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Generalfeldmarschall Graf von Roon.

als besonderes Reichsland verwaltet. Am 16. Juni zogen die siegreichen Truppen in Berlin ein, vor dem greisen Heldenkaiser, „dem Siegreichen," Bismarck, Moltke, Roon; hinter ihm der Kronprinz und Prinz Friedrich Karl.

Der Ausbau des deutschen Reichsheeres, wie es jeßt in Haupt und Gliedern besteht, krönte das Werk der Einigung, zu welchem die Versailler Verträge den Grund gelegt. Als oberster Kriegsherr überzeugte sich der Kaiser noch manches Mal mit regem Jnteresse von der Schlagfertigkeit der einzelnen Armeekorps und blieb so gleichzeitig in innigem Verkehr mit seinen fürstlichen Verbündeten und der Bevölkerung des Reiches.

Am 1. Jan. 1877 feierte der Kaiser unter allgemeiner Teilnahme von ganz Deutschland sein 70 jähr. Militärdienstjubiläum, geehrt und gefeiert von Fürsten und von Deputationen aller Stände. Im Namen der Generale des Reichsheeres richtete der Kronprinz Worte des Dankes an seinen Vater. Dem ehrwürdigen Kaiser sollten aber auch trübe Tage nicht erspart bleiben. Nachdem er im Mai 1878 dem Attentat des Klempnergesellen Hödel, eines Werkzeuges der anarchistischen Bestrebungen, unversehrt entgangen war, wurde er durch die Mörderhand Nobilings am 2. Juni schwer verwundet und konnte erst im Dezember geheilt nach Berlin zurückkehren.

Große Freude wurde dem hohen Herrn zu teil durch die Geburt eines Urenkels am 6. Mai 1882, die er telegraphisch mit einem: „Hurra, vier Könige!" begrüßte. Die Feier seines 90. Geburtstages ließ den Kaiser von neuem die ganze Liebe und Verehrung überschauen, die ihn überall umgab. Troß seines hohen Alters mutete sich der pflichttreue Monarch noch in den Stunden der Krankheit die Erledigung der Regierungsgeschäfte zu und wachte über der jungen Herrlichkeit des Deutschen Reiches: „Ich habe keine Zeit, müde zu sein.“ Ein Seufzer des herbsten Schmerzes ging durch Volk und Heer, als Kaiser Wilhelm der Siegreiche am 9. März 1888 morgens 8 Uhr aus diesem Leben abgerufen wurde. Sein Andenken wird dem Reiche in Segen bleiben.

Generalfeldmarschall Graf von Roon

hat das Schwert geschärft, mit dem das deutsche Heer die Schlachten von 1870/71 geschlagen hat; sein Werk ist die musterhafte Gestaltung und Gliederung des Heeres, wie sie noch heute besteht. Albrecht v. Roon wurde am 30. April 1803 zu Pleushagen bei Kolberg geb., wo sein Vater als Lt. a. D. lebte. Nach dessen Tod 1811 siedelte seine Mutter mit dem jungen Knaben nach Alt-Damm über, dessen Bewohner 1813 während der Belagerung mancherlei Not zu ertragen hatten. Von 1816-1818 besuchte Roon das Kadettenhaus zu Kulm und wurde in das Hauptkadettenhaus zu Berlin mit dem Zeugnis entlassen: Verspricht unendlich viel." Jm Jan. 1821 trat er als Lt. in das 14. Inf. Rgt. Nach glücklich bestandenem Examen wurde er 1824 zur Kriegsakademie in Berlin einberufen, wo er mit Vorliebe Kriegsgeschichte, Geographie und Naturwissenschaften trieb und noch Zeit fand, an der Universität VorLesungen zu hören. Während dieser Zeit zum 15. Inf. Rgt. in Minden versetzt, wurde er schon 1828 als Erzieher an das Kadettenhaus Berlin kommandiert, wo der berühmte Geograph Karl Ritter den geographischen Unterricht leitete. Auf Ritters Wunsch übernahm Roon einen Teil dieses Unterrichts und

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verfaßte während dieser Zeit seine bekannten „Grundzüge der Erd-, Völkerund Staatenkunde," denen im Laufe der Jahre ähnliche Arbeiten folgten, die ihm auch auf diesem Gebiete einen Namen gemacht haben.

