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die westlichen, räumen. Die Räumung der übrigen Departements erfolgt allmälig nach Zahlung der ersten Milliarde und in entsprechender Weise nach Erlegung der weiteren Milliarden; die restirenden Summen werden mit 5 Procent verzinst und zwar vom Tage der Ratification an gerechnet.

4. Die deutschen Truppen werden alle Requisitionen in den von ihnen besetzten Departements unterlassen.

5. Die Interessen der Einwohner der von Frankreich abgetretenen Gebietstheile werden in Allem, was ihren Handel und ihr bürgerliches Recht anbetrifft, so günstig als möglich geregelt, und zu jenem Behuf ein Zeitraum bestimmt, während dessen sie besondere Erleichterungen für ihren Productenverkehr genießen sollen. Die deutsche Regierung wird ihrer freiwilligen Auswanderung nichts in den Weg legen und keine Maßregeln, welche ihre Personen und ihr Eigenthum berühren, gegen sie ergreifen.

6. Die Kriegsgefangenen werden unverweilt zurückgegeben.

7. Die Eröffnung der eigentlichen Friedensverhandlungen wird in Brüssel nach Ratification des vorliegenden Vertrags erfolgen.

8. Die Verwaltung der occupirten Departements wird französischen Beamten übergeben, doch stehen dieselben unter den Befehlen der deutschen Commandanten.

9. Durch gegenwärtigen Vertrag wird keinerlei Recht auf einen Theil nichtbesetzten Territoriums übertragen.

10. Der Vertrag soll der Ratification der Nationalversammlung unterbreitet werden.

Der Stadt Paris war nach der Capitulation eine Contribution von 200 Millionen auferlegt, und man würde sie damit entlassen und ihr weitere Demüthigung erspart haben, wenn nicht der herausfordernde Ton der Preffe den Einzug der Sieger geradezu zur Ehrenpflicht gemacht hätte. So zogen denn unter den Klängen des Pariser Einzugsmarsches von 1814 am 1. März 30,000 Mann von verschiedenen Armeecorps in Paris ein, um einen Theil desselben so lange zu besetzen, bis die Nationalversammlung den Friedensvertrag genehmigt haben würde. Dies geschah unter diesen Umständen schleunig in der Nachtsizung am 1. März, so daß die Deutschen schon am 2. März wieder Paris verließen.

Unter dem harten Drucke der äußersten Friedensbedürftigkeit mußte die Versammlung in Bordeaux, trot Gambetta's Widerstand, der noch einen Krieg bis aufs Meffer wollte, den Friedensvertrag mit 546 gegen 107 Stimmen genehmigen.

So hatte denn Deutschland den ihm aufgedrungenen Krieg siegreich be

endet, den Bann französischer Uebermacht und Raubsucht gebrochen und wenigstens den größten, bis Meß vorwiegend deutschen Theil des ihm früher von Frankreich geraubten Landes, vor allem das nie vergessene Elsaß mit Straßburg, zu seiner eigenen Sicherung wiedergewonnen und mit dem neuen deutschen Reiche wieder vereinigt.

Noch am 2. März konnte der deutsche Kaiser folgendes Telegramm nach Berlin richten:

Der Kaiserin-Königin in Berlin. Versailles, den 1. März. Soeben habe ich den Friedensschluß ratificirt, nachdem er schon gestern in Bordeaux von der Nationalversammlung angenommen worden ist. Soweit ist also das große Werk vollendet, welches durch siebenmonatliche siegreiche Kämpfe errungen, Dank der Tapferkeit, Hingebung und Ausdauer des unvergleichlichen Heeres in allen seinen Theilen und der Opferfreudigkeit des Vaterlandes. Der Herr der Heerschaaren hat überall unsere Unternehmungen sichtlich gesegnet und daher diesen ehrenvollen Frieden in seiner Gnade gelingen lassen. Ihm sei die Ehre! Der Armee und dem Vaterlande mit tief erregtem Herzen meinen Dank. Wilhelm."

Und wieder einmal läuteten die Glocken von Thurm zu Thurm, wehten die Fahnen in den Lüften, donnerten die Kanonen, erglänzten die Häuser im Lichterglanze und loderten die Freudenfeuer auf den Bergen im ganzen geeinigten Deutschland zur Feier des Friedens. Friede! Friede! tönte es wieder von den Lippen, und von furchtbarer Last befreit jauchzten die deutschen Herzen: „Der Herr hat Großes an uns gethan! Ehre sei Gott in der Höhe!"

Der definitive Frieden wurde am 10. Mai 1871 in Frankfurt a. M. abgeschlossen und bestätigte im Ganzen die in den Präliminarien festgestellten Bedingungen.

In Frankreich begann sofort nach dem Friedensschluß ein langer Bürgerkrieg; die radikalen Elemente in Paris bemächtigten sich der Hauptstadt und mehrerer der von den Deutschen nicht besetzten Forts, erklärten die Herrschaft der Commune und kämpften im offenen Aufstande gegen die Volksvertretung und die von derselben erwählte Regierung. Die aus Deutschland heimkehrenden Gefangenen mußten gleich wieder gegen Franzosen kämpfen, Paris machte eine zweite Belagerung durch und wurde, als die Regierungstruppen es eroberten, theilweis eingeäschert.

Im deutschen Volke dagegen herrschten Freude und Genugthuung über die erreichten Erfolge, über den erkämpften Frieden, und keine Ueberhebung, keine Eroberungssucht befleckte diese große Zeit. Im Frieden will es weiter leben, im Frieden den Grund legen der Freiheit und des Rechtes, um den im Kriege errichteten Bau des neuen Reiches auszubauen, damit dasselbe in Wahrheit ein Reich des Friedens, der nationalen Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung werde. Deutschland wird dieses Ziel erreichen, weil es dieses Ziel erreichen

will, und wir hoffen angesichts der Charaktergröße, welche das deutsche Volk im Kriege mit Frankreich bekundet hat, eine gesegnete Zukunft!

