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mit 9 gegen 6 Stimmen angenommen. Desterreich, Bayern, Württemberg, Sachsen, Hannover, Großherzogthum Hessen, Kurhessen, Nassau und die 16. Curie bildeten die Majorität für den Krieg. . . Ob Nassau berechtigt war, für die 13. Curie zu stimmen, war zweifelhaft, da Braunschweig sich gegen den österreichischen Antrag erklärte. Der österreichische Präsidialgesandte erklärte den Antrag mit 9 gegen 6 Stimmen für angenommen, und Preußen nahm diese Thatsache hin, die endlich zur Entscheidung führen mußte. Nach beendigter Abstimmung erklärte der preußische Bundestagsgefandte von Savigny, daß seine Regierung den bisherigen Bundesvertrag für gebrochen und erloschen ansehe. Sein König wollte damit jedoch die nationalen Grundlagen, auf welche der Bund aufgebaut gewesen sei, nicht zugleich als erloschen betrachten. Er wolle vielmehr an diesen Grundzügen und an der über den vorübergehenden Formen erhabenen Einheit der deutschen Nation festhalten, indem er es als Pflicht der Staaten ansehe, den angemessenen Ausdruck dafür zu finden. Der Gesandte legte damit die Grundzüge zu der neuen Gestaltung auf den Tisch des gewesenen deutschen Bundes nieder, nach welchen Preußen einen neuen Bund mit denjenigen deutschen Staaten zu schließen bereit sei, welche ihre Hand dazu bieten. wollten. Der Gesandte erklärte seine Thätigkeit hiermit beendigt und verließ sofort den Saal. Desterreich protestirte gegen den Austritt Preußens auf Grund der Bundesacte, nach welcher der deutsche Bund ein unauflöslicher Verein sei, auf dessen ungeschmälerten Fortbestand das gesammte Deutschland ein Recht habe. Obgleich nun vom deutschen Volke wenigstens ein Geltendmachen dieses Rechtes nicht zu befürchten stand, schloß sich doch die Bundesversammlung dem feierlichen Proteste Oesterreichs und der Wahrung der Rechte und Zuständigkeit des Bundes, der in vollkommen bindender Kraft fortbestehe,

Am 16. Juni garantirte die österreichische Regierung allen bundestreuen Fürsten ausdrücklich ihren Besitzstand und erklärte, daß der Kaiser gegen jede an seinen Bundesgenossen verübte Gewalt mit Aufbietung aller militärischen Kräfte einschreiten werde. Preußen aber kümmerte sich jetzt weder mehr um Erklärungen, noch um Proteste, sondern that ohne Zögern die nothwendigen Schritte, um seinen früher kundgegebenen Anschauungen Nachdruck zu verleihen und durch Schnelligkeit und rücksichtslose Kühnheit soweit als möglich sich zum Meister der Situation zu machen.

Die Bundesversammlung, welche vordem in dem Palais der Eschenheimer Gasse in Frankfurt so viele kostbare Zeit verschlafen hatte, versuchte also vor der Hand weiter zu vegetiren. Aber die Zeit des alten Bundes war erfüllt, und unter den ahnungsvollen Schauern der sich blißgleich vollziehenden Ereignisse fielen die einzelnen Theile wie reife Früchte ab. Am 21. Juni Lippe-Detmold und Oldenburg, am 23. Sachsen-Altenburg, am 25. Anhalt, SchwarzburgSondershausen, Waldeck, am 2. Juli Koburg-Gotha, Reuß j. Linie und Meck

IV.

Der Krieg in ganz Deutschland.