1833 wurde er zum topogr. Bureau, 1835 zum gr. Generalstabe kommandiert. Im folg. Jahre zum Hauptmann im gr. Generalstabe befördert, wirkte er als Lehrer an der Kriegsakademie, wurde 1842 als Major zum Generalstabe des VII. A.-Kps. verseßt, 1846 zum militärischen Begleiter des Prinzen Friedrich Karl, mit dem er in Bonn die akademischen Vorlesungen besuchte, und 1848 zum Chef des Generalstabes des VIII. A.-Kps. ernannt. Während des Feldzuges in Baden kam er in Beziehungen mit dem Prinzen von Preußen, welche für seine Zukunft von entscheidender Bedeutung wurden. 1850 wurde Roon Oberstlt. und Kommandeur des 33. Infant. - Rgts., 1851 Oberst, 1856 Kommandeur der 20. Inf.-Brig., 1858 Generalmajor. Im Juni desselben Jahres erhielt er vom Prinzen von Preußen gelegentlich einer Meldung in Babelsberg den Auftrag, über eine Reorganisation der Armee eine Denkschrift auszuarbeiten, die schon am 21. Juli eingereicht wurde und 1. Verstärkung der Kadres an Offizieren und Unteroffizieren, 2. Vermehrung des Präsenzstandes an Gemeinen, bei gleichzeitiger innigster Verschmelzung der Linie mit der Landwehr verlangte. Zu ihrer Durchberatung seßte der nunmehrige Prinzregent im Jan. 1859 eine Kommission nieder, welche jedoch wegen der Mobilmachung desselben Jahres, die zugleich viele Schäden aufdeckte, erst Ende Okt. unter Vorsiz des GFM. Wrangel zusammentrat.

Den von der Kommission vorgelegten Entwurf arbeitete der Prinzregent nach Rücksprache mit Roon persönlich durch und schloß denselben am 28. Nov. 1859 ab. Zu der Durchführung der Reorganisation wurde der mittlerweile zum GLt. und Kommandeur der 14. Div. beförderte Roon ausersehen und am 5. Dez. zum Kriegsminister ernannt; der neuen Aufgabe widmete er seine ganze Lebenskraft. Das Abgeordnetenhaus bewilligte nach vielen Kämpfen in provisorischer Weise die nötigen Mittel, und im Laufe des Jahres 1860 gelang es der Arbeitskraft Roons, die Arbeit zum vorläufigen Abschluß zu bringen, wodurch die

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verschiedenen Waffengattungen und Truppenteile erheblich verstärkt bezw. vermehrt wurden. Im April 1861 übernahm er auch das Marineministerium und sollte die Grundlage für das Aufblühen der Flotte schaffen. Seine Bemühungen scheiterten jedoch 1862 an der Nichtbewilligung der nötigen Gelder seitens des Abgeordnetenhauses. Unterdessen wurde die Neubewaffnung des Heeres mit dem Zündnadelgewehr gefördert. Die Mobilmachung 1864 zeigte gegen früher erhebliche Fortschritte: unter den Kompletierungsmannschaften befanden sich nur 3000 Landwehrleute, während nach früherer Einrichtung 20000 hätten einberufen werden müssen. Organisation, Ausbildung, Bewaffnung bewährten sich durchaus.

