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Die Heeresleitung beabsichtigte mit dieser Anordnung, alle Kräfte verfügbar zu machen, um einem Hervorbrechen der Oesterreicher aus den Florisdorfer Verschanzungen entgegentreten oder einen Handstreich auf Preßburg unternehmen zu können. Infolgedessen marschirte die 2. Garde-Infanterie-Division am 20. Juli nach Pawlowig und am 21. nach Rheinthal, woselbst sehr enge Quartiere bezogen und am folgenden Tage geruht wurde. Nachdem man beim Weitermarsch die Grenze des Erzherzogthums Oesterreich überschritten hatte, befand man sich in der weinreichen Gegend zwischen Wien und Nikolsburg. So verführerisch die reich gefüllten Keller für die an Wein gewöhnten Rheinländer auch waren, so mußte doch leider der Genuß des vorwiegend weißen Weines, bei der herrschenden Cholera, auf ein sehr geringes Maß beschränkt werden. Eine Bewachung der Weinkeller war nöthig und auch leicht ausführbar, da sie zumeist in den Felsen außerhalb der Dörfer lagen.

Der Krankenbestand war bedeutend geworden, er betrug am 22. Juli beim
I. Bataillon

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92 Mann,

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Dieser schlechte Gesundheitszustand der Truppen ließ sich nicht zum geringsten Theil auf die mangelhafte Verpflegung zurückführen. Was die Fleischlieferung anbelangt, so bildete eine regelmäßige Zufuhr durch die Proviantkolonnen eine Ausnahme. Für gewöhnlich mußte levendes Vieh aus der Umgegend beigetrieben, dasselbe geschlachtet und das allzu frische Fleisch den Mannschaften verabreicht werden. Gewöhnlich war es inzwischen dann so spät geworden, daß die Leute gar nicht mehr zum Abkochen des Fleisches kamen und nur von Brot und Wasser lebten. Infolge dieser Mißstände lehrte die Erfahrung mit der Zeit folgendes praktische Verfahren: Sofort nach dem Einrücken in einen Ort wurde levendes Vieh beigetrieben und am Nachmittage durch eine bereits eingeübte Metzgersektion, 4 Mann pro Bataillon, geschlachtet. Das Fleisch gelangte sodann als Kost für den nächsten Tag zur Ausgabe, so daß jeder Grenadier schon am Abend zuvor ein Pfund Fleisch erhielt, das bei seiner späteren Verwendung weder zu frisch noch zu

alt war.

Der Viehreichthum des Landes sicherte auf diese Weise die Verpflegung an Fleisch, selbst bei der Größe der hier versammelten Armee, dagegen bot der fortwährende Brotmangel eine fast unüberwindliche Schwierigkeit. Die Bataillone waren in dieser Beziehung völlig auf Selbsthülfe angewiesen. Anfangs versuchte man durch Beitreibungskommandos von den Einwohnern Brot zu kaufen, doch reichte dies bei den großen Massen, die verpflegt werden mußten, nicht aus. Es wurde daher von der Division befohlen, daß die Quartiermacher in den jedesmaligen neuen Kantonnements den Gemeinden das Backen einer eintägigen Brotportion auferlegen sollten. Dies Verfahren hatte zwar den Vorzug vor der Magazinverpflegung, daß das Brot niemals verdorben sein konnte, jedoch auch so

*) Verluste durch die Cholera siehe Anlage 7.

genügte die Masse des gewonnenen Brotes nicht. Manchmal gelang es der Intendantur, Mehl aus erbeuteten Magazinen oder von rückwärts heranzuschaffen. Hiervon wurde alsdann Brot durch die bei der Truppe vorhandenen Bäcker in der Nacht gebacken und erst ausgegeben, nachdem es einen Tag lang mitgeführt worden. war. Ende Juli, als wieder frisches Mehl zu haben war, schwand allmählich die Schwierigkeit der Brotverpflegung. Immerhin ist diesem Mangel, sowie der oft nicht zu vermeidenden Frische des Brotes beim Genuß, der Umstand zuzuschreiben, daß schon Anfang Juli fieberhafte Darmkatarrhe häufig auftraten.

