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HARVARD COLLEGE

JUL 26 1899

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Minot fund

Alle Rechte, vornehmlich das der Überseßung, vorbehalten.

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Deutsche Unfälle

Der Feldzug des Generals von Bülow und das Volk in der Mark

.

Die Zeit des Wassenstillstandes

Die Zeit der Siege . .

Großbeeren und Hagelberg.

An der Naßbach

Dresden und Mulm

Dennewiß

Wartenburg

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1870, 1871. Der deutsch-französische Krieg und die Aufrichtung des deutschen

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Diertes Buch.

Preußens Wiedergeburt und Befreiungskrieg.

Die Steinsche Reform.

Einen Segen hat das maßlose Elend von Jena bis Tilsit doch gehabt, einen Segen von Gott: es brach den hoffärtigen Sinn der Regierenden; und der furchtbare Druck, den die Franzosen auch nach dem Frieden noch verübten, er ward nicht minder zum Segen, denn er zerstörte die Frivolität der Gebildeten und die stumpfe Gleichgiltigkeit der Massen. Das Unglück erwies sich in Preußen als der beste Arzt; es deckte die Schäden auf und predigte Besserung. Die Not der Zeit zwang auch die Widerstrebenden zu dem, was allen am meisten gebrach, zur Selbsterkenntnis und zu der Einsicht, daß es nur besser werden könne, wenn man selber besser werde.*)

„Es wird mir immer klarer" schrieb die Königin Luise im Frühling 1808 ihrem Vater, dem Herzog von Strelit „daß alles so kommen mußte, wie es gekommen ist. Die göttliche Vorsehung leitet unverkennbar neue Weltzustände ein, und es soll eine andere Ordnung der Dinge werden, da die alte sich überlebt hat und als abgelebt in sich zusammenstürzt. Wir sind eingeschlafen auf den Lorbeern Friedrichs des Großen, welcher, der Herr seines Jahrhunderts, eine neue Zeit schuf. Wir sind mit derselben nicht fortgeschritten, und deshalb überflügelte sie uns. Von Napoleon können wir vieles lernen, und es wird nicht verloren sein, was er gethan und ausgerichtet hat. Es wäre Lästerung zu sagen, Gott sei mit ihm; aber offenbar ist er ein Werkzeug in des Allmächtigen Hand, um das Alte, welches kein Leben mehr hat, das aber mit den Außendingen fest verwachsen ist, zu begraben." Auch der König nahm sich die furchtbare Lehre zu Herzen; er bezwang seine Scheu, von dem Hergebrachten abzuweichen, sah sich nach besseren Ratgebern um, als die bisherigen gewesen und beschloß, mit ihrer Hilfe eine Neugestaltung des Staatswesens vorzunehmen.

*) Vgl. R. Götte, Das Zeitalter der deutschen Erhebung 1807–1815, Gotha 1892. Bierson. Breußische Geschichte. II.

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Als den Einzigen, der den Staat wiederherstellen könne, betrachteten alle Einsichtigen den Mann, den der König noch jüngst in Ungnade von sich gestoßen: den Freiherrn vom Stein. Diesen berief der König jezt zum Retter der Monarchie; Stein vergaß, wie man ihn behandelt hatte, und folgte dem Rufe. Am 30. September 1807 traf er in Memel bei Hofe ein; am 4. Oktober ward er an die Spiße der ganzen Civilverwaltung gestellt.

Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein war ein Rheinländer, geboren am 26. Oktober 1757 auf der Burg Stein bei Nassau an der Lahn, aus einem alten Reichsrittergeschlechte.*) Seit mehr als zwanzig Jahren hatte er in deutschen, zuleßt in preußischen Staatsdiensten als Diplomat und Verwaltungsbeamter eine reiche Geschäftserfahrung zu dem staatsmännischen Genie gefügt, welches ihn auszeichnete. Denn voll idealen Schwunges traf sein durchdringender Geist doch stets den Kern der Wirklichkeit, den Mittelpunkt der reellen Bedürfnisse, und begeistert für alles Edle und Große, für Recht und Freiheit, für Deutschlands Glück und Ehre, strebte er nie über das Erreichbare und Zweckmäßige hinaus. Er besaß eine vielseitige Bildung, gleichmäßig durch das Leben und durch Studium erworben, er besaß eine seltene Übereinstimmung von Theorie und Praxis, aber er besaß noch eins, was seltener war, als Wissen, Bildung, Ideale, nämlich einen Charakter, wie ihn der Reformator seiner Zeit haben muß: kühn durchgreifend mit mächtiger Willenskraft, streng bis zur Härte gegen alles Verkehrte und Entartete, zäh ausdauernd im Kampf mit dem Unverstande und der Bosheit und durchaus unzugänglich irgend welcher Menschenfurcht; ein zorniger und starker Eiferer wider den Mißstand alter und neuer Zeit und ein kluger Erfinder, bedachtsamer Pfleger des Besseren. In Haß und Liebe ernsthaft und energisch, wollte er immer die Sache, nie sich selbst; all sein Streben war selbstlos und rein und galt nur dem großen Ganzen; kein Fürstendiener, vielmehr schroff und knorrig in seinem Benehmen, wie in seinem eichenfesten Charakter; aber ein Staatsdiener und ein Edelmann im besten Sinne des Worts. Schlicht und gerade, von altväterischer Sitte, fromm und glaubenstreu, stolz und freigesinnt wie ein echter altdeutscher Ritter, war er zugleich voll hochherzigen Gemeinsinns; er hielt für das wahre Merkmal des Adels, daß dieser es den andern Ständen zuvor thue in wirklichen Verdiensten um den Staat, in thatsächlichen Leistungen für das Vaterland. So dachte und strebte er selbst; Schwierigkeiten und Unfälle irrten ihn nicht, auch nicht der Undank; er blieb sich und seinen Zielen treu. Was er verfolgte, war großartig wie die Ideen von 1789, aber deutsch wie er selbst; nicht französische Gleichmacherei und Masseneinung, sondern deutsche Entwickelung des Besondern und Mannigfachen durch gleichmäßige Berechtigung und Befreiung zu rechtem Zusammenklang, das war die Absicht seiner Staatskunst. Aber das Geschichtliche, Überlieferte galt ihm nur so lange für ehrwürdig, als es ihm noch

*) G. H. Perz, Das Leben des Ministers Freih. vom Stein, 6 Bde., Berl. 1849-55. Vgl. J. R. Seeley, Stein, sein Leben u. seine Zeit zc., aus d. Engl. übers. von E. Lehmann, 3 Bde., Gotha 1883-1887. — F. Neubauer, Freiherr vom Stein, Berl. 1894.

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