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Sorglosigkeit und ohne Ahnung einer feindlichen Nähe des Weges, als sie plötzlich von dem ersten preußischen Armeecorps unter Bonins Führung angegriffen wurde. Die Oesterreicher hielten ein preußisches Cürassier - Regiment, welches Bonins Avantgarde bildete, für ein eigenes Regiment; sie formirten sich, als sie zu spät ihren Irrthum erkannten, zwar eilig zu einer starken Stellung, erlagen aber dem Gewaltangriffe der Reiter, wurden geworfen und verloren 16 Geschütze. Auch ein anderes preußisches Cürassier - Regiment Nr. 1, machte glückliche Angriffe auf Infanterie-Carrés, zersprengte dieselben, nahm 2 Kanonen und machte viele Gefangene. Der taktische Erfolg dieses Gefechts stand dem strategischen bedeutend nach, da die in Olmüß noch stehenden österreichischen Truppen jezt von Wien völlig abgeschnitten waren und die Benutzung der Eisenbahn bis Lundenburg fortan unmöglich war.

Truppen der ersten preußischen Armee (8. und 9. Division) occupirten mittlerweile auch den wichtigen Eisenbahnknotenpunkt Lundenburg. Derselbe wurde von der österreichischen Brigade Mandl (von 10. Armeecorps) besezt gehalten, die zur Vertheidigung des Ortes, Schanzen angelegt hatte. Trotzdem wurde der Ort nicht vertheidigt, sondern die Brigade fuhr beim Herannahen der preußischen Vortruppen auf bereitgehaltenen Eisenbahnzügen nach dem Süden ab. Bereits am 16. Juli ging Prinz Friedrich Karl über die March, besetzte Skaliz und beherrschte damit nun auch die Rückzugslinie der Oesterreicher von Olmüß nach Preßburg. Beide preußische Armeen standen ihnen für den Fall eines Ausweichens nach Ungarn bereits in sehr gefährdender Stellung in der rechten Flanke, und es blieb den Oesterreichern, um die Donau zu erreichen, nur noch der Weg jenseits der kleinen Karpathen in der Richtung nach Komorn offen, den in der That jetzt größere österreichische Truppenmassen auf der Straße von Ungarisch-Hradisch nach Trentczyn zu einschlugen.

Am 18. Juli wurde das preußische Hauptquartier nach dem nur noch 8 Meilen von Wien entfernten Nicolsburg verlegt, und es dauerte der preußische Vormarsch nach dem Marchfelde und auf Wien ununterbrochen fort, troß der mancherlei Hindernisse, welche durch Zerstörung der Wege und Brücken aufgehäuft waren.

Der Hauptvormarsch der Preußen gegen Wien bewegte sich dem Marchfelde zu, und es waren am 18. Juli außer Lundenburg auch bereits Wilfersdorf und eine Menge anderer an der Landstraße liegender Ortschaften von den Spizen der über Znaim vordringenden Elbarmee besetzt worden, so daß die preußische Vorpostenkette sich nur drei Meilen vor Wien entlang erstreckte und die Wiener Nachts vom Stephansthurme herab die feindlichen Lagerfeuer erblicken konnten.

Die österreichische Armee machte große Anstrengungen, um den Preußen den Donauübergang zu wehren. Sie baute mit Eifer an den großen Schanzen bei Florisdorf, in die sie aus den südlichen Festungen an 600 Geschütze schwersten Kalibers brachte. Nur begingen die Oesterreicher hierbei den auf

fallenden Fehler, zu glauben, daß die Preußen, um über die Donau zu gelangen, gerade den furchtbar beseßten Florisdorfer Brückenkopf stürmen würden, da ihnen oberhalb und unterhalb von Florisdorf die Donau Raum genug bot, um auf den hinlänglich vorhandenen Pontontrains, von denen bei Königgrätz sogar ein paar recht gute erbeutet worden waren, den Fluß zu überschreiten und trotz der Florisdorfer Befestigungen in die Hauptstadt zu dringen. Möglich blieb es allerdings noch immer, daß die österreichische Armee auf dem Marchfeld, unter den Mauern Wien's, eine Entscheidungsschlacht wagte, wobei die noch immer zahlreiche und berühmte Reiterei auf diesem Plane eine bedeutende Rolle würde haben spielen können.

