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hatten nur 12 Geschütze in den Kampf zu bringen, die aber mit der Infanterie tapfer im Vordringen blieben. Die 2. Gardedivision drang unterdessen ebenfalls über Schluchten und Berge, unter schweren Verlusten, aber unaufhaltsam, vor. Das 2. Bataillon „Kaiser Franz" litt beim Erstürmen einer Anhöhe, auf welcher eine Batterie auffahren sollte, in furchtbarer Weise und verlor seinen Commandeur und viele Offiziere. Als die Heftigkeit des österreichischen Widerstands auf dieser Stelle preußischerseits erkannt war, wurde die ganze 2. Division bis auf die Reserven über Altragniß, auf Trautenau vorgeschickt. Trautenau wurde mit Sturm genommen, eine österreichische Fahne erobert, 3000 Gefangene gemacht und die Verfolgung der fliehenden Oesterreicher lieferte auch noch einen Theil ihrer Bagage in die Hände der siegreichen Preußen. Das Gablenz’sche Corps war so gut wie aufgelöst. Alle Disciplin schien aus den fliehenden Bataillonen geschwunden zu sein, und die Straße nach Königinhof war mit Waffen und Gepäck im wirsten Durcheinander besät, zwischen dem die Soldaten entmuthigt umherirrten und schaarenweis gefangen genommen wurden. Die preußischen Garden hatten in diesem Kampfe etwa 1000 Mann verloren; das Gablenz'sche Corps verlor allein 5000 Mann Gefangene und auch sein Verlust an Todten und Verwundeten überstieg den der Preußen.

Die Auflösung des Gablenz'schen Corps gestaltete sich so bedenklich, daß am folgenden Tage das Regiment Coronini vom 4. österreichischen Armeecorps nach Königinhof voraus geschickt wurde, um die Arrieregarde zu bilden, weil das Gablenz'sche Corps hierzu nicht mehr im Stande war. Gerade während Steinmetz sein glückliches Gefecht bei Schweinschädel bestand, rückte die 2. Füsilierbrigarde des Gardecorps gegen Königinhof vor. Das Regiment Coronini erlag dem Angriff derselben, obgleich es durch 40 wolsituirte Geschütze unterstützt wurde; die Preußen erstürmten Königinhof und blieben nach einem hartnäckigen Straßenkampfe Herren des Ortes.

Die Stadt Trautenau bot nach beendetem Kampfe einen traurigen Anblick dar. Die meisten Bewohner hatten sich geflüchtet, viele Häuser lagen in Trümmern. Die noch brauchbaren Häuser, ja selbst die Bogengänge am Markte lagen voll Verwundeter, die verbunden und so schnell es ging transportweise nach Preußen gebracht wurden. Die Kirchen waren mit Gefangenen angefüllt. Die Haupträdelsführer des beim Einzuge des preußischen 1. Armeecorps an demselben verübten Ueberfalls, Bürgermeister Rothe und Gastwirth Starke waren gefangen worden und nach einer preußischen Festung abgeführt. Als dieselben geknebelt durch Libau geführt wurden, hatte die Escorte Mühe, sie vor den Wuthausbrüchen des Volkes zu schützen. Ueberhaupt verriethen die Czechen in ihrem fanatischen Haffe gegen die Deutschen viele Tücke gegen die preußischen Soldaten und stellten ihnen offen oder heimlich nach dem Leben. Daß die Truppen nur verschüttete oder verdorbene Brunnen fanden, so daß

ihnen die Wasserfässer meilenweit nachgefahren werden mußten, war bereits gewöhnlich geworden. Dinge aber wie die, daß ein Wirth 40-50 preußische Soldaten, um ihnen Schnaps zu geben in einen Keller lockte und als sie sich darin befanden, ein an der Thür liegendes Faß mit Spiritus anzündete, so daß die Soldaten plötzlich von Flammen umgeben waren; daß ein Anderer den Soldaten Schnaps mit Scheidewasser zu trinken gab; daß ganze Familien als Hyänen der Menschheit raubend, plündernd, tödtend und gröbste Scheusal gegen wehrlose Verwundete verübend, über das Schlachtfeld marodirten; daß Scheufale von Weibern mit eisernen Häckchen den verwundeten Preußen die Augen ausbohrten: alle solche leider geschehene Dinge gehören in das Bereich der Bestialität, die schwer zu beklagen bleibt.

Dem gegenüber muß es bewundert werden, daß nicht auch preußischer seits schlimme Repressalien verübt und die verrätherischen Ortschaften der Erde gleich gemacht worden sind. Die Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit der Geschichtsschreibung muß die von den Preußen geübte Manneszucht und Humanität anerkennen, die oft Schlimmes mit Gutem vergalten und allen Scheußlichkeiten gegenüber fast immer die Lynchjustiz vermieden haben.

