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Die Schlacht bei Kulm am 30. August.

möge allergnädigst gestatten, daß der General Barclay de Tolly für den morgenden Tag den Oberbefehl übernehme, in dessen Hände er sofort das Commando zu legen bereit sei. Diesem Verlangen wurde ohne Umstände entsprochen; Barclay übernahm auf der Stelle den Oberbefehl.

Es erforderte eben kein ausgezeichnetes Feldherrn-Genie, um hier den zum Untergange des Feindes führenden unfehlbaren Plan zu machen. Vandamme. saß bereits mit seinem durch dreitägiges Fechten und Marschieren ermüdeten Corps von etwa 20,000 Mann in der Wolfsgrube fest; nach welcher Seite hin er auch noch einen verzweiflungsvollen Angstsprung wagte, überall wurde er gepackt und zerdroschen. Das russische Garde-Corps des Prinzen von Würtemberg, mit welchem er sich am 29. verbissen hatte, hielt ihn auch am 30. noch auf dem linken Flügel bei der Eggenmühle und im Centrum bei Priesten fest; die am frühen Morgen eingetroffenen östreichischen Divisionen Colloredo und Bianchi umgingen die Stellung der Franzosen bei Kulm und bildeten die Angriffscolonnen des rechten Flügels; im Rücken des Feindes legte Kleist auf der einzigen Straße des Rückzuges einen chernen, feuerspeienden Schlagbaum vor. Für Vandamme und seine Truppen aber mußte die Schlacht um so vernichtender werden, als er überzeugt war, es bedürfe nur noch eines einzigen kräftigen Anlaufes, um den zurückweichenden Feind vor sich her nach Tepliß und Prag zu treiben, zumal er mit so voller Zuversicht das Eintreffen des Kaisers und seiner Marschälle mit starken Zuzügen über Zinnwald und Peterswalde erwartete, daß, als die ersten Kanonenschüsse Kleists heut bei Nollendorf losdonnerten, er sowohl wie sein Generalstab und bald auch die im Gefecht begriffenen Franzosen fest überzeugt waren: der Kaiser bringe Rettung und helfe den Sieg vollenden. Um so größer war die Bestürzung, als statt der erwarteten Unterstützung preußische Husarensäbel und Kartätschen ihnen einen unwillkommenen bösen Morgen boten; doch davon später. Die Franzosen eröffneten die heutige Schlacht auf ihrem rechten Flügel gegen sieben Uhr Morgens mit wiederholten Angriffen auf die von den Russen und Oestreichern bei Priesten und in der Eggenmühle fest behauptete Stellungen. Die Mühle selbst lag voll Opfer des Kampfes, und man focht nicht mehr daselbst, sondern schlug sich gegenseitig mit dem Gewehrkolben todt. Das Mühlengebäude gerieth endlich in Brand und eine große Anzahl der unglücklichen Verwundeten verbrannte jämmerlich darin; doch konnten die Franzosen hier nicht festen Fuß gewinnen.

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Die Schlacht bei Kulm am 30. August.

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Da Barclay, bevor er die Nachricht über die Ankunft der Preußen erhielt, nicht zum Angriff vorzugehen gedachte, hielt er sein Centrum zurück und beschäftigte die Franzosen hier nur durch Tirailleurgefecht und Geschüßfeuer. Würde Barclay zum Schein einen vollständigen Rückzug angeordnet haben, dann wäre ihm Vandamme gefolgt, Kleist hätte Zeit gewonnen, um aus den Engwegen herauszukommen und in geordneter Aufstellung Vandamme empfangen zu können.

Auf dem rechten Flügel der Verbündeten waren um acht Uhr Morgens Colloredo und Bianchi mit ihren allerdings sehr geschmolzenen Divisionen eingetroffen. Hier fand eine Einleitung der Schlacht statt, wie sie die spanischen Romanzen aus der Zeit des Eid Campeador, des Bekämpfers der Mauren, besingen. Ein östreichisches Husaren-Regiment stand auf der sogenannten Bihane unweit Karbig aufmarschirt; diesem gegenüber französische Reiterei. Ein Fran308 sprengt vor und schwingt herausfordernd seinen Säbel. Sogleich erbittet sich ein Ungar von seinem Rittmeister die Erlaubniß, die Herausforderung anzunehmen, er erhält sie, reitet vor und der Zweikampf beginnt. Beide Husaren sind gewandte Reiter und geschickte Fechter, anfänglich scheint es nur ein Kunstreiter-Schauspiel zu sein, bald aber fallen scharfe Hiebe, die Klingen blißen und klingen, die Pferde schnauben und bäumen gegen einander, von den Sporen ihrer Reiter und von der eigenen Kampflust angereizt; jetzt ist der Ungar durch eine geschickte kurze Wendung dem Streiche seines Gegners entgangen, schnell schlägt er nach und streckt mit einem kräftig geführten Kopfhieb den Gegner in den Sand. Ohne Beute aber kehrt kein Ungar aus dem Kampfe nach Haus: geschickt ergreift er die Zügel des ledigen Pferdes und sprengt damit, von dem Beifallsruf der Kameraden empfangen, zu seiner Schwadron zurück.