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Als der König nach Schleswig reiste, um die Düppelstürmer zu begrüßen, begleiteten ihn dahin Roon und Manteuffel, die treuen Mitarbeiter am Werke der Reorganisation. Roon kehrte als Chef des 33. Inf.-Rgts. zurück. Zu den vielen früheren Auszeichnungen verlieh ihm der König das Großkreuz des Roten Adlerordens mit Eichenl. und Schw. am Ringe und zeichnete ihn durch ein huldvoll anerkennendes Schreiben aus. Der Merkwürdigkeit wegen sei hier erwähnt, daß Roon im Jahre 1864 auch den Übungen der französ. Armee im Lager von Châlons anwohnte und vom Kaiser das Großkreuz der Ehrenlegion erhielt. Troß der Erfolge der preuß. Waffen bewilligte das Abge= ordnetenhaus auch jezt noch nicht die Mittel für die Reorganisation des Heeres und die Neuschaffung der Marine. Indes führte die Regierung die erforder= lichen Maßnahmen ohne Budget" durch. Die Spannung zwischen - Preußen und Österreich ließ den baldigen Krieg voraussehen. Die Mobilmachungsvorbereitungen wurden vom Kriegsminister schon im März 1866 begonnen, zu Anfang Mai die Mobilmachung befohlen, und am 5. Juni standen 82 A.Kps. an der böhmischen und sächsischen Grenze. Im westl. Deutschland wurde die Mainarmee zusammengezogen, ein Reservekorps bei Berlin. Am 8. Juni wurde Roon zum General d. Inf. befördert, ging am 30. im Gefolge des Königs nach Böhmen und war am 3. Juli Zeuge des Sieges bei Königgrät. Beim Friedensschlusse erhielt er zu Nikolsburg den Schw. Adlerorden. Es folgte nun die Neueinteilung des preuß. Heeres in das Garde- und 12 A.Kps. und die Neuformation von 16 Inf.-Rgtrn., 3 Jägerbat., 16 Kav.-, 3 Feldart.-Rgtrn., 3 Pionier- und 3 Trainbat.; die alten Kav.-Rgtr. erhielten eine 5. Esk. Die Landesvertretung bewilligte nach dem großen Erfolge die verlangte „Indemnität“, d. h. sie genehmigte nachträglich die aufgewendeten Mittel; der Frieden zwischen ihr und der Regierung war wieder hergestellt. Durch die Militärkonventionen mit den norddeutschen Staaten wurde eine einheitliche deutsche Armee geschaffen. Der Friedenspräsenzstärke wurde 1% der Bevölkerung von 1867 zu Grunde gelegt, Landwehrordnung und Wehrgesetz regelten definitiv die Dienstverhältnisse. In einem Handschreiben vom 21. Okt. 1867 dankte der König dem Kriegsminister mit den Worten:

,,Wenn ich den Weg nachgehe, den dies Werk gegangen ist, seit unserer ersten Unterredung auf Babelsberg, bis es nun vollendet ist, so sieht man recht klar, wie das Schicksal die Menschen zusammenfügt, um etwas Großes zu schaffen. Empfangen Sie also nun nochmals Meinen herzlichen und tiefgefühlten Dank für alles, was Sie in den acht Jahren mit Hintansehung Ihrer Gesundheit geleistet haben, um dies so nötige Ziel endlich zu erreichen... Mit treuester Dankbarkeit Ihr ergebener König.

Generalfeldmarschall Graf von Roon.

Bis zum Beginn des Jahres 1870 war die Organisation des Bundesheeres vollendet. Zugleich sollte diese aber durch den Krieg mit Frankreich sofort auf die Probe gestellt werden. Der 16. Juni war der erste Mobilmachungstag, am 23. begann der Massentransport an die Grenze; der Aufmarsch geschah ohne Störung; im Monat Aug. waren 1183389 Mann und 250373 Pferde aufgeboten. Roon befand sich während des Feldzuges im gr. Hauptquartier, wohnte den Schlachten bei Gravelotte, Beaumont, Sedan und der Belagerung von Paris im Gefolge des Königs bei und erhielt das Eiserne Kreuz 1. Kl. und den Orden pour le mérite. Am 9. Jan. 1871 feierte er zu Versailles sein 50jähr. Dienstjubiläum und durfte den Dank und Glückwunsch seines Allerh. Kriegsherrn entgegennehmen, der zu diesem Zwecke selbst bei ihm erschien. Am 24. Dez. 1871 schrieb ihm der König: „Ich muß am Schlusse des Jahres, das uns einen ruhmvollen Frieden brachte, der Hand gedenken, die die Waffe schärfte mit geübtem Blick und unermüdlicher Ausdauer, mit der Preußens Heer überall siegte und unvergängliche Lorbeeren sich und dem Vaterlande erkämpfte . . .“

Um ihn zu entlasten, wurde er von seiner Stellung als Marineminister entbunden. Seine Gesundheit hatte bei der aufreibenden Arbeit so gelitten, daß auch wiederholter Badeaufenthalt ihm nicht die nötige Erholung und Kraft zurückgab. Dennoch konnte sich der Kaiser nicht entschließen, sein Abschiedsgesuch zu genehmigen, sondern gab ihm in General Kameke einen verantwortlichen Vertreter. Zugleich ernannte er ihn zum GFM. unter wiederholter dankbarer Anerkennung seiner Dienste.

