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wähnten 12. Kompagnie Elisabeth nahm noch die 4. Kompagnie Garde-Schüßen (v. dem Knesebeck) an der Einnahme dieses Gehöfts und an der Gefangennahme der Besatzung theil. Von den Offizieren des Füsilier Bataillons blieb an dieser Stelle nur Lieutenant v. Graevenit unverwundet übrig.

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Unterdessen hatte die von Dugny aus vorgehende rechte Angriffskolonne (Regiment Franz) den in den westlichen Dorfabschnitt eindringenden Kompagnien des Regiments Elisabeth die Hand gereicht und einen Theil der mit hohen und starken Mauern umgebenen, westlich der Hauptstraße liegenden Gehöfte in Besitz genommen. Der äußerste linke preußische Flügel (Regiment Alexander) hatte sich gegen den südlichen Theil des Dorfes gewandt und nach kurzem Gefecht Bahnhof, Glasfabrik, Schäferei (den sogenannten Hammelstall) und die dazwischen liegenden Gebäude erstürmt. So gelang es endlich, den gemeinsamen Anstrengungen der drei Angriffskolonnen in der ersten Nachmittagsstunde, auch den letzten Widerstand des noch in Häusern und Gärten versteckten Feindes zu brechen.

Eigenthümlich war das Verhalten der Forts während des Kampfes. Ihr erstes Artilleriefeuer gegen die heranrückenden preußischen Bataillone hatte seine volle Berechtigung und auch Wirkung gehabt. Als aber die ersten preußischen Schützenschwärme das Dorf erreicht hatten, nahm die schwere Artillerie der Forts ohne Rücksicht auf die eigenen ebenfalls im Orte befindlichen Truppen ganz Le Bourget unter Feuer. Die französische Besayung hat dabei zweifellos durch ihre eigene Artillerie schwere Verluste erlitten.

Nach Beendigung des Gefechts sammelte sich das Füsilier-Bataillon unter dem lebhaften Feuer der Forts von St. Denis, Aubervilliers, Romainville und Noissy an dem nördlichen Ausgange von Le Bourget und wurde vom Hauptmann v. Gerhardt gegen 1 Uhr nach Bonneuil zurückgeführt. *)

Die Gefangenen beförderte man vom Lager von Pont Jblon aus weiter nach rückwärts.

Gegen 22 Uhr nachmittags trafen die tapferen, sieggekrönten Füsiliere in ihrer Ortsunterkunft Bonneuil wieder ein, empfangen vom Brigadekommandeur, General v. Berger, welcher die Kompagnien einzeln an sich vorbeimarschiren ließ und seinem Lobe durch den Zuruf Ausdruck gab: „Brave Füsiliere! Vor solchen Füsilieren nehme ich den Hut ab."

Wehmüthig war der Augenblick, als das Offizierkorps des Bataillons sich in dem gewohnten Raume zur Mahlzeit versammelte. Die Zahl derer, welche am Abend vorher in heiterster Stimmung die eingetroffene Botschaft von der Uebergabe von Mez gefeiert hatten, war auf 4 Kameraden **) zusammengeschmolzen.

*) Eine Fahne mit der Bezeichnung 4. Kompagnie Franctireurs de la Presse“ war in die Hände der Stürmenden gefallen und verblieb mit Erlaubniß des Kkiegsministeriums im Besiße des Regiments. Das Schild des Gasthofes, welcher dem unter so herben Verlusten erstürmten Hause gegenüberlag, mit der-Inschrift „Au cheval rouge“, wurde, von Granatsplittern und Gewehrkugeln durchschlagen, zum Andenken mitgenommen und bildet noch heute einen historischen Schmuck des Offiziercasinos.

**) Hauptmann v. Gerhardt, Lieutenants Gr. v. Reina, v. Graevenit und Tollenmaier; außerdem der Portepeefähnrich v. Pelcke.

Noch eine That edelmüthigster Selbstlosigkeit und treuester Freundschaft sei hier verzeichnet.

