünschen übrig ließ und das Feuer der feindlichen Batterien bei Drancy und Courneuve durch die überlegene Wirkung der deutschen Geschüße fast gänzlich vom Orte abgelenkt wurde, so sollte jezt energisch an der Verstärkung der Umfassung des Ortes gearbeitet werden. Ein Offizier der 2. Garde-Pionier-Kompagnie wurde damit betraut, und es wurden ihm täglich von den Regimentern Elisabeth und Alexander je 150 Mann als Arbeiter zur Verfügung gestellt. Behufs Schaffung einer unmittelbaren Reserve ordnete die Division an, daß täglich eine Kompagnie des in Pont Jblon befindlichen Bataillons nach Le Bourget zu rücken und sich dort in den nördlichen Häusern bereit zu stellen habe.

In der Nacht vom 9. zum 10. wurden die Vorposten von Le Blanc Mesnil (11. Kompagnie) durch ein feindliches Bataillon von Drancy aus angegriffen.

Der Feind rückte gegen 111 Uhr abends aus den diesseits Drancy angelegten Gräben, in Schüßenlinien aufgelöst, schnell gegen den Eisenbahndamm vor. Die Doppelposten der 11. Kompagnie bemerkten den Angriff rechtzeitig und gingen unter lebhaftem Feuer zurück. Als die Feldwachen thätig eingriffen, zog der Feind wieder ab und beschränkte sich darauf, zwei Bahnwärterhäuschen mittelst Dynamit in die Luft zu sprengen. Man gestattete später dem Angreifer, mehrere zurückgebliebene Verwundete nach Drancy zu transportiren. Von der 11. Kompagnie wurde nur ein Füsilier am linken Oberarm leicht verlegt. Am 11., von 8 Uhr abends an, bemerkten die Vorposten ungewöhnlich viel Lärm und Thätigkeit des Feindes in und hinter Drancy, ohne daß jedoch ein neuer Angriff erfolgt wäre.

In der Nacht vom 13. zum 14. eröffneten die Franzosen von 102 Uhr an ein heftiges Gewehrfeuer aus ihren Trancheen bei Le Bourget, welches von starkem Granatfeuer aus den Forts d'Aubervilliers, de l'Est, Romainville, Noissy, sowie

Frei in den Trancheen aufgestellten Feld-Batterien begleitet wurde, und drangen dann mehrere Male von Drancy aus vor. Der erste Angriff richtete sich hauptsächlich gegen die vor Le Blanc Mesnil stehende Feldwache Nr. 1. Lettere zog sich auf ihr Repli zurück und überschüttete von dort aus den Feind mit so heftigem, zum Theil von der Parkspite der Glasfabrik aus flankirend wirkendem Feuer, daß der Angreifer alsbald zum Rückzuge genöthigt wurde.

20 Minuten später strömten dichte feindliche Massen, deren Stärke des dichten Nebels wegen nicht übersehen werden konnte, aus Drancy und den Laufgräben gegen Le Bourget vor. Gleichzeitig suchten die Franzosen von Courneuve aus Le Bourget zu umgehen.

Bei der erfolgreichen Abwehr dieses neuen Vorstoßes leistete die zwischen Dugny und Le Bourget stehende Feldwache vorzügliche Dienste. Als der Feind hierauf seinen Angriff gegen den vorerwähnten Park der Glasfabrik richtete, wurde er durch heftiges Schnellfeuer empfangen und auch dort zurückgewiesen. Ein dritter, nochmals von Drancy aus und zwar gegen die Seifenfabrik unternommener Borstoß theilte dasselbe Schicksal.

Die in Pont Jblon befindliche 1., 2. und 4. Kompagnie Regiments Augusta*) waren inzwischen im Laufschritt vorgerückt, um in das Gefecht einzugreifen. Auch das 11. Bataillon eilte zur Unterstützung von Villepinte nach Le Blanc Mesnil herbei, wo es bis 1/2 Uhr morgens stehen blieb. Eine Betheiligung am Kampfe war den ebengenannten Truppentheilen jedoch nicht vergönnt, da bei ihrem Eintreffen der Feind sich bereits zurückgezogen hatte. Ernstliche Verluste hatte das Regiment keine zu beklagen, nur ein Grenadier der 3. Kompagnie wurde durch einen Granatsplitter an der linken Schulter verletzt.

1871.

In der Nacht vom 14. zum 15. eröffnete der Feind abermals ein heftiges 14. bis 15. Januar Geschüßfeuer, besonders gegen den nördlichen Theil von Le Bourget, die nach Pont Jblon führende Chaussee und die bei Le Blanc Mesnil stehenden Feldwachen.

