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füllte unsere Herzen, wie wir noch nie empfunden zu haben glaubten. Man konnte, selbst vom strengsten Disciplingefühl durchdrungen, den glückstrahlenden Gesichtern nicht widerstehen, und immer und immer wieder drückten wir die Hände, die uns von allen Seiten entgegengestreckt wurden."

Unmittelbar nach dem Einzuge der Bundestruppen, sobald die Farben Schleswig-Holsteins und Deutschlands sich entfalteten, erklärte sich das Volk einstimmig für den Herzog Friedrich, und die Bundestruppen thaten nichts, um den Ovationen für denselben etwas in den Weg zu legen. Sobald die deutschen Truppen eine Ortschaft in Besitz genommen, wurde daselbst Herzog Friedrich zum Landesherrn ausgerufen, der noch vor Beendigung der Execution in Person in Holstein erschien und, mit allgemeiner Begeisterung empfangen, seinen Wohnsitz vorläufig in Kiel aufschlug. Am 27. December rief eine große Volksversammlung zu Elmshorn ebenfalls den Herzog Friedrich zum Landesherrn aus, und ganz Holstein beeilte sich, ihm den Huldigungseid zu leisten.

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Die Begeisterung des deutschen Volkes stieg unter dem Eindruck dieser Thatsachen immer mehr, und Hunderte von Volksversammlungen sprachen sich für unbedingte Unterstüßung der deutschen Sache aus. Geldsammlungen wurden. veranstaltet, Waffenübungen von der Jugend vorgenommen, und Tausende waren bereit, dem Rufe eines organisirenden Führers als Freiwillige zu folgen. In Frankfurt a. M. kam eine Versammlung deutscher Volksvertreter zusammen und es gaben dieselben unter allgemeiner Zustimmung des begeisterten Volkes folgende Erklärung ab: Die wirksame Sicherung der Rechte Deutschlands an Schleswig-Holstein beruht unbedingt in der Loslösung der Herzogthümer von Dänemark. Der Tod Friedrichs VII. hat die Verbindung der Herzogthümer mit Dänemark gelöst. Der Londoner Vertrag vom 8. Mai 1852, ohne Zustimmung der Volksvertretung und der berechtigten Agnaten zu Stande gekommen und vom Bunde nicht anerkannt, begründet kein Thronfolgerecht Christians IX. in den Herzogthümern. Im Gange des Rechts ist Friedrich von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg berufen. Die Geltendmachung der Thronfolge des Herzogs Friedrich ist zugleich die Geltendmachung der Rechte Deutschlands an Schleswig-Holstein. Hieraus entspringt die Verpflichtung des deutschen Volkes, für seine verlegte Ehre, für sein gefährdetes Recht, für seine unterdrückten Stammgenossen und ihren rechtmäßigen Fürsten jedes nöthige Opfer zu bringen." Die Opfer wurden denn auch bereit gehalten und Tausende warteten nur des Winkes, um thatkräftig bei der Hand zu sein.

Allein eben dieser Wink, der begeisterte Ruf blieb aus, der die Massenbewegung hätte organisiren und auf ein bestimmtes Ziel hinleiten sollen. Der deutsche Bund war bereits wieder über seine eigene Kühnheit erschrocken und ließ die schwerfällig erhobenen bleiernen Fittige um so schneller wieder sinken, weil er von Volksbewegung, freiwilligen Heeren u. dergl. seinem rein dynastischen

Ohre wehthuenden Dingen hörte; mit der Ausführung der Execution schien auch seine Thätigkeit, jedenfalls seine vorwärts dringende, zu Ende, und da auch Herzog Friedrich das erwartete Wort an Deutschlands Wehrkraft, dieselbe zu seinem Rechtsschutz herbeizuziehen und mit ihm eine kühne That zu wagen, nicht ertönen ließ, sondern sich von vornherein den diplomatischen Unterhandlungen zuwandte, so blieb die große und allgemeine Begeisterung im Volke ohne practische Erfolge.

