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V.

Die Action der zweiten preussischen Armee.

Von den beiden nach Böhmen vordringenden preußischen Armeen fiel der ersteren Armee unter dem Commando des Prinzen Friedrich Karl die verhältnißmäßig leichtere Aufgabe zu. Dieselbe hatte, als sie von Seidenberg her über Friedland nach Reichenberg vordrang, nur das Corps von Clam-Gallas und die demselben zugetheilte sächsische Brigade sich gegenüber. So vermochte sie mit nicht sehr bedeutenden Opfern ihre Vereinigung mit der aus Sachsen heranziehenden Elbarmee zu bewerkstelligen.

Die Hauptkraft des österreichischen Widerstandes war gegen die zweite preußische Armee unter dem Befehle des Kronprinzen gerichtet, welche in zwei Theilen aus dem Riesengebirge hervorbrach. Diese Armee hatte schon vor Eröffnung der allgemeinen Feindseligkeiten einige kleine Scharmützel bestanden, unter denen das Reitergefecht bei Klingebeutel zu erwähnen ist. Die erste bedeutendere Unternehmung bildete die Sprengung des großen Eisenbahnviaducts bei Seifersdorf, durch welche die Verbindung der Hauptstadt Wien mit der gewaltig armirten Festung Krakau erschwert wurde. Ebenso wurden die Telegraphen zu Oderberg und verschiedenen Eisenbahnbanbrücken behufs Unterbrechung der Verbindungen zerstört. Diese kleinen Unternehmungen bildeten meistens das Werk des vom Grafen Stolberg in Oberschlesien gebildeten flicgenden Corps.

Die Armee des preußischen Kronprinzen drang am 23. Juni in zwei Theilen westlich in Böhmen ein. Aus der Grafschaft Glatz bewegte sich das 5. und 6. Corps unter General von Steinmetz in direkt westlicher Richtung auf Skaliz zu; das erste Corps unter dem Befehle des Kronprinzen selbst zog vom schweidnitzer Hochlande südlich gen Trautenau. General von Steinmetz schob bereits am 26. Juni seine Avantgarde nach Nachod vor, setzte sich nach kurzem Gefecht in den Besiß des dortigen Defilés und drängte die Oesterreicher

zurück. Die Avantgarde schob ihre Vortruppen in der Richtung auf Staliz vor. Am 27. Juni Vormittags nach 10 Uhr wurden diese Vortruppen von drei Brigaden Desterreichern mit zahlreichen Geschüßen angegriffen. Bald erschien auf österreichischer Seite auch die schwere Cavalleriedivision des Prinzen von Holstein. Die preußische Avantgarde hielt den Ansturm der feindlichen Massen aus und zog sich vor der weit überlegenen Uebermacht langsam und fortwährend feuernd auf das Gros des Corps zurück, das mittlerweile Zeit gewonnen hatte, sich aus den schwierigen Defilés heraus auf die vorliegenden Höhen zu concentriren. Die Division Löwenfeld besetzte rechts, die Division Kirchbach links die Berge und die gesammte Artillerie wurde in das Feuer gezogen. Aber auch die Oesterreicher zogen die letzte Brigade des 6. Corps und dessen Reservegeschütze als Verstärkung an sich und die Schlacht kam zum Stehen. Die Preußen gingen, sobald ihr Aufmarsch beendet war, zur Offensive über. General von Wund machte mit dem 1. Ulanen und dem 8. Dragonerregimente einen Angriff auf die österreichische Kürassierbrigade Prinz Solms, die Regimenter Kaiser Ferdinand und Graf Stadion. Der Kampf dieser auf einanderplaßenden Reitermassen war ein schwerer, sich bis zum wüthenden Handgemenge steigernder. Die preußische Cavallerie zeigte sich hier zum ersten Male der berühmten österreichischen Reiterei nicht nur gewachsen, sondern überlegen. Der Kronprinz selbst berichtete dem Könige mit folgenden Worten über diesen Kampf: Der General von Wunck warf in einer glänzenden Attake des 1. Ulanenund 8. Dragonerregiments, wobei es zum heftigsten Handgemenge kam, die feindliche Kürassier-Brigade des Prinzen Solms über den Haufen. Jedes Regiment nahm eine feindliche Standarte..... Die Infanterie, deren Feuergefecht von glänzender Wirkung gewesen war, ging an verschiedenen Stellen mit dem Bajonnet zum Angriff vor, und setzte sich in den Besitz der vorliegenden Waldparzellen und Oertlichkeiten. Die Fahne des 3. Bataillons Deutschmeister fiel dabei in unsere Hände. Gegen 3 Uhr waren sämmtliche feindliche Truppen auf dem Rückzuge, begleitet von dem Feuer unserer Geschütze. Einer Abtheilung des 1. Ulanenregiments gelang es, zwei feindliche Geschütze zu nehmen, drei andere blieben bei dem eiligen Rückzuge stehen. Die Cavallerie, unterstüßt durch einige Infanterie, ging zur vorläufigen Verfolgung vor, während die gegen Abend herangezogene Brigade des 6. Corps die Avantgarde übernahm." General von Steinmetz hatte einen schönen Sieg erfochten, der allerdings ein schwer errungener war, denn der General konnte, aus einem Passe debouchirend, nur 22 Bataillone gegen 28 in günstiger Stellung befindliche österreichische Bataillone in den Kampf führen. Aber die Ueberlegenheit des preußischen Zündnadelgewehrs hatte sich schon hier unwiderleglich herausgestellt. Das zeigte sich auch an den beiderseitigen Verlusten. Dieselben gestalteten sich schon in diesem ersten Gefechte, wie überhaupt im ganzen Feldzug, sehr unverhältnißmäßig. Während