Wir kehren von den Begräbnißfeierlichkeiten des deutschen Bundes zu dem neuen Leben zurück, das aus den Ruinen sproß und sich mit Sturmeseile entwickelte. Wie in Böhmen sich die österreichische Nordarmee unter Feldzeugmeister Benedek zusammenzog, so stand in Schlesien bereits eine preußische Armee, die der Kronprinz führen sollte; an der Grenze von Sachsen standen zwei weitere für Böhmen bestimmte preußische Armeen, deren Führer Prinz Friedrich Karl und Herwarth von Bittenfeld werden sollten. Ebenso schickten sich preußische Truppen an, Hannover und Kurhessen zu occupiren. Aber auch auf gegnerischer Seite wählte man jetzt den Sturmschritt für die Kriegsrüstungen. Großherzogthum Hessen, Nassau und besonders Königreich Sachsen, dessen Minister Beust einer der Haupttreiber gegen Preußen und längst mit Desterreich im festen Bündnisse war, obgleich er mit edler Wahrheitsliebe den sächsischen Ständen noch Anfangs Juni zusicherte, daß Sachsen für keine der streitenden Parteien einseitig Partei ergreifen wollte, standen bereits völlig gerüstet. Aber auch Bayern, Württemberg und Hannover rührten sich, und bei Frankfurt a. M. sammelten sich die Contingente des 8. Armeecorps mit den Nassauern unter dem Prinzen Alexander von Hessen, denen es vorbehalten blieb, mit ihren schwarz-roth-goldnen Binden um die Arme im folgenden Kriege den eigenartigen Ruhm der alten Reichsarmee zu erneuen und unsterbliche Blamage zu ernten. Die sächsische Armee, eine brave und tapfere Truppe, hatte an der Elbe, zwischen Riesa, Dresden und Pirna Posto gefaßt und schien Anfangs, durch Desterreicher aus Nordböhmen verstärkt, den Preußen Widerstand leisten zu wollen.

Die preußische Regierung war sich des vollen Ernstes ihrer Lage bewußt und deshalb entschlossen, rücksichtslos den Weg zu beschreiten, welcher für die Existenz des preußischen Staats die Lebensbedingung bildete; denn daß die Zerreißung des preußischen Staates das Kriegsziel Desterreichs und seiner Ver

bündeten bildete, daß Desterreich das nie vergessene Schlesien, Sachsen die nach ihm benannte preußische Provinz zurückzugewinnen hoffte, wurde mit zu großen Posaunenstößen verkündigt, um nicht geglaubt zu werden. Auch Desterreich plante 1866 einen Spaziergang nach Berlin und müßige Köpfe entwarfen bereits Programme für die in der besiegten feindlichen Hauptstadt zu feiernden Triumphalien. Ein merkwürdiger Taumel, ein berauschendes Vertrauen auf das Kriegsglück Desterreichs hatte, wie dieses selbst, auch seine Verbündeten gepackt und täuschte sogar den kühlen Berechner an der Seine, der den Plan hegte, in Deutschland die Scharte von Mexico auszuwetzen und für die dort gebrachten großen Opfer hier ohne Schwertstreich goldene Früchte zu pflücken. Desterreich und alle Mittelstaaten gegen Preußen vereinigt, das nur Italien zum Bundesgenossen hatte, dessen Zuverlässigkeit Napoleon III. am besten zu schätzen wußte: wer konnte noch daran zweifeln, nach welcher Seite hin der Sieg neigen müsse? Napoleon III. hatte wol Ursache, dem Grafen Bismarck in Biarritz uneigennützig Neutralität zuzusagen - daß dieses ohne das Versprechen einer Gegenleistung Seitens Preußen geschehen ist, hat die Folge bewiesen. Denn Preußen mußte ja nach dem allgemeinen Glauben im Kriege unterliegen, und für diesen Fall hielt der Kaiser der Franzosen die Karten bereits fertig gemischt in der Hand. Blicken wir einmal in diese Karten, bevor wir in den offenen Kriegstempel treten. Lange lebte die gesammte Welt der Meinung, Fürst Bismarck habe in Biarrit im Jahre 1865 mit Napoleon geheime Abmachungen getroffen, die dem letztern für den Fall des preußischen Sieges eine Entschädigung am Rhein zusicherten; doch ist Bismarcks Patriotismus auch in dieser Hinsicht später glänzend gerechtfertigt worden. Man war erstaunt, als nach dem Kriege von 1866 auch nicht eine Spur von solchen Abmachungen zu Tage trat, und daß selbst bei den fast verschämten Forderungen, welche wir später im August 1866 von Herrn Benedetti, dem französischen Gesandten in Berlin, gestellt finden werden, mit keiner Silbe das Bestehen irgend einer derartigen Verabredung angedeutet wurde. Es wäre auch eigentlich widersinnig gewesen, wenn Napoleon III. sich gerade mit der Macht verständigt haben sollte, deren Unterliegen im Kriege er fest voraussetzte. In der Regel hält man sich zu dem voraussichtlichen Sieger, wenn man ein Stück von der Beute zu erhaschen gedenkt. Die jähe Schnelligkeit, mit welcher Desterreich nach der Niederlage von Königgrät Venetien freiwillig an Frankreich abtrat, und mit welcher diese Abtretung von Napoleon III. angenommen wurde, würde rein unerklärlich sein, wenn man sich Frankreich als den stillen Associé an der preußisch-italienischen Allianz denken wollte. Alles dieses Räthselhafte ist aber mit einem Schlage geschwunden, seit man weiß, daß gerade der umgekehrte Fall stattgefunden hat. Dann wundert man sich nicht länger über die Geistesgegenwart, mit welcher der Kaiser Napoleon sich in die plötzliche Abtretung Venetiens zu finden wußte,

