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land nicht wieder!" Der Führer des Regiments, der alte Oberst Horn, warf sich tief ergriffen in die Arme des Generals: „Ich und das Leibregiment und alle werden Ihrem Beispiel folgen!" „Das soll ein Wort sein!" rief ein Soldat. „Ja, das soll ein Wort sein!" rief das ganze Regiment.

„Ein unglückliches Vaterland sieht uns nicht wieder!"

Großgörschen und Baußen.

So brach in Preußen ein schöner Völkerfrühling an; windschnelle Boten verkündeten ihn den deutschen Nachbarn an Elbe und Saale, leicht und hurtig wie Schwalben und überall dem Volke willkommen: die Kosaken, die Söhne der Steppe. Wie wurden sie jubelnd empfangen, in der Mark, wo die Franzosen am 4. März schleunigst Berlin geräumt, in Mecklenburg, in Hamburg und Lübeck! Waren sie auch struppig und schmußig in ihren großen, wirren Bärten und langen, schwarzen, nie gefämmten Haaren, sonderbare Ungetüme in dicken Pelzen, blauen Pumphosen, mit langer Lanze, auf mageren, häßlichen, kleinen, aber schnellen Pferden, sie erschienen dem freudetrunkenen Volke wie gute Geister, sie kamen ja als Befreier. Nicht überall jedoch währte der schöne Rausch. Zwar in Preußen befreite man sich, weil dort das ganze Volk in Waffen aufstand. Aber was im französischen Deutschland sich erhob, Hamburg (am 18 ten), Lübeck (am 19ten), dann Harburg, Stade, Lüneburg (am 21. März), zeigte bei gutem Willen geringe oder schecht geleitete Thatkraft und mußte bald dafür büßen. Denn die paar hundert Kosaken verschwanden so schnell, wie sie gekommen, und die Aufständischen konnten sich nicht selber helfen. Zuerst fiel Lüneburg wieder in französische Gewalt, und der General Morand war im Begriff, ein furchtbares Strafgericht an den braven Lüneburgern zu halten, als Dörnberg mit Russen und Preußen den 2. April morgens vor der Stadt erschien. Nach einem zweistündigen, hartnäckigen Gefecht erstürmte das Füsilierbataillon des 1. pommerschen Regiments das Lüner-Thor, warf im Verein mit russischen Jägern nach einem wütenden Straßenkampfe die Franzosen und Sachsen hinaus; Morand mußte die Stadt räumen, dann, von den Russen überholt, kehrte er um, ward von den Preußen wieder zurückgetrieben und mußte sich, tödlich verwundet, mit seiner ganzen noch übrigen Division (2280 Mann) ergeben. Dies war das erste Gefecht im Befreiungskriege, und die Ehre des Tages gebührte den Preußen; Major von Borcke ward der erste Ritter des eisernen Kreuzes. Hier sind auch die ersten freiwilligen Jäger gefallen. Sie eröffneten die lange Liste der preußischen Blutopfer dieses Jahres. Den Tod eines derselben, Georg Häses, zeigten die Eltern, Regierungsrat Häse und Frau, in der Berliner Vossischen Zeitung vom 15. April 1813 mit den die allgemeine Stimmung bezeichnenden Worten an: „Ein so schneller Verlust ist hart. Aber es ist tröstend, daß auch wir einen Sohn geben fonnten zu dem großen, heiligen Zweck. Wir fühlen tief die Notwendigkeit solcher Opfer."

Während die leichten Truppen vom rechten Flügel des verbündeten Heeres die Gebiete links von der Niederelbe zur Erhebung zu bringen versuchten, bewegte sich die Hauptmacht gegen die Mittelelbe auf Sachsen zu. Es geschah langsam genug. Scharnhorsts Rat, schnell und kühn mit ganzer Macht vorzugehen, die deutschen Fürsten mit Gewalt, die Bevölkerung durch das ansteckende Beispiel der preußischen Begeisterung mitzureißen, schien den verbündeten Monarchen doch nicht so leicht ausführbar. Die meisten russischen Truppen waren noch so zurück, nur wenige schon jest in Deutschland verfügbar, die preußischen Rüstungen noch nicht fertig, und vor allem, war der Geist im außerpreußischen Deutschland wirklich so, wie die begeisterten Sänger, Körner, Arndt, Schenkendorf, Rückert, ihn verkündeten? An Sachsen mußte man die Probe machen. Wenn dies Königreich mit seinen (damals) 2 300 000 Einwohnern auch nur mit einigermaßen ähnlicher Kraft wie Preußen der guten Sache beitrat, so war unendlich viel erreicht. Es lag ja zunächst, seine gesamten bereiten Streitmittel konnten ohne weiteres in die Schale der Verbündeten fallen, die dann im Herzen Deutschlands festen Fuß faßten und leicht das Königreich Westfalen umwarfen; dann war der Rheinbund so gut wie gesprengt. Auf Sachsen rückten daher die verbündeten Heere an, aus der Mark das russischpreußische, das der Oberbefehlshaber, der russische General Wittgenstein führte

