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Belohnung für gute Führung, aus der Hand des hohen Chefs Geschenke und Andenken erhalten, in Allen aber ist der regste Eifer erweckt worden, sich einer solchen Güte und Auszeichnung würdig zu erweisen.

Ihrer Majestät hatte es schon längere Zeit am Herzen gelegen, für die Unteroffiziere der beiden auf Fort Alexander liegenden Bataillone eine Bibliothek und ein damit verbundenes Lesezimmer einzurichten, um, wie es in dem betreffenden Statut heißt, in dienstfreien Stunden den Unteroffizieren des Regiments einen behaglichen Vereinigungsort zur Erholung und zur weiteren geistigen Ausbildung Dies Vorhaben, welches bisher an den beschränkten Räumlichkeiten der Kasernements gescheitert war, kam nunmehr zur Durchführung. Zahlreiche belehrende und unterhaltende Schriften waren hierzu bereits früher durch die Gnade Ihrer Majestät, sowie durch Beiträge einzelner Offiziere beschafft worden. Nach und nach vervollkommnete sich die Einrichtung durch Vergrößerung der Räume, Einrichtung eines Unteroffizier-Mittagstisches und Aufstellung eines Billards.

Mit dem 27. August begannen die Detachementsübungen unter Leitung des Generalmajors v. Mirus, Kommandeurs der 15. Kavallerie-Brigade und zwar nordwestlich von Coblenz bis zur Nette, sie endeten am 6. September. Tags darauf wurden die Reserven entlassen.

Am 10. Dezember 1868 wurde ver Prinz Felix zu Salm-Salm, der treue Begleiter des unglücklichen Kaisers Maximilian von Meriko, dem Regiment als Major aggregirt und später einrangirt.

Dem Regiment ging am 30. März 1869 eine kriegsministerielle Ordre vom 14. dieses Monats zu, welche bestimmte, daß die Mannschaften für das Regiment fortan dem Bereich des VIII. und XI. Armeekorps entnommen werden sollten. Das Regiment verlor zwar hierdurch den stattlichen westfälischen Ersatz, wurde aber andererseits durch den schönen Menschenschlag der Hessen-Nassauer entschädigt.

Den 23. Juli dieses Jahres traf Ihre Majestät zu längerem Aufenthalt aus Baden in Coblenz ein. Bei Anwesenheit des Königs, welcher aus Ems herübergekommen war, fand am 4. August das Regimentsfest im Schloßgarten und dem anstoßenden Hofe der Rheinanschluß-Kaserne statt.

Das diesjährige Manöver führte das Regiment in vier Tagesmärschen nach Köln. Vom 17. bis 22. August fanden die Ererzitien in der 29. InfanterieBrigade unter Generalmajor v. Stuckrad auf der Mülheimer Heide statt. Am 22. begannen die Detachementsübungen unter Generalmajor v. Mirus, denen sich die eigentlichen Divisionsmanöver (15. Division Generallieutenant v. Welgien) bei Bedburdyk und Grevenbroich anschlossen.

In den lezten Tagen des September tauschten die Grenadier-Bataillone ihre Kasernements. Das I. Bataillon bezog die Karthause, das II. die RheinanschlußKaserne.

Am 23. November desselben Jahres fand in Gegenwart des hohen Chefs und deren erlauchten Tochter die Rekrutenbesichtigung auf dem Hofe des Kernwerks statt. Im Anschluß daran besichtigten Ihre Majestät und Ihre Königliche Hoheit Geschichte des Königin Augusta Garde-Grenadier-Regiments Nr. 4.

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1869.

1870.

die Großherzogin von Baden das erweiterte Unteroffiziercasino, und schenkte Ihre Königliche Hoheit für die neugestalteten Räume eine Schwarzwälder Uhr.

Laut A. . . vom 1. Dezember wurde Oberst v. Stiehle, unter Belassung in seinem Verhältniß als Flügeladjutant, als Abtheilungschef in den großen Generalstab versezt und an seiner Stelle am 13. Januar 1870 der bisherige Chef des Generalstabes des XI. Armeekorps, Oberst Gr. v. Waldersee, zum Kommandeur des Regiments ernannt. Letterer übernahm am 4. Februar das Kommando.

In diesem Jahre war geplant, dem Regimentsfeste, zu welchem beide Majestäten erwartet wurden, einen besonders glänzenden Verlauf zu geben, und es hatten bereits die Vorbereitungen hierzu begonnen, als plötzlich alle diese friedlichen Veranstaltungen durch ein schweres, am politischen Horizont im Westen heraufziehendes Kriegswetter gestört und die Söhne des Regiments vom heiteren Festesspiel zu ernster, kriegerischer Thätigkeit aufs Neue abberufen wurden.