In Wien selbst herrschte neben der äußerst gedrückten Stimmung eine große Aufregung, weil der Kaiser eine Deputation des Gemeinderaths, der eine etwas bestimmte Adresse über die innere und äußere Politik überreichte und eine Aenderung des Ministeriums verlangte, sehr ungnädig empfangen hatte.

Doch die Preußen waren vor den Thoren und hätten am 20. Juli Wien recht gut besetzen können, wenn jetzt nicht unter Frankreichs Vermittelung die Zugeständnisse der preußischen Forderungen von Oesterreich erlangt worden und die Verhandlungen über die Waffenruhe in ein glattes Fahrwasser gelangt wären. Benedetti weilte unausgesetzt im preußischen Hauptquartier in Nicolsburg, der Herzog von Gramont deutete in der Hofburg ernsten Blickes auf die sich drohender aufthürmenden Sturmwolken, was daselbst nicht ohne Eindruck blieb, und so gelang es endlich am 21. Juli, eine kurze Waffenruhe zu vereinbaren, die am 22. Juli beginnen und 5 Tage währen sollte. Bereits am 22. Juli langten die österreichischen Grafen Karolyi und Degenfeld im preußischen Hauptquartier an, um über die Friedenspräliminarien zu verhandeln. Der italienische Graf Baral war als Bevollmächtigter des Königs von Italien dabei zugegen. Die Verhandlungen führten am 26. Juli zu einem vorläufigen Abschluß.

Der Eintritt der Waffenruhe am 22. Juli überraschte die preußische kronprinzliche Armee noch in einer bedeutenden Schlacht. Dieselbe hatte den bei Wien auf die Erstürmung der Florisdorfer Schanzen wartenden Oesterreichern eine unangenehme Ueberraschung zugedacht. Um denselben die nächste Rückzugslinie nach Ungarn zu verlegen, marschirten die Preußen nach Preßburg und wollten die alte ungarische Hauptstadt in Besitz nehmen. Die 7. und 8. preußische Division standen am 21. Juli bei Stampfen, zwei Meilen nordwestlich von Breßburg, am Westabhange der Karpathen, und bei Marchegg, dem Dorfe Blumenau gegenüber, in dessen Nähe mehrere österreichische Bataillone und Schwadronen, auch mehrere Batterien wahrgenommen worden waren. Es war auf preußischer Seite bekannt geworden, daß am 22. Waffenruhe bevorstand, deshalb war für diesen Tag nur eine Recognoscirung angeordnet, die nur unter besonders günstig gestalteten Umständen zu einem weiteren Vorgehen gegen Preßburg

ausgedehnt werden sollte. General von Fransecki hatte den Oberbefehl über die noch durch Cavallerie verstärkten beiden Divisionen erhalten und traf seine Anstalten dahin, daß die Oesterreicher durch die Avantgarde in der Front festgehalten werden sollten, während gleichzeitig die Brigade von Bose auf schwierigen Gebirgswegen über die Karpathen gehen, die Straße von St. Georgen und Preßburg gewinnen und dadurch den Oesterreichern in die rechte Flanke und in den Rücken gelangen sollte. Das Gefecht begann früh nach 6 Uhr mit einem Cavallerie-Zusammenstoße, bei welchem österreichische Ulanen auf Batterien und andere Schwadronen zurückgeworfen wurden. Generallieutenant von Fransecki erhielt schon um 8 Uhr Nachricht, daß um 12 Uhr Waffenruhe eintreten sollte, hoffte aber bis dahin, wenn die Umgehung von Bose's gelang, Vortheile genug errungen zu haben, um sich zum Herren von Preßburg machen zu können.