40 000 Preußen unter York, Bülow und Borstell, und 12 000 Russen —, aus Schlesien ein ganz aus Preußen bestehendes Heer (36 000 Mann) unter Blücher, welches am 23. März die sächsische Grenze überschritt, in Kottbus wieder die preußischen Adler anschlug und überall Blüchers Aufruf an die Sachsen zum Bunde gegen den Erzfeind verbreitete.

Von der Ostseite war Sachsen offen, im Norden besaß der Feind alle Übergangspunkte über die Elbe, deren stärkster Magdeburg war. Dort hatte Napoleons Stiefsohn, Eugen Beauharnais, Vicekönig von Italien, den Kern der verfügbaren französischen Streitmacht versammelt und bei Möckern auf dem rechten Elbufer eine Stellung genommen, die durch ein sumpfiges Flüßchen, die Ehle, und durch andere Bodenvorteile gedeckt war. Hier beschloß ihn Wittgenstein anzugreifen, doch war seine Anordnung sehr mangelhaft und gelang nur durch die Tüchtigkeit der Unterfeldherrn und der Truppen. Am 5. April mittags 1 Uhr eröffnete Yorks Vortrab unter dem General von Hünerbein das Gefecht, indem er sich mit stürmischer Tapferkeit auf einen Hauptpunkt der französischen Stellung, das Dorf Danigkow an der Ehle, stürzte; nach vierstündigem, erbittertem Kampfe wurde es von den Preußen erobert. Unterdessen entbrannte ein noch bedeutenderes Gefecht um das Dorf Veheliz, eine halbe Meile weiter nördlich an der Ehle, wo es ebenfalls galt, eine Brücke über diesen Fluß zu nehmen. Hier stürmte General von Borstell mit Fußvolk und Artillerie, und troß der großen Schwierigkeiten, die der sumpfige Boden und ein wasserreicher, wenn auch nicht allzutiefer Fluß boten, errang die heldenmütige Tapferkeit der Truppen, namentlich der pommerschen und ostpreußischen Infanterie auch hier gegen Abend den Sieg. Ebensowenig

konnte sich der Feind in dem dritten Hauptpunkte seiner ausgedehnten Stellung, bei Zehdenick, halten. Drei preußische Reiterregimenter unter dem General von Oppen sprengten hier die doppelt so starke französische Reiterei und brachten auch das Fußvolk zum Weichen. Mit großem Verlust trat der Vicekönig am Abend den Rückzug auf das linke Elbufer an.

War auch dies Treffen bei Möckern eher ein Gefecht als eine Schlacht zu nennen, so machte es doch auf Freund und Feind einen ungemeinen Eindruck; die Tapferkeit der Preußen hatte sich so glänzend bewährt, daß sie bei den Russen und Franzosen wieder in jenen Respekt kamen, den sie 1806 nur durch Schuld ihrer Leitung eingebüßt. Die freudigste Zuversicht erfüllte sie nun, und schon diese Folge des Sieges war weit mehr wert als die 1000 Gefangenen und die strategischen Vorteile, die er einbrachte; aber man durfte auch hoffen, daß die Sachsen, deren Land nun von den Verbündeten besetzt ward, sich der gemeinsamen Sache anschließen, daß nunmehr Wittgensteins und Blüchers Aufrufe durchschlagen würden. Auch Körner rief seinen Landsleuten zu: „Laßt diese große Zeit nicht kleine Menschen finden!"