In Holstein hatten sich die sächsischen und hannoverschen Truppen als liebe Gäste einquartiert und die Bundescommissare verwalteten das Land. Die Liebenswürdigkeit, Tüchtigkeit und gute Mannszucht der sächsischen Soldaten gewannen denselben die Herzen der Holsteiner schnell und vollständig. Sie lebten nicht nur dem Worte nach, sondern in Wirklichkeit brüderlich miteinander, und die Holsteiner haben ihren braven Rettern, auch als sie später das Land wieder verließen, das freundlichste Gedächtniß und ein ehrenvolles Andenken für alle Zeit bewahrt.

Diese hehren und den Menschen zierenden moralischen Eroberungen waren freilich in diesem Feldzuge die einzigen den sächsischen Truppen beschiedenen, die von ihrem Kriegsherrn, dem deutschen Bunde, nicht dazu bestimmt waren, in die ersehnte Action mit den Dänen zu kommen. Der deutsche Bund fand an der Grenze des deutschen Bruderlandes Holstein auch die Grenze seiner Thätigkeit und fesselte hier die Schritte seiner Truppen; aber schon nahten neue Ereignisse, die dazu bestimmt waren, der ganzen Angelegenheit eine neue Wendung zu geben.

Wir haben schon erfahren, daß Preußen und Oesterreich noch auf dem Boden der Verträge von 1852 standen, die von Dänemark gröblich verlacht und durch die neue Verfassung geradezu in Frage gestellt worden waren. Für die deutschen Großmächte stand also die ganze Angelegenheit noch immer auf den Boden des Krieges von 1848 und 50: sie war eine Verfassungsfrage, bei welcher für sie die Erbfolgefrage vorläufig nicht in Betracht kam. Preußen und Oefterreich stellten daher in diesem Sinne den Antrag beim Bunde: Dänemark nochmals zur Zurücknahme der neuen Verfassung aufzufordern, und im Weigerungsfalle, als Pfand zur Wahrung des deutschen Rechtes auch Schleswig in Besitz zu nehmen, die dazu erforderlichen Truppenkörper aber sofort in Kriegsbereitschaft zu setzen. Dieser Antrag fand bereits beim Bunde wenig Anklang troßdem derselbe den Dänen den vollen Ernst der Dinge zeigen und sie zu einer Entscheidung bringen mußte. Denn wenn auch Dänemark auf den Rath der fremden Großmächte davon abstand, die Bundesexecution in Holstein als Kriegsfall anzusehen und seine Truppen friedlich über die Eider zurückgezogen hatte, so lag dagegen in Betreff Schleswigs die Sache ganz anders und kritischer. In Schleswig hatten die Dänen seit dem Jahre 1858 wahrhaft großartige

Befestigungen ersten Ranges, das Dannewerk, die düppler Schanzen und die Befestigung der Insel Alsen angelegt; wollte es diese freiwillig preisgeben, so gab es geradezu das ganze Reich preis und der Aufwand vieler Millionen wäre umsonst gemacht worden. Es war also nur anzunehmen daß in Schleswig die Entscheidung erfolgen mußte, weil die Dänen sich dem Einmarsch der deutschen Truppen sofort mit den Waffen in der Hand widersetzen würden.

Besonders war es Preußen, welches mit seinem Antrage drängte, während Desterreich durchaus keinen Impuls gab, sondern nur nicht zurückbleiben mochte. Die zerrütteten innern Verhältnisse dieses Landes, welche in permanenter Finanznoth ihren Höhepunkt fanden, machten ihm einen Krieg überhaupt, besonders aber in so weiter Entfernung, unerwünscht, da derselbe möglicherweise ein europäischer werden konnte. Preußens Drängen riß aber auch Desterreich mit fort, da es sich nicht entschließen konnte, dem argwöhnisch beobachteten Rivalen das Feld der Action allein zu überlassen.

