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geführt würden. Ferner erklärte der preußische Gesandte in Wien am 3. Mai dem österreichischen Cabinet, im Auftrag seiner Regierung, daß dieselben zu neuen Verhandlungen über die Lösung der Herzogthümerfrage gern bereit sei, doch auf andrer Basis, als der von Oesterreich vorgeschlagenen, welche für ungenügend befunden sei.

Desterreichs Antwort lehnte am 4. Mai die vollständige Abrüstung ab und damit war nun eigentlich wieder der Krieg entschieden, und jetzt wurde denn auch von allen Seiten mobilisirt und gewaltig gerüstet: in Desterreich, in den deutschen Mittelstaaten, in Preußen und Italien, welches lettere alle Militairklassen einberief und Garibaldis Anerbieten, ein Freiwilligencorps zu sammeln, annahm, Breußen hatte schon im April die Kriegsstärke von 5 Armeecorps, der ganzen Reiterei und Artillerie angeordnet; sofort nach dem Empfang der österreichischen Antwort vom 4. Mai wurde die Mobilisirung derselben befohlen. Auch Oesterreich schritt mit voller Energie zu den gewaltigsten Rüstungen. Der Kaiserstaat hatte sich gegen zwei Feinde zu stellen, im Norden und im Süden, und die ernsten Schwierigkeiten traten nunmehr erst voll zu Tage. Der große und complicirte Kaiserstaat erwies sich militairisch als eine träge Masse, die schwer zu bewegen war; nur mühsam wurden die verschiedenen unlustigen Völkerstämme in die Armee eingezwängt, und je voller die österreichische Presse den Mund nahm, in welcher colossalen Ausdehnung die österreichischen Streitkräfte anschwellten, je kecker die officiöse Presse log, und die hunderttausende aus dem Füllhorn ihrer erregten Phantasie schüttelte, um so weniger günstig gestaltete sich die Sache in Wirklichkeit. Die dringende Finanznoth, welche die Bewerkstelligung der großen Rüstungen vollständig auf die Thätigkeit der Banknotenpresse anwies, erschwerte die Sache noch mehr, und so bewegten sich die öfterreichischen Rüstungen mit einer Langsamkeit voran, welche mit der exacten Heeresorganisation in Preußen keinen Vergleich aushielt. Während der Oberbefehl der Südarmee Oesterreichs gegen Italien dem Erzherzog Albrecht in die Hand gelegt wurde, erhielt den über die Nordarmee gegen Preußen der Feldzeugmeister von Benedek, ein bewährter Corpsführer aus den ungarischen und italienischen Kriegen, dem das Volk großes Vertrauen entgegenbrachte, die Armee wie einem Abgott anhing. Benedek erließ am 12. Mai seinen Armeebefehl.

In Preußen war, wie schon erwähnt, am 4. Mai die Mobilisirung von 5 Armeecorps angeordnet worden, während die übrigen nur erst die Reserven einziehen sollten. Da sich aber die Lage immer ernster gestaltete und die allgemeinen Rüstungen einen immer intensiveren Character annahmen, so erging bereits am 7. Mai der Befehl zur Mobilifirung der ganzen preußischen Armee. Durch die Schnelligkeit, mit welcher dieselbe vollzogen wurde, bewährten sich die preußischen Heereseinrichtungen auf glänzende Weise: binnen kaum 14 Tagen standen nahe an 500,000 Mann wohlausgerüstet unter den Waffen. Be

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III.

Zur Entscheidung.