gerade als ob es etwas ganz Gewöhnliches unter Kaisern sei, einander mit Provinzen zu beschenken. Das Gesammtbild gruppirt sich nun ganz anders, richtiger - mehr bonapartistisch. Die erste Skizze findet man in der Mappe des großen Ministers der Intrigue in den Tuilerien, dem daran gelegen ist, das in Mexico verscherzte Prestige wiederzugewinnen und ein murrendes Volk zu beschwichtigen. Diese Skizze ist von bestechender Wirkung. Sie hat das Originelle, daß ihre Ausführung ausschließlich von Dritten besorgt werden soll; ein großes Werk soll zu Stande kommen, ohne daß man selbst Schweiß, Blut oder Geld zu verausgaben hat. Frankreich soll, ohne nur eine Beobachtungsarmee aufzustellen, Italien bis zur Adria befreien und für sich selbst die Rheingrenze wiedergewinnen. Wie aber sollte das angefangen werden? Fein, sehr fein, am Ende zu sein. Zuerst wurde das Kriegsbündniß zwischen Preußen und Italien wolwollend befördert. Man kennt den Werth der jungen italienischen Armee genau, giebt aber dem Florentiner Cabinette die beruhigende Zusicherung, daß Italien auch für den Fall einer Niederlage kein Leid widerfahren, sondern daß ihm troßdem ganz Venetien in den Schooß fallen solle. Italien mußte nun einmal mit ins Feuer, um Preußens Kriegsschen zu überwinden und wahrscheinlich auch, um Desterreich eine Revanche für 1859 mundgerecht zu machen. Ebenso wolwollend äußerten sich die Organe Napoleons in Berlin, beseitigten jede Besorgniß wegen der Rheingrenze und gaben alle Zusicherungen der Neutralität, so daß Preußen alle seine Streitkräfte in Often und Süden und in Mitteldeutschland verwenden könne. Also forderte man von Paris aus den Zusammenstoß heraus. Und wozu? Weil man sich daselbst vorher vergewissert hatte, daß Oesterreich, nachdem es Italien gezüchtigt und Preußen über den Haufen gerannt hatte, bereit sei, Venetien an Italien zu überlassen, sich selbst mit Schlesien und einem Stück von Bayern zu bereichern. und die Rheingrenze an Frankreich auszuliefern. Zwar noch verschleiert, aber doch in erkennbaren Zügen deutete Napoleon III. in dem schon erwähnten Briefe an seinen Minister den Plan an: Venetien für Italien, für Oesterreich eine große Stellung in Deutschland, für Preußen Arrondirung im Norden und für Frankreich den Rhein. Man muß zugestehen, Napoleon würde einen unerhörten Triumph gefeiert haben, wenn dieser Plan in Erfüllung gegangen wäre. Ohne einen Schwertstreich die Rheingrenze zu gewinnen, Oesterreich aus Italien zu verdrängen, Preußen ganz nach Nordosten zu verschieben, und Frankreich mit lauter machtlosen Mittelstaaten zu umgeben: es war ein berauschender Traum, dessen Verwirklichung Leipzig und Waterloo wettgemacht hätte, von Mexico gar nicht zu reden, der aber alsbald vor dem Kanonendonner von Sadowa entwich. Begeben wir uns auf das Gebiet der Ereignisse zurück, um zu sehen, wieviel von dem stolzen Cäsarentraum Wahrheit wurde.

Sofort nach der Annahme des österreichischen Mobilisirungsantrags durch

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