In der Front wurde das Gefecht vorwiegend durch Artillerie geführt, da die Oesterreicher unter geschickter Benutzung des Terrains immer neue Batterien ins Gefecht brachten, was auch auf preußischer Seite Heranziehung von Reservebatterien veranlaßte. Auch das Infanteriefeuer nahm allmälig auf beiden Seiten an Heftigkeit und Ausdehnung zu. Doch hatte von Bose um 11 Uhr seinen Gebirgsmarsch noch nicht vollendet, und Fransecki ließ den rechten Flügel seiner Artillerie, der durch Reserven verstärkt worden war, so energisch vorgehen, daß die Oesterreicher wichen und die Batterien ihres linken Flügels abfuhren. Die Preußen waren so dem in Brand geschoffenen Blumenau nahe gekommen, als vor dem westlich wankenden linken Flügel der Oesterreicher ein Parlamentair erschien, um den Preußen den Eintritt der Waffenruhe anzuzeigen. Gleichzeitig ritt auch im Centrum ein österreichischer Parlamentair, von einem Trompeter der Ulanen begleitet mit der weißen Fahne vor und proclamirte die Waffenruhe. Das Gefecht wurde auf der ganzen Linie sofort abgebrochen, sehr zum Glück der Desterreicher, denn eben meldete von Bose, daß er seinen Marsch vollendet habe und nach lebhaftem Gefechte, über den Gemsenberg bis zur Mühle an der Chaussee 3 Meilen von Preßburg vorgedrungen sei. General von Bose hatte somit die Desterreicher umgangen und es würde, wenn das Gefecht fortdauerte, nicht nur Preßburg erobert, sondern auch ein großer Theil der Oesterreicher, die bereits geschlagen waren, zum Strecken der Waffen gezwungen worden sein. Die Oesterreicher waren nicht wenig überrascht, später in ihrem Rücken den General von Bose mit seiner Division zu finden, durch deren Front hindurch sie nach Preßburg einrücken mußten.

Das war die letzte Waffenthat auf diesem Kriegsschauplaye. Am 26. Juli wurden zu Nicolsburg die Friedenspräliminarien und der Waffenstillstandsvertrag auf 4 Wochen festgestellt und am 27. Juli von Preußen und Desterreich unterzeichnet. Der Waffenstillstand begann mit dem 2. August, bis zu welchem Tage die einfache Waffenruhe verlängert wurde.

X.

Der Krieg in Deutschland.

Während die preußischen Hauptarmeen nach glänzenden Siegen auf den böhmischen Schlachtfeldern gleichsam im Fluge durch Böhmen und Mähren bis vor die Thore Wiens rückten und die alte Kaiserstadt selbst aus nächster Nähe bedrohten, stand es in Mittel- und Westdeutschland für die preußischen Waffen nicht minder günstig. Wohin die Preußen ihre Schritte lenkten, knüpfte sich der Erfolg an ihre Adler, und die mit Desterreich verbündeten deutschen Regierungen sahen ihre eigenen Heere, wie die des Kolosses im Süden, fast zertrümmert, ihre eigenen Hauptstädte von den preußischen Siegern eingenommen oder wie das herrliche Wien doch von ihnen bedroht.

Bekanntlich hatte Preußen nach der Bundestagssigung am 14. Juni, in welcher die drei Regierungen von Königreich Sachsen, Hannover und Kurhessen mit für den österreichischen Mobilisirungsantrag gestimmt hatten, diesen Regierungen ein Ultimatum mit bestimmt formulirten Forderungen überreichen lassen, wonach dieselben 1. ihre Armeen auf den Friedensstand zurückführen, 2. Wahlen zum deutschen Parlament ausschreiben sollten, sobald dieses von Seiten Preußens geschehe, 3. ihre Souveränetätsrechte nach Maßgabe der Reformvorschläge vom 14. Juni gewährleistet erhielten. Sollten die Regierungen dies Ultimatum ablehnen, so würde Preußen sich als im Kriegszustande mit ihren resp. Staaten betrachten; ausweichende Antworten würden als einfache Ablehnung betrachtet. Die drei Regierungen ertheilten prompt ihre unzweideutigen Ablehnungen, und ebenso prompt erfolgte die Besetzung der resp. drei Staaten durch preußische Truppen.