die Preußen etwa 600 Mann verloren, betrug der Verlust der Oesterreicher an 4000, darunter allerdings über 2000 Gefangene.

Schon am folgenden Tage, dem 28. Juni, erfochten die Preußen unter Steinmez' Führung einen zweiten Sieg. Sie brachen am Morgen aus der Gegend von Nachod nach Gradlig auf. Die Avantgarde meldete das Heranziehen der Oesterreicher in bedeutender Anzahl, und Steinmetz beschloß sofort, dieselben anzugreifen, um sich dann nach Gradliß zu ziehen. Um von diesem Orte und dadurch von der Verbindung mit dem Kronprinzen nicht abgedrängt zu werden, mußte die Avantgarde die große Straße nach Stalig einschlagen, das Gros aber auf Studniß vorrücken. Die Artillerie der Avantgarde eröffnete das Feuer, welches österreichischerseits lebhaft beantwortet wurde. Nach kurzem Geschützkampfe stürmten die Oesterreicher in dichten Colonnen zum Angriff, konnten aber trotz aller Energie desselben gegen das Schnellfeuer der Zündnadelgewehre nicht aufkommen. Unter Schnellfeuer, zuweilen vom Bajonnet unterstüßt, rückten die Preußen bis Großstudniß vor, wo die Oesterreicher durch Verstärkungen ihnen an Zahl bedeutend überlegen wurden. Hier stand das Gefecht eine Weile, bis auch die Preußen Verstärkungen erhielten und wieder vorwärts drängten. Während die österreichischen Batterien auf dem linken Flügel sich zurückzogen, fuhren auf der nördlich von Skalitz gelegenen Anhöhe mehrere österreichische Batterien neu auf, welche das ganze Vorterrain beherrschten und ein mörderisches Feuer auf die Preußen eröffneten. Wegen des dichten Waldes konnte preußische Artillerie kaum dagegen vorgebracht werden, und die Infanterie mußte die Batterien stürmen, die sie mit einem solchen Höllenfeuer überschütteten, daß die Stürmenden haufenweis darunter zusammenbrachen. Trotzdem wurden die Batterien im Sturmlauf genommen, und ihr Schweigen wurde für die Preußen das Signal zum Vordringen auf der ganzen Linie. Die Stadt Skalih wurde im ersten Anlauf eingenommen und viele Gefangene gemacht, die aus den Häusern und Fenstern gefeuert hatten, und der Sieg war für die Preußen entschieden. Die Oesterreicher zogen sich in Eile zurück, konnten jedoch des schwierigen Terrains wegen nur schwach verfolgt werden. Die Preußen bivouafirten die Nacht auf dem Schlachtfelde, um andern Tags nach Gradlig vorzurücken und Ruhetag zu halten. Die preußischen Verluste bei Skalitz waren unter den geschilderten Verhältnissen natürlich bedeutend, aber auch die der Oesterreicher, die außerdem noch 2 Fahnen, 8 Geschütze und gegen 2000 Gefangene verloren.

