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MUSIC LIBRARY

UNIVERSITY

OF CALIFORNIA

BERKELEY

COPYRIGHT, 1906,

BY

D. C. HEATH & CO.

ALL RIGHTS RESERVED.

M1734 2476 1936

VORWORT.

EINER der besten Züge der geselligen Seite deutschen Studentenlebens ist der schöne Brauch kameradschaftlichen Wanderns und Singens; denn Liebe zur Natur und Freude am Lied haben in ganz besonderem Sinne Wert und Bedeutung für die studierende Jugend. Gerade die Frische und Fülle der Natur im Gegensatz zur vergeistigten Atmosphäre wissenschaftlicher Arbeit, gerade die sinnlich-seelenvolle Ausdrucksweise des echten Liedes im Gegensatz zur farblosen, abstrakten Sprache gelehrter Forschung darf das Universitätsleben nicht ungestraft vernachlässigen. Wenn wir volle, ganze Menschen heranbilden wollen, müssen wir nach Kräften bestrebt sein, die notwendige Einseitigkeit eines rein wissenschaftlichen Bildungsideals zu beleben und zu vertiefen durch die Pflege von Sinn und Gemüt und naivem Empfinden. In dieser Richtung könnten und sollten gerade die,, Deutschen Vereine" unserer Universitäten und anderer höherer Erziehungsanstalten eine ihrer schönsten Aufgaben suchen. Ohne ihren sonstigen Bestrebungen Abbruch zu tun, können sie alle im Kreise ihrer Mitglieder, und dadurch indirekt in der Studentenschaft im allgemeinen, Verständnis verbreiten helfen für diesen schönen deutschen, bei uns so vernachlässigten Studentenbrauch geselliger Wanderungen durch Feld und Wald und des kameradschaftlichen Singens von Liedern, die es nach Wort und Weise wirklich verdienen, gepflegt und fortgepflanzt zu werden.

Wir sind durchaus nicht der Ansicht, dass amerikanische Universitäten einfach deutsches Studentenleben nachahmen sollten. Manches ist des Nachahmens nicht wert; anderes passt nicht in die uns eigentümlichen Verhältnisse; in noch anderen Punkten kann die deutsche Studentenschaft Wertvolles von ihren amerikanischen Kommilitonen lernen. Doch dass die deutschen Universitäten, die wissenschaftlich so tiefgehend auf die amerikanischen Schwesteranstalten eingewirkt haben, uns zu unserem Vorteil auch einen Hauch von dem verspüren lassen könnten, was an ihrem Leben und Treiben wirklich echte Jugend poesie ist, das muss jeder Einsichtige von Herzen wünschen.

An deutschen Liederbüchern ist nun wahrlich kein Mangel. Trotzdem stellte sich bei den geselligen Zusammenkünften der Wisconsiner,, Germanistischen Gesellschaft" das dringende Bedürfnis heraus nach einer den hiesigen Verhältnissen entsprechenden Sammlung, die etwa die Mitte hielte zwischen einem Volksliederbuch und Kommersbuch. Ein solches Buch musste ausserdem dem Umstand Rechnung tragen, dass

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nur in einem kleinen Teil unserer höheren und mittleren Lehranstalten, an die es sich wendet, ausschliesslich junge Männer in Frage kommen, dass vielmehr manche dieser Anstalten nur von Studentinnen besucht werden, während die weitaus grösste Anzahl sich aus Vertretern beider Geschlechter zusammensetzt. Hieraus erklärt sich in der vorliegenden Sammlung manches an der Auswahl der Lieder, sowie auch die vierstimmige Einrichtung für gemischten Chor von nicht weniger als dreiundsiebzig von den aufgenommenen fünfundneunzig Liedern.

In Bezug auf beide Punkte wandte sich der unterzeichnete Ausschuss, dem die Herausgabe des Buches übertragen worden war, an eine grössere Anzahl der Vertreter des deutschen Faches an den Universitäten des Landes, sowie an andere Personen, bei denen wir Verständnis für unseren Plan voraussetzen durften. Die weitaus meisten derselben stellten uns ihre Erfahrungen bereitwilligst zur Verfügung und übten dadurch auf die endgültige Gestaltung des Buches einen nicht unbedeutenden Einfluss

aus.

Besonders verschickten wir in den eben genannten Kreisen eine längere Liste vorgeschlagener Lieder und erhielten dadurch interessante Aufschlüsse über die herrschenden Geschmacksrichtungen, die freilich oft weit auseinandergingen. Unsere endgültige Auswahl ist allerdings nicht einfach das Ergebnis dieser zahlenmässigen Abstimmung. Die Verantwortlichkeit für die ihr anhaftenden Mängel trifft einzig und allein uns selbst. In allen den Fällen jedoch, in denen ein günstiges oder ungünstiges Urteil mit auffallender Stimmenmehrheit abgegeben wurde, liessen wir dies die Aufnahme oder Ausschliessung eines Liedes entscheiden.

Allen denen, die uns in dieser Weise mit Rat und Tat unterstützten, sei an dieser Stelle nochmals unser herzlichster Dank ausgesprochen.