Allein die erwartete Wirkung blieb aus; einige hundert Sachsen traten unter die Lühower, das Volk im ganzen rührte sich nicht. Es war der deutschen Sache nicht abgeneigt, doch vor allem fühlte es sich sächsisch. Überdies besaß es nicht Thatkraft genug, um selbständig zu handeln; es wollte abwarten, was die Regierung befehlen werde. Aber der König Friedrich August hatte sich geflüchtet. Er befand sich, unschlüssig, was er thun solle, in Prag. Sein Land und seine Truppen 10000 Mann unter General von Thielmann in der Festung Torgau — so sich selbst überlassen, waren daher, wie es schien, in derselben Lage wie drei Monate früher York und die Ostpreußen. Der große Unterschied war nur, daß man in Preußen die Franzosen aufs wütendste haßte, während die Sachsen in Napoleon den Helden sahen, der ihr Land vergrößert und ihren Kurfürsten zum König gemacht hatte. Nicht bloß der gemeine Mann, auch die große Mehrzahl in den höheren Klassen kümmerte sich in Sachsen, wie überall in Deutschland, nur um den heimatlichen Einzelstaat. Zu den wenigen, die von Frankreich abzufallen den festen Willen hatten, gehörte der General von Thielmann,*) aber die Stimmung seiner Truppen war nicht der Art, daß er einen kühnen Streich hätte wagen dürfen; seine Offiziere (namentlich General v. Sahr) gingen nicht auf seine Wünsche ein, und so hielt er sich notgedrungen parteilos. Kurz, Volk und Militär blieben unthätig, bis Napoleon herangekommen war und sie an sich nahm; Thielmann verließ den sächsischen Dienst und begab sich zu den Verbündeten. Es sind Sachsens und der übrigen Rheinbundstaaten Streitkräfte gewesen, die es dem französischen Kaiser erst ermöglichten, den Frühlingsfeldzug mit so großer Übermacht zu führen, wie er es nun that.

Er selbst hatte alle Mittel seines Genies aufgeboten; nie war seine gewaltig federnde Thatkraft, sein großartiges Organisationstalent in höherer Anspannung

*) H. von Petersdorff, General Johann Adolph Freiherr von Thielmann, Leipzig 1894.

a Nejen ersten Monaten des Jahres →erde stampfte und nach der größten ... ruftete zu neuem Riesenkampfe. Das Zaudern der preußischen Regierung, Sachsen hoffte, dann durch die Langde kostbarsten Wochen vergeudet wurden, Stunde als einer, der weiß, daß die Zeit un3. April hatte er aus seinem Kaiserreich geeven, teils feldtüchtig gemacht. Diesseit des of aur der dritte Teil verfügbar; aber es gab Naung, die den Mehrbedarf lieferten. So waren es A Franzosen und Rheinbündner, die Napoleon schlag24 gade April in Franken und Thüringen eintraf, und mit a sachriche Ebene einbrechen. Ich werde diesen Feldpatte führen und nicht als Kaiser Napoleon," sagte er Hot Wort, seine Feldherrnkunst wenigstens ist der Aufgabe བྷཱཝཱ་ཀ de jeg Nut dich mit großer Zuversicht in den Kampf; noch war er ja Ne joked 201 Wertem überlegen. Die Hunderttausende, welche in Preußen N. Roger otten, waren doch nicht im Handumdrehen bewaffnet und ein... di Juct in Sachen verfügbare Linienmilitär zählte nur erst 50000 W... die 109chen Nejerven standen noch weit hinten in Polen und Rußland. we serviga de ganze verbündete Streitmacht in Sachsen jezt nur die Zahl Sew We Mean. Freilich waren dies Kerntruppen; namentlich die Preußen aboga Ruang, an physischer Kraft und an begeisterter Stimmung den w Yog'encu Wapolcons weit überlegen, dessen Veteranen mindestens geAber diesen Vorteil wog der Übelstand auf, daß der Oberbefehl ohne geet wid want geführt wurde. Es zeigte sich bald, daß man Wittgensteins wedgeringaben überschaßt, daß man einen großen Fehler begangen hatte, die wed mich, geten preußischen Generale dem russischen Oberbefehl unterzuordnen. pet zalica die verbandeten Monarchen noch einen viel größeren Fehler gemacht.