Der Weg nach Gradlig, welchen Steinmetz am Tage nach der Schlacht einschlagen ließ, war ein sehr schwieriger, da die Landstraße von der österreichischen Artillerie bestrichen wurde, die Gebirgspfade aber sehr schlecht waren. Dennoch beschloß Steinmetz die letztern einzuschlagen. Die Avantgarde ging auf der Chaussee vor und hatte anfangs viel von den österreichischen Granaten zu

leiden, bis preußische Infanterie die Feinde vertrieb, die, nachdem sie noch ein Mal den mißglückten Versuch gemacht hatten, in dem Dorfe Schweinschädel Posto zu fassen, wobei sie viele Gefangene verloren, sich in der Richtung nach Josephstadt zurückzogen. So hatte der greise General Steinmetz mit seinen braven Mannschaften drei Tage lang fast ununterbrochen kämpfend, den Oesterreichern drei Siege abgerungen, die den Operationen seiner Truppen freie Bahn brachen.

Aber auch der zweite Theil der kronprinzlichen Armee, das 1. Armeecorps unter Bonin und die Garden, hatte unterdessen nicht gefeiert. Etwas weiter nördlich als Steinmetz debouchirten die Garden und noch mehr nördlich das 1. Armeecorps unter General von Bonin aus dem schweidnitzer Hochlande auf und an der landshuter Chaussee nach Böhmen. Diesem Theile der zweiten preußischen Armee stand das 10. österreichische Armeecorps unter Führung des frühern Statthalters in Holstein, Freiherrn von Gablenz, gegenüber. Hier schwankte das den Preußen in dem ganzen Feldzuge so auffallend getreue Geschick der Schlachten am meisten und drohendsten zu ihren Ungunsten, um sich jedoch endlich auch hier für sie und gegen Oesterreich zu entscheiden.

Am 26. Juni hatte ein Theil des ersten Armeecorps bereits auf böhmischem Boden übernachtet, während der andere Theil noch in Libau rastete. Am frühen Morgen rückten diese Regimenter und Batterien weiter in Böhmen ein, dem fünf Wegesstunden entfernten Trautenau zu. Hinter diesem Städtchen hatte Gablenz mit seinem Corps Aufstellung genommen, um den Marsch der Preußen über Trautenau, Pilnikau und Arnau nach der Eisenbahn zwischen Turnau und Josephstadt zu hindern, welche dieselben zu ihrer Vereinigung mit der ersten preußischen Armee des Prinzen Friedrich Karl benutzen wollten. Die nach Trautenau führenden Pässe wurden von den Oesterreichern nicht besetzt gehalten, so daß die Preußen unterwegs keinen Widerstand antrafen. Vor der Stadt Trautenau wurde Halt gemacht und eine Einquartierungs-Ordonnanz in dieselbe abgesandt. Dieselbe fand nichts Verdächtiges in der Stadt vor, und der Bürgermeister Dr. Rothe versicherte auf ihre Anfrage, daß sie ruhig einziehen könnten, denn es seien keine Oesterreicher in der Nähe. Die Preußen rückten ein, zwei Schwadronen Dragoner durchritten die Stadt im Trabe, doch hatte die nachrückende Infanterie kaum den Ring (Marktplatz) erreicht, als von allen Seiten ein heftiges Gewehrfeuer auf dieselbe eröffnet wurde. Die Geschosse flogen aus jeder Oeffnung der Häuser, aus Thüren, Dachluken, Fenster, Kellerlöchern und hinter Zäunen hervor; von den Dächern flogen Ziegel und Steine, siedendes Del und Wasser rauschte aus den Gefäßen und Händen der fanatischen Czechen auf die einziehenden Preußen nieder. Die Antwort derselben auf diesen Ueberfall war eine solche, wie sie die Wuth dictirt. Schaarenweis drangen sie in die Häuser, aus denen gefeuert worden war, und tödteten, was ihnen in den Weg kam, ob es Soldaten oder Civilpersonen waren, bis die Offiziere ein

