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völlige Lostrennung der Herzogthümer Schleswig-Holstein von Dänemark; aber wenn auch die deutschen Großmächte, trotz ihrer Siege noch immer mit gemäßigten Forderungen auftraten, so überstieg die Anmaßung Dänemarks in den seinigen alle Grenzen. Die Niederlage von Düppel schien den dänischen Troy keineswegs gebrochen, sondern nur noch höher geschraubt zu haben. Die eiderdänische Partei in Kopenhagen hatte die kühne Idee gefaßt, den Kampf auf dem Festlande ganz aufzugeben und sich auf Behauptung der Inseln und Operationen zur See zu beschränken, um dem Feinde möglichst zu schaden und einen Umschwung der Verhältnisse herbeizuführen. Diesem Plane verdankte der Befehl zur Aufgabe der Festung Fridericia, dieses mit vielem Aufwande zu einem Waffenplate ersten Ranges geschaffenen Bollwerks Jütlands, die Entstehung.

Während die Dänen in unbegreiflicher Verblendung auf der Londoner Conferenz große Worte sprachen und unmäßige Forderungen starrsinnig vertheidigten, wollten die Verbündeten die Zeit noch nützen, um durch neue Erfolge ihren Forderungen immer zwingendere Gründe aufzudrücken. Da in lezter Zeit die Preußen den Kampf und die Ehre desselben fast allein genossen hatten, so trat nun Desterreich wieder in die Reihe, und das nächste Ziel bildete nicht die Eroberung Alsens, sondern die Belagerung von Fridericia. Mit dem beim Düppelsturm gebrauchten schweren Belagerungsgeschütz rückten die Desterreicher heran, auf eine hartnäckige Vertheidigung des noch durch zwei befestigte Lager verstärkten Plazes rechnend. Wie groß war aber ihr Erstaunen, als sie die Festung von den Dänen bereits verlassen und zwar in solcher Eile verlassen fanden, daß sie nicht einmal das reiche Festungsmaterial in Sicherheit gebracht hatten und die Oesterreicher allein 237 Stück Geschütze vorfanden.

Wenn nun auch beim Beginne des Krieges es von vornherein zu berechnen war, daß zu Lande das kleine Dänemark allein den beiden deutschen Großmächten, ungeachtet seiner festen Stellungen, nicht würde Trot bieten kön nen, so war doch allgemein auf eine Ueberlegenheit Dänemarks zur See durch seine Flotte gerechnet worden, und ein gutes Theil des unsinnigen Dänentroßes muß dieser Hoffnung zugeschrieben werden, die sich im Laufe des Krieges freilich auch nicht erfüllen sollte. Wir haben schon gesehen, wie wenig es den gefürchteten Panzerschiffen gelang, bei den Landoperationen ein bedeutsames Wort mitzureden, aber auch in offener Seeschlacht erwiesen sich die Dänen keineswegs als überlegen. Denn schon am 17. März fochten die preußischen Schiffe bei der Insel Rügen in so ehrenvoller und wirksamer Weise gegen eine Uebermacht von 7 dänischen Schiffen mit 167 Kanonen zu 3 preußischen Schiffen mit nur 43 Kanonen, daß dieses Gefecht den Werth eines Sieges hatte und den Glauben an die Furchtbarkeit der dänischen Seemacht gründlich untergrub. Am 9. Mai aber kämpften österreichische und preußische Schiffe gemeinschaftlich gegen die Dänen in so ruhmvoller Weise, daß der österreichische Capitän Tegethoff

entschieden einen glänzenden Seesieg erfochten haben würde, wenn nicht die österreichische Fregatte Schwarzenberg in Brand gerathen wäre und sich unter den Schutz des Radetzky zurückziehen mußte. Die weitüberlegene dänische Flotte wagte nur eine kurze und schwache Verfolgung.

In Deutschland herrschte über diese Erfolge zur See eine allgemeine Freude, wie denn überhaupt die österreichisch-preußischen Wassererfolge allmälich die ungetheilte Aufmerksamkeit des deutschen Volks in Anspruch nahmen. Die großen und unter schweren Verlusten erkauften Siege verscheuchten die Zweifel, daß die verbündeten Mächte einen so theuer erkauften Siegespreis dem übermüthig troßenden Feinde zurückgeben würden.

Im Mai wurde zu London endlich eine Waffenruhe vereinbart, die am Da Dänemark, trotz aller Unglücks12. Mai auf vier Wochen in Kraft trat. schläge, den seitherigen Hochmuth auch ferner bewahrte und die Sprache seines Bevollmächtigten auf der Londoner Conferenz eine solche war, wie sie von den deutschen Mächten kaum ertragen werden konnte, wenn dänischerseits die erlittenen Niederlagen Siege gewesen wären, so konnte das schließliche Resultat für die deutschen Großmächte kein anderes sein, als die Befestigung der Ueberzeugung, daß die Waffen bis zum Ende entscheiden müßten. Nach der vollendeten Niederwerfung Dänemarks mußte demselben dann der Friede dictirt werden.