Hauptmann Gr. v. Keller vergaß nicht, daß er versprochen hatte, die Gemahlin seines Freundes, des Hauptmanns v. Trotha, zu benachrichtigen, falls dieser fallen sollte. Obgleich selbst tödlich verwundet und von den heftigsten Schmerzen gefoltert, welche ihm ein in das Rückgrat gedrungenes Geschoß verurjachte, löste er noch in rührendster Weise sein Versprechen ein, um wenige Stunden. später selbst seinem Freunde und Kampfgenossen in den Tod zu folgen.

Ein eigenthümlicher Zufall war es, daß Junker Cleve, bevor er eine schwere Verwundung in den Unterleib erhielt, in dem ersten Hause von Le Bourget mit jeinem Bruder, dem Lieutenant Cleve, zusammentraf und daß sich Beide hierbei mit durchschossener Hand begrüßten.

In tiefer Trauer beklagte das Regiment den Verlust seines tapferen Kommandeurs und so vieler braver Kameraden, aber mit Stolz blickte es auf den neuen Ehrentag und den errungenen glänzenden Erfolg zurück.

Der kommandirende General nahm durch folgenden Befehl innigen Antheil an der neuen Waffenthat:

Soldaten des Gardekorps!

Der dem Gardekorps befohlene Angriff auf Le Bourget ist heute Morgen von der 2. Garde-Infanterie-Division mit den ihr zugetheilten Truppen aller Waffen glorreich durchgeführt worden.

Ein mit hohen steinernen Mauern umschlossenes, zur Vertheidigung eingerichtetes und mit den besten Truppen der Pariser Garnison stark besetztes Dorf ist einem Feinde entrissen worden, der so hartnäckig jedes einzelne Gehöft vertheidigte, daß oft erst der Pionier für den Infanteristen den Weg öffnen mußte.

Sind die Verluste, mit welchen der Sieg erkauft ist, verhältnißmäßig auch sehr groß, so hat das Gardekorps dafür doch einen neuen Ruhmestag in seiner Geschichte gewonnen.

Im Namen des Korps spreche ich daher dem heldenmüthigen Kommandeur der 2. Garde-Infanterie-Division, der, mit der Fahne in der Hand, die sperrende Barrikade zuerst überstieg, sowie den betheiligten Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten der Zufanterie, Kavallerie, Artillerie und Pioniere den Dank für die Ehre aus, welche sie heute dem Gardekorps erkämpft haben. Vertrauensvoll kann man solchen Truppen die Lösung der schwierigsten Aufgaben übertragen.

Es lebe der König!

H. Q. Gonnesse, den 30. Oktober 1870.

Der kommandirende General

gez. August,

Prinz von Württemberg."

5. Kapitel.

Besekung von Le Bourget. Begebenheiten bis zur Beschießung von Paris.

Nach der Wiedereinnahme von Le Bourget gab der Feind mehrere Tage hindurch Granatfeuer auf dieses Dorf, sowie auf Dugny und Bonneuil ab. Die deutschen Vorposten nahmen ihre Stellungen zwischen Le Blanc Mesnil und Le Bourget wieder wie früher ein.

Le Bourget sollte jedoch von jezt ab unter allen Umständen gehalten werden. Der Ort wurde daher vorläufig durch 2 Bataillone, späterhin durch 1 Bataillon und 1 Kompagnie Garde-Schüßen besetzt und von Pionieren allenthalben zur Vertheidigung eingerichtet.

Man stellte mehrere Vertheidigungsabschnitte her. Der südliche Theil des Dorfes bildete den ersten Abschnitt, der Weg von Courneuve bis zum Hammelstall und Park der Glasfabrik bezeichnete die zweite, und die von Dugny einmündende Straße die dritte Vertheidigungslinie.