Ebenso mangelhaft wie die Verpflegung der Mannschaften war die der Pferde. Der Hafer wurde gegen Ende des Feldzuges immer seltener. Man mußte sich schließlich mit kleinen Resten, welche man in den ausgesogenen Dörfern noch fand, begnügen und Gerste, Roggen und Grünfutter verwenden. Nur der sorgfältigsten Wartung und Pflege der Thiere ist es zu verdanken, daß außer einigen vorübergehenden Kolikanfällen ernstere Pferdekrankheiten nicht vorgekommen sind. Mitte August wurde schon frischer Hafer gefüttert, an den sich die Pferde bald gewöhnten.

Die soeben geschilderten großen Mängel in der Verpflegung der Truppen finden darin ihre Erklärung, daß es an praktischer Erfahrung fehlte gegenüber den außerordentlichen Anforderungen, die die Versorgung derartig großer Truppenmassen stellte.

Wenn in den Jahren 1870/71 die Verpflegung der deutschen Armee ohne jegliche Schwierigkeiten vor sich ging, so verdankt man dies zum großen Theile den praktischen Erfahrungen des Feldzuges von 1866.

4. Kapitel.

Waffenruhe vom 22. Juli bis 2. August und Rückmarsch.

Nachdem die preußischen Truppen der feindlichen Hauptstadt so nahe gekommen. waren, daß ihre vorderen Linien den mächtigen Stephansdom sehen konnten, zeigte man endlich österreichischerseits Neigung zum Frieden.

Am 22. Juli mittags sollten die Feindseligkeiten auf fünf Tage eingestellt 22. Juli 1866. werden. Der linke Flügel der Armee errang noch an diesem Tage unter General v. Fransecki bei Blumenau, dicht vor Preßburg, einen Sieg, dessen vollständige Ausbeutung durch die um 12 Uhr mittags eintretende Waffenruhe verhindert wurde.

Vor Ablauf der eben erwähnten fünftägigen Frist wurde die Einstellung der Feindseligkeiten noch bis zum 2. August ausgedehnt, um den Abschluß der Waffenstillstands-Unterhandlungen zu ermöglichen.

Die für den Krankenstand ungünstigen engen Quartiere konnten jest erweitert werden. Während das I. Bataillon am 25. Juli nach Poisdorf an der Kaiserstraße quartierte, erhielten der Regimentsstab und das II. Bataillon Poisbrunn zugewiesen. Weiter nördlich in Ottenthal bei Nikolsburg wurden die Füsiliere untergebracht. In diesen Quartieren blieb das Regiment volle sieben Tage, so daß endlich den Kranken mehr Sorgfalt und Pflege zu Theil werden konnte. Auf

30. Juli 1866.

Befehl der Division wurde in jedem Orte ein unter ärztlicher Aufsicht stehendes abgesondertes Lazareth hergerichtet, in welchem die nicht überführbaren Brechruhrkranken Aufnahme fanden. Die leichter Erkrankten kamen nach Kostel in das dortige Choleralazareth. Gemäß Armeebefehl vom 22. Juli wurden doppelte Kaffeeportionen verabreicht, auch der tägliche Löhnungsabzug von 1 Silbergroschen vom 1. Juli ab in Fortfall gebracht. Mehl zum Backen wie zu Suppen wurde geliefert, kurz jedes Hülfsmittel und jede Vorsichtsmaßregel angewendet, um der verderblichen Seuche Einhalt zu thun.

Da bei den mangelhaften Eisenbahnverbindungen der Rückmarsch zu Fuß bevorstand, so benutzte das Regiment die längere Ruhe, um Bekleidung, wie Ausrüstung auszubessern.

Leider erreichten die in der Heimath unter großen Opfern gesammelten Liebesgaben das Regiment meist erst auf dem Rückmarsch, wo sich später die Spenden sogar derartig häuften, daß die Eisenbahnen den Transport nicht immer bewältigen konnten. Vor Allem gab Ihre Majestät dem Regiment wiederholt, zumal in der schlimmen Zeit der Cholera, durch reiche Zusendungen Beweise ihrer Fürsorge.

Die herrliche Gegend bot Gelegenheit zu Ausflügen nach Nikolsburg, dem Hauptquartier Seiner Majestät, ferner nach dem Schlosse Falkenstein und nach Eisgrub, wo Seine Königliche Hoheit der Kronprinz wohnte.