Man darf nicht sagen, daß die beiden Großmächte beim Beginn der Verhandlungen mit übertriebenen Forderungen aufgetreten wären: im Gegentheil, ihre Vorschläge zur Regelung des Verhältnisses der Herzogthümer zu Dänemark entsprachen den gerechten Forderungen des deutschen Volkes, welches endlich den lange geknechteten Bruderstamm mit dem deutschen Mutterlande vereinigt sehen wollte, durchaus nicht. Erst durch den Hochmuth und unsinnigen Trotz der Dänen wurden die deutschen Großmächte mehr und mehr in den deutschen Standpunkt hineingedrängt. Die beiden Großmächte hatten sich zwar, sogleich beim Eintritt in die Verhandlungen, nun ebenfalls vom fernern Festhalten am Londoner Protokoll losgesagt, dagegen den Vorschlag einer PersonalUnion zwischen Dänemark und den Herzogthümern daran geknüpft. Erst als Dänemark sich jedem Vorschlage der Billigkeit und zum verständigen Unterhandeln durch ungemessene Zumuthungen entzog, dagegen das deutsche Volk, im Verbande mit dem Vertreter des Bundestags auf der Londoner Conferenz, zur entschiedenen Wahrung der deutschen Rechte drängte: erst da erklärten die deutschen Großmächte auch die Basis der Personal-Union für erloschen und die völlige Lostrennung der Herzogthümer von Dänemark als die einzig annehmbare Grundlage der fernern Unterhandlungen. Es muß als eine bemerkenswerthe Nemesis in der Geschichte dieses Kriegs erkannt werden, daß die deutschen Großmächte, welche den Krieg blos in der Absicht unternommen hatten, um durch eine Cabinetspolitik auf Grund abscheulicher Verträge die hoch

wogenden Gefühle und Wünsche der deutschen Nation darniederzuhalten, jezt durch den Feind selbst dazu gezwungen wurden, den Wünschen dieses deutschen Volkes im Princip Genüge zu thun.

Die auswärtigen Mächte, welche sich früher an dem Londoner Protokoll als Mitgaranten betheiligt hatten, bewiesen jetzt auch nicht die geringste Lust, für Aufrechterhaltung desselben die Waffen zu ergreifen. Besonders England, das anfangs gehetzt und ein so großes Wort geführt hatte, als ob es Dänemark mit seiner ganzen Land- und Seemacht zu Hilfe kommen würde, sobald dessen Integrität bedroht werde, war jetzt am eifrigsten mit der Erklärung bei der Hand, daß es sich aus tausend triftigen Gründen an einem Kriege gegen Deutschland nicht betheiligen könne. Herrn von Bismarcks in die fruchtlosen Unterhandlungen geschleudertes Wort: die verbündeten Mächte würden nunmehr in dem eroberten Besitz beharren und abwarten, wer sie daraus verdrängen würde, blieb unverändert, weil die einzige Erwiderung darauf mit dem Schwerte gegeben werden konnte. Die Unterhandlungen brachten demnach, trotz einer nochmaligen Verlängerung der Waffenruhe um 14 Tage, kein anderes Resultat, als den fortgesetten Krieg; für die deutsche Sache aber hatten sie den unermeßlichen Vortheil gebracht, den kriegführenden deutschen Großmächten endlich das lang verweigerte deutsche Programm: völlige Lostrennung der Elbherzogthümer von Dänemark, aufgenöthigt zu haben. Und diese Anerkennung von Dänemark zu erzwingen, ging es nun zum letzten Kampfe.

VI.

Die Züchtigung Dänemarks.