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Die Theilnahme des Regiments an dem Kriege gegen Frankreich 1870/71.

I. Abschnitt.

Krieg gegen das Kaiserreich.

1. Kapitel.

Ursachen des Krieges.

rankreich, das seit 1866 mit wachsendem Neide auf den preußischen Kriegsruhm blickte und von der neu erstarkenden Kraft und Einigung Deutschlands die Beseitigung des eigenen Uebergewichts befürchtete, erklärte am

19. Juli 1870 an Preußen den Krieg.

Einen nichtigen Vorwand zum Streit hatte für Frankreich die versuchte Berufung des Erbprinzen Leopold von Hohenzollern auf den erledigten spanischen Königsthron geboten.

Die Forderung der französischen Regierung, der König von Preußen sollte sich selbst nach Rücktritt des Erbprinzen von der Kandidatur verpflichten, niemals seine Einwilligung zur Besetzung des spanischen Throns durch einen Hohenzollern zu geben, bildete den Anlaß zum Abbruche der in Bad Ems von Seiner Majestät dem Könige persönlich mit dem französischen Botschafter Benedetti geführten. Verhandlungen.

Mit letzterem Ereigniß war der Krieg unvermeidlich geworden, und bereits am 14. Juli, nachmittags, hatten Banden die Straßen von Paris durchzogen mit dem Rufe,,à Berlin, à Berlin".

Seine Majestät verließ am 15. Juli früh Bad Ems, um über Cassel und Magdeburg nach Berlin zurückzukehren. Durch den Telegraph war bereits überall die Nachricht von den beleidigenden, unserem Könige gestellten Zumuthungen verbreitet. Ganz Deutschland jauchzte der Antwort Beifall, welche der greise Monarch dem französischen Uebermuth gegeben hatte. Auf allen Stationen wurde Seine Majestät mit stürmischem Jubel begrüßt. Das deutsche Vaterlandsgefühl war infolge der Ereignisse der letzten Tage mächtig erwacht und überall, im Norden wie

im Süden, schlugen in der Stunde der Gefahr dem Könige die Herzen seines Volkes voll Liebe und Vertrauen entgegen.

Noch in der Nacht vom 15. zum 16. Juli wurde in Berlin in einem Kriegs= rathe unter Vorsitz Seiner Majestät der Mobilmachungsbefehl für das ganze nord= deutsche Heer ausgesprochen. Die süddeutschen Staaten zögerten nicht, die Sache Preußens zu der ihrigen zu machen, und erließen, den Verträgen getreu, gleichfalls den Mobilmachungsbefehl für ihre Armeen.

In dieser herrlichen, unvergeßlichen Zeit trat freudig auf den Ruf seines Kriegsherrn ganz Deutschland unter Waffen, geeint wie nie zuvor!

Kaum war die außerordentliche Sitzung des Norddeutschen Reichstages am 19. Juli unter begeisterten Kundgebungen der Versammelten geschlossen, als dem Bundeskanzler die offizielle Kriegserklärung zugestellt wurde.

2. Kapitel.

Mobilmachung. Kriegsrangliste des Regiments.

Bevor wir auf die Schilderung der folgenden kriegerischen Ereignisse eingehen, suchen wir das Regiment noch einmal in der Zeit unmittelbar vor der Mobilmachung in seinem Garnisonort Coblenz auf.

Dort war, während das obenerwähnte folgenschwere, politische Ereigniß sich in dem nahen Ems abspielte, Hauptmann v. Knobelsdorff gerade im Begriff, für das nahe Regimentsfest, zu dem Seine Majestät sein Erscheinen zugesagt hatte, mit Leuten des II. Bataillons „Wallensteins Lager" einzuüben, als bei der ersten Kostümprobe der mit Rücksicht auf die ernste Lage gegebene Allerhöchste Befehl eintraf, die Vorbereitungen einzustellen. War es auf Veranlassung eines der anwesenden Offiziere geschehen oder war es ein unbewußter Herzensdrang, der die sämmtlichen Mitglieder des geplanten Festspiels in den malerischen Kostümen der Wallensteiner sich um die Offiziere schaaren ließ es erscholl plöglich, wie aus einem Munde, das Reiterlied:

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Wohlauf, Kameraden, auf's Pferd, auf's Pferd,

In das Feld, in die Freiheit gezogen!"

An Stelle des heiteren Spiels trat nunmehr die rauhe Wirklichkeit, und ein Jeder war fortan bemüht, sich zum ernsten Waffentanze vorzubereiten.