Dieser Zweikampf war ein aufmunterndes Vorspiel für die östreichischen Kameraden. Die Divisionen Colloredo und Bianchi rückten, unterstügt durch ihre auf günstig gelegenen Höhen aufgestellten Geschüße, gegen den linken Flügel der Franzosen bei Karbig und Böhmisch Neudorf an, eine französische Batterie wurde mit stürmender Hand genommen; es gelang über Neudörfel bis Auschine vorzudringen, da um diese Zeit in der elften Vormittagsstunde die Preußen bei Vorder- Tellnig im Rücken der Franzosen ein unvermuthetes Feuer eröffneten. Dem General Vandamme ward jezt eine sehr unwillkommene Aufklärung über das von Peterswalde erwartete Hülfscorps; er erkannte die ge

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Die Schlacht bei Kulm am 30. August.

fährliche Lage, in die er durch die Ankunft der Preußen gekommen und faßte sogleich den kühnen Entschluß, sich mit Zurücklassung seiner Kanonen und Packwagen durch die Preußen durchzuschlagen. Da er jedoch das Gefecht gegen die Russen und Oestreicher nicht auf der Stelle abbrechen durfte, kam er in eine dreifach mißliche Lage. Die Schlacht bei Kulm hat das Eigenthümliche, daß auf einem Flächenraume von höchstens 11⁄2 Quadratstunde sowohl die Alliirten als die Franzosen und zwar beide gleichzeitig eine Offensiv- und Defensiv-Schlacht schlugen. Bei Kulm nämlich vertheidigten sich die Franzosen nach Ankunft der Preußen aufs Aeußerste, während sie bei Arbesau die heftigsten Angriffe unternahmen. Die Oestreicher und Russen boten Alles auf, die Franzosen aus der Position bei Kulm zu werfen, während die Preußen bei Arbesau und Vorder-Tellnitz durch die verzweifeltsten Angriffe der Franzosen in der strengsten Defensive gehalten und sogar durch der Lehteren Flucht endlich mit fortgerissen wurden. *)

Um fünf Uhr Morgens war Kleist mit seinem Corps aus Fürstenwalde und Umgegend aufgebrochen. Obschon ihm während des Marsches nach Streckenwalde aus dem Hauptquartiere des Königs die Meldung zuging, daß jezt die Straße über den Geiersberg nach Teplitz frei zu passiren sei, hielt er dennoch bei dem einmal gefaßten Entschlusse fest, den, wenn auch mit größerer Verantwortlichkeit und Gefahr verbundenen, zugleich aber einen entscheidenden Erfolg versprechenden Marsch über Nollendorf nach Kulm fortzusetzen. Da er darauf gefaßt sein mußte, daß von Pirna her über Höllendorf ein französisches Corps nachrücken werde, ließ er General Zieten mit vier Füsilier-Bataillonen, zwei Husaren-Regimentern, einer halben reitenden und einer sechspfündigen Fußbatterie gegen Peterswalde vorgehen, während er mit dem übrigen Theile des Corps in folgender Ordnung nach Nollendorf marschirte: Oberst Blücher (Sohn des Feldmarschalls) führte die Spize, das erste schlesische Husarer-Regiment und die halbe reitende Batterie Nr. 7. Hierauf folgten die Schüßen des siebenten Reserve-Regiments, dann die zehnte Infanterie-Brigade (General Pirch I.), die sechspfündige Fußbatterie No. 8., die zwölfpfündige Batterie No. 3. und die zweite Hälfte der reitenden Batterie No. 8., die Landwehr-Cavallerie, die elfte Infanterie-Brigade (Oberst Jagow) mit den sechspfündigen Fußbatterien 11.

*) After, Kulm S. 176.

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