Prosa (Borchardt, Rudolf, 1877-1945)

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E. Rowohlt, 1920
 

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Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 245 - Es schmachtet leib und leib sich zu umfahen. Der dichter auch der töne lockung lauscht. Doch heut darf ihre weise nicht ihn rühren Weil er mit seinen geistern rede tauscht: Er hat den griffel der sich sträubt zu führen.
Seite 242 - Riche auf dem Fuße folgt, ist nicht wunderlich. Daß die eroberte Form, von den Bedingungen, unter denen man sie besaß losgelöst, sofort überanstrengt und in ganz heterogenen Unternehmungen überschuldet wurde, beweist nur die alte deutsche Energie, mit der die Nation bewußt oder unbewußt, jugendlich, unreif, selbstgewiß und zu allen Opfern entschlossen, das jahrhundertlange Kulturversäumnis auf einmal auszugleichen trachtet. Immer wieder muß das Genie bei uns diese Versuche unternehmen...
Seite 247 - Amor mi spira, noto, ea quel modo ch'e' ditta dentro vo significando». «O frate, issa vegg'io», diss'elli, «il nodo che '1 Notare e Guittone e me ritenne di qua dal dolce stil novo ch'i
Seite 113 - Wo findet sich ein zweites Mal der Klassiker einer Nation, der in seinem siebenten großen Werke die Gesetze seiner Sprache noch nicht beherrscht, der Grammatik so wenig sicher ist wie des Geschmackes und dennoch eine neue Epoche eben dieser Sprache, eine neue Wendung des Geschmackes gigantisch erzwungen zu haben und zu erhalten sich rühmen darf?
Seite 213 - Über der Wipfel Hin- und Wiederschweben Wie's Atem holt und voller wogt und braust Und weiter zieht — und stille wird — und saust. Über der Wipfel Hin- und Wiederschweben Hoch droben steht ein ernster Ton, Dem lauschten tausend Jahre schon Und werden tausend Jahre lauschen . . . Und immer dieses starke, donnerdunkle Rauschen.
Seite 122 - ewig" und heißt deutsch nichts anderes als „Ewigkeit." An dieser Stelle ist es aber nicht deutsch, sondern neu-holländisch „Eeuw", Jahrhundert. Damit ist ein neuer und ebenso häßlicher, ebenso glossenhafter und unnötiger Hollandismus in unser Deutsch geschwärzt wie das greuliche „Denkbild
Seite 283 - Denn - und hier lassen Sie mich die gewagteste Ahnung an die Kette der bisher gewagten knüpfen - es ist Ihre eigene dumpfe Unsterblichkeit, mit der die Unsterblichkeit des Dichters es zu tun hat, wo Sie sich mit ihr berühren. Der Dichter ist Ihre Transmission zu Gott. Läßt er Sie im Stich, so stehen Sie still. Nicht nur Gott von Gottes Thron Der Gepeitschte mit der Kron Alle seid des Ew'gen Kinder, Keiner näher, keiner minder, Keiner feilscht vom ganzen Lohn. Handle nur, Du opferst schon Dich...
Seite 145 - HERBERGEN IN DER AU Bemalte erker zeitengraue balken Und schindeln rufen auf die welt von eh . . Verwunschner dorfplatz wo vom mund des schalken Ein leiersang uns trifft wie tötend weh. BOZEN...
Seite 113 - Geschmacks großartig erzwungen zu haben und zu erhalten sich rühmen darf? Wo noch einmal ein Dichter und Künstler, der fast nirgends seine Gattungen erfüllt, der fast außerstande ist, zehn Verse hintereinander zu formen, in denen das Ohr oder der Nerv des reizbaren Lesers nicht ( gequält oder empört würde — durch Ungeschicklichkeiten, durch Kindlichkeiten — durch Unreines und Gewöhnliches, durch das Maßlose der Unsicherheit, durch falsche Musik oder durch hölzernen Mißklang — und...
Seite 248 - Dante spricht durch das Medium eines Dichters, dem kein gutwilliger oder fähiger heut mehr die Größe abspricht, so schwer die Mischung aus Schrulle, Trotz, Verstecktheit und Manier, mit der er sich umgibt, geschweige das Gebaren seiner Umgebung dem Publikum den Weg zu dieser Wahrheit gemacht hat. Der neue deutsche Vers, der es auf sich nimmt, den alten toskanischen im deutschen Munde so zu ersetzen, wie er im Munde aller Welt seit Jahrhunderten lebt, ist selber, um es mit einem schlagenden amerikanischen...

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