Schon in der Frühe des 15. Juli ertönten patriotische Lieder und Reden in der sonst so ruhigen Stadt Coblenz, während die Mannschaft des Regiments noch in tiefem Schlummer lag. Der Morgen des 16. sollte auch der Kaserne das friedliche Aussehen nehmen. Der Frühdienst wurde abbestellt und der Mannschaft mitgetheilt, daß die Mobilmachung bevorstehe. Lauter Jubel begrüßte diese Nachricht. 9 Uhr morgens traf der Movilmachungsbefehl für das Regiment ein, worauf der Regimentskommandeur, Oberst Gr. v. Waldersee, das Offizierkorps versammelte und Jedem seine Bestimmung mittheilte.

Die Mobilmachung nahm ihren planmäßigen Verlauf und konnte, nachdem die Augmentationspferde unter Premierlieutenant v. Scholten am 23. von Berlin

eingetroffen waren, an diesem Tage als beendigt angesehen werden. Während dieser Tage vom 19. bis 23. war das Regiment nicht nur durch die eigene Mobilisirung, sondern auch durch anstrengenden Arbeitsdienst bei Armirung der Coblenzer Befestigungen stark in Anspruch genommen.

Coblenz füllte sich inzwischen mit eingezogenen Reservisten und Landwehrleuten, die, soweit sie zum Gardekorps gehörten, von dem Regiment bezw. dem Coblenzer Garde-Landwehr-Bataillon vertheilt und in Marsch gesezt wurden. In begeisterter Stimmung waren diese Leute, einzelne selbst aus dem Auslande, ohne den Einberufungsbefehl abzuwarten, zu den Fahnen geeilt. Aus Madeira langte ein 54jähriger Freiwilliger Namens Hartwig an, der, als Füsilier beim Regiment eingetreten, alle Chargen bis zum Lieutenantsrange durchmachte. Die Bergleute aus den Saarbrückener Kohlenrevieren stellten sich in ihrem Arbeitsanzuge ein, so wie sie aus den Gruben kamen.

Der eben erst am 12. Juli ausgeschiedene Sekondlieutenant v. Mog kehrte umgehend zum Regiment zurück. Sekondlieutenant a. D. Gr. v. Reina, welcher auf seinen Antrag durch A. K. O. vom 24. Juli für die Dauer des mobilen Verhältnisses beim Regiment wieder angestellt war, trat nebst dem Sekondlieutenant Frbrn. v. Stolzenberg als Ordonnanzoffizier zum Regimentsstab. Der 18jährige Brinz Florentin zu Salm-Salm wurde dem Regiment als Sekondlieutenant überwiesen und dem Füsilier-Bataillon zugetheilt.

Die Scenen, welche sich bei Formirung der mobilen Kompagnien abspielten, zeugten von der hohen Begeisterung, mit der auch die älteren, bereits entlassen gewesenen Mannschaften in den Kampf zogen. Ein braves Mitglied des Regiments*) berichtet als Augenzeuge darüber Folgendes:

„Am 22. Juli wurden endlich die Kompagnien rangirt. Es stellte sich heraus, daß einige derselben auf die doppelte Höhe angewachsen waren, während doch nur etwa 250 Mann pro Kompagnie ausrücken durften. Letztere zu bestimmen, war leichter gesagt, als ausgeführt.

Da gab es Scenen, auf die Niemand vorbereitet war, die aber von der Begeisterung zeugten, von der Alle beseelt waren, in den Kampf fürs Vaterland zu ziehen. Hauptmann Gr. v. Keller bestimmte zunächst, daß Alle, die sich nicht ganz und gar kräftig oder wohl fühlten oder die leicht fußkrank würden, vortreten sollten. Nur Wenige folgten diesem Befehl. Nun mußten alle diejenigen vor, die als „schlappe Susen“ bekannt waren, ein Ausdruck, der sich beim Regiment eingebürgert hatte, und womit alle diejenigen gemeint waren, die bei Felddienst- oder Marschübungen gern zurückblieben oder nachhumpelten. Das Häuflein dieser „Auserlesenen“, auch Schwamm" genannt, mehrte sich. Nun glaubte Gr. v. Keller etwas Gutes zu thun, wenn er die ältesten Leute vortreten ließ wir hatten mehrere vom Jahrgang 1862, sogar drei vom Jahrgang 1861 - doch rief dies Widerspruch hervor, obgleich solcher beim Militär nicht angebracht ist.

"

Hier verdient besonders Füsilier Staubsand vom Jahrgang 1862 erwähnt zu werden. Er hatte die Feldzüge von 1864 und 1866 bei der Kompagnie mit

*) Fusilier Eisenach der 11. Kompagnie.

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