Die wichtigste Folge des Siegs bei Trautenau war für die Preußen die Wiederherstellung der Verbindung zwischen dem 1. Armeecorps, den Garden und der Kavalleriedivision der kronprinzlichen Armee.

Bevor wir uns nun zu den Operationen der 1. preußischen Armee wenden, müssen wir noch eines für die Preußen unglücklichen Gefechts Erwähnung thun, welches gleichzeitig mit dem von Nachod am 27. Juni jenseits der Weichsel stattfand, nicht weit von dem preußischen Orte Neubrunn bei Oswieczni, und der zu den diesseitigen Operationen gezählt werden muß. Wir hatten schon vorher Gelegenheit, von einigen Streifzugs - Operationen des fliegenden Corps zu berichten, welches Graf Stolberg gebildet hatte. Dasselbe war etwa 5000 Mann stark und sein Hauptquartier befand sich zu Pleß in Oberschlesien. Da das Corps dazu bestimmt war, vorzugsweise die schlesischen Grenzdistrikte zu überwachen, so bestand es aus mehreren Schwadronen Kavallerie und oberschlesischer Landwehr 2. Aufgebots. Dem fliegenden Corps waren seither seine Streifzüge wolgelungen, es hatte den Oesterreichern durch Zerstörung von Bahnhöfen, Schienenwegen, Brücken und dergleichen manchen empfindlichen Schaden zugefügt. Da erfuhr Graf Stolberg, daß von Krakau her ein ansehnliches österreichisches Corps an die oberschlesische Grenze gerückt sei. Er requirirte von der Brigade Knobelsdorf noch zwei Compagnien Infanterie und 3 Geschütze und wollte es mit diesem vereinigten Corps unternehmen, den Bahnhof zu Oswieczni zu zerstören. Am 26. Juni brach das Corps auf, bivouakirte Nachts hart an der Grenze und überschritt dieselbe am 27. Morgens 5 Uhr. Bei Labirn trafen die Preußen auf österreichische Vorposten, die sich

bei der feindlichen Annährung auf Oswieczni zurückzogen. Die Preußen eröffneten das Gefecht mit einer Kanonade, worauf zwei Compagnien Landwehr auf den von Kaiserjägern und 10 Geschützen besetzten Bahnhof Sturm liefen. Dreimal stürmten die Landwehrmänner gegen die österreichische Positon und dreimal wurden sie mit empfindlichen Verlusten zurückgeworfen. Ein Bajonnetangriff blieb ebenso erfolglos und auch die zu Hilfe eilende Linien-Infanterie vermochte die gut besetzte und tapfer vertheidigte Position nicht zu überwältigen. Die Linien-Infanterie sprengte zwar zwei österreichische Schwadronen vom Husarenregimente Grünne, während eine dritte durch eine preußische Schwadron bedeutende Verluste erlitt, so daß die Preußen im Cavalleriegefecht im Vortheil blicben; aber den Bahnhof zu nehmen gelang ihnen nicht, und General Stolberg mußte nach zweistündigem Kampfe das Gefecht abbrechen und sich zurückziehen. Da die Desterreicher mittlerweile die Brücke angezündet hatten, so mußten die weichenden Preußen durch den Fluß waten, wobei eine Anzahl Gefangene verloren wurden; doch setzten die Oesterreicher die Verfolgung nicht über den Fluß fort.

Das kühne Unternehmen des Grafen Stolberg war vollständig mißglückt und sein fliegendes Corps hatte etwa 400 Mann an Todten und Verwundeten verloren.

VI.

Bis Gitschin.