schritten, dem Morden ein Ziel seßten und vorläufige Schonung der Verräther geboten. Während in den Straßen der Stadt dieses blutige Gefecht stattfand, umgingen andere preußische Infanterieregimenter die Stadt und stießen auf der entgegengesetzten Seite auf österreichische Truppen in der Stärke von mehr als 30,000 Mann, die, zum größten Theil in gedeckter Stellung, auf dem etwa 1000 Fuß hohen Capellenberg aufgestellt waren. Trotzdem stürmten die Ostund Westpreußen sofort durch Wasser, hohes Getreide und Gestrüpp den Berg hinan und warfen unter einem Hagel von Zündnadelgeschossen die Oesterreicher zurück. Auch in einem Cavalleriegefecht blieb das 4. preußische Dragonerregiment Meister und die berühmten Windischgräß-Dragoner verschwanden vor ihnen vom Schlachtfelde. Nach 6 stündigem Kampfe waren die Oesterreicher überall zurückgedrängt und die Preußen Herren der arg mitgenommen Stadt und des Schlachtfelds hinter derselben. Da plöglich erschien Gablenz in Person mit den frischen Bataillonen und Batterien seiner Reserve und eröffnete aufs Neue den Kampf gegen die todesmüden Preußen. Anstatt in Trautenau Verpflegung zu finden und abkochen zu können, hatten dieselben beinah 7 Stunden im Kampfe gestanden, und jetzt sahen sie sich frischen Truppen und entschiedener Uebermacht gegenüber, die von einem furchtbaren Artilleriefener unterstützt wurde. Die Preußen traten daher schleunigst den Rückzug an, der wenn auch anfangs etwas eilig, doch geordnet ausgeführt wurde. Noch einmal versuchten sie sogar vorzugehen und durch das Zündnadelfeuer den Platz zu behaupten; allein sie mußten wiederum weichen, zogen sich auf dem Wege nach Libau zurück und nahmen bei Geldenols Stellung. Mehrere hundert Gefangene waren bei dem Rückzuge in die Hände der Desterreicher gefallen, doch keine Fahnen und Geschütze.

Diese preußische Niederlage bei Trautenau wurde am folgenden Tage, dem 28. Juni, von der Garde durch einen Sieg über den am 27. Juni heimgerufenen Gablenz wieder ausgeglichen. Am 27. Juni standen die Garden in ihrer ersten Infanteriedivision bei Cygel, in ihrer zweiten bei Kostelet concentrirt. Die Reserveartillerie und die schwere Cavallerie blieben noch um einen Tagemarsch zurück. Das Trautenauer Gefecht hatte die Verbindung mit dem 1. Armeecorps unterbrochen, dessen Mißerfolg bei den Garden bekannt geworden war, und der Kronprinz beschloß, um diese Verbindung wiederherzustellen und dem 1. Armeecorps Lust zu schaffen, mit beiden Gardedivisionen über Cygel nach Trautenau vorzubringen.

Am 28. früh 3 Uhr brachen die Garden auf, deren 1. Infanteriedivision auf Ragniß dirigirt war. Die Oesterreicher wurden zum Theil noch im Bivouak überrascht und, die ersten Abtheilungen über den Haufen werfend, blieben die Preußen im Vordringen, bis der Alarm die Oesterreicher erweckt hatte und ihre Haufen mit 64 Geschützen sich dem Angriff der Garden stellten. Diese

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