Schlicht und ohne Aufwand, wie der Landwehrmann vom Felde oder vom Webstuhl in die Schlacht gegangen war, kehrte die ganze Nation von der Blutarbeit zu der Arbeit der Freiheit und des Friedens zurück. Möge der Genius Deutschlands sein Volk auch hierbei segnend umschweben, wie er mit ihnen gewesen ist auf den blutgetränkten Gefilden in Dänemark, Böhmen und Frankreich, auf denen die Einheit Deutschlands geboren wurde! Mit diesem heißen Wunsche für unser Vaterland blicken wir getrost in eine verheißungsvolle Zukunft!

XXIII.

Früchte des Sieges.

Mitten unter dem Donner des Bombardements gegen Paris wurde in Versailles, der prächtigen Residenz Louis XIV., ein gewiß einzig dastehendes Ereigniß in der Weltgeschichte, das neue deutsche Kaiserthum proclamirt. Die auf den Schlachtfeldern von Weißenburg, Wörth, Metz, Sedan geschaffene Einigung der deutschen Stämme sollte nicht mehr verloren gehen, sondern auch ihren äußeren Ausdruck wiedererlangen.

Ende October waren bereits Minister der deutschen Südstaaten nach Versailles gekommen und hatten mit Bismarck die Verfassung eines deutschen Bundesstaates berathen. Dieselbe wurde von den süddeutschen Landtagen und, trotz der weitgehenden Ausnahmebestimmungen für Bayern, auch vom norddeutschen Reichstage angenommen, worauf Bayerns idealer junger König Ludwig den von allen Bundesstaaten freudig aufgenommenen Antrag stellte, daß dem Könige von Preußen, als dem Schirmherrn des deutschen Reiches, die deutsche Kaiserwürde übertragen werden solle.

Am 18. Januar sollte die feierliche Proclamation in Versailles geschehen. Zu derselben wurden von jedem Regimente drei bis vier Vertreter commandirt, 56 Fahnen herbeigeschafft, und alle im Hauptquartier versammelten Fürsten nahmen daran Theil. Als der König im Spiegelsaale erschien, sang ein Chor: "Jauchzet dem Herrn aller Welt". Der König trat vor den Altar, im Halbkreise um ihn gruppirten sich die Fürsten und Prinzen. Die Gemeinde sang einen Vers des Liedes Sei Lob und Ehr dem höchsten Gott", worauf der Prediger Rogge die Predigt hielt und: „Nun danket Alle Gott" folgte. Darauf durchschritt der König den Saal, begab sich zur Fahnenwache und verlas die Urkunde der Verkündigung der Kaiserwürde und gab Bismarck den Befehl, eine an das Volk gerichtete Proclamation zu verlesen.

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Diese Proclamation lautete:

„Wir Wilhelm von Gottes Gnaden, König von Preußen, nachdem die deutschen Fürsten und freien Städte den einmüthigen Ruf an Uns gerichtet haben, mit Herstellung des deutschen Reiches die seit mehr denn sechszig Jahren ruhende deutsche Kaiserwürde zu ernevern und zu übernehmen, und nachdem in der Verfassung des Landes die entsprechenden Bestimmungen vorgesehen sind, bekunden hiermit, daß Wir es als eine Pflicht gegen das gemeinsame Vaterland betrachtet haben, diesem Rufe der verbündeten deutschen Fürsten und freien Städte Folge zu leisten und die deutsche Kaiserkrone anzunehmen. Demgemäß werden Wir und Unsere Nachfolger an der Krone Preußen den kaiserlichen Titel in allen Unseren Beziehungen und Angelegenheiten des Deutschen Reiches führen, und hoffen zu Gott, daß es der deutschen Nation gegeben sein werde, unter den Wahrzeichen ihrer alten Herrlichkeit das Vaterland einer segensreichen Zukunft entgegen zu führen. Wir übernehmen die kaiserliche Würde im Bewußtsein der Pflicht, in deutscher Treue die Rechte des Reiches und seiner Glieder zu schützen, den Frieden zu wahren, die Unabhängigkeit Deutschlands, gestützt auf die geeinte Kraft seines Volkes, zu vertheidigen. Wir nehmen sie an in der Hoffnung, daß dem deutschen Volke vergönnt sein wird, den Lohn seiner heißen und opfermüthigen Kämpfe in dauerndem Frieden und innerhalb der Grenzen zu genießen, welche dem Vaterlande die seit Jahrhunderten entbehrte Sicherheit gegen erneute Angriffe Frankreichs gewähren. Uns aber und Unsern Nachfolgern an der Kaiserkrone wolle Gott verleihen, alle Zeit Mehrer des deutschen Reichs zu sein nicht an kriegerischen Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben des Friedens, auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung."

Nach Verlesung dieser Proclamation trat der Großherzog von Baden vor und rief: Hoch lebe Seine Majestät der Kaiser Wilhelm!" Alle Anwesenden stimmten begeistert in den Ruf ein und die Musik intonirte: Heil Dir im Siegerkranz!"

Das deutsche Reich war neu errichtet, die schöne Frucht unserer blutigen Siege und die denkwürdige Epoche der deutschen Einheitskämpfe glorreich abgeschlossen.

Gott schirme Deutschland!

Buchdruckerei von Julius Donny, Berlin, Zimmerftr. 91.

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