one wollten ursprünglich das Kommando des schlesischen Heerkörpers nicht an Render geben. Es hieß, Blücher sei halbverrückt vor Kriegswut und kangengrimm. babe Anfälle von Raptus. Das war nicht so ganz unrichtig; 4. wie cut Wetjerter hatte er manchmal in der schmählichen Zeit, bevor es toong kinem Zorn wider den Bonaparte alle Zügel schießen lassen, so daß 3. Yeute auf jenem Gute munkelten: „de old Blücher, de Dollkopp, ist übergod copyt - Much ein körperliches Leiden hatte eine Zeit lang (im Winter Ext 11 jemne Phantasie erhißt; er sah Gespenster, glaubte ein Tier im Leibe pa paben. Zudessen davon war er längst genesen, und wenn seine Franzosenwat nipt abgenommen hatte, so war dies kein Schaden. Scharnhorst wußte a wept wie jebr notig gerade so ein Berserker war, das langsame, vielRejonge Pauptquartier vorwärts und immer vorwärts zu reißen. Er bestand

darauf:

Blücher muß kommandieren, und wenn er hundert Elefanten im Leibe hätte." So gab man ihm denn wenigstens den Befehl über das schlesische Heer.

Vor einem Angriff von seiten Wittgensteins, dem er eine solche Kühnheit gar nicht zutraute, ganz unbesorgt, überschritt Napoleon am 30. April bei Weißenfels die Saale und marschierte in die weite sächsische Ebene ein. Er wollte über Leipzig nach Dresden vordringen und dort den Feind in einer Hauptschlacht zermalmen. Aber die Verbündeten beschlossen, ihm noch im letzten Augenblick zuvorzukommen, ihn während seines Marsches anzugreifen. Denn hier in der Ebene zwischen Saale und Elster konnte sich ihre Überlegenheit an Reiterei geltend machen und die große Überzahl der feindlichen Infanterie einigermaßen ausgleichen. So zog sich denn, während Napoleon abends am 1. Mai in Lüzen eintraf, die Hauptmacht der Verbündeten zwei Meilen vor ihm zusammen, um der in langgestrecktem Zuge zwischen Weißenfels und Leipzig marschierenden französischen Armee am folgenden Morgen in die rechte Seite zu fallen, sie zu durchbrechen und teilweise in die Sümpfe der Elster und Pleiße zu werfen. Wittgensteins Anordnungen waren aber im einzelnen voller Widersprüche und manche der Art, daß die Züge wichtiger Truppenteile dadurch in die größte Verwirrung kommen mußten. *)

Blutigrot ging die Sonne Sonntags den 2. Mai über den Feldern von Lüßen auf. Der Kaiser selbst führte seine Hauptmacht auf der Straße nach Markranstädt; zu seiner Rechten, weit vorgeschoben, stand Ney mit der kleineren. Hälfte des Heeres in und bei dem Dorfe Großgörschen, kaum eine Meile von Groitsch, wo sich das verbündete Hauptquartier befand. Aber Wittgenstein hielt dieses Corps für eine bloße Vorhut und ließ es durch unzureichende Kräfte angreifen. Mittags 12 Uhr begann die Schlacht. Dreißig Geschüße der verbündeten Armee eröffneten das Feuer auf Großgörschen. Dann stürzte sich die preußische Brigade Klüx auf das Dorf, nahm es und hielt sich unerschütterlich gegen alle Angriffe, eroberte dann auch das Dorf Rahna, während die Brigade Zieten im nahen Kleingörschen eindrang. Immer neue Verstärkungen führte Ney herbei; immer gewaltiger wogte der Kampf um die Dörfer. Blücher, Scharnhorst, alle höheren Offiziere stellten sich selber mit gezogenem Säbel an die Spiße der Truppen, führten auch die preußischen Garden ins Gefecht; mit unwiderstehlicher Tapferkeit behaupteten die Preußen die eroberten Punkte, nahmen noch die Dörfer Eisdorf und Kaja. War jezt ein Seydlig an der Spize der breiten Reitermassen, die unthätig zwischen den Dörfern Rahna und Starrsiedel hielten, so war der Tag gewonnen. Aber Wittgenstein hatte der verbündeten Reiterei keinen Oberanführer gegeben, und fie blieb ohne rechte Verwendung. Dagegen traf nun Napoleon mit seiner Hauptmacht auf dem Plage ein. Bei Markranstädt hatte er den Kanonen

*) Vgl. u. a. Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Generals v. Hujer, Berlin 1877, S. 109 ff.

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