Der Charakter der aufgenommenen Lieder ist absichtlich ein sehr verschiedenartiger. Von tieftraurigen Volksliedern bis zu fröhlichsten Studenten-Allotria enthält unsere Sammlung die abwechslungsreichsten Klänge von patriotischen Liedern, Liebes-, Frühlings-, Wanderliedern, Studentenliedern im engeren Sinne des Wortes und sogar einigen wenigen geistlichen Liedern von echt menschlichem Gehalt. Die Anordnung vermeidet jedoch absichtlich die Einteilung in solche oder ähnliche Klassen. Abgesehen von der Abtrennung der vierstimmigen von den einstimmigen Liedern ist die Reihenfolge eine zwanglose, obschon von Lied zu Lied passende Stimmungsübergänge nach Kräften angestrebt worden sind.

Ob ein Lied einstimmig oder vierstimmig gegeben werden sollte, ist in der Regel durch den besonderen Charakter des Gedichtes oder der Melodie bestimmt worden. Trotzdem sind in einigen wenigen Fällen rein äusserliche, praktische Erwägungen ausschlaggebend gewesen. Manches einstimmig gegebene Lied würde sich sehr gut für mehrstimmigen Gesang eignen und umgekehrt. In jeder der beiden Gruppen sind ausserdem ein paar Lieder aufgenommen und im Inhaltsverzeichnis besonders vermerkt worden, die für allgemeinen Vereinsgesang zu schwierig sind, die aber als Anre

VORWORT

gung zur Bildung von Quartetten und zu Solovorträgen durch besonders begabte Mitglieder hoffentlich nicht unwillkommen sein werden.

In sechzehn Fällen, wo uns vierstimmiger Satz für gemischten Chor wünschenswert erschien, aber in den zu Gebote stehenden Sammlungen nicht zugänglich war, hat Herr Elias A. Bredin, Dozent für Gesang und Orgel an der Musik-Abteilung der Universität, in bereitwilligster Weise ausgeholfen. Die folgenden Lieder sind von ihm harmonisiert worden: Burschen, heraus; Du, du liegst mir im Herzen ; Es war ein König in Thule; Freut euch des Lebens; Gaudeamus; Guter Mond; Hier sind wir versammelt; Ich hatt' einen Kameraden; Im Wald und auf der Heide; Keinen Tropfen im Becher mehr; Muss i denn; O alte Burschenherrlichkeit; Sah ein Knab'; Sind wir vereint; So leb denn wohl; Von allen den Mädchen. Ausserdem rührt von Herrn Bredin die Klavierbegleitung zu,, Alt-Heidelberg" und,, Das Wandern ist des Müllers Lust" her. Für diese wichtige Mitarbeit, sowie für Unterstützung beim Lesen der musikalischen Korrekturen sind wir Herrn Bredin zu grossem Danke verpflichtet.

Was die Textgestaltung der Lieder betrifft, so ist es unser Bemühen gewesen, möglichst zuverlässige und fehlerfreie Texte zu bieten, ohne dass wir allerdings wissenschaftliche Textkritik hätten treiben wollen. Die Varianten von Liedertexten sind oft äusserst zahlreich, und bei ihrer Sichtung sind Anpassung an die Melodie und allgemeine Verbreitung vielfach nicht weniger wichtige Kriterien als dichterische Ursprünglichkeit. Die von uns am häufigsten benutzten Sammlungen waren: L. ERK und F. M. BÖHME, Deutscher Liederhort, 3 Bde., Leipzig 1893 f.; F. M. BÖHME, Die volkstümlichen Lieder der Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert, Leipzig, o. J.; ERK, Deutscher Liederschatz, 2 Bde., Leipzig, Peters, o. J.; August HAERTEL, Deutsches Liederlexikon, Leipzig, Reclam, o. J.; J. HEIM, Sammlung von Volksgesängen für gemischte Chöre, Zürich, o. J.; Edition Peters, No. 2271 (Liederschatz für gemischten Chor) und No. 2815 (Heitere Lieder für gemischten Chor), Leipzig, o. J.; SCHAUENBurg Allgemeines deutsches Kommersbuch, Lahr, o. J.; MAX FRIEDLÄNDER, Commersbuch, 2. Aufl., Leipzig, 1897. In den Anmerkungen beziehen sich Verweise auf,, Böhme " oder,, Friedländer" auf das zweite und letzte der genannten Werke.

Ausser den unterzeichneten Mitgliedern gehörte ursprünglich Herr A. Pfund dem Arbeitsausschuss an, bis er im Sommer 1905 aus dem Lehrerkollegium der Abteilung ausschied. Für seine wertvolle Mitarbeit sei ihm hier nochmals unser aufrichtigster Dank ausgesprochen.

Zum Schlusse fühlt der unterzeichnete Ausschuss sich berechtigt, darauf hinzuweisen, dass er sich der nicht geringen Arbeit der Vorbereitung und Herausgabe des Buches ausschliesslich aus Liebe zur Sache unterzogen hat. Der Autoren-Anteil am buchhändlerischen Ertrag der Sammlung soll abzugslos der,, Germanistischen Gesellschaft" der Universität Wisconsin zufliessen und also durch sie wieder zur weiteren Pflege deutscher Sprache und Kultur verwandt werden. Es ist demnach ein durchaus

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