Am 1. Sept. 1873 bestimmte der Kaiser, daß das Fort 3 bei Straßburg seinen Namen tragen solle und verlieh ihm den Schw. Adlerorden in Brillanten. Auch ferner widmete Roon dem Heere den Rest seiner Kraft und beteiligte sich namentlich an gesetzgeberischen Arbeiten, wie an dem Entwurf des Reichsmilitärgesezes. Seine Gesundheit erlaubte ihm jedoch Ende 1873 nicht mehr, die Geschäfte weiter zu führen, und am 9. Nov. wurde ihm der erbetene Abschied bewilligt mit den Worten:

„Ich danke Ihnen nochmals warm und von ganzem Herzen für alles, was Sie in Ihrer langen Dienstzeit in allen Ihren inne gehabten Stellungen für Meine Armee gethan haben. Vor allem aber nehmen Sie hier nochmals Meinen Königlichen Dank entgegen für Ihre Leistungen für Mich und Meine Armee, seitdem Jch Sie zum Kriegsminister ernannte. Sie haben Mich bei Durchführung der Reorganisation der Armee mit seltener Umsicht, Konsequenz und Energie unterstüßt, und die Früchte Ihrer schweren Arbeit haben nicht auf sich warten lassen. Zwei glorreiche Kriege haben die Tüchtigkeit unserer Kriegsinstitutionen bewährt und bei der nunmehr erfolgten Vergrößerung des Heeres ist es wiederum Ihr Werk gewesen, dieselbe in kürzester Zeit ins Leben zu rufen.“

Den Winter brachte Roon in Italien zu und lebte in den nächsten Jahren auf den Rittergütern Crobniß und Döbschüß bei Reichenbach oder auf Neuhof bei Koburg. Auf einer Reise nach Berlin 1879 erkrankte er daselbst im Hotel de Rome (dem Kaiserpalais gegenüber).

An sein Sterbelager trat noch sein Kaiserlicher Herr voll Teilnahme und nahm mit Thränen in den Augen Abschied von ihm. Am 23. Febr. entschlief der Feldmarschall.

Füßlier-Regiment Generalfeldmarschall Graf Moltke (Schlesisches) Nr. 38

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Generalfeldmarschall Graf von Moltke.

Neben dem Bilde des greisen Heldenkaisers Wilhelms I. wird in der Kriegs- wie in der Weltgeschichte das Bild seines Paladins, des GFM. Moltke, im Vordergrunde stehen. Das deutsche Volk aber wird allezeit zu ihnen beiden aufsehen als zu denen, die es emporgehoben aus der Mißachtung unter den Völkern, als zu den Begründern der Herrlichkeit unseres geeinigten deutschen Vaterlandes. Der Feldherr Moltke, der unserem Kaiser so treu zur Seite stand, hat selbst nach dem großen Kriege jenseits der Vogesen keinen Feind gehabt. An seinen Namen knüpfte sich nirgends eine Verwünschung; Freund und Feind zollte ihm nur Bewunderung bis über das Grab hinaus, in welches ihn seines Kaisers und des deutschen Volkes Dank begleitete.

Helmuth v. Moltke, aus einer ursprünglich dänischen, seit Mitte des 13. Jahrh. auch in Mecklenburg ansässigen Familie, wurde geb. am 26. Okt. 1800 zu Parchim als Sohn des pens. preuß. Hauptmanns v. Moltke. Nach manchem Aufenthaltswechsel infolge der napoleonischen Kriege trat Helmuth in die Kopenhagener Kadettenakademie, die er 1818 nach Ablegung eines glänzenden Offizierexamens verließ. 1819 wurde er Offizier in der dänischen Armee, trat aber 1822 in preuß. Dienste und als Lt. in das Leib-Inf.-Rgt. Nr. 8 zu Frankfurt a. D. Bald nach dem Besuch der Kriegsakademie wurde er zur topogr. Abteilung, 1832 zum gr. Generalstab kommandiert, 1833 als Prlt. in denselben verseßt, 1835 zum Hauptmann befördert.

Seine in demselben Jahre angetretene Reise in den Orient, die, ursprünglich auf Wochen angelegt, ihn vier Jahre lang in türkischen Diensten festhielt, und die ihm gewordenen Eindrücke und Erfahrungen beschreibt er selbst in seinen „Briefen. über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835-39." Seine hervorragenden Leistungen im türkisch-ägyptischen Kriege belohnte der Sultan mit einem hohen Orden; der König verlieh ihm den Orden pour le mérite. 1840 wurde er zum Generalstabe des IV. A.-Kps. verseßt, 1842 zum Major befördert. Als persönlicher Adjutant des Prinzen Heinrich von Preußen benußte

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