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Es hieß: ja, Isegrim und Braun,
Sind wohl als Fechter gut zu schaun,
Man fürchtet beide nah und fern,
Giebt's Beute wo, da sind sie gern;
Sie sind gewiß kühn, stark und groß,
Doch klugen Rathes sind sie bloß.
Des Reinke Rath ist euch bekannt,
Der Andern Rath ist nur ein Land.
Sie bauen bloß auf ihre Stärke,
Doch ach, wo bleiben ihre Werke !
Denn rückt mit ihnen ihr ins Feld,
Da zeigt sich's, wie ihr Muth bestellt.
Wie stark sie sind, wie groß und kühn,
Ins Hintertreffen doch sie ziehn,
Vor Schlägen sie die Segel streichen;
Ein rechter Held soll nimmer weichen!
Die Båren und die Wölfe plagen

Das Land; wo's brennt, sie wenig fragen,
Wenn nur sie selbst dabei erwarmen.

Bei ihnen findet nichts Erbarmen,
Wenn sie den Wanst nur voll sich fressen.
Der Urme mag die Schaalen effen,
Wenn sie die Eier ihm geraubt.
Sie sorgen nur für's eigne Haupt.
Doch Reineke und sein Geschlecht
Verstehn auf Weisheit sich und Recht.
Versah er was, mag es denn sein;
Bedenkt, er ist ja nicht von Stein !
Doch wollt ihr neuen Rath begehren,

Volksbücher, 15. 16. 17.

12

So könnt ihr seiner nicht entbehren.
Drum nehmt ihn wieder auf zu Gnaden!«

Der König sprach: »Ich will's berathen! Das Urtheil mit der Schlange war, Wie ihr gesagt, ja das ist klar;

Und dennoch sag ich euch es laut:

Er ist ein Schalk in seiner Haut!
Mit wem er Freundschaft auch gepflogen,
Den hat er noch zuleßt betrogen.

Mit List weiß er sich 'raus zu drehn:
Wolf, Bår, Kanin, Kater und Krähn,
Den allen ist er zu behende,

Er bringt sie in ein schmählig Ende,
Er bringt sie all in Spott und Schande:
Der eine läßt ein Ohr zum Pfande,
Der andr' ein Aug, der dritt' das Leben.
Wie könnt ihr euch die Mühe geben,
Zu bitten für den Bösewicht ?<<

»Herr, höret mich!« die Ueffin spricht: Von Reinkens Stamme sind nicht wenig !«

Mit diesem nun stand auf der König

Und ging auf's neue vor den Saal.

Da warteten sie allzumahl:

Er sah da viele Blutsverwandten
Des Reinke, die treu bei ihm standen,
Die alle ihm zum Trost gekommen
Sie aufzuzahlen wird nicht frommen.
Der König sah sein groß Geschlecht,

Vertretend alle Reinkens Recht;
Er sah auch auf der andern Seiten
Viele, die ihn nicht mochten leiden.

Das fünfte Kapitel.

der König Reineken wegen Lampe's Tode verhört, und welche Lügen Reineke vorbringt, um sich zu entschuldigen.

(4803-4852.)

Der König sprach zu Reinken: »Sprich!
Wie kommt's, daß mit Bellin du dich
Hast unterstanden und dem frommen
Lampe das Leben hast genommen?
Und überdies, o Schufte ihr,

Schickt ihr sein Haupt als Briefe mir!
Denn als den Sack wir aufgethan,

Nichts anders wir darinnen sahn

Als Lampe's Haupt, nur mir zum Hohn!
Bellin empfing schon seinen Lohn,
Dasselbe Recht, du wirst es sehn -

Soll nun auch über dich ergehn!«

Und Reinke rief: »O weh der Noth,

Ach, wäre ich doch nur schon todt!
Hört mich bin ich an diesem schuld,
So ist mein bester Theil Geduld!

Bin schuld ich

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nun, so laßt mich tödten.
Ich komm doch nimmer aus den Nöthen

Und aus den Sorgen, drin ich bin !
Denn mich verrieth der Bock Bellin
und unterschlug den Schat, so reich,
Daß nichts ihm ist auf Erden gleich.

Die Kleinode, die er empfing,
Als er mit Lampen von mir ging,
Die raubten Lampen, ach, sein Leben,
Den Tod hat ihm der Schuft gegeben
Und die Kleinode unterschlagen:
Ach, könnte man sie noch erfragen!

Doch daraus, fürcht ich, wird nichts_werden!«
Die Aeffin sprach: »Wenn sie auf Erden
Noch sind, woll'n wir nach Freundes Rath
Sie eifrig suchen früh und spat,

Und fragen will ich Lai'n und Pfaffen.
Sagt uns, wie waren sie beschaffen?«

Reineke sprach: »Sie sind so schön,
Daß wir sie wohl nie wiedersehn !
Denn wer sie hat, giebt sie nicht wieder.
Ach, sagt man meiner Frau das wieder,
Werd ich sie nie mehr freundlich sehn,
Weil's wider ihren Rath geschehn,
Als ich die theuren Kostbarkeiten
Vertraute sorglos jenen beiden.
Ich bin betrogen und verrathen,
Doch will ich tragen meinen Schaden.
Werd ich durch meine Unschuld frei,
So forsch ich nach, wo es auch sei,
Ich reise fort von Land zu Land,
Und frage, ob niemand bekannt
Was sei von jenen Kostbarkeiten,

Sollt' ich darum den Tod auch leiden.<

Das sechste Kapitel.

Reineke in seinen Lügen fortfährt und von dem ersten Kleinode erzählt, 6 ein Ring mit einem Edelstein gewesen sei, von dessen Tugenden er ein Langes und Breites meldet.

(4853 — 4932. )

Reineke sprach: »König und Herr,
Ich bitte eure Hoheit sehr,
Daß ihr vergönnen wollet mir,
Zu sagen vor den Freunden hier,
Wie jener Schmuck beschaffen war,
Den ich durch jene sandte dar,

Wenn er auch nicht zu Theil euch worden!<
Der König drauf: »Mit kurzen Worten!<
Und Reinke nun: »Ach, Glück und Ehren
Verlor ich, wie ihr werdet hören!

Das erste Kleinod war ein Ring,
Welchen der Bock Bellin empfing,
Um ihn dem Könige zu bringen.
Mit feltnen, wunderbaren Dingen
War dieser schöne Ring geziert,
Wie's einem Könige gebührt.
Von feinem Golde war der Ring,
Und wo den Finger er umfing,
Nach Innen, konnte man Buchstaben
Bemerken, zierlich eingegraben,
Drei Worte auf Hebräisch war

Die Schrift, mit Kräfter wunderbar.
Es war in diesem ganzen Land

Nicht einer, der die Schrift verstand,

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