Der Oberkommandirende der Maas-Armee, der Kronprinz von Sachsen, erließ am 31. Oktober folgenden Tagesbefehl:

„In einem heißen, aber siegreichen Kampfe hat die 2. Garde-InfanterieDivision am gestrigen Tage dem Feinde das Dorf Le Bourget entrissen, wofür ich den betheiligt gewesenen Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften meine volle Anerkennung ausdrücke. Unser Verlust beträgt 35 bis 40 Offiziere, 300 bis 400 Mann an Todten und Verwundeten. Der Feind hat gegen 30 Offiziere und 1200 Mann unverwundet in unseren Händen gelassen.

gez. Albert, Kronprinz von Sachsen.“

Die feierliche Beerdigung der gebliebenen Kameraden geschah zu Bonneuil am 1. November. Die einfachen Holzsärge, von den Mannschaften tags vorher angefertigt, waren mit Laub und Blumenkränzen geschmückt. Die Offiziere des Generalkommandos und viele andere des Korps wohnten der Trauerfeier bei. Später wurden die sterblichen Ueberreste der gefallenen Offiziere, begleitet von einem Kommando und dem inzwischen eingetroffenen Vater des Junkers Rogalla von Bieberstein nach der Heimath befördert.

Ein unmittelbar nach Beendigung der Trauerfeierlichkeit an Ihre Majestät die Königin gerichteter Brief Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen August von Württemberg giebt Zeugniß von der Theilnahme, die den schweren Verlusten und der Würdigung, die der neuen Ruhmesthat des Regiments an höchster Stelle gezollt wurden.

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gnädiges Schreiben vom 26. d. Mts. habe ich zu erhalten die Ehre gehabt und beantworte dasselbe unter dem Eindruck einer ernsten Feier, welcher ich soeben beigewohnt habe. Diese Feier galt den 15 Leichen von Offizieren der 2. Garde-Division, welche vorgestern bei dem Sturm auf das Dorf Le Bourget,

gefallen sind. Daß auch Oberst Gr. Waldersee von Eurer Majestät Regiment, sowie Hauptmann v. Trotha, Hauptmann Gr. Keller, Lieutenant v. Hilgers, v. Suter, v. Ammon darunter sind, dürfte Eurer Majestät auch schon anderweitig gemeldet sein. Leicht verwundet sind noch die Lieutenants Cleve und Mallmann. Von den Mannschaften sind 3 todt und 39 verwundet. Das Dorf Le Bourget liegt in unserer Vorpostenlinie, ganz unter den Kanonen der feindlichen Forts, und wurde deshalb nur leicht besetzt. Dies benutten vor drei Tagen die Franzosen, um uns daraus zu verdrängen. Das Oberkommando hielt aber den Punkt für wichtig genug, um dessen Wiedereroberung zu befehlen. Generallieutenant v. Budrizki löste diese Aufgabe in glänzender Weise, aber nach sehr schwerem und fünfstündigem Kampf, denn der ganz massive, von steinernen Mauern umgebene Ort war von 6000 Franzosen besetzt und mußte Haus für Haus genommen werden. Die nördliche Barrikade übersprang General v. Budrizki zuerst mit einer Fahne des Regiments Elisabeth in der Hand; er war begleitet von Gr. Kanig und Oberst v. Zaluskowski. Letterer fiel hier schwer verwundet und starb dann in der Nacht. Gr. Waldersee, welcher von der Seite mit einer anderen Kolonne eingedrungen war, fand den Heldentod, indem er, Hauptmann v. Trotha und Lieutenant v. Hilgers meuchlings von Franzosen erschossen wurden, die sich in einem Gehöft bereits ergeben hatten. Die Franzosen verloren etwa 200 Todte und 1300 Gefangene, darunter 31 Offiziere.

Die von Eurer Majestät dem Korps gnädigst vermittelten warmen Unterkleider sind bei den jezigen furchtbaren Regengüssen eine große, dankbar erkannte Wohlthat und werden sich noch mehr bewähren, wenn die so sehnlich gewünschte Entscheidung sich erst im Laufe des Winters einstellen sollte.

Eurer Majestät Befehl gemäß habe ich der Batterie, die Eurer Majestät Namen führte, nunmehr denjenigen des Prinzen Friedrich Karl verliehen, doch baten die Offiziere, daß die ganze Höhe, auf welcher mehrere dieser Batterien liegen, den Namen Eurer Majestät fortführen dürfe, was ich ihnen nicht abschlagen konnte. 2C.

Mit tiefster Ergebenheit verbleibe ich
Eurer Majestät

Gonnesse, den 1. November 1870."

ganz unterthänigster Neffe

gez. August,

Prinz von Württemberg.