Mit dem 20. Juli hörte die bisherige Truppeneintheilung der Division auf, und die Regiments- und Brigadeverbände traten wieder in Kraft. Die nunmehr beginnenden Märsche sollten als Friedensmärsche zurückgelegt werden. Nach den Bedingungen des am 2. August in Kraft tretenden Waffenstillstandes hatte die Verpflegung der Truppen durch die betreffenden Landestheile zu erfolgen. Da die Ortschaften des zunächst zu durchschreitenden böhmisch-mährischen Berglandes jedoch sehr arm waren, so wurde eine zweitägige eiserne Portion an Lebensmitteln und Fourage mitgeführt. Das Regiment nahm ferner eine bestimmte Anzahl Schlachtvich lebend mit, ließ dasselbe sofort nach Ankunft im Quartier schlachten und für jedes geschlachtete Stück einen Ersag beitreiben. Diese Maßregel sette die Bataillone in die Lage, auch ganz armen Gemeinden gegenüber weniger hart verfahren zu können. Als in ganz dürftigen Gebirgsgegenden die Quartierverpflegung nicht mehr ausreichen wollte, trat die Kolonnenverpflegung mit vielem Erfolge ein. Die österreichischen Behörden zeigten sich im Allgemeinen wenig entgegenkommend. Ein großer Theil von ihnen hatte sich bei Ausbruch des Krieges entfernt und die Einwohner sich selbst überlassen. Es war hier gerade umgekehrt wie 1864 in Jütland, wo die auf ihrem Posten ausharrenden Beamten den Einwohnern die Last des Krieges milderten und dem Sieger manche Härte ersparten. Die wenigen zurückgebliebenen österreichischen Beamten waren im Geschäftsbetriebe so schleppend und umständlich, daß kaum mit ihnen verhandelt werden konnte.

Am 30. Juli wurde der Rückmarsch vorläufig in der Richtung auf Prag angetreten. Die Grenadier-Bataillone sammelten sich unter strömendem Regen bei Nikolsburg und marschirten durch diese Stadt auf der Kaiserstraße nach Norden. Bei Muschau wurde die Thaya überschritten. Das Füsilier-Bataillon marschirte für sich allein in die nächsten Quartiere.

Zum Schuße des Lazareths in Poisdorf mußte ein größeres Kommando zurückbleiben. Vom Regiment wurden hierzu der zur Dienstleistung kommandirte Lieutenant Graff und 40 Mann des I. Bataillons bestimmt, welche erst am 18. August, als das Regiment bereits dicht vor Prag angelangt war, zurückkehrten.

Während der ersten fünf Tage führte der Marsch auf vorzüglichen Wegen durch eine reiche Gegend. Mit dem Eintritt ins mährisch- böhmische Gebirge am 4. August wurden dagegen die Wege schlecht, steil und durch den anhaltenden Regen fast grundlos. Ein Uebelstand war es, daß die Vertheilung der Marschquartiere meist erst nachts bekannt gegeben wurde und die Fouriere selten Zeit hatten, Verpflegungs- und Quartierzettel vorzubereiten. Am 15. wurde über das Schlachtfeld von Kolin marschirt. Der Regimentsstab kam an diesem Tage nach Planian, die Bataillone nach Kolin selbst. 25 Mann der 5. Kompagnie lagen im Gasthaus „Zur goldenen Sonne", wo Friedrich der Große einst angesichts der Stellung des Feldmarschalls Daun die Anordnungen zur Schlacht traf. Die Offiziere mußten für ihre Verpflegung selbst Sorge tragen und erhielten hierfür aus der Kasse des Gouvernements Böhmen nachfolgende Zulagen:

Der Lieutenant täglich

3 Thaler,

5

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Das Regiment erreichte am 19. Prag und verblieb dort bis zum 27. August. 19. August 1866. In Prag erfolgte der Einmarsch durch das Spittelthor. Die unter Generalmajor Frhrn. v. Loën stehenden Truppen waren dazu in nachstehender Weise formirt: 3., 2., 4., 1. Eskadron 3. Garde-Ulanen-Regiments,

Regiment Augusta,
Franz,
Elisabeth,

2. leichtes Feldlazareth.