Nicht nur in Deutschland, dessen Bevölkerung sorgenvoll die Hände zu den Thronen um Frieden bittend emporhob, sondern auch im Auslande fühlte man bereits die Beschwerden und Stockungen, welche ein Krieg in Deutschland für ganz Europa zur Folge haben mußte. War doch schon im Monat Mai eine so allgemeine und beispiellose Geldkrisis eingetreten, daß Fallissements im erschreckenden Umfange stattfanden, jede Grundlage der Sicherheit auf dem Gebiete des Handels und der Industrie zu schwinden drohte und die englische Regierung sich zur Aufhebung der Bankacte gezwungen sah. Ganz Europa befand sich angesichts eines Krieges im Mittelpunkte des europäischen Continents in fieberhafter Erregung. Die große unausbleibliche Erschütterung zu vermeiden, welche der Krieg zwischen Oesterreich und Preußen mit sich führen mußte, wollten jezt die neutralen Großmächte versuchen, und Frankreich legte. nach vorangegangenen vertraulichen Anfragen dem englischen und russischen Cabinete ein Programm zu Conferenzen für Erhaltung des Friedens vor. Die drei Mächte einigten sich, so daß am 24. Mai die identischen Einladungen zu Friedensconferenzen von den drei Cabineten gleichzeitig nach Berlin, Wien, Frankfurt und Florenz gesandt wurden. Das Programm sagte: Es handelt sich im Interesse des Friedens darum, auf diplomatischem Wege die Fragen der Elbherzogthümer, Venetiens und der deutschen Bundesreform zu lösen, soweit nämlich die letztere das europäische Gleichgewicht berühren könnte.“ Die preußische Antwort traf am 31. Mai in Paris ein. Dieselbe nahm die Einladung einfach an und hob hervor, daß nicht die Herzogthümerfrage, wegen welcher Preußen nicht die Absicht Krieg zu führen gehabt hätte, sondern die drohenden Rüstungen Desterreichs und Sachsens die Kriegsgefahr herbeigeführt hätten. Der Bundestag und Italien nahmen die Einladung zur Friedensconferenz ebenfalls gern an, während Oesterreich seine Theilnahme an derselben an

Bedingungen knüpfte, welche dieselben von vornherein wesenlos machten. Die österreichische Antwort betonte, es sei zum Gelingen des von den Cabineten angestrebten Friedenswerkes unerläßlich, von vornherein festzustellen, daß von den Berathungen jede Combination ausgeschlossen bleiben werde, die darauf abziele, einem der eingeladenen Staaten eine territoriale Vergrößerung oder einen Machtzuwachs zu verschaffen. „Ohne diese vorläufige Bürgschaft, durch welche ehrgeizige Ansprüche beseitigt werden und welche nur gleichmäßig für alle billigen Vereinbarungen Raum läßt, hält sie einen glücklichen Ausgang für unmöglich. Endlich spricht die kaiserliche Regierung noch ihre Verwunderung aus, daß die Einladung nicht auch der päpstlichen Regierung zugegangen sei, da die Lage Italiens keiner Prüfung unterzogen werden könne, ohne daß die Interessen des Papstthums in Anschlag gebracht würden. Abgesehen von den Rechtsfragen, welche die österreichische Regierung aufrecht erhalten sehen wolle, sei die Aufrechterhaltung der weltlichen Herrschaft des Papstes eine von allen Regierungen anerkannte Thatsache."

Auf diese Antwort hin zogen die einladenden Mächte ihre Einladungen zurück; Kaiser Napoleon erklärte, daß seine Hoffnung auf Erhaltung des Friedens schwinde. Die Antwort des französischen Cabinets an die österreichische Regierung und die andern zur Conferenz eingeladenen Mächte besagte: daß sich die französische Regierung zunächst nicht in der Lage befinde, die Voraussetzungen, an welche Oesterreich seine Betheiligung an der Conferenz geknüpft habe, erfüllen zu können. Sie müßte daher darauf verzichten, daß ihrer Einladung weitere Folge gegeben werde. Sie könne es bedauern, daß diese Voraussetzungen der österreichischen Regierung formulirt wurden, allein sie begreife und achte dieselben. Die französische Regierung hege übrigens die Hoffnung, daß der Augenblick kommen werde, welcher ihr vergönne, die uneigennützige Anstrengung zur aufrichtigen, dauernden Befestigung des Friedens in Europa unter Mitwirkung aller Großmächte zu erneuern und dieselben dem erwünschten Ziele zuzuführen . . . Zu gleicher Zeit bezeichnete Napoleon III. seine Wünsche für die Lösung des gegenwärtigen Conflicts in einem Schreiben an seinen Minister Drouyn de Lhuis dahin: für die deutschen Bundesstaaten zweiten Ranges eine innigere Verbindung, eine machtvollere Organisation und eine einflußreichere Stellung; für Preußen mehr Abrundung und Kraft im Norden; für Oesterreich die Erhaltung einer großen Stellung in Deutschland; für Italien die Erwerbung Venetiens gegen angemessene Entschädigung an Oesterreich; für Dänemark Berücksichtigung der Nationalität in Schleswig. Frankreichs Interessen seien dabei die Erhaltung des europäischen Gleichgewichts und die Bewahrung des in Italien hergestellten Werkes. Sollte trotz aller Bemühungen der Frieden nicht erhalten bleiben, so würde keine Frankreich berührende Frage ohne dessen