Nachdem die dänischen Unterhändler auf der Londoner Conferenz einen so unerträglichen Trotz und Hochmuth gezeigt, daß ihnen von den Vermittlungsmächten, die noch immer einen Ausgleich erstrebten, sogar die Verlängerung des Waffenstillstands um 14 Tage förmlich hatte abgerungen werden müssen, hätte man auf einen allgemeinen Aufschwung, auf ein ausnahmeloses Aufgebot der gesammten Streitmacht und jeder denkbaren Hilfsquelle Dänemarks rechnen sollen. Den Kampf um die Existenz des alten Dänenreichs hätte man von der verzweifelten Stimmung der Nation erwarten müssen, ein ähnliches Ringen um das Dasein, wie es sich in Polen soeben blutig abgespielt hatte. Aber nichts von alledem. Waren auch Dannewerk und Düppel verloren, und Fridericia in der Feinde Hände, so besaß man doch noch die Inseln. In einer thörichten Verblendung sonder Gleichen hielt man diese jetzt für die unübersteigbare Schranken gegen fernere Unternehmungen der Feinde und bettete den alten Trotz auf diese noch ungebrochenen Bollwerke. Vergessen war bei den stürmischen Männern, welche in der dänischen Volksvertretung das bestimmende Wort führten und auf die machtlose Regierung einen ebenso bestimmenden Einfluß ausübten, die Geschichte früherer Jahrhunderte. Denn die schmalen Wasserstraßen, welche die Inseln Alfen und Fühnen von dem Festlande trennten, hatten bereits im 17. Jahrhunderte, als die militärischen Hilfsmittel mit denen unserer Zeit nicht zu vergleichen waren, den Feinden kein unübersteigbares Hinderniß beim Erzwingen des Ueberganges geboten. Wie hätten sie jetzt solche werden sollen!

Doch weder hieran dachten die verblendeten Dänen, noch daran, daß nach Aufgabe der Positionen auf dem Festlande ihrerseits, die verbündeten Armeen jeder Nothwendigkeit fernerer Theilung überhoben waren und an jeder Stelle stets mit ihrer ganzen weit überlegenen Macht wirken konnten. Auch

der Umstand, daß die Dänen nach dem Verluste ihrer jetzigen Armee nicht im Stande sein würden, eine neue zu schaffen, daß sie also Alles gegen eine dreifache Ueberlegenheit aufs Spiel setzten, beachteten sie nicht: sie wollten den Kampf und sie hatten ihn denn auch und mußten schließlich die Folgen tragen.

Die nächste Unternehmung der verbündeten Armeen, deren Oberbefehl nach dem Rücktritte Wrangels der Prinz Friedrich Karl von Preußen übernommen hatte, richtete sich gegen Alsen. Die Dänen waren mit noch immer neuen Anlagen an diesem ebenfalls von der Natur sehr begünstigten Befestigungsplate unausgesetzt beschäftigt. Alsen, welches etwa vier Quadratmeilen Flächenraum einnimmt, streckt sich mit seinen Einschnitten und Landzungen am Sundewitt entlang, von welchem es der Düppelstellung gegenüber nur durch den schmalen Alssensund getrennt ist. An der südlichen Spite desselben liegt Sonderburg auf einer Landzunge, welche wieder durch einen Meereseinschnitt von der Halbinsel Kekenis getrennt ist, die im Süden von Alsen mit dieser Jusel nur durch einen etwa 1000 Schritt langen und zwischen 50-100 Schritt breiten Landstreifen verbunden wird. Die Hauptbefestigungen Alsens, die von den Dänen errichtet worden waren, befanden sich auf der dem Festland zugewendeten Sonderburger Seite, während der östliche Theil der Insel der Ueberwachung der Flotte anvertraut blieb. Die Halbinsel Kekenis mit ihrem schmalen Zugange war dagegen, für den Fall eines Verlusts der festen Stellungen auf Alsen selbst, zum Rückzugspunkte ausersehen, von welchem aus die Einschiffung bequem bewerkstelligt werden konnte. Die Befestigungen selbst waren mit fluger Benutzung der von der Natur gebotenen Mittel, die durch künstliche Anlagen ergänzt wurden, mit Zuziehung von Stadt, Dörfern, Gehöften und Gehölz in derselben vortrefflichen Weise angelegt, welche sämmtliche fortificatorische Werke der Dänen auszeichnet und mit Geschützen an jeder geeigneten Stelle in reichlicher Weise besetzt. Durch die Uferbefestigungen, denen das meist steile Ufer der Küste zur natürlichen Stütze diente, wurde eine feindliche Landung zum sehr schwierigen Unternehmen; aber auch wenn dieselbe wirklich gelingen sollte, fanden die Dänen beim Rückzuge auf Kekenis eine Reihe so wirksamer Vertheidigungslinien, daß bei tüchtiger Leitung der Vertheidigung die Einnahme derselben, wenn sie erzwungen werden sollte, jedenfalls ein langwieriges und äußerst blutiges Unternehmen werden mußte, bei welchem ein Aufreiben oder Abschneiden der dänischen Armee, ihres leicht zu deckenden Rückzugspunktes Kekenis wegen, doch nicht gelingen würde. Die dänische Transportflotte aber, welche dazu bestimmt war, nöthigenfalls die Armee aufzunehmen, lag bei Kekenis bereit.

Die Preußen hatten schon während der Belagerung der Düppelwerke verschiedene Strandbatterien zur Beherrschung des Alsenfunds angelegt und vermehrten dieselben neuerlich so stark, daß die nördliche und füdliche Einfahrt in

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