Auf dem Josephsplatz nahmen J. K. H. Prinz Albrecht (Vater) und Prinz
Friedrich Karl sowie der kommandirende General Prinz August von Württemberg den
Vorbeimarsch der Truppen ab. Das Regiment marschirte sodann über die steinerne
Brücke zum Reichsthor hinaus. Das 1. Bataillon fand in der Königshofer, das
II. Bataillon in der Josephskaserne, das Füsilier-Bataillon in Bürgerquartieren
gutes Unterkommen.
Die sehr mitgenommenen Bekleidungsstücke wurden in
Ordnung gebracht, um das Regiment auch äußerlich in musterhafte Verfassung
zu setzen.

Ein reicher Transport vorzüglichen Rothweins wurde hierhin dem Regiment durch den Johanniterritter Frhrn. v. Stoltenberg im Auftrage des Centralkomitees in Coblenz zugeführt.

Am 25. August vereinigten sich die Offizierkorps der beiden Regimenter der 25. August 1866. Brigade zu einem gemeinschaftlichen Mittagessen im Baumgarten.

Der Weitermarsch wurde am 28. August angetreten, am 29. die Elbe in der Nähe der Stephansfähre auf einer in der voraufgegangenen Nacht von den Pio

nieren geschlagenen Pontonbrücke unter den Klängen der Regimentsmusik passirt, am 3. September die sächsische Grenze überschritten und am folgenden Tage Bautzen und Umgegend erreicht.

Es war ein erhebender Moment, als am 8. das geschlossene Regiment bei Wittichenau unter donnerndem Hurrah zu Ehren Seiner Majestät die preußische Grenze überschritt. Siegesgewiß hatte es unter diesem alten preußischen Schlachtruf am 26. Juni das bedrohte Vaterland verlassen; heute betrat es dasselbe wieder mit dem stolzen Bewußtsein, unter den erschwerendsten Umständen, unter Entbehrung und tückischer Krankheit, treu seine Soldatenpflicht erfüllt zu haben.

Auf diesem Marsche wurde dem Regiment ein Allerhöchstes an den Regimentskommandeur Oberst v. Strubberg gerichtetes Handschreiben mitgetheilt; dasselbe lautete:

„Baden, den 11. September 1866.

Es ist Mein Verlangen, bevor Mein tapferes Regiment seinen ruhmvollen Einzug hält, Ihnen, als seinem bewährten Führer, dem ganzen Offizierkorps und den Mannschaften Meinen herzlichen Dank für das musterhafte Verhalten. dieses würdigen Gliedes unserer braven Armee auszudrücken und damit Meinen Glückwunsch zur Heimkehr zu verbinden.

Gott, der Alles so gnädig fügte und leitete, daß uns bald ein frohes Wiedersehen in Berlin und später vereint in Coblenz bevorsteht, möge das Regiment ferner schüßen und segnen. An den Oberst v. Strubberg, Kommandeur Meines Garde-Grenadier-Regiments.“

gez. Augusta.

Die folgenden Tage, welche das Regiment bis in die unmittelbare Nähe von Berlin führten, glichen einem fortwährenden Triumphzuge. Die Einwohner des größtentheils wenig fruchtbaren Landstrichs, welchen dasselbe auf der Linie Hoyerswerda, Spremberg— Kalau—Luckau—Berlin passirte, scheuten keine Anstrengungen und Kosten, um ihre Einquartierung auf das Ehrenvollste und Freundlichste aufzunehmen und zu verpflegen.

5. Kapitel.

Friede und Demobilmachung.

Vor Niederlegung des Kommandos der Zweiten Armee hatte Seine Königliche Hoheit der Kronprinz folgenden Armeebefehl erlassen:

„Armeebefehl.

Der Friede mit Oesterreich ist geschlossen. Ein Feldzug, wie ihn glänzender die Geschichte nicht aufzuweisen vermag, ist in weniger als drei Monaten ruhmvoll zu Ende geführt. Preußens Ansehen und Stellung sind mächtig gehoben, für Deutschlands Geschicke die Grundlagen einer, so Gott will, gedeihlichen und glücklichen Entwicklung gewonnen. Die Zweite Armee hat einen entscheidenden Antheil an den Erfolgen dieses Feldzuges gehabt. Durch die Kämpfe von

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