Zustimmung gelöst werden; Frankreich werde daher in seiner strengen Neutralität beharren.

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Die österreichische Regierung that aber in dieser Zeit noch einen andern entscheidenden Schritt. Weil sie ihre Bemühungen, einen definitiven bundesgemäßen Abschluß der Elbherzogthümer Frage durch ein Einverständniß mit Preußen vorzubereiten, als vereitelt betrachten müsse, stellte sie den Abschluß in der Herzogthümerfrage der Entscheidung des Bundes anheim und fügte die Mittheilung hinzu, daß dieser Entscheidung von Seiten Oesterreichs die bereit willigste Anerkennung gesichert sei, daß der kaiserliche Statthalter in Holstein die erforderliche Vollmacht zur Einberufung der holsteinischen Ständeversammlung erhalten habe, mithin die gesetzliche Vertretung des Landes nicht die Gelegenheit entbehre, ihre Wünsche und Ansichten auszusprechen. Sie begleitete ferner die Ueberweisung der Elbherzogthümerfrage an den Bund mit einer offiziösen Auslassung, die zu folgendem Schlusse gelangt: „Preußen behauptet Ansprüche auf die Herzogthümer zu haben, bezüglich deren es sich allein als Richter betrachten kann. Bestimmen nicht sein souveräner Wille und die augenblicklichen Vortheile, die es erstrebt, die Grundsätze seiner Haltung, hat es sich noch einen Rest bundestreuer Gesinnung bewahrt aus der Politik der Militärconventionen, der Einzelbündnisse und Zetteleien mit fremden Mächten, dann wird es sich der Entscheidung des Bundes fügen, wie Desterreich sich ihr zu fügen entschlossen ist. Nicht Rivalität gegen Desterreich, die Quelle mehr als einer Verwicklung, kann heute seine Entschlüsse bestimmen, denn Oesterreich hat sich individuell, ohne das Recht Preußens zu verletzen und ohne die Schlußentscheidung zu präjudiciren, von der Weiterführung des Streites zurückgezogen. Es hat für die Erhaltung des Friedens eine neue Bahn gebrochen. Weigert sich Preußen sie zu betreten, so ist diese Weigerung gegen den Bund gerichtet: es zerreißt das an Deutschland fesselnde Baud, wenn es der Bundesversammlung Unterwerfung versagt."

Derselben Bundesversammlung, der Oesterreich selbst im Verein mit Preußen in den letzten Jahren so oft die Unterwerfung versagt haben, hätte aus Rücksichten auf die Ehrlichkeit hinzugefügt werden sollen, wurde aber weislich verschwiegen. Ob das österreichische Cabinet damals das Komische seiner Moralpredigt nicht gefühlt haben sollte? Es verlangte neuerlich, daß Preußen von einem Wege, den dasselbe seither mit Desterreich gemeinschaftlich gewandelt war, abgehe, blos weil Desterreich heute denselben nicht mehr bequem und ersprießlich fand. Preußen sollte, um sich nicht allgemeiner Verdammung auszusetzen, sich geschmeidig zum deutschen Bunde zurückwenden, weil Desterreich es für gut befunden hatte, zu dem so lange Mißachteten zurückzukehren und dem unglücklichen Schattenbilde in Frankfurt a. M. den verfahrenen Karren seiner Politik aufzubürden. Dieser Schritt ist Wahrheit gewesen, wie eine öfter

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