Die Vorgänge in Kurhessen haben wir schon mitgetheilt. Der Kurfürst, der sich nicht vom Staatsschatze trennen wollte, dessen Wegführung sich die Stände widersetzten, sandte seine Truppen südlich zur Vereinigung mit der Bundesarmee, er selbst erwartete mit dem alten Troße die Feinde in Wilhelms

höhe. Als er einen ihm nochmals vorgelegten Bündnißvertrag mit Preußen trotzig abermals abwies, wurde er mit aller Rücksicht auf seinen Stand aufgehoben und von Wilhelmshöhe hinweg als preußischer Staatsgefangener nach Stettin geführt, von wo er bekanntlich nicht wieder in sein Reich zurückkehren sollte.

Nach Empfang der sächsischen Ablehnung auf das preußische Ultimatum übergab der preußische Gesandte in Dresden eine förmliche Kriegserklärung gegen Sachsen und reiste ab. Noch in der Nacht vom 15. zum 16. Juni rückten preußische Truppen von Mühlberg aus über Strehla in Sachsen ein. Die sächsische Regierung zog bereits am 15. Nachmittags die gesammte Armee zurück und traf selbst Vorbereitungen, um Dresden zu verlassen. Die in Löbau stehenden Truppen wurden alarmirt und mußten, um die Verbindung nach Dresden zu unterbrechen, bevor sie abfuhren, den Bahnhof zerstören, Holz- und Kohlenschuppen anzünden und die Geleise hinter der Stadt aufreißen. Mit dem letzten Zuge auf dieser Bahnstrecke fuhren sie nach Dresden ab. Das sächsische Kriegsministerium hatte die Zerstörung der Elbbrücken bei Riesa und Meißen vorbereiten lassen, um den in das Land dringenden Feind aufzuhalten und den Rückzug der sächsischen Armee zu sichern. Als die in der Nähe von Riesa aufgestellte Cavalleriepatrouille in der Nacht vom 15. zum 16. Juni die im Anzuge befindlichen Preußen gewahrte, gab sie den bereitstehenden Pionieren durch Signalschuß das Zeichen und diese steckten zwei Joche der Brücke, deren Oberbau von Holz ist, durch Pechkränze in Brand. Das zuvor angetheerte Holz stand in wenigen Minuten in Flammen, und als die ersten preußischen Husaren am Ufer anlangten, dampfte gerade das bereitgehaltene Dampfschiff mit den an der Brücke aufgestellten sächsischen Soldaten stromaufwärts. Die Husaren ritten nun auf den Staatsbahnhof, fanden aber wenig an Material vor, da alles Brauchbare schon Tags vorher nach Chemnitz geschafft worden war. Während sie noch in den Gebäuden suchten, ertönte ein schrilles Pfeifen und vor ihren Augen dampfte die letzte Locomotive, welche die Ereignisse abgewartet hatte, pfeifend, pustend und funkensprühend den Bahnhof hinaus und verschwand in der Nacht. Gegen Morgen wurden auch die Bewohner Meißens durch einen furchtbaren Knall aufgeweckt. Als sie erschrocken an die Elbe stürzten, war das lange Befürchtete geschehen. Der gewaltige Mittelpfeiler des schönen Bauwerks war gesprengt und die beiden Brückenbogen, welche sich auf ihm vereinigten, waren zu beiden Seiten in den Strom gesunken. Die preußischen Truppen, den rechten Flügel an die Elbe gelehnt, drangen nach Dresden vor und ließen Leipzig und die westlich gelegenen Städte vor der Hand unberücksichtigt. Die Städte Riesa, Dahlun und Wurzen waren sofort besetzt worden, die Telegraphenbureaux wurden mit Beschlag belegt, der Verkehr auf der LeipzigDresdener Eisenbahn unterbrochen.

Die Nachricht von der Bundestagsabstimmung am 14. Juli hatte, wie in

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