Für Preußen aber gab es verschiedene Gründe, die diesen Staat geradezu zur Action drängten. Der innere Conflict wegen Militairfrage und Budget hatte sich immer mehr geschärft; in einem Kriege, welcher den Waffen Preußens den Sieg brachte, hoffte der leitende preußische Staatsmann einen Ableiter der Erbitterung und neue Sympathien für Regierung und Heer zu gewinnen, auch die Nothwendigkeit einer Militairorganisation, um deren Geldbewilligung willen der Conflict entstanden war, practisch darzustellen. In der Armee selbst, bei welcher der Schimpf von 1850 nicht vergessen und die damals nur mit Wuth im Herzen, nach heiß erfochtenen Siegen und vor einem so kleinen Gegner zurückgewichen war, weil die Diplomatie in Olmüß ein schlechtes Spiel getrieben hatte, in der Armee war ein Krieg gegen Dänemark sogar populär, und die Regierung berechnete zutreffend, wie sehr sie durch den Krieg das Heer an sich fesseln würde.

Herr von Bismarck, der wol schon damals die Möglichkeit weitergehender Pläne ins Auge faßte, war zur kriegerischen Action entschlossen und dies wurde auch für Desterreich bestimmend. Als am 14. Januar 1864 der Bundestag bei der Abstimmung den Antrag der beiden deutschen Großmächte verwarf, ließen dieselben am 16. Januar durch ihre Gesandten in Kopenhagen gleichzeitig und selbstständig die Aufforderung zur Rücknahme der neuen dänischen Verfassung ergehen, mit dem Bemerken, daß die Gesandten, wenn ihnen nicht binnen. 48 Stunden eine zustimmende Erklärung zugehe, ohne Weiteres die dänische Hauptstadt verlassen würden.

Fast gleichzeitig setzten sich bereits österreichische und preußische Truppen nach dem Norden in Bewegung.

Dänemark lehnte die Aufforderung der beiden deutschen Großmächte rundweg ab, und damit war denn der Krieg entschieden.

IV.

Der Krieg.

Preußen hatte, schon damit etwaigen Einmischungsversuchen der ausländischen Mächte gegenüber die schleswig-Holsteinische Angelegenheit von Deutschland imponirend vertreten sei, die Waffenbrüderschaft Oesterreichs bereitwillig angenommen, und beide Mächte setzten schleunigst ihre Rüstungen in Vollzug. Dieselben wurden mit einer Energie und Schnelligkeit betrieben, daß an dem vollen Ernst der Großmächte nicht mehr zu zweifeln blieb. Das preußische, zu der Action bestimmte Armeecorps, wurde unter den Befehl des Prinzen Friedrich Karl, der als Haupt der preußischen Kriegspartei bezeichnet wurde, gestellt; das österreichische Corps unter den Befehl des Feldmarschalllieutenants von Gablenz; den Oberbefehl über beide vereinigte Heerkörper sollte der preußische Feldmarschall von Wrangel führen.

Im deutschen Volke fand das einseitige Vorgehen der beiden Großmächte nicht nur gar keine Unterstützung, sondern scharfe Verurtheilung. Der deutsche Bund und der Nationalverein und alle widerstrebenden Kräfte vereinigten sich in den Versuchen, das einseitige Vorgehen der deutschen Großmächte, zu denen Niemand Vertrauen hatte, aufzuhalten. Das preußische Ministerium sprach keinen bestimmten Plan aus, hielt am londoner Protocoll fest und weigerte sich offen, für die rechtliche Lösung der Erbfolgefrage in den Herzogthümern und deren Trennung von Dänemark bei dem beabsichtigten Kriege irgend eine Gewähr zu übernehmen. Die eigene Landesvertretung, welche sich im schärfsten Conflict über die wichtigsten Verfassungsfragen zur Regierung befand, und welche an ein ehrliches Vorgehen derselben im deutschen Sinne ebensowenig glauben konnte, als das deutsche Volk, verweigerte die zum Kriege geforderte Anleihe. Denn allgemein war die nicht unberechtigte Befürchtung vorhanden, daß unter der Leitung der beiden Großmächte, welche ausgesprochenerweise das londoner Protocoll zur Basis ihrer Handlungen stellten, sich das abscheuliche Schauspiel der Jahre