Infolge dessen rückte das I. Bataillon nach Le Bourget. Die weiter rückwärts liegenden Truppen wurden dagegen nicht mehr alarmirt, da das feindliche Feuer nach und nach an Stärke abnahm und bald gänzlich erlosch.

Größere Verluste hatte das heftige Schießen nicht zur Folge gehabt, nur ein Füsilier der 11. Kompagnie war verwundet worden.

Das II. Bataillon rückte 6 Uhr abends nach Le Bourget, um die dortige Besagung zu verstärken.

Im Laufe dieses Tages wurde beim Regiment ein gefangener Marinesoldat eingebracht, welcher aussagte, daß infolge der Beschießung von Paris von Süden her schon viele Einwohner und Soldaten getödtet oder verwundet worden seien, daß der Mangel an Lebensmitteln die Uebergabe der Stadt im Laufe des Januar zur Folge haben würde, und daß die letzten beiden Ausfälle von der Nationalgarde unternommen worden seien.

Am 15., 84 Uhr abends, wurden Le Bourget und die Vorposten vor 15. Januar 1871.

*) Die 3. Kompagnie v. Arnim, welche sich bereits in Le Bourget befand, hatte die DugnyBarrikade, wie den Nordausgang von Le Bourget besetzt und eine Feldwache am Wege Le Bourget― Dugny vorgeschoben.

Le Blanc Mesnil und Aulnay vom Feinde angegriffen. Die Franzosen gefielen sich darin, troß der Dunkelheit auf große Entfernung ein planloses und wirkungsloses Gewehrfeuer aus ihren Schützengräben zu unterhalten, welches durch Granatfeuer aus den Forts und den Emplacements bei Courneuve und Drancy unterstützt wurde.

Im Gegensatz hierzu befahl die Division, gegenüber diesen nächtlichen Angriffen möglichst alles Schießen zu vermeiden, da es, abgesehen von der Munitionsverschwendung, auf den Feind nur ermuthigend wirken könne, wenn ihm trog lebhaften Feuers so gut wie keine Verluste beigebracht würden. Diese Anordnung hatte deshalb erhöhte Berechtigung, weil die Dunkelheit in den Nächten so stark und der Nebel meist so dicht war, daß man kaum zehn Schritt weit zu sehen und nur durch die aufblizenden, feindlichen Schüsse die Richtung, in der der Gegner stand, zu erkennen vermochte.

Da es augenscheinlich bei diesen Angriffen der Belagerten immer nur auf eine Beunruhigung abgesehen und die Finsterniß der Nächte so undurchdringlich war, daß an die Ausführung eines größeren ernstlichen Unternehmens nicht gedacht werden konnte, so wurden die rückwärts gelegenen Ortschaften häufig gar nicht erst alarmirt.

Inzwischen war die schönste Frucht der blutigen Saat des Krieges herangereift. In wenigen Tagen sollte die deutsche Kaiserkrone in alter Herrlichkeit auf dem Haupte des greisen Helden strahlen, der die deutschen Stämme von Sieg zu Sieg geführt hatte. König Ludwig von Bayern hatte an König Wilhelm und die deutschen Herrscher den Antrag auf Wiederherstellung des Deutschen Reiches und Uebertragung der Kaiserwürde an den König von Preußen gestellt. Nach Zustimmung sämmtlicher Fürsten und freien Städte sollte am 18. Januar sich das Sehnen unserer Väter erfüllen, und in Versailles Wilhelm I. sich die deutsche Kaiserkrone aufs Haupt setzen. Infolge Herannahens dieses weltgeschichtlichen Augenblickes erging am 16. abends an die Maas-Armee folgender Befehl:

Nach einer soeben hier eingehenden Mittheilung Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen Friedrich Wilhelm wird am 18. d. Mts., vormittags, die feierliche Verkündigung von Kaiser und Reich in der Galerie des Glaces in Versailles stattfinden.

Da diese Mittheilung zugleich den Wunsch erkennen läßt, daß die Feierlichkeit durch das Vorhandensein von möglichst vielen Fahnen und Standarten gehoben wird, bestimme ich Folgendes:

Von jedem Infanterie-Regiment wird unter Führung eines Offiziers die Fahne eines Bataillons nach Versailles gebracht, ebenso die Standarte jedes Kavallerie-Regiments c."

Diesem Befehle entsprechend, ging der Lieutenant Crotogino mit 3 Unteroffizieren und den Fahnen des Regiments am 16. abends über Margency nach Versailles ab. Ein Gegenbefehl lief am 17. früh ein, wonach die Fahnen wieder zurückgeholt werden mußten und Lieutenant Crotogino nur mit einem Unteroffizier (Sergeant Heip) zu der Feierlichkeit entsandt wurde.

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