Auch die erste preußische Armee unter dem Oberbefehl des Prinzen Friedrich Karl drang in zwei Theilen gegen Böhmen vor, um sich daselbst erst zur gemeinschaftlichen Action zu vereinigen. Die sogenannte Elbarmee unter Herwarth von Bittenfeld, welche das Königreich Sachsen durchzog, bestand aus drei Divisionen. Sie concentrirte sich nach dem Einmarsch in Sachsen bereits am 18. und 19. Juni bei Dresden und Pirna und empfingen am 20. den Befehl, links ab und um die sächsische Schweiz herum, nach Sebnitz und Neustadt zu marschiren. Am 22. Juni bereits sah sich die Armee nach einem beschwerlichen Marsche durch heiße Sonnengluth bei Neustadt concentrirt. Der Befehl zum Einmarsch in Böhmen war mittlerweile gekommen; am 23. fand derselbe bei Heimsbach und Schluckenau statt, und die Armee rückte zugleich bis Rumburg vor. Am 24. erreichte sie Georgenstadt, und passirte am 25. den eigentlichen lausitz-böhmischen Gebirgskamm bis in die Gegend von Gabel, ohne irgend welchen Widerstand zu finden. Die Ulanenpatrouillen stießen zwar einigemal auf österreichische Husaren, doch zogen sich dieselben stets ohne Kampf zurück, und die preußische Armee langte unbehelligt in dem böhmischen Kessel, in den sie hinabstieg an. Das nächste Ziel ihres Marsches war das Isarthal, und dort die Vereinigung mit der Armee des Prinzen Friedrich Karl, der von Görlitz über Reichenberg her sich demselben Ziele zu bewegte. Die Truppen der Elbarmee, welche meistens aus Rheinländern bestand, hatten auf den anstrengenden Märschen durch die Sonnengluth und auf stets thalauf thalab sich windenden Wegen viel zu leiden. Ueberdies erlitten die Verpflegungs-Trains auf dem Transporte Verzögerung; Die an 6000 Mann starke Armee mußte von Requisitionen in der ärmlichen und außerdem wie ausgestorbenen und ausgeräumten Gegend sich erhalten, die nur einen sehr kläglichen Unterhalt gewährte. Von den Oesterreichern war immer noch nichts zu sehen, und doch hatte man

gehört, daß die Jarlinie von einer Streitmacht vertheidigt werden sollte, die aus dem Armeecorps des Grafen Clam-Gallas, der Brigade Koalik und einem Theil der sächsischen Armee bestand. Am 26. endlich, nachdem die Elbarmee bereits mit den von Reichenberg heranziehenden Truppen des Prinzen Friedrich Karl Fühlung genommen hatte, bekam man dieselbe auch mit den Oesterreichern.

Die strategische Wichtigkeit des Terrains, um welches es sich zunächst handelte, ist eine sehr bedeutende. Das Quellengebiet der Jsar und Elbe, in welchem Friedrich der Große im siebenjährigen Kriege seine berühmte Stellung bei Arnau an der Elbe über Turnau nach Münchengräß an der Jsar einnahm, bildete im gegenwärtigen Kriege die natürliche Vormauer der österreichischen Hauptstellung in Böhmen. Auf dieses Quellengebiet treffen alle aus dem 24 Meilen langen Halbkreise von Sachsen östlich der Elbe, der Lausitz und Schlesien bis Glatz hinab ausgehenden Straßen, oder werden von demselben beherrscht, während die Eisenbahn von Josephstadt zur obern Jsar nicht nur die einzelnen Objecte der österreichischen Operationsbasis, sondern durch den Schienenweg zwischen Prag und Turnau, auch das Centrum der Stellung mit dem Centrum der Provinz verbindet. Die österreichische Stellung war ebenso stark und vertheidigungsfähig, als sie wichtig war und bot einem guten Feldherrn die beste Gelegenheit, die Corps der drei vormarschirenden Armeen einzeln mit Uebermacht anzufallen. Daß dieses nicht geschah, bildete wol den Hauptfehler der österreichischen Kriegführung und bewirkte, daß jene preußische Armeen nun selbst zur übermächtigen und überlegenen Vereinigung gelangen

fonnten.

Am 27. Juni endlich stieß die preußische Armee auf die Oesterreicher. Vor dem Flecken Hühnerwasser wurden ungarische Husaren sichtbar, während der Flecken selbst von zwei Bataillonen Infanterie besetzt war. Eine Schwadron Bonner Königshusaren griff die ungarischen Reiter an und warf dieselben nach einem heftigen Handgemenge nach Hühnerwasser zurück, wobei sie vom Feuer der österreichischen Infanterie aus den Gehöften zu leiden hatten und zurückgehen mußten. Die unterdeß herangekommene preußische Infanterie trieb mit Unterstützung der Artillerie nach kurzem Gefecht die Oesterreicher aus dem Flecken und dem hinter demselben gelegenen Hochwalde. Die Verluste waren auf beiden Seiten nicht bedeutend, doch ergaben sich 80 Mann österreichische Infanteristen italienischer Nationalität widerstandslos an die Preußen aus politischer Freundschaft". An demselben Nachmittage bekam der die preußische Avantgarde führende General von Schüler in Hühnerwasser die Meldung, daß im Walde, von Münchengrätz her, eine starke Abtheilung Oesterreicher mit einem Jägerbataillon an der Spize hineinmarschire. Von Schüler führte drei preußische Bataillone, die beiden Flügel etwas nach vorn gebogen, den Oefter

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