1848-50 wiederholen würde, daß dieselben mit den Waffen in der Hand Dänemark züchtigen und zur Erfüllung der gebrochenen Verträge zwingen würden, um ihm später die deutschen Herzogthümer auf's Neue zu überliefern. So und nicht anders war es von den Unterzeichnern des londoner Protocolls zu erwarten, und dieselben thaten durchaus nichts, um diese Meinung, dies Mißtrauen zu widerlegen, sondern ließen ihre schnell ausgerüsteten Truppen, 45,000 Mann stark, dem Norden zu marschiren. Die verschiedenen Proteste der von den Truppenzügen zu berührenden Staaten, wegen unbefugter Verletzung von Bundesgebiet, wurden energisch zurückgewiesen — bei Eutin, wo hereinrückende preußische Truppen gar den Schlagbaum an der Grenze geschlossen fanden, öffneten preußische Pioniere denselben zum Durchzug, und mit so überraschender Schnelligkeit erschienen die Heere auf dem Plane, daß bereits Ende Januar die österreichisch-preußischen Streitkräfte in der Hauptsache bei Kiel und Rendsburg an der Eider standen, jeden Augenblicks des Befehls zur Ueberschreitung derselben gewärtig, welcher den Anfang des Krieges bedeutete.

Mit jedem verlaufenden Tage trat der Ernst der Dinge greller hervor. In den letzten Tagen des Januars trafen auch der Kronprinz von Preußen und die Prinzen Albrecht, Vater und Sohn, im verbündeten Hauptquartier, wodurch auch für die Optimisten die Ansicht entschwinden mußte, daß der Krieg, gegen den sich alle Stimmen erhoben, nicht ernst gemeint sei, sondern daß nur eine militairische Pression auf Dänemark geübt werden sollte.

Die gesammte verbündete Armee war durch Nachschub preußischer Grenadierund Garde-Regimenter auf 65,000 Mann gebracht worden, die in drei Abtheilungen so vertheilt wurden, daß die preußischen Garden und Grenadiere, 12 Bataillone stark, unter dem Befehl des Generallieutenants von der Mülbe, den linken Flügel, die Oesterreicher das Centrum und das preußische Corps des Prinzen Friedrich Karl den rechten Flügel bildete. Was die Ausrüstung der Truppen betraf, so standen Oesterreicher und Preußen an Leichtigkeit und Practik in den Ausrüstungsgegenständen den Dänen entschieden nach, in der Bewaffnung dagegen zeigten sich besonders die Preußen durch das Zündnadelgewehr, welches in diesem Kriege seine Tüchtigkeit zu erproben hatte und bewährte, und Preußen und Oesterreich durch das Uebergewicht der gezogenen Geschütze gegenüber der der dänischen Feld-Artillerie, also die Verbündeten den Dänen überlegen.

Blicken wir nun hin, was Dänemark, welches doch in einer Art Tobsucht den Krieg heraufbeschworen, Krieg gewollt hatte, diesen drohenden Anzeichen gegenüber that und vorbereitete, so muß die Unthätigkeit, welche dem großen Geschrei gefolgt war, seltsam ins Auge fallen. In Deutschland hatte der Beginn der Bewegung in der schleswig-Holsteinischen Angelegenheit alle Elemente für einen Volkskrieg wie 1813 wachgerufen, so begeistert waren die Sympathien des deutschen Volkes für die Herzogthümer; aber jetzt schnitten ihm die Cabinette mit ihren stehenden

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