Während in den ersten Tagen nach dem Sturm die Forts die vom Regiment besetzten Ortschaften häufig durch Granatfeuer belästigten, trat später verhältnißmäßige Ruhe in dieser Hinsicht ein. Deutscherseits begann man bald wieder mit der Kartoffelernte, und auch die Franzosen waren bemüht, alle erreichbaren Feldfrüchte in Sicherheit zu bringen.

Schon mehrere Male war man der Ansicht gewesen, daß in Paris ein Straßenkampf stattfinden müsse, da in der Stadt heftiges Feuern vernommen

wurde. Es war indeß schwer festzustellen, ob dies nicht Schießübungen der Truppen waren, die regelmäßig vorgenommen werden.

Die Vermuthung von Kämpfen unter der Pariser Bevölkerung fand ihre erste Bestätigung dadurch, daß ein französischer Parlamentär-Offizier erzählte, in Paris sei die bisherige Regierung gestürzt und die Kommune erklärt. Dies sei, so äußerte er, die beste Staatsform, welche man in Preußen wohl auch bald annehmen würde. General Trochu kommandire zwar noch, werde aber bald durch einen anderen ersetzt werden. Er selbst sei Generalstabskapitän und befehlige in Aubervilliers, außerdem sei er Redakteur des „Rappel" und werde sich heute Mittag von seinen Freunden zum Major ernennen lassen. Andere französische Offiziere bestätigten diese Angaben, unter der Einschränkung, daß die Kommune noch nicht allgemein anerkannt sei. Vom Mont Valérien wehte bereits die rothe Fahne.

Nachdem durch A. K. O. vom 2. November Seine Majestät der König dem Generallieutenant v. Budrizki für besonders rühmliches Verhalten im Gefecht bei Le Bourget den Orden pour le mérite verliehen hatte, erließ Letterer am 4. November folgenden Befehl:

„In Anerkennung der auch höheren Orts gewürdigten Leistungen der Division im Gefecht bei Le Bourget spreche ich derselben meinen besonderen Dank aus.

In diesen Tagen kam auch folgender Armeebefehl Seiner Majestät des Königs zur Kenntniß der Truppen:

„Soldaten der verbündeten deutschen Armeen!

Als wir vor drei Monaten ins Feld rückten gegen einen Feind, der uns zum Kampf herausgefordert hatte, sprach Ich Euch die Zuversicht aus, daß Gott mit unserer gerechten Sache sein würde. Diese Zuversicht hat sich erfüllt. Seit dem Tage von Weißenburg, wo Ihr zum ersten Male dem Feinde entgegentratet, bis heute, wo Jch die Meldung der Kapitulation von Meg erhalte, sind zahlreiche Namen von Schlachten und Gefechten in die Kriegsgeschichte unvergänglich eingetragen worden. Ich erinnere an die Tage von Wörth und Saarbrücken, an die blutigen Schlachten um Mez, an die Kämpfe bei Sedan, Beaumont, bei Straßburg und Paris c.; jeder ist für uns ein Sieg gewesen.

Wir dürfen mit dem stolzen Bewußtsein auf diese Zeit zurückblicken, daß noch nie ein ruhmreicherer Krieg geführt worden ist, und Ich spreche es Euch gern aus, daß Ihr Eures Ruhmes würdig seid. Ihr habt alle die Tugenden bewährt, die den Soldaten besonders zieren: den höchsten Muth im Gefecht, Gehorsam, Ausdauer, Selbstverleugnung bei Krankheit und Entbehrung.

Mit der Kapitulation von Meg ist nunmehr die letzte der feindlichen Armeen, welche uns beim Beginn des Feldzuges entgegentraten, vernichtet worden. Diesen Augenblick benutze Jch, um Euch Allen und jedem Einzelnen, vom General bis zum Soldaten, Meinen Dank und Meine Anerkennung auszusprechen. Ich wünsche Euch Alle auszuzeichnen und zu ehren, indem ich heute Meinen Sohn, den Kronprinzen von Preußen, und den General der Kavallerie Prinz Friedrich Karl von Preußen, die in dieser Zeit Euch wieder

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